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76. Ishrgavg.

Amts- Md AuzeigMaiL für den Bezirk GaL'w.

Erscheint Dienstags, Donnerstags und samstags. Die EirwückungSgebühr beträgt im Bczir? und in nächster Lurkebung S Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg.

Samstag, dm 8. Zuni 1901

Vierteljährlicher ÄbonnementkpreiS in der Stadt Mk. 1.10 ^ ins Haus gebracht, Mk. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk ^ außer Bezirk Mk. 1: 35.

Tagesneuigkeiten.

Calw. Anläßlich des am Sonntag, den 9. Juni, in Heilbronn stattfindenden Krieger­bundestag cs werden am genannten Tag 2 außer­ordentliche Personenzüge von Calw nach Heilbronn und von da zurück abgehen. Abgang in Calw 4,15, von Althengstett 4,40, von Weilderstadt 5,00 vor­mittags, Ankunft in Heilbronn 7,25. Abfahrtszeit von Heilbronn zurück nach Calw 6,25 nachm., An­kunft in Weilderstadt 9,36, in Althengstett 10,15, in Calw 10,37 abends.

Altingcn OA. Herrenberg, 3. Juni. Am gestrigen Sonntag machte Lehrer Hofmeister von hier mit seiner Frau und seinem zur Zeit hier wei­lenden Schwager einen Spaziergang nach Hail- fingcn, OA. Rottenburg. Abends bei der Rückkehr begegnete ihnen ein angetrunkener Bursche, der ihnen Beleidigungen nachrief und sie schließlich mit einem Revolver bedrohte. Als Lehrer Hofmeister und dessen Schwager den Burschen zurechtwiesen, schoß letzterer den Revolver auf Hofmeister ab. Die Kugel ging durch die Mundhöhle und beim Backenknochen wieder heraus. Zum Glück ist die Verletzung, die eine Ticnstunfähigkeit von etwa 1012 Tagen zur Folge haben wird, nicht ge­fährlich. Ter Thäter wurde von dem Slations- kommandanten in der Person des 19 Jahre alten Wagnergeselleu Paul Weiß von Thailfingen aus­findig gemacht und sestgenommeu.

Rottenburg a. N., 5. Juni. Tie Vor­arbeiten zum Brauertag sind nahezu an ihren: Ende angelangt. Aus dem Festprogramm sei Folgendes angeführt: 15. Juni: Eröffnung der Fachausstellung. 16.: Empfang der Gäste; Konzerte. 17,: Eigentlicher Brauertag. 18: Großer

historischer Fcstzug. Der letztere stellt den Triumph­zug des Königs Gambrinus dar und gliedert sich in 8 Gruppen. Der Festzug wird ausgeführt von rund 800 Teilnehmern, etwa 100 Pferden und 13 Wagen. Auch der beliebte Schäfflertanz wird während des Festzuges nicht fehlen.

Reutlingen, 3. Juni. Der Besuch des L i ch te n st e i n s e st s p i e ls in Honau wächst von Aufführung zu Aufführung. Am Sonntag waren viele auswärtige Vereine, so von Göppingen, Schlierbach, Zuffenhausen, Feuerbach u. s. w. er­schienen. Das Konnte gewährt Vereinen und Ge­sellschaften, die in der Stärke von mindestens 30 Personen sich anmelden, ermäßigte Preise. Die Anmeldungen hicsür müssen aber, da nur eine be­schränkte Anzahl von Vereinskarten ausgcgeben werden kann, stets 23 Tage vor der Aufführung an den Kassier, Ernst Fischer in Reutlingen (Tele­phon 145), gerichtet werden. Letzten Sonntag waren die Spielleiter und Ausschußmitglieder vom Rothcnburger VolksspielDer Meistertrunk" und von derKinderzeche" in Dinkelsbühl in Honau, um sich das Spiel, sowie die baulichen Einrichtungen der Spielhölle anzuschen.

Vom Remsthal, 4. Juni. Wenn auch die Kirschencrnte nicht so reichlich ausfällt, wie vergangenes Jahr, so ist doch eine befriedigende Einnahme zu erwarten. Durch die Trockenheit sind die Früchte in ihrer Entwicklung etwas gehemmt worden. Die letzten Gewitterregen haben aber gut gethan. Tie Kirschenernte wird etwa in 10 Tagen bei den Frühsorten beginnen.

Göppingen, 5. Juni. Heute abend brannte die städtische Turnhalle bis auf den Grund nieder. Das Feuer, welches durch eine heruntcrsallende Erdöllampe entstanden ist, ver­

breitete sich so rasch, daß von den Mobilien des Turnlehrers Rau, der seine Wohnung in dem Ge­bäude hatte, nichts gerettet werden konnte. Sämt­liche Turngeräte und die Gerätschaften der Sani­tätskolonne sind verbrannt.

Köln, 5. Juni. Gelegentlich eines Be­suches, den heute Mittag der Kronprinz der Stadt Köln abstattete, fand im Jsabellen-Saale des Gürzenich ein Festessen statt, an welchem außer dem Kronprinzen und den Herren seiner Begleitung auch der Oberbürgermeister Becker sowie zwei Bei­geordnete und die vier ältesten Stadträte teilnahmen. Nach herzlicher Begrüßung seitens des Oberbürger­meisters überreichte dieser dem Kronprinzen einen Gold-Pokal, gestiftet von der Stadt Köln, der Eigentum der Stadt verbleibt, aber jeder Zeit dem Kronprinzen bei seinen Besuchen zur Verfügung steht. Ter Kronprinz dankte für die Aufmerksam­keit und feierte den treuen Bürgersinn der Kölner Bürger. Er schloß mit einemAlaaf" auf Köln. Nach Inaugenscheinnahme einzelner Sehenswürdig­keiten der Stadt fuhr der Kronprinz alsbald nach Bonn zurück.

Hamburg, 5. Juni. Im Sachsenwalde bei Friedrichsruh wurde am letzten Montag Nachmittag die Leiche des Frhrn. Karl von Kos- jck, bisherigen Kanzlciaspiranten beim österreich. Generalkonsulat in Hamburg, aufgefunden, der sich an einsamer Stelle im dichten Walde erschossen hatte. Tie Frkf. Ztg. berichtet des Näheren: Der Dahingcschicdcne, ein Sohn des österreichischen Ge­sandten in Teheran, etwa 26 Jahre all, ein flotter, eleganter Lebemann, hatte früher in Wien die Be­kanntschaft der damals an einem Wiener Theater engagierten und mit einem Frankfurter Bankier G.

Nachdruck rrrbol!».

Girr WLdchenschicksal.

Frei nach dem Englischen von A. Wendt.

(Fortsetzung.)

Im Vorübergehen streifte Mrs. Thornton's Kleid Jane's rosa Rock, die Anwesenden folgten der Dame des Hauses, Jane blieb allein, sie lehnte sich schwer auf den nächststehenden Stuhl. Airs. Thornton's Worte hatten sie ver­letzt, besonders weil sie in Sir Harry's Gegenwart gesprochen wurden. Was nützte ihr Triumph, da er ihre Erniedrigung gehört hatte! Ihr Kopf sank aus die Brust, die Hände fielen an den L-eiren herab und ein Gefühl von Ohnmacht bemächtigte sich chrer. Sie suchte es abzuschütteln und sprang auf, aber sie fühlte, daß ihre Kraft, welche die Aufregung ihr verliehen, sie verließ.

Sie fühlte sich schwach und hülfloS, die so lange erzwungene Selbstbe­herrschung brach zusammen, jeder Versuch, sie wieder zu erringen, war nutzlos; sie mußte schnell aus ihr Zimmer, ehe die Kraft sie vollends verließ.

Mühsam schlich sie aus dem Zimmer in die Halle. Diese war hell erleuchtet und reich mit Blumen geschmückt, deren süßer Dust die Luft erfüllte und den Atem beengte. Es war niemand dort, aus dem Tanzsaal erklang die Musik. Es war ein Walzer, derselbe, der damals gespielt wurde, als ihr kurzer Glückstraum er­losch und besten nie vergessene Melodie der armen Jane jetzt schwer aufs Herz fiel und ihren Schmerz verdoppelte, als sie mühsam die Treppe erstieg und in die Galerie kam. Sie fühlte sich unfähig, weiter zu gehen, ohnmächtig und zitterte. Wenn sie nur etwas frische Luft schöpfen könnte! Das würde sicher ihre schwindenden Sinne zurücköringen. Sich an den Möbeln haltend, ging sie zum Fenster und öffnete es mit ihrer letzten Kraft. Sie klammerte sich an die schweren Vorhänge und sank an das Fensterbrett, das geisterbleiche Antlitz zu Boden gesenkt. Sie mußte für einige Zeit das Bewußtsein verloren haben; denn als sie wieder zu sich kam, hatte der scharfe Wind Schnee herein und ihr auf Hals und Schultern getrieben. Es war ihr gerade recht so, der eisige Wind war ihr willkommen zur Kühlung ihrer brennenden Schläfe. 'Sie streckte den Kopf weiter hinaus, noch immer fast bewußtlos nach Atem ringend, aber allmählich zu dem momentan bittern Schmer; zurückkehrend.

So erblickte sie Sir Harry, als er langsam die Galerie entlang kam. Er war sofort an ihrer Seite, zog sic leise, aber entschieden, vom Fenster fort, es mit der einen Hand schließend, mit der andern die wankende Gestalt stützend. Verständnislos richtete das Maschen ihre trüben Augen auf ihn.

Wie konnten sie so unvorsichtig sein! Es ist Tollheit: Sie sind ganz naß."

In ihrem betäubten Zustande wußte Jane kaum, was vorging, aber in­stinktiv versuchte sie, sich von ihm frei zu machen.

Ich fürchte. Sie sind krank. Lassen Sie mich Sie zu einem Sitz führen und Hülfe herbeiholen. Die Aufregung war zu groß für Sie."

Sie fing an zu verstehen und richtete sick> mit Anstregung aus:Danke, ich bin nicht krank mir war nur sehr warm ich"

Die Worte erstarken ihr im Munde, sie wandte sich weg. Der junge Braun beobachtete sie mit tiefem Mitgefühl. Langsam, mit unsicheren Schritten ging sie nach dem Schulzimmer; er folgte ihr, er konnte sie nicht allein lasten, in jedem Moment fürchtete er, daß sie fallen würde. Aber sie erreichte die Thür, öffnete sie und trat ein. Einen Augenblick zögerte er, dann folgte er ihr. Das Feuer im Kamin warfast A:loschen; das Gas brannte, war aber nicdergeschraubt und verbreitete nur ein trübes Licht; kaum konnte er die zusammengesunkene Gestalt erkennen, welche deckt gegen den Tisch lehnte.

Was wollen Sie?" fragte sie mit heiserem, gereiztem Tone.Können Sie mir keine Ruhe lasten? Ich bin müde mir ist nicht wohl gehen Sie! Ich kann heute nicht mehr ertragen ich kann nicht!"

Zusammenbrechend sank sie in die Kniee, ihr Kopf fiel aus ihren Arm.

Ich will sie nicht belästigen," sagte er unsicher,ich gehe sofort, aber ehe ich gehe, Jane, sagen Sie, daß Sie mir verzeihen. Ich wollte sie nicht so schwer verletzen." Sie erhob den Kopf und sah ihn vorwurfsvoll an.So, wollten Sie da: wirklich nicht ? Sie wußten, daß Sie mir wehe thun würden. Sie be­absichtigten es sogar! Wenn Sie nicht gewesen wären, wäre ich heute abend von der Oual verschont geblieben, die mich beinahe gelötet hat. Warum können Sie mich nicht in Ruhe lassen? Sie sind ja glücklich jetzt, Sie haben mich genug für den Betrug gestraft, welcher mir nichts eingebracht hat."

Dunkle Schamröte bedeckte sein Gesicht; er fühlte das Unedle seines Be­tragens ; in seinem eigenen Aergcr und Schmerz hatte er ihren Kummer vergessen, hatre sie unbegreiflich: Oualen erdulden lasten.

(Fortsetzung folgt.)