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aus der Ferne arbeiten und das Ueberschütten des Arbeiters mit Schnee mehr vermeiden kann, und weil dann die Rinde der Bäume weit mehr geschont wird, als beim Abklopfen mit Stänglcn. Bereits ganz auf dem Boden liegende Stämm- chen werden am besten durch Anbinden an Nachbarbäume mittelst Weiden oder der 2 Jahre aushaltenden Cocosfaferfchnüre, (oder durch Stützen mit bereits abgebrochenen abzuhaucnden Stämmchen, an denen man Astgabeln stehen läßt) gerettet. Schwach gebeugte richten sich im Früh­jahr selbst wieder auf. Stadtf. Wcinland.

Zustand.

Rom, 7. Jan. Der Papst empfing heute die Frau Kronprinzessin Viktoria von Schweden- Norwegen. (Prinzessin von Baden.)

Rom. 8. Jan. Ein türkisches Kriegsschiff beschlagnahmte an der kleinasiatischen Küste ein englisches Fahrzeug mit einer Ladung von 12000 Gewehren und viel Munition für Armenien. (Dieser Zwischenfall Hst jetzt grade noch gefehlt, in dem Augenblicke, da die englisch-mrkffche Spannung offenkundig wird. Die Red.)

Aus England, 5. Jan. Nach und nach läßt sich das Unheil, das das stürmische Wetter der vergangenen Woche zur See angerichtet Hai, übersehen. Die Fischerflotten von Hüll und Grimsby sind am schwersten betroffen. Acht Fischerboote und fünf Dampfer von Hüll mit etwa 90 Mann an Bord werden als unterge­gangen betrachtet. Annähernd dieselbe Zahl von Fischern aus Grimsby ist seit dem Sturme ver- schollen.

London, 7. Jan. Im Queenspark Black­burno brach die Eisdecke des Sees ein, während sich über 100 Eisläufer auf ihm befanden. Fast alle stürzten ins Wasser. Eine Anzahl wurde gerettet. Die Zahl der Ertrunkenen ist noch nicht sestgestellt.

Toronto in Brit.-Canada, 7. Januar. Eine große Feuersbrunst hat gestern Vormittag das Geschäftsviertel der Stadt betroffen. Eine ganze Abteilung der Hauptstraße einschließlich der Geschäftsräume der ZeitungGlobe" wurde zerstört; zwei Feuerwehrleute verschüttet. Der Schaden wird auf 4 190 000 »-L geschätzt.

Von einer Schneelawine verschüttet und fast zerstört wurde das Dorf Orly in Süd­frankreich. Der Schnee liegt bis 2 in über den Hausdächern. 15 Einwohner wurden getötet, sehr viel mehr verwundet. 200 Soldaten ar­beiten an der Ausschaufclung der Verschütteten. In ganz Südfrankreich war in den letzten Tagen so starker Schneefall. daß der Bahnverkehr in manchen Gegenden gänzlich stockte.

Das Irrenhaus in Anna, in Süd- Illinois, ist zum größten Teile abgebrannt. In der Anstalt befanden sich 600 Irrsinnige. Den­noch gelang es, die Kranken trotz der Kälte und des Schnees zu retten. Nur eine Irrsinnige verbrannte.

Rio de Janeiro, 8. Jan. Infolge einer durch noch unbekannte Ursachen herbeigesührten Spengung auf einem Bergnügungsdampfer im Hafen der Rio gegenüber liegenden Stadt Nictheroy sind 120 Menschen ertrunken.

Vermischtes.

Wir lesen in der Straßburger Post: Der neuesteSpion". Unter der fieberschrift:llu kaux esxiou" erzählt das chauvinistische Pariser Blatt La Presse" mit schmunzelndem Wohlbehagen ein Ge- schichtchen, das besser einen anderen Titel bekommen hätte. Der Leser wird das schon selbst merken, wenn er die Historie gelesen hat. Der kaiserliche Statthalter in Elsaß-Lothringen so erzähltLa Presse" be­auftragte einen deutschen Pferdehändler, Herrn N. L., drei prächtige Fuchsstuten fiir seinen Marstall anzukausen. Herr N. L. durchstöberte Oesterreich, Ungarn, Großbri­tannien: vergebens; endlich fand er in Paris, was er suchte. Hocherfreut eilt er in ein Telegraphenbureau und gibt folgende Depesche auf:

Fürst Hohenlohe, Straßburg. Die drei Stuten treffen morgen dort ein.

Der Telegraphcnbeamte überfliegt den Wortlaut der Depesche.Hm, sollte das nicht ein Spion sein?" Er teilt dem Bureauches seinen Verdacht mit.Natürlich!", sagt der und läßt den Polizeikommissar benachrichtigen. Packt den Kerl beim Kamisol!", ruft der und sendet zwei Inspektoren ab, um Herrn N. L. zu holen. Man führt denSpion" aufs Polizeibureau, zieht ihn split- terfasernacketig aus, durchsucht seine Kleider und Haut­falten, schneidet sogar die Sohlen seiner Schuhe ausein­

ander, um zu sehen, ob er nicht vielleicht zufällig ein paar französische Forts eingesteckt hat, und läßt ihn schließlich wieder laufen.La Presse" schließt mit den liebenswürdigen Worten;

Der arme Teutone hatte einen solchen Knacks durch die Geschichte bekommen, daß er schon den nächsten Zug beim Schopfe ergriff, um in Goethes Vaterland zurückzukehren. Dort kann er seinen Landsleuten mitteilen, daß man hier ein leichtes Mißtrauen gegen

sie hegt. Sollte uns das den.interessierten

Besuch einiger neugierigen Deutschen ersparen, so hat die Verhaftung immerhin ihr Gutes gehabt. Spottet ihrer selbst und weiß nicht wie!" HätteLa Presse" nicht besser gcthan, ihr Artikelchen mit der Ueberschrift:Die Lächerlichkeit der Spionenriecherei" zu versehen und folgende Nutzanwendung zu machen:

Also so weit ist es schon in Frankreich gekommen, daß ein deutscher Kaufmann, der Geld ins Land bringen und in Paris drei teuere Pferde (trois jumouts aleörmes äs trs8 baut prix) kaufen will, ohne den geringsten Grund mißhandelt wird, weil wir erstens alle von derSpionitis" ergriffen sind und zweitens ungeschickte Telegraphen- und Polizeibeamte haben! Ein solcher Zustand ist doch eigentlich jammervoll für ein gebildetes Volk und ein zivilisiertes Land!

Dieser Schluß wäre unseres Erachtens zutreffender ge­wesen, als der von derPresse" gewählte. Was würde man in Frankreich für ein Aufsehen gemacht haben, wenn die Geschichte in Deutschland vorgekommen und z. B. ein Pariser Pferdehändler, der für Herrn Casimir- Perier drei kostbare Fuchsstuten einkausen sollte, in Berlin so unsagbar scheußlich behandelt worden wäre, wie es uns hierLa Presse" aus Paris erzählt? Und was würde man wohl in Frankreich gesagt haben, wenn die Berliner Presse sich so frivol darüber ausge­lassen hätte, wie das Pariser Blatt es thut? Wir wollen diesen Unterschied nur feststellen, nicht kommen­tieren: einerseits ist es eine allgemein bekannte That- sache, daß wir die Franzosen stets viel glimpflicher be­handeln, als sie uns, und anderseits wissen wir nicht, ob die Geschichte derPresse" wahr ist. Im Durchschnitt kann man annehmen, daß von 100 Sachen, dieLa Presse" veröffentlicht, 105 überhaupt erlogen sind. Der Rest ist grenzenlos übertrieben und entstellt. Zur Ehre der Franzosen hoffen wir, daß das auch im vorliegenden Falle zutrifft.

München, 2. Jan. Unter der Uebcr- schrift:Der Hund als Verräter" erzählen die Münchn. Neuest. Nachr." folgende Geschichte: Im Oktober 1894 knüpfte ein angeblich im staatlichen Finanzdicnst stehenderOfsiciant" mit einem Mädchen ein Verhältnis an und wußte es durch Heiratsversprechrn zur Hergabe eines bedeutenden Darlehens zu veranlassen. Als er längere Zeit sich nicht mehr sehen ließ, erfuhr das Mädchen durch Nachforschungen, daß Name, Stand und Adresse des Bräutigams falsch waren. Heute nachmittag begegnete das Mädchen dem Pseudo-Officianten auf dem Marienplatz, hielt dessen großen Bernhardiuerhund an und ging mit dem Hund auf einen Gendarmen zu. Im selben Augenblicke ergriff der Herr des Hundes schleunigst die Flucht und verschwand. Das Mädchen übergab nun den Hund, der ohne Zeichen war, einem Sicherheitsbeamten. Dieser überließ sich der Führung des Tieres und kam auf diese Weise in ein elegantes Haus, woselbst der Besitzer des Hundes in der Person eines verheirateten, im Besitze zahlreicher Kinder be­findlichen Kaufmannes ermittelt wurde.

Grendelbruch. Ein sonderbares Wild erlegte der Jagdhüter Maurer von hier in der Nähe der vielen Touristen bekannten Rothlach, nämlich einen wild gewordenen Ochsen. Der­selbe war am 8. Dez. dem Winzer Meyer aus Rosenweiler entlaufen, als die Scheune des Ackerers Bronner niedcrbrannte, und hatte sich 13 Tage in den Waldungen umhergetrieben. Dem Eigentümer erwächst ein ziemlich bedeuten­der Schaden, da das Tier während seines Um­herirrens an Körpergewicht viel einbüßte.

Wien, 2. Jan. Der Kistenmensch Zeitung, jener Wiener Schneider, der sich selbst in eine Kiste verpackte und alsKollo" die Reise von Wien nach Paris zurücklegte, ist, wie dasNeue W. Tagbl." meldet, übertroffen worden von dem Korkarbeiter v. Zoöl. Dieser, gleichfalls ein Wiener, hat die gleiche Reise, zwar ohne Em­ballage, aber dafür doch einigermaßen bequemer zurückgelegt. In Wien schlich er sich in einen Güterwaggon, in welchem er bis Köln fuhr. Hier gelang es ihm. sich unter der Bank eines Abteils erster Klasse zu verstecken. Ohne sich zu rühren und ohne von den fünf Fahrgästen, die im Abteil saßen, bemerkt zu werden, legte er die dreizehnstündige Fahrt nach Paris zurück. Am Montag wurde er auf dem Pariser Nord­

bahnhof gefunden unter der Bank auf dem Rücken liegend und fest schlafend. Zoöl ist 21 Jahre alt; über den Zweck seiner Reise wollte er keine Auskunft geben. Er hatte gar kein Geld bei sich und wurde deshalb ins Polizei­gefangenenhaus gebracht.

(Alte Mittel gegen Hasenfraß.) Die Hasen fügen in schneereichen Wintern den jungen Bäumchen bekanntlich großen Schaden zu, indem sie mitunter Baum für Baum besuchen und selbst einen Anstrich von Kalkmilch, mit Blut, Gülle rc. vermischt, nicht scheuen, sondern trotz dieser Schutzmittel die Rinde der Bäume benagen. Es sind besonders die jungen Bäume, deren Rinde den Hasen so verlockend erscheint. Der Ritter Ehrenfels empfiehlt in seinem Buche:Ueber Krankheiten und Verletzungen der Bäume", als sicheres Mittel, die Hafen vom Benagen der Bäume abzuhalten, daß man die Bäume vor Winter und auch öfters im Winter mit fettem Speck und Schweinefett, auch zuweilen mit Ochsen­galle bestreichen soll. Herr Leonhardi schlägt in den ökonomischen Heften 1795 folgendes Mittel vor: Man vermischt drei Teile Wagen­teer mit einem Teil Olsum xiiiloplioruill oder Franzosenöl und einem halben Teile Terpentinöl; dann stelle man diese Mischung in flachen Ge- fässen an verschiedenen Orten des Gartens hin und rühre sie oft um, wodurch Hasen und Ka­ninchen vom Garten abgehalten werden. Ein Schottländer aus St. Bernhardt, bei Edinburg, hat aus vieljähriger Erfahrung gefunden, daß zwei bis drei Schaufeln voll Ruß von chemischen Präparaturen, unten um den Baum oder in der Baumschule herumgeworfen, das sicherste Mittel sind, auch im strengsten Winter die Hasen von den Bäumen abzuhalten. Dieser Ruß behält den stark durchdringenden Geruch, der die Hasen abhält, noch nach zwei Jahren, und ist auch ein guter Dünger für die Bäume. Da ein -starker Geruch bei dem gewöhnlichen Ofenruß ebenfalls statlfindet, so thut derselbe eben die Dienste, und man kann ihn, wenn man ihn bei einem Schorn­steinfeger bestellt, fuderweise haben. Mit einem Scheffel voll kann man schon außerordentlich viel ausrichten, und die Kleinigkeit, die man dafür zu geben hat, wird schon durch die düngende Kraft des Rußes vergütet. Wer seine Bäume im Herbste mit Teufelsdreck bestreicht, und diese Operation während des Winters einigemal wiederholt, erreicht seinen Zweck auch.

Wir meinen jedoch, ein Drahtgitter sei das Allersicherste und das Neueste in diesem Fall dem Alten gegenüber unstreitig auch das Bessere.

(Obstbau.)

(Aus der höheren Töchterschule.) Lehrerin: Wie viele Arten von Poesie unterscheiden wir?"

Backfisch (nach längerem Besinnen):Drei­erlei!" Lehrerin:Nennen Sie mir diese!"

BackfischDie lyrische Poesie, die dra­

matische . . .!" Lehrerin:Na und die ep . . .!"Backfisch:Die epidemische!" (Berechtigter Appell.) Vater: . Ich gebe

meiner Tochter nicht mehr als 5000 Mark!"

Freier:Aber ich bitte, sehen Sie sich doch einmal Ihre Tochter genau an!"

Telegramme.

Berlin, 8. Jan. DieKreuzzeitung" bestätigt, daß der Kaiser in der letzten Sitzung des Staatsministeriums in seiner Ansprache der Verhältnisse der Landwirtschaft mit besonderer Wärme gedachte. Das Blatt spricht die Ver­mutung aus, mit dem nächsten Jahre einzubringen­den Zuckersteuergesetz werde der erste positive Schritt gegen die Not der Landwirtschaft gethan.

Berlin. 8. Jan. Die erste Sitzung des Bundes rats findet am 10. Januar statt.

Toulouse, 8. Januar. Das schlechte Wetter hält an; das Thermometer ist auf 7° unter Null gesunken. Einige Personen find erfroren.

Turin, 9. Jan. Bei den Ucbungen der Artillerie in der ehemaligen Citadelle platzte eine Granate, wodurch 2 Soldaten gelötet und 2 verletzt wurden.

Der heutigen Nummer liegt eine Beilage von Konetzky-Fritschi in St. Ludwig, Elsaß, bei.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.