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sind die Leute doch noch auf. In einer halben Stunde bin ich mit dem Wolfe wieder da!"

Zagend brachte mir Mariette das Ge­wünschte, ängstlich beobachtete sie, wie ich mich zum Gehen anschickte und kaum stand ich auf der Straße, war sie wieder an meiner Seite:

Herr Lieutenant, ich mag kein Armband."

Nanu was soll denn das heißen?"

Das heißt das heißt daß daß daß ich mit Jean verlobt bin und mich nicht küssen lasse."

Trotz des flackernden Lichtes meiner Laterne sah ich deutlich, wie eine flammende Röte das hübsche Gesicht des Mädchens übergoß, alle Achtung! Ich hatte das Kind verkannt, das war eine andere Sorte als die Französinnen, die ich drinnen in Metz kennen gelernt, allein absicht­lich fuhr ich fort:

Papperlapapp was thut eine Dam«, wenn sie ihr Wort verpfändet hat?" damit basta!" und ich schritt rasch auf die Mairie zu.

Dort fand ich alles in der größten Auf­regung. Händeringend kam mir der Maire entgegen:

0 mou litzutvuuut, mon Ii6iit.6iis.iit! 6rs. wg-Idsur, graust mallleur! 1,6 edlen, le cdieu!" war zunächst alles, was ich von der ganzen Jeremiade verstehen konnte. Dann klärte sich die Situation. Fluchend kam Jean hereingepoltert und erzählte mir: Diebe hätten die Nacht den neuen Wolfshund, den er wegen der Wölfe frei herumlaufen lasse, erschossen. Der Hund müßte sie gewiß beim Stehlen von Weinpflanzen ertappt haben, denn die Schweiß­spur führe vom Weinberg her zu der Hütte, wo man den bravenHektar" verendet gefunden. O, diese Schurken, diese Gauner, wenn ich sie nur herauskriegte!" schloß der Erregte, indem's mich eisig kalt durchrieselte bei dem Wort.

Ob ich den Hund nicht sehen könne? vermochte ich, mich gewaltsam zusammennehmend, noch zu sagen.

Meine Bitte ward augenblicks erfüllt, und da lag die Beschcerung.

Hektar", ein Vieh von einer Sorte, die ich nie gesehen, glich in seinem Exterieur aller­dings auffallend einem Wolfe. Das Blei war ihm in den Schädel gedrungen, ein Wunder, daß sich das Tier noch so weit geschleppt. O, mir fiel es wie Schuppen von den Augen, daher also das verteufelt hundemäßige Benehmen des Pseudowolfes, und in meinem Innern ge­lobte ich es mir mit feierlichem Eide, so bald keinen Punsch mehr zu trinken.--

Zwei Tage später erzählte Jean seiner freudig lauschenden Mariette,es müsse doch noch recht gute Menschen auf Erden geben, da habe er heute von einem Unbekannten vierzig Mark geschickt erhalten als Ersatz fürHektor", den die verfl ..... Spitzbuben totgeschossen hätten."

Denke Dir" siel die Kleine ihm ins Wortund heute habe ich gleichfalls von einem Unbekannten dies reizende Armband er­halten, ist das nicht sonderbar?"

Ist das nicht sonderbar?" stimmte Jean bei.

Weißt Du, was ich denke? Das ist gewiß einer von den wenigen Edlen, welche ihre Freude d'ran haben, wenn zwei gute Menschen, welche einander so lieb haben, wie wir, sich auch wirk­lich bekommen, o, er wird gewiß wissen, daß wir beide nicht viel unser nennen."

Ja, das wird er gewiß wissen, echote der Schatz.j

Höre", schloß die kleine Eva das Gespräch, wüßte ich, wer der Spender dieses Armbandes ist, ich würde ihm aus der Stelle einen Kuß geben."

O, diese Weiber, diese Weiber.

Das Motor-Zweirad.

Gelegentlich seiner Anwesenheit in München zur 25. Jubiläumsfeier des Velocipede-Club München hatte Herr Otto Kühn, Fahrradhändler in Stuttgart, Gelegenheit, sich von der Leistungsfähigkeit des neuen Motor-Zweirades zu überzeugen, welches längst schon sein Interesse in hohem Maße in Anspruch nahm. Es bot sich ihm Gelegenheit einer der zahlreich stattgefund­enen Probefahrten des Motor-Zweirades beizuwohnen und selbst einen Versuch mit dem neuen Vehikel zu machen.

Das Resultat dieser Probe war geradezu verblüffend. Zuerst sah Herr Kühn wie ein Herr mit der Maschine vorfuhr; die einfache Manipulation um die Maschine in Bewegung zu setzen, Anschieben durch 23 Schritte in sitzender Stellung genügt, ist wirklich überraschend; sofort geht das Motor-Zweirad in flotte Bewegung über, die sich durch leichten Handgriff beliebig regulieren läßt. Herr Kühn wurde eingeladen, selbst einen Versuch aus dem Motor-Zweirad zu machen. Mit kaum 10 Worten war die Erklärung für die Handhabung der Regulier­ung gegeben; Herr Kühn setzte sich nieder, schob an und fort ging es, als wäre er nie mit einem andern Rade gefahren. Das Motor-Zweirad, ist der äußeren Form nach dem jetzt gebräuchlichen Niederrade außer­ordentlich ähnlich und ist der treibende Motor derart gelagert, daß derselbe vor jeder Beschädigung aus das denkbar beste geschützt ist und seine Kraft in günstigster Weise äußert. Die Regulierung der Gangart liegt ganz in der Hand des Fahrers und wird, ohne die sichere Lenkung zu beeinträchtigen, bewerkstelligt. Dabei kann die Thätigkeit des Motors auch momentan unterbrochen oder ganz eingestellt werden. Durch günstige Gewichts­verteilung ist die Lenkung eine sicherere als beim heutigen Zweirade. Außer durch die Möglichkeit, den Motor momentan einzustellen, ist noch durch Anbringung geeig­neter, ausgiebiger Bremsvorrichtungen für das sichere Anhalten des Motor-Zweirades Vorsorge getroffen. Nicht genug können diese Vorzüge für die Verkehrssicherheit in Großstädten gewürdigt werden. Der Fahrer kann mit dem Motor-Zweirade beliebiges Tempo einhalten; er kann also ebensowohl im Schritt oder im Touren­tempo fahren, als die Geschwindigkeit bis zu der eines Eilzuges steigern. Es ist jedoch eine Vorrichtung an­gebracht, welche es für gewöhnlich unmöglich macht, die. Geschindigkeit des Motor-Zweirades so zu forciren, daß die Fahrsicherheit auf unseren Verkehrsstraßen gefähr­det würde. An jedem Motor-Zweirade kann eine andere Maximalgeschwindigkeit, wie sie dem Wunsche des Fahrers entspricht u. obenerwähnte Fahrsicherheit berücksichtigend, fixirt werden. Für die Landstraße dürste nach gemachten Erfahrungen das Maximaltempo zwischen 30 und 40 Kilm. pro Stunde liegen; für Versuche aus Rennbahnen dagegen läßt sich die Geschwindigkeit bis zu 90 Kilm. pro Stunde steigern; doch dürste sich kaum ein Wage­hals finden, der in solchem Tempo fahren möchte. Der Motor entwickelt nämlich bei ausnahmsweise hohen Fahr­geschwindigkeiten bis zu L'/r Pferdekraft. Die außer­ordentliche Geschwindigkeit und Kraftentfaltung liegt in dem Wesen der Gas- resp. Petroleum-Motore. Man dürfte bei Nennung solcher Zahlen denken, daß die Kraft dieses Motors für ein Zweirad unnütz hochgegriffen sei; jedoch war dieses Kraftmoment geboten, um bei der einfachen Anordnung des Motors, ohne irgend welche Uebersetzung, alle vorkommenden Steigungen von 10 Pro­zent mit Sicherheit zu nehmen. Der Fahrer auf dem Motor-Zweirade ist im Stande, bergauf mit der gleichen Geschwindigkeit zu fahren, mit welcher der mittlere Touren­fahrer heute auf der Ebene dahinfährt. Durch die vor­erwähnten Brems-Borrichtungen können Bergabfahrten ganz nach Willkür des Fahrers, also auch im Schritt unternommen werden. Der Motor ist eingestellt und wirkt mit als Bremse. Eine besondere und auch vor­teilhafte Eigentümlichkeit des Motorzweirades besteht in dem Aufhören des Funkrionirens des Motors bei Entlastung des Fahrzeuges. Sollte daher durch Un­geschicklichkeit der Fahrer mit der Maschine zu Fall kom­men, so ist obige Eigenschaft sehr erwünscht. Durch die eigenartige Antriebsanorduung und durch die günstige Gewichtsverteilung hat sich bei Probefahrten außerdem der große Vorzug gezeigt, daß das Motor-Zweirad auf Schnee, Eis, nasser Straße oder schlüpfrigem Pflaster weit weniger dem lästigen seitlichen Rutschen unterworfen ist, als das moderne Niederrad. Das Motor-Zweirad ist im Gebrauch für Herren wie Damen geeignet. Der Bedarf an Betriebsmaterial beziffert sich auf nicht über b/« <4 Per Kilm. also per 100 Kilm. ca. 75 Der ohne besondern Reservebehälter mitgefnhrte Vorrat an Be­triebsmaterial reicht für eine Strecke von 200 Kilm. Eventuell auf der Reise notwendig werdender Ersatz des Materials ist überall leicht zu beschaffen. Für Kühl­ung und Oelung des Motors ist in wirklich origineller Art gesorgt. Der Gang des Motor-Zweirades ist ein weicher, gleichmäßiger. Der Auspuff des Motors ist durch geeignete Vorrichtung gedämpft. Die vorerwähnten vor­trefflichen Eigenschaften dieses neuesten Verkehrsmittels werden gewiß beitragen, demselben eine rasche Verbreit­ung zu sichern. Welchen Wert diese Erfindung hat, geht daraus hervor, daß für das amerikamsche Patent 500000 Dollars geboten sind und für das englische Patent 50000 Pfund Sterling.

(Hunderttausend Kronen.) Ein Schriftsteller in Kopenhagen hat soeben oben genannte Summe unter eigentümlichen Umständen geerbt. Er schrieb verschiedene Artikel für ein religiöses Wochenblatt, und diese machten einen so tiefen Eindruck auf eine ältere Dame, daß sie beschloß, dem Verfasser die erwähnte Summe zu testieren. Auf ihrem Todesbette ließ sie ihn ruien, um ihm ihren Beschluß mitzuteilen. Vor einigen Tagen starb sie und der junge Mann ist Plötzlich und unerwartet reich geworden.

(Münchener Schädel.) In einer Wirtschaft im Thal gerieten am 14 ds. abends einige Tag­löhner in Streit, wobei einer seinem Gegner einen Literkrug mit solcher Gewalt an den Köpf

schlug, daß der Krug in Trümmer ging. Der Getroffene war einen Augenblick verblüfft, schüttelte dann den Kopf und sprach gelassen; Dös mußt zahlen! Jetzt schaust aber, daß Du außi kummst, Lausbub sakrischer!" In der Thal hatte der Mann nur eine starke Beule erlitten.

(Ein armer Mann.) In Altgersdorf bei Landeck (Schlesien) starb kürzlich ein Mann, der verarmt war und deshalb größtenteils von Al. ^ mosen lebte. Nach dem Tode fand man bei ihn, ! u. A. etwa 300 ^ bares Geld und einen großen Vorrat von Wäsche, darunter 114 St. Hemden.

Auflösung des Citat-Rätsels in Nr. 128 Lerne leiden ohne zu klagen.

Richtig gelöst von Ernst Gottschalk in Neuenbüro, Robert Blaich, Schultheißenamtsgehilfe in Calmbach.

Zahlen-Rätjel.

1 2 3 7 männlicher Vorname.

2 3 5 2 7 Bezeichnung für ein bestimmtes

Landgebiet.

3 5 6 2 7 Stadt in Rußland.

4 2 3 3 ist mancher, der sich für weise hält.

5 6 2 ein Wesen, das keine Mutter gehabt.

6 2 3 ein Fluß in Frankreich.

2 7 7 5 5 Ort für Spaziergänger.

7 5 2 3 tragische Figur aus einem bekannten !

Drama.

Die Anfangsbuchstaben obiger Wörter be­zeichnen von oben nach unten eine Zeit der ausgelassenen Fröhlichkeit.

Telegramme.

Berlin, 17. Aug. Mit der Verhaftung der Anarchisten soll die Polizei einen guten , Fang gemacht haben. Die Haussuchungen nahmen ! bereits um 5 Uhr früh ihren Anfang. Einzelne Anarchisten wurden auf ihrer Arbeitsstelle ver­haftet. Bei einem Mechaniker sollen Schriftstück gefunden worden sein, die darlhun, daß die hiesigen Anarchisten in regster Verbindung mit! den in Frankreich lebenden Genossen stehen. ^ Bei einem der verhafteten Anarchisten wurden zwei angefüllte Granaten unbekannten Herstell­ungsortes aufgefunden und bei verschiedenen Verhafteten diese bloßstellende Schriftstücke ent­deckt. Die Anarchisten pflegten ihre Zusammen­künfte auf einem Gartengelände in der Nähe des Zentralviehhofes abzuhalten.

Berlin, 17. Aug. Infolge der Cholera­fälle in der Danziger Gegend ordnete der Kaiser j sofort nach seiner Ankunft in Kiel telegraphisch ; einschneidende Modifikationen der geplanten Kaisermanöver der Armee und der Flotte an, soweit dieselben in der Danziger Gegend statt­finden sollten.

Varzin, 17. Aug. Der Oberpräsident von Pommern, Hr. v. Putt kämm er, ist zuni Besuche des Fürsten hier eingetroffen.

Landsberg a. d. Warthe, 17. August. In Cladow sind zwei Personen, Mutter und Kind, an Ollolera ssiaties. erkrankt. Die Lands­berger Badeanstalten wurden geschloffen.

Riga, 18. Aug. Hier wurde das Auf­treten der Cholera festgestellt. Bisher sind 10 Erkrankungen vorgekommen.

Wien, 18. Aug. Die Abendblätter melden ^ aus Semlin: Ein aus Bulgarien gehendes Frachtschiff ist am eisernen Thore zerschellt und mit der Mannschaft versunken.

Paris, 17. Aug. Es verlautet jetzt zu­verlässig, daß Verschwörungen gegen das Leben! des Ministerpräsidenten Charles Dupuy ent- ^ deckt worden seien. Drei Anarchisten in Barcc- z lona seien bestimmt, Dupuy mittels Dynamit ; zu Vernet-les-Bains zu töten. Die spanische Polizei benachrichtigte die französische Regierung ; und gab das Signalement der Verschworenen an.

Paris, 18. Aug. In dem ihm gehörigen Weinladen Villjous im Polizeigebiete von Paris wurde heute nacht von späten Gästen der 63- jährige Wirt Fidöle Cleemont hinter dem Scham­tisch erschossen aufgefunden. Es liegt Raub­mord vor.

Dundee, 18. Aug. Der Kaufmann Ernsl Haßberger der wegen Fäschungen im Betragt von über 100 000 Pfd. Sterling angeklagt -fl, wurde vor die Geschworenen verwiesen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.