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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

** Wildbad, 13, Aug. Die gestern von 8 Uhr ob stattgehable Enzpromen aden-Be- leuchtung war, wie alljährlich, wieder sehr schön arrangiert. Die vielen Lampions, welche die Anlagen schmückten und zum Teil in schwindeln­der Höhe an den Bäumen angebracht waren, sowie die unzähligen farbigen Lichter an den Pavillons übten einen wirklich märchenhaften Eindruck aus. Das Feuerwerk (von der be- kannten Firma Fischer m Cleebronn ausgeführt) war in allen seinen Teilen effektvoll; dazwischen spielte die Kurkapelle unter Leitung ihres Diri­genten Carl in geigneten Pausen ihre herrlichen Weisen. Die etwas kühle Witterung mag Man­chen vom Besuch abgehalten haben, immer­hin waren aber die Anlagen stark frequentiert.

** Wilbad, 14. Aug. Heute früh wurde man hier die Ueberraschung gewahr, daß in dem in den Anlagen befindlichen Juwelierladen ein schwerer Einbrnchsdiebstahl verübt worden ist. Es wurden Schmucksachen (Goldwaren rc), welche sich auf einen Wert von etwa 8000 ^ beziffern dürften, entwendet. Trotz eifrigster Fahndung seitens der Landjägermannjchaft von hier, Calm­bach und Neuenbürg hat man bis jetzt noch keinen Anhaltspunkt, der zur Ermittlung des oder der Thäter führen könnte. Auf telegraphisches Er­suchen wurden die mit dem heutigen ersten Zuge in Pforzheim eingetroffenen Passagiere einer Re­vision unterzogen, welch' letztere ebenfalls kein Resultat brachte. Das K. Amtsgericht Neuen- bürg traf mittags ein, um den Thatbestand fest­zustellen. Es ist wohl anzunehmen, daß man es mit zwei Dieben zu thun hat; mittelst Bohrern und sonstigen Werkzeugen gelang es denselben, das Schloß und die Thüre zu öffnen. Die wert­volleren Schmuckgegenstände waren mit kundiger Hand den Etuis entnommen, die geringeren Waren meist unberührt. Spuren sollen darauf schließen lassen, daß der oder die Diebe sich zu­nächst hinter eine Scheune in der Nähe des Windhofs" geflüchtet haben, um die Wertsachen einer Musterung zu unterziehen. Ein Nacht­wächter will eine mit einem großen Pack in weißer Hülle versehene Person gesehen haben. Eine Frau aus Calmbach soll angeblich eine ebensolche Person auf der Straße nach Calw befindlich gesehen haben. Die Recherchen des hiesigen Landjägers erstreckten sich deshalb auch nach dieser Richtung.

Pforzheim, 14. Aug. Bei den im Laufe dieses Jahres unternommenen Bohrungen nach Wasser ist man auf dem sogen. Holzhofe auf eine Quelle gestoßen. welche in ausreichender Menge gutes Trinkwasser liefert, das seit einigen Tagen mittelst einer Pumpe in die städtische Wasserleitung getrieben wird. In der heißen Jahreszeit funktionierte letztere nur noch in ganz unzulänglicher Weise und blieb nur wenige Stunden des Tages geöffnet. Jetzt ist zur großen Genugthuung der Einwohnerschaft der Mißstand hoffentlich auf die Dauer beseitigt. Zwei Selbstmorde machen viel von sich reden. Hier in Pforzheim erhängte sich dieser Tage die 25 Jahre alte Tochter eines angesehenen Fabri­kanten, deren Bräutigam vor einiger Zeit ge­storben war und die seitdem an Schwermut litt. Verschiedene Gerüchte, die wissen wollen, das Mädchen sei das Opfer eines im Wahnsinn ver- übten Verbrechens geworden, entbehren jeden­falls der thatsächlichen Begründung. In dem eine halbe Stunde von hier entfernten Eutingen vergiftete sich gestern Abend ein blühend schönes Mädchen, well sie von ihrem Geliebten letzten Sonntag nicht zum Erntetanz geführt wurde. Im September findet hier eine größere land­wirtschaftliche Ausstellung statt, die allen An­zeichen nach eine gelungene werden dürfte.

Neuenbürg, 15. Aug. (Biehmarkt). Der heutige Bierteljahrsviehmarkt war mit Läufer­und Milchschweinen stark befahren. Es fand lebhafter Handel statt» für Läufer (106 St.) wurden 54120 für Milchschweine (75 St.)

3242 Pr. Paar bezahlt. Die Zufuhr und

der Handel in Rindvieh ist nicht nennenswert.

Deutsches Aeich.

Berlin, 13. August. Ein hiesiges Blatt will aus Württemberg erfahren haben, daß der komm. General des 13. Armeekorps v. Wölckern, nach den Manövern seine Verabschiedung nachsuchen wird. Als Nachfolger werde Gen.- Lieut. v. Lindequist, Komm, der 26. Division in Stuttgart, genannt, da der nächltälteste württemb. Offizier, Gen.Lieut. Frhr. v. Falken- stein, Gen.Adj. des Königs von Württemberg, im Dienstalter noch zu weit zurückstehe. Seine Verwendung als kommandierender General in Preußen werde indessen als sicher bezeichnet. (Diese Nachricht ist noch sehr zweifelhaft)

Berlin, 13. Aug. Nach derKreuzztg." ist die Absicht, das neue Reichtagsgebäude unter Einberufung des Reichtags am 18. Okt. einzu­weihen, aufgegeben worden, weil bis dahin das nötigste Arbeitsmaterial für den Reichstag noch nicht fertig gestellt sei. Die Eröffnungsfeier erfolge daher wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte des November.

Berlin, 13. Aug. Die Akten gegen den Kanzler Leist wurden, wie das Berl. Tagebl. erfährt, nach der Beendigung des Disziplinar­verfahrens der Staatsanwaltschaft übergeben. Nallentin steht bezüglich seines Wiedereintritts in den Kolonialdienst mit dem Auswärtigen Amt noch in Unterhandlung.

Berlin, 13. Aug. Der Voss. Ztg. wird aus Johannisburg in Ostpreußen gemeldet, daß von den in Niedzwedzen an verdorbenen Häringen erkrankten Personen bis jetzt 18 ge­storben sind; das ganze Dorf sei abgcsperrt.

Berlin, 14. August. DerReichsanzeiger" veröffentlicht das Abkommen mitFrankreich betreffend die Abgrenzung Kameruns und des französischen Congogebietes..

Leipzig, im August. Vor kurzem hat sich hier ein deutscher Patriotenbund gebildet, dessen einziges Ziel ist. den im Jahre 1863 zur Erinn­erung an die Völkerschlacht von Leipzig (16. bis 18. Okt. 1813) in den Boden versenkten Grundstein zu einem größeren Denkmal auszu­bauen. Gewiß werden sich viele, Einzelpersonen wie Vereine, gerne an dem patriotischen Werke mit Beiträgen beteiligen. Der Vorsitzende des Bundes, Architekt Clemens Thieme in Leipzig, An der Pleiße 12, erteilt bereitwilligst weitere Auskunft.

Auf eine Denkschrift der Handelskammer zu Straßburg, betreffend den Hausierhandel und die Wanderlager, hat das Ministerium für Elsaß-Lothringen sich dahin geäußert, daß eine anderweitige, dem Umfange des Geschäftsbetriebes entsprechende Besteuerung des Hausierhandels durch das neue Gewerbesteuergesetz in Aussicht genommen sei und daß bei dieser Gelegenheit auch eine Neuregelung der Wanderlager in Er- Wägung gezogen werden solle.

Pfarrer Wacker, einer der Führer der badischen Zentrumspartei, ist vom Erz­bischof von Freiburg zum Geistlichen Rat er­nannt worden. Man mißt in den politischen Kreisen des Großherzogtums Baden dieser Herrn Wacker seitens des Erzbischofs gewordenen Aus­zeichnung eine gewisse Bedeutung bei, insofern man diese Rangerhöhung vielfach als eine Bil­ligung des scharfen und oft rücksichtslosen Auf­tretens Wackers in den politischen Tageskämpfen Badens durch die Kirchenregierung in Freiburg betrachtet.

Mannheim. 12. August. Mitglieder des Mannheimer Ruderklubs" wollten heute auf ein­em Boote eine Ausfahrt auf dem Rhein unter­nehmen. Infolge Anrennens an ein an der Quai­mauer liegendes Schiff kippte das Boot plötzlich um und die fünf Insassen sielen in den Rhein. Zwei von ihnen, Bissinger, der das Steuer ge­führt hatte, und der Ruderer Dostmann, sind ertrunken und bis jetzt nicht aufgefunden. Bor sechs Jahren verlor der Klub am nämlichen Tage bei einem ähnlichen Unfall ebenfalls zwei Mitglieder.

Radolfzell. Der Verband der ober­badischen Viehzuchtgenossenschaften hält hier am 15. Sept. d. I. wieder einen großen Zentral- zuchtoiehmarkt ab, wozu Liebhaber zum Erwerb von vorzüglichen Zuchttieren jetzt schon aufmerk, sam gemacht werden.

Württemberg.

Mit der Bildung der württembergischen Zentrumspartei, deren Programm und Auf­ruf dieser Tage veröffentlicht worden ist, hat das ohnehin schon so mannichfache Parteileben in Deutschland eine neue Blüte getrieben. Das Programm der jüngsten Partei Deutschlands enthält ein reiches Bouquet sehr verschieden­artiger Forderungen, die sich auf das konfessio­nelle Gebiet wie auf die Gebiete der Schule, des Staatsrechtes, der Sozialpolitik, der Steuer- und Finanzpolitik beziehen. Wenn hierbei der Programmentwurf nach der kirchen- und schul- politischen Seite so extreme Forderungen auf­weist. wie es diejenigen der konfessionellen Volks­schule, der geistlichen Schulaufsicht, der Wieder­einführung des Zwanges zum Besuche der sonntäglichen Christenlehre u. s. w. sind, so er­scheint dies bei dem Charakter der neuen Partei wohl selbstverständlich. Anderseits enthält aber das Programm auch staatsrechtliche, Wahl-, steuer-, finanz- und sozialpolitische Forderungen von teilweise recht reaktionärer Färbung. Ob die württembergische Zentrumspartei über die Grenzen Württembergs hinaus irgendwelche Be­deutung erlangen wird, das bleibt zunächst noch sehr abzuwarten.

Cannstatt, 13. August. Beim Verkauf des Gemeindeobstes, das zu 2718 Simri geschätzt wo», wurde durchschnittlich per Simri ca. 1 ^ 25 bis 1 29 ^ erlöst. An dem Minder­

erlös gegen das Vorjahr dürfte das schlechte Aussehen des ObsteS schuldig sein.

X Heilbronn, 13. Aug. Erfreulicherweise scheinen die hiesigen Gemeindeverhältnisse sich zum Besseren zu gestalten. Der weit über­wiegende Teil der hiesigen Einwohnerschaft will der fortgesetzten Aufregungen, welche das hiesige öffentliche Leben Jahre hindurch vergifteten, endlich enthoben sein und wünscht Ruhe um jeden Preis. Daß cs allerdings einige unverbesserliche Hetzer giebl, die aus Freude an Skandal, und weil ihnen friedliche Zustände ein Gräuel sind, von Neuem Streit Hervorrufen möchten, ist be­dauerlich; jedoch ist auch die Mehrheit der Ge­meindevertretung der fortgesetzten Hetzereien endlich überdrüssig und sieht wohl ein, daß eine gedeihliche Weiterentwicklung unserer Stadt nur durch friedliches Zusammenwirken aller Faktoren erfolgen kann. Wie wir hören, wird der wieder­angefachteSpitalkrieg" dadurch zu Ende ge­führt werden, daß in einer der nächsten Sitz­ungen der Ortsarmenbehörde an der Hand der Akten das Verhallen des Spitalarztes Dr. Mayer seiner Vorgesetzten Behörde gegenüber, insbe­sondere auch in der Zeit, in welcher O.B.M. Hegelmaier nicht im Amt war, öffentlich klar gestellt wird. Die weitere Konsequenz wird sich dann von selbst ergeben.

Auf der Tagesordnung des am 26., 27. und 28. August in Ellwangen stattsindenden 36. Verbandstag der württ. Gewerbe­vereine stehen u. a. folgende Referate: 1) Die soziale Reform in Bezug auf Arbeitsnach­weis und Wanderarme, Referent Prof. Dr.Huber, Sekr. der Handelskammer Stuttgart; 2) die Um­gestaltung des Konkurswesens; 3) die Unfallver­sicherung der Handwerker mit Rücksicht auf die Ausdehnung des Unfallversicherungszwangs aus die Handwerker nach dem Ende Juni 1894 ver­öffentlichten Reichsgesetzentwurf. Die Diskussion wird von Prof. Dr. Huber eingeleitet. 4) 3» wieweit kann die Schule den Interessen des Ge­werbebestandes Vorarbeiten? Referent Prof. Wilh. Beißwanger.

Plochingen, 13. Aug. Heute vormittag tötete sich auf dem Abort des hiesigen Bahnhofs ein in den mittleren Jahren stehender Kaufmann R. E. G. aus Reutlingen durch einen Revolver­schuß ins Herz. Die ganze Barschaft desselben bestand aus 1 Stellenlosigkeit und Geld­mangel scheinen das Motiv der That gewesen zu sein.

In Reutlingen setzten sich zwei Kinder, ungesehen vom Fuhrmann, auf den Wagenhang eines Frachtfuhrwerks und waren eine Strecke weit gefahren. Als dieselben aber auf einmal vom Fuhrmann bemerkt wurden, wollten sie ihren Platz unter dem Wagen verlassen, was dem einen auch gelang, während das andere,