der Mott Havenstation zu Newyork, das um etwas mehr als 15 m nach Westen gerückt wurde. Das Patentbureau von Otto Wolf in Dresden berichtet hierüber folgendes: Das Gebäude ist ein Backsteinbau von etwa 48 in Länge und 10,6 m Tiefe, es besitzt einen 24 w hohen quad- ratischen Turm von 5,80 m Seitenlänge. Das Gewicht des Turms allein ist auf 500 t, dasjenige des übrigen Bauwerks auf 1200 t geschätzt. Das Gebäude wurde zuerst in der üblichen Weise mit einem starken Schwellenrost unterbaut und der Weg mit einem aus Längs- und Querschwellen gebildeten Geleise belegt. Es wurden sodann 14 Schraubenwinden auf die Front des Gebäudes verteilt, wovon 4 auf den Turm entfielen. Diese wurden zuerst soviel angezogen, daß sich der Turm eben merklich bewegte. Nun wurden in Ueber- einstimmung mit den Schlägen einer Signalglocke alle 14 Winden zugleich um je eine Vierteldrehung der Schraube angespannt, wobei das Gebäude jedes Mal um 5 mm vorückte. Nach Erschöpfung der Schraubenlänge wurden die Winden nachgeschoben und in derselben Weise von neuem angespannt. Dabei wurde zur Verminderung der Reibung das Geleise mit Seifenschleim und Talg geschmiert. In reichlich einer Woche war das Werk beendet: das ziemlich unregelmäßig angelegte, schwere Bauwerk hatte nicht den mindesten Schaden genommen. (Anm. d. Red. Wäre es nicht empfehlenswert, sich auch hierzulande mit der Verlegung von ungünstig gelegenen Bahnhöfen zu befassen.)
Ueber Herrn Franz Knie, der zur Zeit auf dem Wilhelmsplatz in Stuttgart Vorstellungen giebt, schreibt das „N. Tgbl.": 79 Jahre ist der alte Knie nun alt! Was ist seit den 62 Jahren, da der 17 jährige Jüngling zum erstenmal das hohe Seil betrat, alles an ihm vorübergegangen. Viel Freud, viel Leid. Nicht weniger als 35 Kinder hatte er aus der Ehe mit zwei Frauen, deren erste ihn mit 20, die zweite mit 15 beschenkte. Durch die Ehe ist er, ein geborener Neuwieder, halb Württemberger geworden, denn seine Frau war aus Kirchheim u. T., eine geborene Läufer, seine zweite aus Pfungstadt bei Darmstadt begleitet ihn heute noch mit 8 Kindern und einem Schwiegersohn, der ihm ein Ersatz für seinen im 28. Jahre gestorbenen blühenden Sohn Karl ist. Sein Sohn Franz hat eine eigene Gesellschaft gegründet und bereist gegenwärtig als Franz der „Jüngere" Bayern. Wohl ist der „Alte" nicht immer auf Rosen gebettet gewesen, aber niemand vermutet in dem schönen kraftvollen Greis mit den durchdringenden, aber gewinnenden blauen Augen den Mann, der alle Fährlichkeiten einer über 60 Jahre langen Seiltänzerlaufbahn durchgemacht hat und 15 noch heute lebende Kinder — das jüngste ist jetzt 4'/, Jahre alt — durchs Leben führt. Es gehört ein gottbegnadigtes Alter dazu, um nach 8 Armbcüchen, wovon jetzt der rechte Arm nahezu steif ist, 2 Abstürzen heute noch auf hohem Seile „arbeiten" zu können mit einer Lust, daß der Meister heute erklärt, er glaube krank zu werden, wenn er seine Hebungen einstellen müßte. — Die Amerikaner haben ihren Blondin, der als kräftiger Mann die Niagarafälle überschritt, aber einen bald achtzigjährigen „alten Knie", der auf dem Seil die Großväter trug, die Väter und Mütter erfreute und jetzt die Enkel auf dem Wilhelmsplatz zum Staunen bringt, wird der schnelllebige Amerikaner dem soliden Deutschen nachmachen.
Eine Wahrsagerin in Solingen hat einer Frau in Solingen so unsinniges Zeug vorgelogen, daß die Aermste in geistige Umnachtung fiel und — starb. Der Fall hat aber noch ein weiteres beklagenswertes Nachspiel gehabt. Der Mann jener Unglücklichen nahm sich deren trauriges Ende so zu Herzen, daß er tiefsinnig wurde und nach Bonn in eine Irrenanstalt gebracht werden mußte. Gegen die „Seherin" und deren Mann, der ihr bei ihrem Firlefanz Hilfe leisten mußte, schwebt eine Anklage wegen Betruges.
Pferd oder Fahrrad? Bei dem Radfahrerwettrennen in Bamberg lief ein Rennpferd
des Reitinstitutsbesitzers Pasche (geritten von diesem) mit Herrn Gehrig aus Frankfurt um die Wette. Die Distanz betrug 800 m, die Bahnbreite 5 w. Der Renner siegte um etliche 20 Pferdelängen. Das Rennen verlief ohne Unfall.
Reichsgerichtliche Entscheidung. Ueber die für Mieter und Vermieter gleich wichtige Frage: „In welchem Zustande muß eine Wohnung bei der Räumung derselben dem Vermieter zurückgegeben werden? sind bei den häufig vorkommenden Streitigkeiten von den verschiedenen Gerichten bisher die verschiedensten Urteile gefällt worden. Neuerdings ist nun durch das Reichsgericht anläßlich einer derarugen Streitsache eine sehr wichtige Entscheidung herbeigeführt worden. Danach ist die Klausel in den Mietsverträgen: „Mieter hat die Wohnung zu übergeben, wie er sie übernommen hat," mit der Einschränkung zu verstehen, „soweit sie nicht durch ordnungsmäßigen Gebrauch abgenutzt, also abgewohnt ist." Dagegen hat der Mieter für allen durch Mutwillen, Unreinlichkcit oder schlechte Pflege der Wohnung entstandenen Schaden aufzukommen, insbesondere aus Schmutzflecken verunreinigte oder abgerissene Tapeten zu reparieren, zerbrochene Fensterscheiben wieder ganz machen zu lasten oder verlorene Schlüssel zu ersetzen. Abgelaufene Dielen, durchgebrannte Herde und Ofenröhren, zersprungene Kacheln und Eisenplatten, schadhaft gewordene Schlösser und Thürklingen sind dann zu ersetzen, bczw. zu reparieren, wenn die Beschädigung nachweislich durch Fahrlässigkeit oder gewaltsame Behandlungsweise entstanden ist. Mieter hat beim Verlassen der Wohnung dieselbe vollständig zu räumen und dem Vermieter die Schlüssel zu übergeben. Bis zur Ablieferung der letzteren gilt der Mietsvertrag als noch nicht beendigt, und der Mieter hat thatsächlich dem Vermieter den entfallenden Mietzins weiter zu zahlen. Die Wohnung ist dem Vermieter in gereinigtem Zustande d. h. besenrein zu übergeben.
Himbeersaft. Man presse von auserlesenen Himbeeren den Saft in einem Tuche aus, koche diesen sogleich mit Zucker, indem man auf je '/» 1 Saft 250 bis 350 § Zucker rechnet und beides zugleich, den Zucker gebröckelt, übers Feuer setzt; den Schaum nimmt man sorgfältig ab. Der Syrup wird '/i Stunde gekocht. Man füllt ihn erkaltet in reine, ausgetrocknete Flaschen, pfropft diese mit neuen gereinigten Stöpseln fest zu und bewahrt sie an einem kühlen Orte. Läßt man die Himbeeren vor dem Auspressen zerdrückt einige Tage in einem irdenen Topf stehen, so wird der Syrup klarer.
(Der günstige Einfluß von Bewegung) kann für diejenigen, deren Beschäftigung keine körperliche Anstrengung verlangt, nicht hoch angeschlagen werden. Wenn der Körper seine natürliche Kraft bewahren und alle Muskeln und Organe in der gehörigen Stärke erhalten will, muß derselbe einen gewisien Grad von Ermüdung erleiden. Diese Thätigkeit befördert den Blutumlauf, indem sie das Blut rascher und gleichmäßiger im ganzen Körper verteilt. Kalte Füße oder Kälte in irgend einem Teile beweisen, daß der Blutumlauf dort zu schwach und ungleich ist. Während der Bewegung drücken die Muskeln auf die Blutgefäße und tragen so zur rascheren Cirkulatiou des Blutes bei. Die Herzklappen werden aus diese Weise in ihrer Thätigkeit, den Blutstrom auszusenden, unterstützt, und es wird ihnen die Arbeit bis zu einem gewissen Grade erleichtert. Druck in der Herzgegend, schweres Atmen, Niedergeschlagenheit, Angst, Schwere und vielerlei anüere Leiden und Beschwerden sind die Folgen einer zu sehr vernach- lässigteu Bewegung. Es giebt Leute die jede Bewegung und Anstrengung scheuen, weil sie sich im Atmen beengt ung schwach fühlen. Aber gerade die Anstrengung würde das das Herz von seiner Bürde befreien. Sie würde infolge der gleichmäßigeren Verteilung des Blutumlaufes das Atme» erleichtern und eine vermehrte Thätigkeit und lebhaftereu Stoffwechsel in alle» Organen des Körpers und damit auch ein Gefühl erhöhten Wohlseins erzeugen. Natürlich die Bewegung stets dem Kräftezustande des Körpers angemessen sein.
U (Mittel beiBrandwunden und Verbrühungen.) Nach Angabe eines Prager Arztes läßt sich vorkommenden Brandwunden oder Verbrühungen in jeder Haushaltung ein ebenso wirksames und rasch bereites Gegenmittel Herstellen, das derselbe seinen Erfahrungen gemäß bestens empfiehlt. Ein Löffel voll frischer (ungesalzener) Butter wird mit einem Ei gut verrührt, diese Salbe
auf Fleckchen Leinwand aufgetragen und auf die be> schädigte Körperstelle gelegt. So oft die Salbe trocken wird, muß dieselbe erneuert werden. Die Schmerzen sollen bei dieser Behandlung in kurzer Zeit Nachlassen und selbst große und tiefe Brandwunden in Verhältnis mäßig kurzer Zeit ohne Rücklaffung von entstellenden Spuren oder Narben verheilen. Einen besonders auffallenden Fall beschreibt dieser Arzt in der „F. M. Z."., Eine Frau erlitt infolge Entzündung ihrer Kleider am ganzen Körper große und tiefe Brandwunden. Der herbeigeeilte Arzt ließ ein Bettuch mit einer aus I Kilogramm Butter und 20 Eiern bestreichen und den wunden Körper darin einschlagen. Die heftigen Schmerzen ließen bald nach und in kurzer Zeit war die Kranke hergestellt. — In einem andern Falle hatte ein junges Mädchen infolge Explosion einer Theemaschine sich das ganze Gesicht samt den Augenlidern verbrüht. Auch hier wurde die Heilung durch Auflegung von Lappen, die mit obiger Salbe bestrichen waren und oft erneu- ert wurden, in ganz kurzer Zeit bewirkt, ohne daß Spuren der Verwundung zurückgeblieben sein sollen.
(Neu getünchte oder tapezierte Stuben von üblem Geruch zu befreien.) Nachdem man die Fenster und Thüren solcher Räume geschlossen hat, bringt man glühende Kohlen hinein und streut einige Hände voll Wachholderbeeren darauf. Nach etwa 12 Stunden öffnet man alle Fenster und Thüren, damit frische Luft eindringen ^ kann, und man wird finden, daß der üble Ge- > ruch vollständig verschwunden ist.
Wettervorhersagung der Meteor. Zentr. Stal. Stuttgart. Von dem Luftwirbel, dessen Drehpunkt noch immer über der nördlichen Nordsee liegt, wird ein Teil sich ablösen und oft- bis südostwärts Vordringen, so daß bei uns westliche Luftströmungen entstehen werden. Diese werden mei st wolkiges und kühles Wetter, sowie etwas Regen veranlassen. (Leider also immer noch das Aprilwetter.)
Citat-Rätsel.
Aus jedem Citat ist ein Wort zu nehmen, so daß ein neues Citat entsteht: ^
1. Lerne dich selbst erkennen, o Mensch.
2. Besser Unrecht leiden, als Unrecht thun.
3. Ohne Kampf kein Sieg.
4. Im schwarzen Walfisch zu Askalon.
5. Mit Jammern und mit Klagen erschwerst
du nur dein Leid.
Telegramme.
Berlin, 17. Aug. Der „Lokal-Anzeiger" meldet: Ein Teil der verhafteten Anarchisten ^ sind Propagandisten der That. Bei denselben ^ wurden Werkzeuge gefunden, welche die Polizei schließen lassen, daß für die nächste Zukunft ' eine öffentliche Demonstration beabsichtigt war.
Hamburg, 17. August. Der flüchtige Rechtsanwalt William Goldschmid wird wegen Beihilfe zum Betrug steckbrieflich verfolgt.
Frankfurt, 16. August. Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich gestern Abend gegen 10 Uhr auf der Banstrecke Frankfurt— ^ Limburg ereignet. Der Lokomotivführer Zuck- wil aus Niederrad sollte eine leere Maschine ^ nach Niedernhausen bringen und in der Station > Lorsbach mit dem von Niedernhausen kommenden f Personenzug kreuzen. Zuckwil fuhr aber aus ^ bisher noch unbekannten Gründen mit vollem Dampfe durch Lorsbach durch und stieß auf den Personenzug, der eben die Station Eppstein ^ verlassen hatte, mit voller Wucht auf. Beide . Maschinen wurden sofort total zertrümmert, ebenso der erste Personenwagen des Perjonen- zuges, während der direkt hinter der Maschine folgende Paketwagen unversehrt blieb. Schwer verletzt wurden 4 Personen, leicht verletzt sind > 5 Mann vom Personal des Personenzuges. f
Lyon, 16. August. Die Hinrichtung ! Caserios erregt im Publikum Staunen, weil j sie schon 13 Tage nach der Verurteilung erfolgt , ist, während sonst gewöhnlich 1 Monat zwischen ! Verurteilung und Hinrichtung liegt. Caserio drückte gestern den Wunsch aus, man möge seine Leiche nicht secieren.
Amsterdam, 17. Aug. Heute früh sind hier 5. in Harlem 3, in Mastricht 1 Choleraerkrankung vorgekommen.
London, 17. August. Das Exekutiv- komite der Anarchisten soll beschlossen haben, eine Reihe von Attentaten in den Vorstädten zu verüben, da die innere Stadt zu scharf bewacht werde.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.