Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Neuenbürg, 4. Jan. Das Telephonnetz im Bezirk wird nun die schon länger gewünschte Erweiterung erfahren, indem die Errichtung einer für die Telephonteilnehmer in Höfen und Calmbach gemeinsamen Umschaltestelle auf der Station Calmbach genehmigt worden ist. Die Bezirkstelephoneinrichtung im Enzthal umfaßt die Orte Neuenbürg, Höfen, Calmbach, Wildbad. Mit dem Tag der Inbetriebnahme der Umschaltestelle in Calmbach haben die Telephon-Teilnehmer in Neuenbürg und Wildbad den jährlichen Zuschlag von 25 ^6 für den Bezirksverkehr zu entrichten, wogegen dieselben von der Bezahlung der Einzelsprechgebühr befreit sind. Wir werden über die demnächst in Aussicht stehende Eröffnung der genannten Umschaltestelle (auf Station Calmbach) Mitteilung machen. Die Erweiterung der Telephon-Einrichtungen in Wildbad soll von der Frage der Errichtung des daselbst projektierten Postgebäudes abhängig gemacht werden.
Neuenbürg, 4. Jan. In der letzten Zeit fanden hier bekanntlich mehrere Liegen- schastsverkäufe, die Besitzveränderungen mit sich brachten, statt. Zu erwähnen ist noch der Verkauf des Werkmeister Walter'schen Hauses, welches um die Summe von 5700 an Hrn. Metzger Schmid von Wildbad überging; ferner der Kauf des Gasthauses zum Adler zu 14 730 Mark durch Hrn. Nutzer von Hausen bei Leonberg z. Zt. Metzger in Pforzheim, endlich der am Schluffe des vergangenen Jahres noch erfolgte Ankauf des bisherigen Hauses des Hrn. Kaufmann Rall um die Summe, von 10 000 Mark durch Hrn. Tapezier Gustav Schuon dahier.
Neuenbürg, 4. Jan. Der Schnee, der fast bis zum Jahresende auf sich warten ließ, hat sich nun in sehr ansehnlicher Menge eingestellt und scheint längere Zeit Bestand halten zu wollen, denn nachdem er am Neujahrstag bei klarer Witterung festen Boden gefaßt, vermehrt er sich seit vorgestern durch leichten Schneefall bei 1° k unter Null langsam aber stetig, so daß wir jetzt eine reizende Winter- landfchaft und die schönste Schlittenbahn haben, welche den Verkehr namentlich im Thale zwischen Pforzheim und Wildbad beleben wird.
Calw, 5. Jan. Die hiesige Metzger- Innung ladet zur Eröffnung des neugedauten Schlachthauses auf Montag den 7. ds. ein. Das Festessen findet mittags 2 Uhr im badischen Hof statt.
Neuenbürg, 5. Jan. Auf dem heutigen Schweinemarkt galten Milchschweine schöner
Qualität 24—38 pr. Paar.
Deutsches Weich.
Berlin, 4. Jan. Beim Empfang der Generalität im Zeughaus soll des Kaisers Majestät nach einer uns zugehenden Meldung etwa folgende kurze Rede gehalten haben: „Wie im Jahre 1870, stehen wir auch jetzt ernsten Ereignissen gegenüber, aber diesmal sind unsere
Feinde nicht draußen, sondern im Lande selbst. Gott aber wird uns helfen, über sie zu
triumphieren, und unsere beste Stütze dabei ist ein starkes Heer." (D. W.)
Dem General Waldersee ist, wie wir bereits mitteilten, vom Kaiser der Schwarze Adlerorden verliehen worden. Da der Graf Waldersee bekanntlich jchon seit Jahren als der kommende Mannn gilt, erregt diese Ordensverleihung natürlich die größte Aufmerksamkeit.
General v. Werder, der kommandierende General des ersten Armeekorps, soll seinen Abschied eingereicht haben. Derselbe fehlte bereits bei dem Neujahrsempfange der Generale in Berlin.
Köln, 3. Jan. Infolge ungeheurer Schneeverwehungen erlitten die durchgehenden norddeutschen Züge große Verspätungen. Bei Recklinghausen entgleiste ein Zug; verletzt wurde Niemand. Der Oberrhein meldet Treibeis; die obersten Rheinstationen treffen Schutzvorkehrungen.
Württemberg.
Ulm, 2. Jan. Die Bedeutung des Ulmer Münsters als eines architektonischen Kunstwerkes
ersten Ranges und einer Sehenswürdigkeit, die sich mit jeder andern der Welt messen kann, bricht sich immer mehr Bahn, seit der Hauptturm, der höchste Kirchturm der Erde, ausgebaut ist. Vor einigen Monaten ließ der Photograph Levy in Paris, einer der ersten dortigen Kunsthändler, durch einen eigens hierher gesandten Künstler etwa 20 größere und kleinere Aufnahmen vom Münster und ebcnsoviele Stadtansichten anfertigen. Dieselben sind jetzt, vorzüglich und in dem beliebten internationalen Format ausge- geführt, zu einer Kollektion von Ulmer Ansichten in eleganter Mappe zujammengestellt und werden so von Levy. der in allen großen Städten der Welt seine Niederlagen hat, auf den internationalen Kunstmarkt gebracht. — In der Münsterbauhütte waren vor Weihnachten 2 Prachtstücke mittelalterlicher Bildhauerkunst in sehr gelungener Nachbildung zu sehen. Im Laufe des letzteren Jahres hatte man den Syrlinbrunnen auf dem Marktplatz restauriert und dabei von den Rittern, die in den Nischen der spiralförmig gewundenen Brunnensäule stehen, Gipsabgüsse genommen. Diese feingearbeiteten, geharnischten Ritter sind, wie der ganze Brunnen ein Meisterwerk des älteren Syrlin (1682), sind nun genau nach den Modellen in Gipsmaffe hergestellt und mit der ursprünglichen Bemalung der Originale: silberne Rüstungen, farbige Wappenschilder, ausgestattet worden, zwei wirkliche Prachlfiguren, die dem Saal der Königsgesellschaft in Tübingen, für welchen sie bestimmt sind, zu hoher Zierde gereichen werden. Die Frage liegt nahe, ob nicht auf diesem Boden der Vervielfältigung plastischer Kunstwerke, wie sie Ulm in- und außerhalb des Münsters hat, eine Kunstindustrie geschaffen werden könnte, die, ganz abgesehen von dem geschäftlichen Nutzen, eine wirksame Propaganda für Ulm u. sein Münster zu machen geeignet wäre.
Tübingen, 2. Jan. Die Unsitte, das Neujahr anzuschießen, ist zwar in unserem Bezirk im Abnehmen begriffen. Gleichwohl kamen diesmal in der Neujahrsnacht infolge unvorsichtigen Schießens wieder mehrere Unglücksfälle vor, so daß 4 junge Leute in die chirurgische Klinik verbracht werden mußten. Bei 2 derselben ist die Verletzung derart, daß sie wohl den Verlust der ganzen Hand zur Folge haben wird.
Stuttgart, 4. Jan. Der seit 22. Juli v. I. nach Verübung beträchtlicher Unterschlagungen flüchtige Verwalter der Landeshebammenschule Barth ist, wie bekannt, in der 2. Novemberwoche v. I. nach mißglücktem Selbstmordversuch in Arlon schwer verwundet von einem belgischen Gendarmen verhaftet und später nach Herbesthat verbracht worden. Nachdem Barth soweit hergestellt war, wurde er in den letzten Tagen in Herbesthal von dem hiesigen Stationskommandanten Renz übernommen und am Mittwoch abend hier eingeliefert.
Kohlberg, 29. Dez. Einen neuen Industriezweig hat der homöopatische Arzt Schlegel in Tübingen erschlossen. Er kaufte von der hiesigen Gemeinde 4 Morgen von dem altbekannten Basallberg Kohlberg. Dieser besteht seiner Hauptsache nach aus Basalttuff, einem aschenartigen, schwarzen Eruptivgestein. Bon diesem sind nunmehr 60 Kbm. probeweise nach Nürtingen zur Verarbeitung verfrachtet worden. Es soll aus demselben ein mineralisches Düngermittel hergestellt werden.
Vom Heuberg, 28. Dez. Eine in Aldingen einberufene Versammlung sämtlicher Fuhrleute des Heubergs will einen Normaliarif per Kilometer für Holzfuhrwerke aufstellen. Schon seil Jahren kaufen Papierfabriken in Mannheim, Waldhof-Waldhof und Heilbronn Langholz auf dem Heuberg zur Anfertigung von Papierzrllstoffen. Die Beisuhr des Holzes aus den Wäldern auf die Eisenbahn geschah bisher, infolge der Konkurrenz um einen Spottpreis. Die Bauern wollen nun laut G. T. den Weg der Selbsthilfe beschreiten, indem sie sich solidarisch verpflichten, das Holz nur noch gegen eine festgesetzte Taxe per Kilometer zu führen.
Haigertoch, 27. Dez. In Bittelbronn verunglückte gestern Morgen in der Frühe eine 70jährige Frau, indem ihre Kleider beim Anzünden des Feuers in Brand geriete». Die Frau
scheint mit den brennenden Kleidern in die Stube geflüchtet zu sein und sich auf ihr Bett geworfen zu haben. Vorbeigehcnde Fabrikarbeiter bemerkten den dadurch ausgebrochenen Brand in der Wohnstube, wo man die Frau mit völlig verbrannten Kleidern und schrecklichen Brandwunden am ganzen Leibe auf dem brennenden Bette liegend vorfand. Trotz schleunig herbei- gcrufener ärztlicher Hilfe starb die Frau an ihren entsetzlichen Wunden.
Ausland.
Nach Mitteilungen aus bestunterrichteten Kreisen in Warschau beabsichtigt der Zar, aus allen General-Gouvernements Rußlands, einschließlich Polen, hervorragende Persönlichkeiten nach Petersburg zu berufen, welche dem Monarchen die Lage der betreffenden Länder und die Wünsche der Bevökerung vortragen sollen.
Oesterreich-Ungarn. Infolge 48- stündigen ununterbrochenen Schneefalles sind in zahlreichen Gegenden des Landes arge Verkehrsstörungen eingetreten.
Paris, 1. Jan. Prof. Behring, der vor 3 Tagen zum Besuche des Pasteur'schen Instituts hier eingerroffen ist, begab sich von hier zu seiner Erholung nach Egypten. — Der durch seine Teilnahme an der antisemitischen Bewegung bekannt gewordene Dr. Henri Favre hat hier einen „souveränen Orden der Insel Sehe" gegründet, dessen Zwecke sind, die Verteidigung des „PankeltismuS" und die „Bekämpfung der semitischen und freimaurerischen Eindringlinge." Der Orden zerfallt in 5 Unterabteilungen, die die Kelten in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Amerika und Australien umfassen.
Auf Veranlassung des General Körner, Chef des Generalsstabs der chilenischen Armee, sollen mehrere deutsche Offiziere den Kaiser gebeten haben, sich nach Chile als Instrukteure für die dortige Armee begeben zu dürfen. Diese Offiziere sollen, wenn sich die Nachricht bestätigt, vom Kaiser hierzu ausgewählt werden, in den Listen der Armee bleiben und unbeschränkten Urlaub erhalten.
Unterhaltender Heil.
Ein Neujahrstag in Südamerika.
Aus dem Leben eines deutschen Farmers in Argentinien Von ihm selbst erzählt. S. T.
(Schluß.)
Ich umarmte und küßte meine Frau und die Kinder, und lachte hell auf ob der überstandenen Gefahr,jden Verlust gar nicht bedenkend, denn mir fehlte „kein theures Haupt".
Nun galt es, Meldung zu erstatten. Mit aller Vorsicht öffneten wir die vordere Thür; die Gewehrmündung voraus, schritten wir hinaus, umkreisten zuerst ein paar Male das Haus, stachen in dle höheren Grasbüschel, dann fing mein Junge den „Fuchs", dessen Leine scharf abgeschnitten war, sattelte ihn auf, und ritt, nachdem ich ihm noch die Weisung gegeben hatte, den Revolver gespannt in der Hand zu halten und den Wald im Bogen zu umkreisen, im Galopp davon.
Der ganze Auftritt hatte etwa 5 Minuten gedauert, und es mochte 1'/- Stunden vor Sonnenaufgang sein. Als es Tag wurde, zählten wir noch 104 Stück Rindvieh und außer dem Fuchs ein Pferd, das die Räuber in der Eile nicht mehr fortbrachten. Von ihrer Eile zeugten auch verschiedene Gegenstände, die wir fanden, wie z. B. ein Lasso, die drei Kugeln eines Boleador, geformt aus dem Wachs der wilden Bienen und Topfscherben, ein hölzerner Steigbügel, seiner ein Säckchen aus der ohne Schnitt abgezogenen Haut eines wilden Kaninchens, das nach Honig riecht. — Mehr als 220 Stück Rinder und 11 Pferde waren verschwunden.
Der Schceckensruf: „Los Indios!" wirkte in der Ansiedelung wie ein elektrischer Schlag, und es ist Herzerdebend, berichten zu können, daß im Handumdrehen das Möglichste geleistet und Alles gethan wurde, was nötig war, um die Verfolgung der Räuber mit Aussicht auf Erfolg sofort in's Werk zu setzen. Man tele-