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Amts- und Anzeigeölait für den Bezirk Galw.

76. Jahrgang.

Erscheint DienSta g S, Donnerstags und Samstags. ! Die EinrückungSqebühr beträgt im Bezirk und in nächster i Nmöebung S Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg. ;

Donnerstag, den 6. Zuni 1901.

Vierteljährlicher Abonnementspreis in der Stadt Mt. 1.10 ins Haus gebracht, Mk. 1 . 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die KD. Grtsvorstcher und Dermaltungsaktuare

werden hiemit unter Bezugnahme auf die Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Umlage des Gebäude-Brandschadens für das Jahr 1901, vom 4. Dezember 1900, Regier.- Blatt Seite 897, veranlaßt, die Aenderungs- verzeichniffe und gemeinderätlich beurkun­deten Umlage-Register unter Anschluß der Schätzungs-Protokolle in thunlichster Bälde hieher einzusenden.

Tie Bestimmungen des Art. 11 des Gesetzes vom 14. März 1853 und Art. 1 (letzter Absatz) des Gesetzes vom 30. März 1875 sind bei dem Kataster- Revisions- und Umlage-Geschäft genau zu beachten.

Calw, den 4. Juni 1901.

K. Oberamt.

Stv. Amtm. Münz, ges. Stv.

Tagesneuigkeiten.

^ Calw, 5. Juni. Die 16. Hauptver­sammlung des Landesverbands der Wirte Württembergs wurde gestern in hiesiger Stadt abgehalten. Tie Wichtigkeit der Beratungs­punkte hatte, wie nicht anders zu erwarten, eine große Zahl von Festbesuchcru herbeigeführt und dem hiesigen Wirtsverein war die große Ausgabe erwachsen alle Vorbereitungen in richtiger Weise zu treffen, was ihm auch vorzüglich gelungen ist. Am Bahnhof und in der Nähe des Adlers waren Ehrenpforten errichtet; die meisten Häuser trugen Flaggenschmuck. Die Turnhalle war durch Be­kleidung der Wände und Säulen mit Tanncngrün zu einem prächtigen Festsaal umgcwandelt. Im Hintergrund war das Stadtwappen angebracht und ein Baldachin, der mit Draperien in den Stadt- sarben reich flankiert war, schufen ein farbenprächtiges Bild. Am Montag abend fand zu Ehren der an- gekommencn Gäste ein sehr gemütlich gestaltetes

Abendconcert bei Treiß statt; die größte Zahl der Festgäste traf jedoch gestern Dienstag vormittag ein. Tie Comitsmitglicdcr hatten sich zum Empfang derselben, auf dem Bahnhof eingefunden und um 12 Uhr fand unter Voranlritt der Calwer Stadt­musik ein kleiner Festzug vom Bahnhof an in die Turnhalle statt. Den Zug cröffneten die Söhne und Töchter der Wirte, sämtlich in Schwarzwälder Baucrntracht gekleidet, was dem Festzug ein reizendes Gepräge 'verlieh. Zu Beginn der Beratungen be­grüßte der Vorstand des hiesigen WirtSoercin, Hr. Pflüger, die zahlreich erschienenen Kollegen und wünschte dem Verband zu seinen Bestrebungen besten Erfolg. Hr. Rummetsch aus Stuttgart, Vorsitzen­der des Landesverbands, dankte hierauf für die herzlichen Willkommworte, begrüßte den anwesenden Stadtvorstand, streifte kurz die zur Beratung stehenden Fragen und erklärte den Vcrbandstag für eröffnet. Hierauf entbor Hr. Stadtschultheiß Hassner im Namen der Stadt der Versammlung den freundlichsten Willkomm. Er betonte, daß die hiesige Einwohnerschaft dem Wirtsstandc die größten Sympathieen enrgcgcnbringe, er wünsche, daß die Beratungen einen ersprießlichen Verlaus nähmen und daß, wenn einmal die Umgcldsrage gelöst sei, der Verbandstag auch andere Gegenstände, z. B. die Trinkgeldersrage, das Umgeld der Gäste, auf seine Tagesordnung setzen möge. Ten Bericht über die Thätigkeit des geschäftsführenden Ausschusses im abgelaufcnen Geschäftsjahr erstattete Hr. Schramm, den Kassenbericht Hr. Betting aus Stuttgart. In eingehender Weise verbreitete sich Hr. Zürndorser aus Rexingen über die Denk­schrift an den Landtag in Bezug auf das neue Umgeldsgesetz. Ter Redner äußerte sich in scharfen Worten gegen den Inhalt des Gesetzes; das Ge­setz gebe den Wirten keine Erleichterung sondern lade ihnen noch größere Unannehmlichkeiten auf als das alte Gesetz. Das Gesetz könne nicht zu Recht bestehen, es müsse unter allen Umständen fallen. Als besondere Härte des Gesetzes wurden angeführt die Turchschuittsberechnuug der ver­

schiedenen Sorten Weine, die Festsetzung des Haus­brauchs, die Kontrollbestimmung wegen der Einlage und die Bestimmung über den Schwand. Tie Versammlung erklärte sich mit den Ausführungen des Referenten vollständig einig und billigte die Abfassung der Denkschrift in allen Punkten. Einen weiteren wichtigen Beratungsgegenstand bildete der Flaschenbierhandel durch die Brauereien. Der Re­ferent, Hr. Schäfer, beleuchtete die Entstehung, die Verkaufsstellen und jetzige Ausdehnung des Flaschenbierhandels und kam zu dem Ergebnis, daß der Flaschenverkaus zum Hausierhandel geworden sei und daran tragen die Brauereien die ganze Schuld. Es müssen, um der großen Schädigung der Wirte vorzubeugcn, der Brauerbund und Brauer­verband veranlaßt werden, den Flaschenbiervertrieb aufzugeben und das Geschäft den Wirten zuzuwenden. Eine dahingehende Resolution fand einstimmige An­nahme. Nachdem Hr. Heiler aus Stuttgart nach einem Bericht über die Stellungnahme zu dem Gesetz­entwurf betr. die Arbeitszeit für das Personal im Gastwirtsgewerbe erstattet hatte und einige kleinere Punkte der Tagesordnung erledigt waren, wurde zur Wahl des nächsten Festortes geschritten. Ge­meldet hatten sich Ravensburg, Hall und Eß­lingen. Sieger blieb Hall mit großer Mehrheit. Die Verhandlungen dauerten bis nach 4 Uhr, worauf im Waldhorn das Festessen eingenommen wurde. Hr. Pflüger brachte in zündenden Worten einen Toast auf den König aus, Hr. Rummetsch weihte sein Hoch den Calwer Kollegen. Ans das an den König abgesandte Huldigungstelegramm lief abends folgendes Telegramm ein:Herrn Pflüger, Vorstand des Wirtsvereins Calw. Seine Kgl. Majestät lassen den zum Verbandstag in Calw versammelten Wirten Württembergs für die dargebrachte Huldi­gung gnädigst danken. Der Kabinettschef: Gem- mingen." Die Tafelmusik wurde von der hiesigen Stadtkapellc gestellt. Abends 8 Uhr war großes Bankett in der Turnhalle. Zu demselben hatten sich viele Festbesuchcr, die hiesigen Wirte mit ihren Familien und eingeladene Gäste eingefunden. Ein

N. Nachdruck --rbot-n.

Girr WädchenschiÄsar.

Frei nach dem Englischen von A. Wendt.

(Fortsetzung.)

XII.

Ist alles fertig?"

Ja, ich denke wohl."

Wo ist Miß Gratton?"

Sie wird im Augenblick hier sein."

Unruhe und Konfusion herrschte in Thornton-Hall am Tage der Aufführung; lebhafte Spannung prägte sich in den Mienen der Zuschauer aus, eine Unterhaltung war bei der allgemeinen Erwartung nicht möglich, nur einzelne Bemerkungen wurden laut. Es war eine glänzende Versammlung, welche auf das Aufziehen des Vorhangs harrte; die Damen, in Sammet, Seide, Spitzen und Atlas ge­kleidet, mit funkelnden Edelsteinen geschmückt und noch blitzenderen Augen, ko­kettierten mit den Herren, ihre schönen Fächer gebrauchend, in jener aller Welt kundigen Sprache. Mrs. Thornton in ihrer sieghaften Schönheit bewegte sich graziös inmitten ihrer Gäste; die kleinen Mädchen, in ihren Hellen rosa Kleidchen sehr lieblich anzusehen, glühten vor Erwartung. Jetzt endlich spielte das Orchester eine muntere Ouvertüre, der Vorhang erhob sich geräuschlos und enthüllte ein reizendes Boudoir mit weißen, vergoldeten Möbeln, lichten Arlaspoistern und gleichen Vorhängen.

Wer ist denn das? wen haben sie hierzu engagiert? Ich glaubte, die kleine, blasse Gouvernante sollte die Margot spielen," sagte Lady Clinton, auf ihr Programm sehend.

Es mag sein, wer cs will, jedenfalls ist es eins der lieblichsten Mädchen, die ich gesehen;" sagte ein Herr an ihrer Seite.Uebrigcns, hier steht im Programm: Margot Miß Gratton."

Dann ist es auch die Gouvernante, wie ist nur eine solche Veränderung möglich! Das hätte ich nie geglaubt."

Ja wie war's möglich? Lady Clinton war nicht die einzige, welche diese Frage stellte. Mrs. Thornton starrte ungläubig über ihren Fächer hinweg auf das junge Mädchen, ihre blauen Augen verdunkelten sich, und ein nachdenklicher Zug trat in ihr Gesicht. War es auch klug von ihr gewesen, Jane spielen zu lassen? Nun war cs freilich nicht mehr zu ändern. Auch die Kinder waren stumm vor Erstaunen; konnte diese schöne, lächelnde, glänzende Dame wirklich Miß Gratton sein? Ihre eigene Miß Gratton, welche immer so blaß und ernst aussah in ihrer schwarzen Kleidung!

Sie sah aber auch wirklich wunderbar lieblich aus; die dunklen Augen glänzten wie Sterne unter dem hochfrisierten, gepuderten Haar, sie hatte etwas rovAS aufgelegt, und das gab ihr ihre frühere Frische zurück. Das elegante Kleid, xowxaäonr Atlas hoch gerafft über einem rosa Seidenrock, stand ihr aus­gezeichnet. Die entsetzliche Aufregung, welche sie beherrschte, gab ihr eine fast fieberhafte Lebhaftigkeit, welche sie über alle Beschreibung schön machte; diese Schönheit schien sich noch zu erhöhen, als sie Sir Hariy's erstaunten, ungläubigen Blick sah, als sie das Zittern seiner Hand fühlte.