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verlobten Schauspielerin Frl. B. gemacht, die er auf einem zur Feier des Kaiscrgeburtstags vom Oesterreichisch-Ungarischen Verein in Hamburg ver­anstalteten Feste wieder sah. Er vernahm von ihr, daß die Verlobung mit dem Frankfurter Herrn aus­gehoben sei, verliebte sich in das verführerische Weib und war so entzückt von ihr, daß er sogar die Ab­sicht hatte, sie zu heiraten. Seine an sich nicht allzukräftige Gesundheit war jedoch den mit diesem Verhältnisse verbundenen mannigfachen Aufregungen nicht gewachsen. Vor einigen Monaten sah der elegante Kavalier sich genötigt, vom Konsulat Ur­laub zu nehmen und sich zur Beruhigung seiner Nerven einer Wasserheilanstalt anzuvertranen. Von seinen Verwandten war inzwischen seine Versetzung an das k. k. Konsulat in Zürich beantragt worden, wohin er am Samstag abreisen sollte. Die junge Dame hatte ihrerseits den eleganten Herrn so lieb gewonnen, daß sie gelegentlich eines Zwistes sagte, sie würde sich das Leben nehmen, wenn er von ihr ließe, und daß sie eines Tages den Versuch machte, sich zu erschießen, wobei ihr Kosjek nur mit Blühe den Revolver entreißen konnte, mit dem er sich jetzt selbst erschossen hat. Als später sich die Lage der Dinge verändert, Frl. B. ihrerseits einen Bruch herbeigeführt hatte und mit Schluß der Saison nach Berlin abgereist war, verfiel der junge Mann, der sein Leben zerrüttet wähnte, in Schwermut. Am Sonntag war er noch nach Groß- Borstel zumGroßen Preis von Hamburg" ge­fahren, am Montag Mittag machte er bei Mied- richSruh seinem Leben ein Ende.

Berlin, 5. Juni. Anläßlich des jüngsten Znsa m ni enstoßes zwischen T r u p p en der verbündeten Mächte in Tientsin ist wie die Post berichtet, seitens der zuständigen Behörde eine strenge Untersuchung eingeleitet worden. Da Graf Waldersee dieses Zwischenfalles wegen seine Ab­reise nach Japan verschoben hat, so steht zu er­warten, daß es ihm gelingen wird, diese Affaire zur Zufriedenheit aller Beteiligten beiznlegen.

Berlin, 6. Juni. Wie dem Lokal-Anzeiger aus Cronberg gemeldet wird, wird der K aiser am 15. ds. Mts. früh auf dem Schloß Friedrichs­hof eintressen um vor Beginn der Kieler Woche und der daran sich anschließenden Nordlandreise der Kaiserin Friedrich einen kurzen Besuch abzu­statten. An demselben Abend gedenkt der .Kaiser nach dem neuen Palais zurückzukchren, um am nächsten Tage der Enthüllung des Bismarck-Denk­mals in Berlin beizuwohnen.

Berlin, 6. Juni. Von englischer Seite wird wieder einmal die alte Meldung aufgewärmt, daß Deutschland eine der Farsan-Jnseln im Roten Meere, welche der Türkei gehören, annectirt habe, um dort eine Kohlen-Station zu errichten. Wie das Berliner Tageblatt von unterrichteter Seite erfährt, kann von einer Annexion der Inseln oder einer derselben keine Rede sein. Die ganze Meldung reduziert sich auf die einfache Thatsache, daß Deutschland für die Zwecke der China-Transport- Tampfer auf einer der Farsan-Jnseln ein Kohlen- Tepot errichtet hat.

Berlin, 6. Juni. Ein Sensations- Prozeß gegen den Herzog Ernst Günther von

Schleswig-Holstein beschäftigte heute Mittag die Eivilkammer des Berliner Landgerichts I. Es handelte sich um die Klage der Hofdame Bilinski, welche in den Diensten der in Kairo verstorbenen Prinzessin Amalie von Schleswig-Holstein stand und der wie bereits bekannt, 20,000 Francs da­selbst abhanden gekommen sind, deren Rückerstattung sie von dem Herzog Ernst Günther fordert. Der Prozeß gelangte heute nicht zu Ende. Es wurde vielmehr beschlossen, Beweisaufnahme darüber zu erheben, wie die Beschlagnahme der Tasche, welche das Geld enthalten haben soll, erfolgt ist. Zu diesem Zweck soll Herr von Blumenthal, der im Aufträge des Herzogs gehandelt hat, in Kairo commissarisch vernommen werden.

In der Zollniederlage in Ant­werpen brach gestern nachmittag Großfeuer aus, das nach den bisherigen telegrafischen Berichten einen ungeheuren Umfang annahm und als der größte Brand bezeichnet wird, von dem Antwerpen seit Jahrzehnten betroffen wurde. Wie festgestellt wurde, brach das Feuer im ersten Stockwerk des Flügels IV aus der ganze Gebäudekomplex um­faßt, wie die Berichte ersehen lassen, vier große Flügel in welchem Rollwaren lagerten, verbrei­tete sich sehr schnell in das zweite Stockwerk, wo Inte, und nach dem Keller, wo Schweineschmalz lagerte. Das in der Niederlage befindliche Zollamt wurde ebenfalls von den Flammen ergriffen, doch wurden die Papiere und Kassenschränke gerettet. Die Bewohner der benachbarten Häuser brachten ihr Mobiliar in Sicherheit. Der größte Teil der Waren gehört einer Antwerpener Firma. Von der Brandstelle ging eine so intensive Hitze aus, daß noch in erheblicher Entfernung an den Häusern die Fenster zersprangen. Eine gewaltige Menschen­menge drängte zur Brandstätte, so daß die Polizei zur Aufrechrhaltung der Ordnung die Hilfe der Garnison in Anspruch nehmen mußte. Wie aus späteren Telegrammen zu ersehen ist, gelang es nach ca. fünf Stunden, das Feuer auf seinem Herd zu beschränken. Von den vier Flügeln der Niederlage sind drei zerstört. Ein Teil der verbrannten Waren war nicht versichert. Bei den Löscharbeiten wurden acht Feuerwehrleute und Pioniere leicht verwundet. Tie Höhe des angerichteten Schadens ist bisher nichr abzuschätzen. (N. T.)

Berlin, 6. Juni, lieber den Brand in Antwerpen wird dem Lokal-Anzeiger noch aus Brüssel depeschiert: Die von mehreren Seiten be­hauptete Explosion von 150 000 Ltr. Alkohol kann auf eine Anfrage von der hiesigen Polizei nicht bestätigt werden. , Jedoch wird die Möglichkeit der Explosion zugegeben. Gewöhnlich enthält der Zoll­speicher für 20 bis 30 Millionen Francs Waren. Das Hauptgebäude und die Neben-Speicher können unter Umständen mehrere Tage lang brennen. Jedenfalls sind sämtliche Beamten, Arbeiter und alle Bücher rechtzeitig gerettet worden. Ebenso konnten die angrenzenden Privat-Speicher bisher ge­schützt werden. Die Hitze ist so ungeheuer, daß Feuerwehrleute sich nur bis auf 150 Schritt nähern können.

Preßburg, 6. Juni. Aus den Getreide­baugegenden kommen trostlose Meldungen. Infolge

der anhaltenden Dürre ist die Aussaat fast durch­gehend vernichtet. Man befürchtet, daß infolge der zu erwartenden Mißernte unter den verarmten Bauern eine Hungersnot auSbrechen wird.

Budapest, 5. Juni. In vielen Commitaten haben Gewitter und Hagelschlag unberechenbaren Schaden an den Saaten angerichtet. Auch in einem großen Teile Ober-Oesterreichs sind schwere Gewitter niedergegangen. Mehrere Ortschaften wur­den durch Blitzschlag eingeäschcrt. Viele Personen sind ums Leben gekommen.

London, 5. Juni. Nach einer Kapstädter Meldung unterhandelt der Konsul von Standerton mit den Burenführern über den Abschluß eines längeren Waffenstillstandes, der als Vorläufer der Friedensverhandlnngen angenommen werden könne.

London, 6. Juni. Nach einem Tele­gramm aus Johannesburg sind die bei dem Ge­fecht von Vlakfontein Verwundeten dort eingetroffen. Einer von der Ambulanz erklärte, eS seien auf Seiten der Buren 56 Mann gctödtet worden.

vermischtes.

Unlautere Warenhauskonkurrenz. Im Westen Deutschlands ist Wohl der gefürchtetste Mittelstandswürger das Warenhaus Schmoller L Co. Wie dieses edle Haus es treibt, so schreibt die Geschäftswehr", zeigt wieder folgende Mitteilung der Frankfurter Zeitung": In weiterer Instanz wurde gestern der hiesigen Firma Schmoller L Co., die sich mit dem Verkauf eines Nachdrucks des im Ver­lag der Firma Rüten und Lüning hier erscheinenden Struwelpeter" befaßte, untersagt, den Srruwel- peter-Nachdruck zu vertreiben. Für jeden Ueber- tretungssall setzte das Urteil eine Konventionalstrafe von 100 fest.

Von einem italienischen Banditenstückchen wird aus Marsala berichtet: Tie Villa des reichen Besitzers Passaluaga bei Marsala wurde von dreißig mit Vetterlibüchsen und Pistolen bewaffneten Briganten überfallen und vollständig ausgeraubt. Die Briganten schleppten auch den neunjährigen Sohn des Besitzers mit, für den sie 8000 Lire Lösegeld verlangen.

Gottesdienste

am 1. Sonntag nach Hrinrt., 9. Juni.

Vom Turm: 353. Prekiztlied: 856 O Jesu, Jesu Gottessohn rc. - 9 Uhr: Vormitt.-Prcdigt, Herr Dekan Ro o s. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr: Bibelstunde im VereinShauS, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Mttmoch, 12. Juni.

7 Uhr vorm-- Betstunde im Vereinshaus.

Hteklameteik.

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osutssklsnös grösstes SpscisIgosrIiLIt

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ttvipsisorstr. 45, Keks »Lkkonttenstr. Lis«« F'atrrL

Amtliche LklmntMlichuiM.

K. Amtsgericht Calw.

Im Konkurs

über das Vermögen des Melchior Hingel, Gipsers in Calw, ist Termin zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und zur Be­schlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke Termin auf

Dienstag, den 2. Juli 1901, vormittags 11 Uhr,

in das Amtsgericht hier anberaumt. Calw, den 7. Juni 1901.

H.-Grschr. Schlierer.

Calw.

Schlußverteilung.

Im Konkurse des Melchior Hingel,

Gipsers hier, beträgt nach der von dem K. Amtsgericht genehmigten Schluß­verteilung der verfügbare Massebestand 791 73 c).,

wovon noch die Kosten des Verfahrens abgehen.

Tie zu berücksichtigenden Konkurs- fordernngen betragen:

bevorrechtete 328 33 A, I

unbevorrechtete 13 389 84 A.

Dies wird gem. 8 151 K.-O. be­kannt gemacht.

Den 7. Juni 1901.

Stv. Konkursverwalter: Notariatsassistent Ottmar.

Revier Langenbrand.

Buchen-, Stangen- und Bengholz-Vcrkans

am Freitag, >r S 1 den 14. Juni, nachmittags im

LamminUnter- reichenbach aus Sraatswald VIII. 1 Reichenberg und IX. I Brünnele: 8 Buchenstämme mit Fm.: 5 I., 1 II. Kl.;

Tannen-Stangen, Hagstangen: 3 II.,

31 III., 32 IV.;

Hopfenstangen: 50 I., 252 II., 135 III., 173 IV. und 490 V.;

Rebstecken: 1575 I., 770 II., und 350 Bohnenstecken;

Beugholz, Rm.: 1 buchene Schleif­tröge, 78 dto. Scheiter; Anbruch: 22 Eichen, 104 Laubholz, 21 Na­delholz.

Stadt Calw.

B«rrr»Aoesvd.

Die bei Erbauung eines Arbeiter­wohnhauses vorkommenden Grab-, Betonier-, Maurer-, Zimmer-, Gipser-, Schreiner-, Glaser-, Schlos­ser-, Flaschner- und Anstrich-Arbeiten sollen im Accord vergeben werden.

Plan, Kostenvoranschlag und Be­dingungen liegen vom nächsten Montag ab bei dem Stadtbauamt zur Einsicht auf, woselbst auch diesbezügl. Offerte in Prozenten anSgedrückt, bis längstens Mittwoch, den 12. d. M., abends 0 Uhr, einzureichen sind.

Ten 7. Juni 1901.

Stadtbauamt.

Hohnecker.

Reitern, sowie den Lenkern von Fuhrwerken wird beim Begegnen der Dampfwalze besondere Vorsicht em­pfohlen. '

Wenn die von der Walze zu be­arbeitende Straßenstrecke vorübergehend abgeschrankt ist, haben Reiter und Fuhr­werke vor den ausgestellten Schranken so lange anzuhalten, bis die Erlaubnis zum Durchgang gegeben wird, was in der Regel geschieht, sobald die Walze in die Nähe der betreffenden Schranke kommt.

Calw, den 6. Juni 1901.

K. Straßenbau-Inspektion.

I. A.:

Reg.-Baumeister Engelfried.

LiebelSberg.

DanipfWlMrikb.

Tie Tampfstraßenwalze wird in der Woche vom 10. Juni bis 15. Juni die SraatSstraße Nr. 108, Pforzheim- Calw von der badischen Grenze unter- halbUnterreichenbachgegenUnterreichen- bach und Tennjächl befahren und be­arbeiten. Tie Arbeitszeit dauert in der Regel von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends.

Brennholz-Verkauf.

Am Montag, den 10. d. M., von - vormittags 9 Uhr an, ; werden aus den hies. Gemeindewaldungen >70 Rm. Nadelholz- Scheiter im Aufstreich verkauft. Zusammenkunft beim Rathaus. Den 4. Juni 1901.

Schultheiß Hanselmann.