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Deutsches Aeich.

Berlin, 3. Aug. In der Bülowstraße fand gestern ein Einbruch statt. Der Einbrecher schoß aus einen Schutzmann, den er im Rücken verwundete, traf versehentlich einen zweiten Ein­brecher, und erschoß sich dann selbst. Der zweite Einbrecher wurde festgenommen. Die persön­lichen Verhältnisse beider sind bis jetzt unbe­kannt.

In Bayern liegen die Bauernbündler einander schon seit mehreren Monaten scharf in den Haattn. lieber den allbekannten Dr. Sigl ist ein noch größerer Grobian in der Person des Bauernführers Wieland gekommen und es ist ergötzlich zu lesen, wie der letztere den Dr. Sigl mit den kräftigsten bajuvarischen Ehren­titeln überschüttet.

München, 1. August. Beim 1. Artillerie- Regiment hat kürzlich ein Bicewachtmeister, der 21 Jahre Soldat gewesen war. seinen Abschied genommen. Der Wackere dürfte wohl ein be­sonderes Recht darauf haben, auf sich den Vers aus dem beliebten Reservistenliede anzuwenden: Wer treu gedient hat seine Zeit" u. s. w.

Karlsruhe, 31. Juli. Systematisch ausgeplündert wurde, so schreibt dieKarlsr. Ztg.", ein hier wohnender alter, etwas geistes­schwacher Herr aus der Stephanienstraße von zwei jungen Mädchen im Alter von 13 und 15 Jahren, die seit etwa drei Jahren in seinem Hause verkehrten. Vor etwa Jahren be­gannen sie ihre Betrügereien zuerst mit kleinen Beträgen und als sie sahen, daß der alte Herr nichts merkte, wurden sie immer dreister; sie fälschten Rechnungen in der Höhe von 20 bis 2400 welche jener anstandslos bezahlte, stahlen Wertpapiere, kurz, sie brachten den be­dauernswerten Alten bis heute um nahezu 12 000 Mark. Die Eltern und Angehörigen der Mäd­chen hatten nicht nur Kenntnis von diesem ver­brecherischen Thun, sie unterstützten die Kinder noch mit ihrer reiferen Erfahrung. Die Sache kam aber schließlich dochan's Licht der Sonnen" und die ganze Bande, zusammen 7 Personen, wurde ausgehoben und in Haft genommen.

Zu dem unreellenWettbewerb, dessen Bekämpfung auf dem Wege der Reichsgesetzgeb­ung in Aussicht genommen ist, gehört, wie die Boss. Ztg." erinnert, auch die Zusendung unbestellterWaren, als Bücher und Lotterie­lose, in jenen Fällen, in denen der Absender mit dem Empfänger nicht in Geschäftsverbindung steht und diesen zur Zahlung zu zwingen sucht. Solche Fälle kommen täglich vor, und in der Regel werden dann die Empfänger, weil sie die gesetzlichen Bestimmungen nicht kennen, benach­teiligt. Der Empfänger kann im Gebiete des Allgemeinen Landrechts niemals zur Zahlung des geforderten Preises der Ware gezwungen werden, er ist vielmehr nur zur Rückgabe oder unfrankierten Zurücksendung der Ware verpflichtet, oder er kann die Ware gerichtlich niederlegen. Dies erhellt aus den W 137 und 139 Th. I Tit. 7 des Allg. L.-R.:Der bloße Inhaber hat diejenigen Rechte, die aus der Pflicht folgen, die Sache oder das Recht zum Besten dessen, dem der Besitz gebührt zu erhalten. Will er diese Pflicht nicht übernehmen, so muß er die Sache dem rechtmäßigen Besitzer zurückstellen oder gerichtlich niederlegen." Hieraus folgt aber auch, daß der Empfänger, wenn bei ihm die Ware beschädigt wird oder verloren geht, für den Schaden oder Verlust haftbar ist. Als ein Schaden ist es z. B. zu erachten, wenn der Empfänger Bücher aufschneidet.

Dahaben wir's! Die Londoner Times glaubt ein patriotisches Werk zu thun, indem sie das britische Publikum vor den Unbequemlichkeiten bei Reisen in Deutschland warnt. Das Blatt spricht namentlich von denunausgesetzten Streitig­keiten", welche durch die Zuschlagszahlungen auf Fahrkarten entständen.

Württemberg.

Der Verein der württ. Gemeinde- und Körperschaftsbeamten hat seine diesjährige ^ndesversammlung bei starker Beteiligung vorige Woche in Ulm abgehalten. Aus den dabei ver­handelten Fragen ist besonders hervorzuheben,

daß auch in diesen Kreisen der Wunsch nach Wiederherstellung des Bezirksportotarifs, wie er bis Ende vorigen Jahres bestand, lebhaften Aus­druck fand. Der neue diesbezügliche Posttarif trägt neben der in keiner Weise motivierten Verteuerung, auch den Fehler an sich, daß ihn sogar die Postbeamten stets bei sich führen müssen und ihn gleichwohl hie und da unrichtig anwenden, weil er nichts weniger als klar und einfach ist. Allgemein, namentlich auch in Ge­schäftskreisen, wird lebhaft bedauert, daß unser Ministerpräsident wegen des raschen Schlusses des Landtags sein Versprechen nicht mehr halten konnte, eine diesbezügliche Interpellation zu be­antworten. Ohne Zweifel wäre bei dieser Ge­legenheit diese postalische Mißgeburt, die be­kanntlich sogar von dem Generalpostmeister Stephan im Reichstag bespöttelt wurde, wieder aus der Welt geschafft worden. Sicherlich wird im künftigen Landtag alsbald wieder eine Inter­pellation über diesen Mißstand an das Ministe­rium der auswärtigen Angelegenheiten gerichtet werden.

Stuttgart. Bei der hiesigen Stadtkasse ist ein neues, von den bisher bekannten ab­weichendes Falsifikat eines Reichskasscnjcheines über 50 angehalten worden. Die Zeichnung und Farbe desselben ist derjenigen der echten Scheine im allgemeinen täuschend ähnlich, nur die UeberschriftReichskassenschein" ist weniger scharf, ferner ist das Gesicht des Engels nur unvollständig schraffiert. Ein HaupterkennungS- zcichen bildet der Kontrollestempel der Reichs- jchuldenverwaltung auf der Rückseite; derselbe ist mit einem gewöhnlichen Farbenstempel auf- gedrückt, was auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Altensteig, 1. Aug. Da in Folge des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in ver­schiedenen Orten unseres Bezirks das K. Ober­amt sich veranlaßt sah. das Befahren des gest­rigen Jakobimarktes mit Vieh zu verbieten, war derselbe nur schwach besucht. In sonstigen Jahren hatten die hiesigen Geschäftsleute und Wirte an diesem Jahrmarkt immer eine schöne Einnahme zu erhoffen; diesmal aber war wegen Ausfalls des Vjehmarkts der Geschäftsgang ein ganz flauer.

Von den Geld- und Warenbörsen.

Stuttgart, 2. Aug. Dank der überaus großen Geldflüssigkeit und günstiger Berichte über die Halb­jahresbilanz einiger deutschen Mittelbanken, sowie günstigen Berichten über die Lage des Kohlen- und Eisenmarktes verkehrte die Geldbörse in der abgelausenen Woche in recht sreundl. Haltung. Der Kriegsausbruch zwischen Japan und China beunruhigt unsere Börsen offenbar nicht, da sie das Vertrauen zu der Leitung unserer auswärtigen Politik haben, daß die deutschen Interessen hiebei keine Schädigung erfahren. Oesterr. Kreditaktien gewannen 1h,, Disk.-Kommandit 2 y,, Berliner Handelsgesellschaft '/;, Darmstädter Bank 1^/ Deutsche Bank V-°/o, Bochumer Gußstahl über 4, Dort­munder Union über 1"/, Laurahütte nahezu 3 Gelsenkirchener 4 und tzarpener 3Deutsche Reichsanleihe stieg von 91 auf 91.80, auch die übrigen deutschen und auswärtigen Fonds sind sehr fest, Ita­liener gewannen 1 V, ungarische, österreichische und russische Werte konnten sich gut behaupten, russische Banknoten blieben ziemlich unverändert. Der Privat- Diskont in Berlin erhielt sich auf 1 °/. Die Ge­

treidemärkte verkehrten in schwankender Haltung, wäh­rend der Weizen eine Besserung aufweist und effektiver Hafer eine beträchtliche Steigerung erfuhr, sind die > Roggenpreise abermals etwas zurückgegangen. Die Zuckermärkte verharrten in einer ruhigen Stimmung. Bei recht bescheidenen Umsätzen eriuhren die Preise keine einschneidende Veränderung. Auf den Kaffee­märkten scheint sich eine leichte Besserung anzubahnen. Die Umsätze gestalten sich allmählich etwas lebhafter und auch die Preise sind, wenn auch vorerst nur in bescheidenen Preisen im Anziehen begriffen.

Ausland.

Aus Rom wird derN. Fr. Pr." über eine Unterredung berichtet, die der Papst mit dem rumänischen Gesandten Laehovary gehabt hat. Der Papst soll gesagt haben, er werde aus der ganzen Welt mit Briefen und Bitten bestürmt, zu Gunsten des Weltfriedens seine Stimme zu erheben. Bis vor zwei Monaten hätten sich einem oerartigen Vorgehen jedoch immerSchwierig- keilen entgegengestellt. Namentlich wolle man in Frankreich nichts davon wissen. Trotzdem habe er sich nunmehr entschlossen, zur Friedens­frage entschieden Stellung zu nehmen; er habe bereits die Grundlage für eine die Abrüstung

betreffende Encyklica ausgearbeitet. DieEncy- klica werde nach der Enchklica über die Ver­einigung des schismatischen Kirche mit Rom, die etwa in Monatsfrist veröffentlicht wird, er- cheinen, also etwa in einem Vierteljahre. Wenn auch sofortige praktische Folgen von der Friedens- Encyklica schwerlich zu erwarten seien, so werde doch der moralische Einfluß des Papsttums zu Gunsten des Weltfriedens schwer in's Gericht allen.

Aus Frankreich, 1. Aug. In Toulouse wurde gestern ein Soldat des 20. Linienregi- ments von dem Kriegsgerichte zum Tode ver­urteilt, weil er am 17. Juni infolge eines Streites, der an einem übelberüchtigten Orte zwischen ihm und Zivilisten entstanden war, auf der Straße zwei Unteroffiziere beschimpft und mißhandelt und seine Wut noch an zwei Poli­zisten ausgelassen hatte. Wie es scheint, ist da­bei niemand um Leben gekommen. Trotzdem Todesurteil!

Antwerpen, 30. Juli. Die Bedeutung und der Ruhm der hiesigen Glasmalereien er­füllten die überaus lokalpatriotijchen Antwerpener von jeher mit nicht geringem Stolze, und es war daher sehr erklärlich, daß eine arge Ent­täuschung, vermischt mit einer nicht allzu kleinen Dosis Neger, bei ihnen sich einstellte, als vor einiger Zeit die Antwerpener Glasmaler vor den Deutschen den Kürzeren zogen. Es handelte sich um die Ausführung der sämtlichen Fenster zu der anläßlich der Jubiläumsfeier des Papstes Leo XIII von der gesammterr katholischen Christenheit ge­stifteten St.-Joachimskirche in Rom, ein Werk, das an Umfang und Bedeutung zu den hervor­ragendsten auf dem Gebiete der Glasmalerei gezählt werden muß. So ziemlich alle zivistlirten Nationen hatten sich an dem Wettbewerbe um die Herstellung dieser Fenster beteiligt, deren Ausführung schließlich nicht einer hiesigen Firma, wie man hier erwartet hatte, sondern der königl. bayerischen Hofglasmalerei F. T. Zeltler in Mün­chen zugesprochen wurde. sAnm. d. Red. Diese Kunstanstalt lieferte bekanntlich auch die gemalten Chorfenster in der neuen Kirche in Höfens. Mit Rücksicht auf diesen Erfolg der letztgenann­ten Firma ist es begreiflich, daß man hierselbst den von derselben ausgestellten Glasgemälden ein ganz besonderes Interesse zuwendet und dieselben mit großer Andacht betrachtet und studiert. Das letztere können wir nicht dringend genug auch allen denjenigen unserer Landsleute anempsehlen, die sich vor bewunderndem Staunen über die belgische und französische Abteilung kaum zu fassen wissen, «sehen sich dieselben zunächst die belgischen und die französischen Glasgemälde einmal gründ­lich an und alsdann in der deutschen Abteilung die von jener Münchener Firma links neben dem Eingänge ausgehängten Bilder. Das eine, das wohl 5 Meter hoch und für die hiesige deutsche Kirche bestimmt ist, stellt die Geburt Christi in reicher frühgothischer Umrahmung dar, und das zweite, für einen Speisesaal bestimmte, ein ita­lienisches Gastmahl im 15. Jahrhundert. Vor diesen bleibe der Bewunderer alles Ausländischen stehen und dann lege er sich Rechenschaft darüber ab, ob die Belgier und Franzosen etwas derartiges auch zu stände gebracht haben, ob sie auch be­fähigt waren, solche Figuren in höchster künstle­rischer Vollendung auf Glas zu malen, eine solche feurige, intensive Glut und an andern Stellen wiederum eine solche wunderbare Zartheit u. Fein­heit den Farben zu geben. Diese Gemälde zeigen in glänzender Weise, daß es doch noch Zwerge des Kunstgewerbes giebt, in denen Deutschland allen andern Nationen vorausschreitet und sie verdienen es, daß ein jeder, der die Ausstellung besucht, ihr sein Interesse zuwendet, schon deshalb, weil sie eine der in der deutschen Abteilung so zahlreich vorhandenen verkörperten Verwahrungen gegen die blöde Beherrschung der französischen und belgischen Abteilung auf Kosten der deutschen bilden.

Ein 13jähriger Mörder. In Athen hat sich eine furchtbare Blutthat zugetragen. Ein 13jähriger Knabe, der Schüler namens Papanghelos, verfolgte die 25jähr. Magdalena Cuppovanni mit Liebesanträgen. Von dem Bruder derselben wegen seiner Zudringlichkeiten gezüchtigt, schlich er sich nachts in das Haus