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Viertes Bild: Herzog Ludwig führt seine Gemahlin, die Markgräfin Dorothea Ursula, von Baden heim und wird beim Schießhaus am Büchsenthor von den Schützen empfangen (1575). Fünftes Bild: Freischießen der Schützenkompagnie. Ter Administrator Friedrich Karl schießt und stiftet den Schwanenbecher (1682). Sechstes Bild: Grundlegung des neuen Schützenhauses am Büchsenthor (1716). Siebtes Bild: Wiedereinzug des Herzogs Karl in Stuttgart (1775). Schlußbild: Huldigung. — Der Willkommgruß und der im Programm den einzelnen Bildern erläuternd beigegebene poetische Text ist von Dr. Otto Schanzenbach, kgl. Hofbibliothekar, in schwungvollen Versen verfaßt. Die Bilder sind mit historischer Treue und verständnisvollem Eingehen auf die Details unter scharfer Hervorhebung dK jeweiligen Kerns des Einzelbildes großartig aufgefaßt und durchgeführt. Die sämtlichen Kostüme zeigen bei herrlicher Farbenpracht große Eleganz und reiche Abwechslung entsprechend den einzelnen scenischen Darstellungen. Die Musik stellt die Premsche Kapelle. (Schw. B.)
Stuttgart. EngroS-Markl bei der Markthalle am 8. Juni: Kirschen 18—25 A, Prest- linge 40—60 A. pr. '/' Kg. Preise in Berlin. Engros-Markt in den Zentralhallen am 7. Juni: Kirschen, Gubener 23—30 A Heidelberger 30—40 ^ pr. V- Kg.
— Die vor2Jahren vom Württemb. Obstbauverein in's Leben gerufene Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertung hat ihre Arbeit für die Saison mit der Ausgabe von Berichten über die bevorstehende Kirschenernte, wieder in vollem Umfange ausgenommen. Die Vermittlung geschieht bekanntlich unentgeltlich. Erwünscht ist, daß besonders größere Konsumenten ihren Bedarf an Spätobst (Aepfel und Birnen) jetzt schon anmelden. Ueber die segensreiche Thätigkeit der Vermittlungsstelle im letzten Jahre haben wir s. Zt. berichtet.
Berlin, 7 Juni. Ter Reichs-Anzeiger veröffentlicht einen kaiserlichen Erlaß betreffend die Stiftung einer Denkmünze für die an den kriegerischen Ereignissen in Ostasien beteiligt gewesenen deutschen Streitkräfte. Die Denkmünze wird in zwei Exemplaren und zwar aus Bronce und aus Stahl hergestellt. Erstere erhalten u. A. alle Offiziere, Sanitäts-Offiziere, Beamten und Mannschaften der nach Ostasien entsandten oder bei Beginn der kriegerischen Ereignisse dort bereits anwesenden deutschen Streitkräfte, ferner alle Personen nicht chinesischer Nationalität welche zur Zeit der kriegerischen Ereignisse der Gesandtschaft in Peking oder dem Konsulat in Tientsin angehört haben, desgleichen die Mitglieder der deutschen Schutzwachen in Peking und Tientsin, welche bei den Ereignissen thätig geworden sind. Zur Verleihung der Denkmünze aus Stahl werden Vor
schläge erwartet. Die Denkmünze zeigt auf der Vorderseite einen Adler, der einen Drachen unter seinen Fängen hält, auf der Rückseite den kaiserlichen Namenszug, darüber die Kaiserkrone und bei der Münze aus Bronce die Inschrift: den siegreichen Streitern 1900—China—1901, bei derjenigen aus Stahl: Verdienste um die Expedition nach China.
Berlin, 7. Juni. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Barcelona: Als gestern der Fronleichnamszug die Straße Pormcvorio de San Franzisco passierte, fiel von einem Balkon brennendes Papier herab. Die Leute, eingedenk der Katastrophe von 1895, wo zwei Bomben auf die Prozession geschleudert wurden, liefen auseinander. In dem entstehenden 'Gedränge wurden viele hundert Menschen verwundet. Alle umliegenden Straßen waren mit Fächern, Schleiern, Hüten und Sonnen- Schirmen übersät. Hunderte von Damen wurden ohnmächtig. Kinder wurden mit Füßen getreten, da alles wie wahnsinnig floh. Die Seminaristen zeichneten sich durch wilde Flucht aus. In einigen Gassen wurde die Monstranz ausgepfiffen.
Berlin, 7. Juni. Dem Londoner Bureau Lassan wird aus Kapstadt gemeldet: General French hat um eine starke Vermehrung der berittenen Soldaten gebeten, damit er in der Kap-Kolonie operiren kann. Er erklärt ferner, daß er keinen Feldzug gegen Kritzinger unternehmen würde, bis er die Verstärkungen erhalten habe. Kritzinger hat alle Warenvorräte, welche er in Jamestown gefunden hat, in ein Feldlager ins Gebirge gebracht.
Berlin, 8. Juni. Das Berliner Tageblatt meldet aus Budapest: Die gestern Abend erfolgte Ankunft der Buren-Deputation unterFührung Dewets gab Veranlassung zu großen Straßen- Kundgebungen. Durch Mißverständnis traf Dewet aus einem anderen Bahnhofe ein, als bestimmt war, sodaß 10 000 Personen vergebens warteten. Als das Comits von der bereits erfolgten Ankunft erfuhr, wurde Dewet vom Hotel abgeholt und von vielen Tausenden gefolgt, im Wagen durch die Stadt geführt. Die Menge sang Freiheitslieder und brach fortwährend in AbzugSrufe auf die englische Regierung aus. ES kamen verschiedene Unfälle vor. Der englische Generalkonsul ist infolge dieses herzlichen Empfangs abgereist.
Zum Gumbin n er Mordprozeß teilt das Berl. Tagbl. mit, daß Rittmeister v. Krosigk vor zwei Jahren zu zwei Jahren Festung verurteilt worden ist, weil er im Jähzorn seinen Burschen erschlagen hatte. Nachdem er 9 Monate von der Strafe verbüßt, wurde er begnadigt, jedoch unter Zurücksetzung im Avancement.
Southampton, 8. Juni. Frau Botha traf heute Morgen mit dem Dampfer Dunvegan Castle hier ein. Der Sohn des früheren Staatssekretärs des Oranjefrestaates Fischer erklärte einem
Berichterstatter, Frau Botha gehe zunächst nach London, dann nach Holland und Belgien. Er könne die Meldung, Frau Botha sei in einer Friedens- Mission nach Europa gekommen, weder bestätigen noch widerlegen. Er sei auf Ehrenwort von den Engländern freigelassen, um Frau Botha nach Europa zu begleiten und seinen Vater Abraham Fischer in Brüssel zu besuchen. Frau Botha selbst lehnte eine Ausfragung ab.
London, 8. Juni. Aus Kapstadt wird gemeldet: Der holländische Arzt Sellier in Aberdeen sandte ein Rundschreiben an die Zeitungen, in welchem er den Engländern über die Art und Weise, wie sie Burenfrauen und Kinder im Lager von Misol behandelt haben, großes Lob ausspricht.
London, 8. Juni. Wie aus Johannesburg berichtet wird, hat Botha die Erlaubnis erhalten, sich auf telegraphischem Wege mit dem Präsidenten Krüger in Verbindung zu setzen.
Washington, 6. Juni. Auf Anfragen von Verwandten solcher Amerikaner, dio auf Seite der Buren gesuchten haben und in englische Gefangenschaft geraten sind, teilte der amerikanische Generalkonsul in Kapstadt dem Staatssekretär Hay mit, daß dieselben sich in Simonstown, Durban, St. Helena und Ceylon befänden, und daß gut für sie gesorgt werde. Ihre Lage sei gegenwärtig eine viel bessere als die der englischen Soldaten.
Dis WinsA irr ThiNs«
Berlin, 7. Juni. Eine Depesche des Londoner Bureau Lassan aus Peking besagt: Die internationale Administration hat sich aufgelöst, nachdem sie sich hinreichend Geld für Verwaltungszwecke während des Monats Juni von den Chinesen hat sicherstellen lassen. Jede der verbündeten Mächte handelt hierin selbständig.
Berlin, 9. Juni. Nach einer Londoner Depesche des Kleinen Journal wird aus Peking gemeldet: Die Vorbereitungen für den Abzug deS englischen Kontingents sind im Gange, aber der Termin für eine völlige Räumung ist noch nicht festgesetzt. Neun Transportschiffe werden innerhalb eines Monats erwartet. — Die französischen Truppen haben Chentingfu und zwei andere Plätze wieder besetzt, weil es den Chinesen nicht gelungen ist, der Boxer-Bewegung in Tschili Herr zu werden. — Die Deutschen befestigen jetzt ihre Abteilung der Gesandtschaft. Ein Fort ist auf dem Stadtwalle hinter derselben geplant. Der deutsche Gesandte hat eine Bekanntmachung erlassen, welche Vorschriften darüber giebt, in welcher Weise die deutsche Abteilung eingerichtet und der Zutritt der Chinesen zu derselben beschränkt werden soll.
Nach dem Abzug unseres Expeditionskorps aus China soll vorläufig noch eine gemischte Bri-
die Hand nach ihr auszustrecken, um sie zurückzuhalten, als sie sich der Thür ihres Zimmers näherte.
„Erinnern Sie sich," fuhr sie mit bitterem Tone fort, „Sie sagten einst, es wäre der größte Wunsch Ihres Lebens, mich nie wiederzusehen. Nun, jetzt soll es mein stetes Gebet sein, Sie nie, niemals wiederzusehen, nie wieder den Ton Ihrer Stimme zu hören."
„Jane!" rief er leidenschaftlich, auf sie zutretend; aber sie entfernte sich und schloß die Thür hinter sich. „Jane, Jane!" rief er voll Verzweiflung; keine Antwort erfolgte.
Unten tanzten die Gäste lustig weiter, die Musik tönte herauf, während hier zwei Menschenherzen miteinander rangen. Sir Harry lauschte, aber kein Laut drang zu ihm aus dem anderen Zimmer, alles war still. Am Fußboden lag eine rosa Bandschleife, welche Jane verloren, als sie aus dem Zimmer floh. Cr nahm sie auf und barg sie auf seiner Brust.
XIII.
Es war am Abend des nächsten Tages, als man Jane bewußtlos in einer der Seitenalleen des Parkes auffand. Der Weg wurde selten benutzt, und nur der Zufall hatte den Förster dort entlang geführt, wo er sie kalt und bleich, vom Schnee durchnäßt, am Boden liegend fand. Erschrocken nahm er sie auf seine Arme und trug sie leicht wie ein Kind ins Haus. Schwer ruhte ihr Kopf an der Schulter des hilfreichen Mannes, die Augen waren geschloffen, und die langen, dunkeln Wimpern lagen tief auf den totenblassen Wangen.
In der Halle hatte man Jane noch nicht vermißt. Der Herr und die Frau des Hauses mußten die Abschiedsbesuche ihrer Gäste empfangen und Ihnen Lebewohl sagen, denn nur Mrs. und Miß Durham und Sir Harry blieben über Weihnachten, alle andern reisten ab. Nachdem sich die Gäste verabschiedet hatten, folgte Alice ihrer Schwester in deren Boudoir und blieb daselbst längere Zeit
allein mit ihr. Das Ende der Unterredung zwischen den beiden Schwestern war daß Mrs. Thornton einen nervösen Anfall hatte, welcher sie ganz krank und elend und Alice sehr traurig machte, so daß letztere nicht von ihrer Schwester Seite wich, ihr Stirn und Hände badete, und ruhig und gelaffen deren Vorwürfe mit anhörte. Erst gegen Abend wurde die aufgeregte Dame etwas ruhiger, sie saß in einem Armstuhl in der Nähe des Ofens; eine Taffe starker Thee beruhigte und stärkte sie. Plötzlich wurde die Thür heftig geöffnet, und Herr Thornton erschien in derselben blaß und aufgeregt.
„Hanna, Alice!" rief er hastig, „kommt um's Himmels willen, kommt und helft, ich glaube, das arme Kind stirbt!"
Alicesprang sofort auf und rief: „Was giebt's? Ist eins von den Kindern verletzt oder krank?"
„Nein, Miß Gratton!" antwortete er.
Alice lief davon. Mrs. Thornton trank erst ihren Thee aus, ehe sie ihrer Schwester folgte. Sie hatte in ihrem Herzen kein sehr freundliches Gefühl für Jane in diesem Augenblick. Alice's Erklärung hatte ihr die Augen geöffnet, sie sah einen Lieblingsplan gescheitert. Aber alle Bitterkeit entschwand, als sie in die Halle kam und Jane erblickte. Der große, gewölbte Raum war dunkel, eine kleine Stelle ausgenommen, wohin das Feuer seinen flackernden, roten Schein warf. Aengstliche Gesichter umgaben die eichene Bank, auf welche man das junge Mädchen gelegt hatte. Das weiße Leinen des Kiffens, auf welchem ihr Kopf ruhte, war nicht weißer, als ihr Gesicht, welches bleich, kalt, starr, still wie der Tod war, während ihr vom Schnee ganz durchnäßtes Haar dasselbe umrahmte. Alice kniete an ihre Seite und rieb die steifen, kleinen Hände, während die Haushälterin versuchte, etwas Wein zwischen die zusammengepreßten Lippen zu träufeln.
(Fortsetzung folgt.)