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Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

Bei der am 17. Mai d I. und den folgen­den Tagen bei der K. Regierung für den Schwarz­waldkreis vorgcnommenen niederen Dienstprüfung im Departement des Innern ist u. A. der Kan» ditat Wilhelm Seufer, Birkenfeld zur lieber, nähme der in Z 7 der K. Verordnung vom 10. Febr. 1837 bezeichneten Stelle für befähigt er­klärt worden.

Eingesendet. Der Phantasie des Ein­senders in Nr. 93 (2.Einges.") ist in dem Art. in Nr. 95 kein gutes Zeugnis ausgestellt worden, weil in seinemEingesendet" die vor zwei Jahren aufgetauchte Idee einer direkten Straßcnverbindung zwischen Karlsruhe u. Stutt­gart etwas übertrumpft worden ist! Der Ein­sender begnügt sich zu bemerken, daß dieser Prädizierung eine Logik zu Grunde liegt, die sich in den Schwanz beißt. Was ist nun aber die Ausgeburt der Phantasie >enes Artikelschreibers? Natürlich immer noch jenes Projekt Karlsruhe- Stuttgart! Also: Die Herstellung einer fahr­baren Nachbarschaftsstraße von Langenbrand nach Höfen ist als eine Halbheit verwerflich, dagegen wäre eine direkte Verbindung von Karlsruhe mit Neuenbürg für letztere Stadt sehr vorteilhaft und sodann wird der Staat diese Straße jedenfalls auch noch auf den Wald her­auf bis Jgelsloch verlängern, weil nämlich das wechselseitige Verkehrsbedürfnis die Einführung des Lokalverkehrs in den allgemeinen Landes­verkehr und in die größeren Verkehrscentren sowie die Herziehung von Fremden dies nicht anders zulassen. Ja das ist was ganz anderes Bauer! Wir auf dem Walde sollen uns also freuen, künftig auf einer Staatsstraße über den Ort. der Sieh Dich für heißt oder über Neuen bürg in das uns benachbarte Enzthal fahren zu dürfen! Da müssen wir schon gestehen, Gott sei Dank, daß das Projekt Langenbrand-Höfen so gut wie gesichert ist. Der Artikelschreiber in Nr. 94 und 95 bewegt sich mit seinen Projekten offenbar in zu hohen Regionen, so daß ihm da­bei als ganz unerheblich erscheint, daß es im Bezirk noch Ortschaften giebt, denen der Nach­barschaftsverkehr verschlossen ist. So beurteilt er auch die Bedürfnisfrage nur von oben herab. Der Gemeinde- und Privat-Waldbesitz, der auf dem Walde nicht den kleinsten Teil des Wohl­standes ausmacht, existiert für ihn nicht. Wohl aber stellt er das Interesse der Staatsforst­verwaltung und der Sägwerksbesitzer als ein­seitig hin, mit welchem Recht, verstehen wir nicht. Ist ihm etwa die Industrie der letzteren zu unbedeutend, oder ist ihm nicht bekannt, daß die Forstverwaltung sehr stark zu den Amts­und Gemeinde-Umlagen herangezogen wird und trotzdem noch beträchtlich zu straßenbauten bei­trägt. Weiß er nichts von den vielen Holz- Händlern auf dem Walde? Unseren Bedarf an Sägmehl übergeht er vornehm, weiß er denn nicht, daß der Bezug von Sägmehl für uns Landwirte eine Lebensfrage ist? Weiß er denn ferner nicht, daß wir mit unseren landwirtschaft- lichen Erzeugnissen nicht nach Neuenbürg kommen dürfen, weil dieser Platz längst von den Orten des unteren Amtes versorgt ist, jbis wir unsere Erzeugnisse einheimsen können! Für uns ist und bleibt der Markt hiefür in Höfen. Calmbach, Wildbad und Pforzheim. Schließlich wollen wir aber die in Nr. 94 u. 95 bekundete Logik und Phantasie des Artikelfchreibers noch tiefer hängen. Er sagt nämlich und dies sehr richtig daß das Endziel aller Verkehrsmittel die größeren Verkehrscentren seien und daß so­wohl die Interessen im Enzthal wie bei den Waldgemeinden dahin drängen. Sodann führt er noch eine Reihe weiterer hoher Gesichtspunkte, die wir schon oben erwähnt haben, für seine Idee ins Feld. Wir möchten nun fragen, ist für das ganze obere und untere Amt nicht die Stadt Pforzheim das nächste und wichtigste Verkehrszentrum? Drängen nicht sämtliche vom Artikelschreiber ausgestellten Gesichtspunkte in erster Linie dorthin? Fallen diese Gesichtspunkte für die Waldorte vielleicht deshalb weg, weil Neuenbürg durch Eisenbahn und Staatsstraße mit diesem Verkehrszentrum schon verbunden ist? Man wird doch nicht einwenden wollen, unser

Bedürfnis dränge mehr nach Karlsruhe. Schlägt sich da der Artlkelschreiber ln Nr. 94 und 95 nicht mit seinen eigenen Waffen? Vielleicht hat er sich in seine Idee noch nicht derartver­bohrt" undversteift", daß er uns am Ende recht giebt, wenn wir eine bessere Verbindung mit Pforzheim gegenüber einer solchen in der Richtung nach Karlsruhe nach seinem Rezept den Vorzug geben müßten.

Eingesendet .. 23. Juni.

In Erwiderung auf dasEingesendet" Nr. 3 in Nr. 97 d. Bl., wo u. a. das Sleigungsver- hältnis einer Straße von Neuenbürg nach Wald- rennach auf 5,5 und von da nach Langen­brand auf 4 o/g, sowie der Durchschnitt auf 5 'fl °/o berechnet ist, möchten wir hier kurz das nachtragen, was jener Einsender zu erwähnen unterlasse» hat. Dieses Verhältnis ist nämlich bei Neuenbürg-Höfen 0,7 °/o und bei Höfen- Langenbrand 7 °/o, während der Durchschnitt nur 3'/i°/o beträgt. Mag sich nun jener Ein­sender vielleicht verrechnet haben oder nicht, dieses günstige Verhältnis wird er bei dem von ihm bevorzugten Projekt niemals auch nur an­nähernd nachzuweisen im Stande sein. Welchem Weg wird daher der richtige Fuhrmann den Vorzug geben?

Wildbad, 24. Juni. Die Stadt bringt am Dienstag (bei schlechter Witterung den nächsten schönen Abend) ihre Huldigung an Ihre Majestät durch Beleuchtung der ganzen Stadt und bengalische Beleuchtung des Waldsaumes um die Stadt dar, worauf wir unsere Leser hiemit aufmerksam machen.

Wildbad, 23. Juni. Ucber den Ausflug, welchen der württemb. Verein für Baukunde am letzten Sonntag hieher unternahm, schreibt derSchw. Mer!.": Am letzten Sonntag ver­anstaltete der württ. Verein für Baukunde seinen großen Jahresausflug, dieses Jahr in das Enz­thal mit etwa 85 Teilnehmern. Die Abfahrt erfolgte in Stuttgart 7.40 Vorm.; das nächste Ziel war Rothenbach. Unter der liebenswürdigen Führung der beiden Chefs der Firma Kraulh und Cie. wurde zunächst das zu Ehren des Ver­eins in Betrieb gesetzte große Holzschneidewerk Rothenbach besichtigt. Ausgerüstet mit den neuesten maschiniellen Einrichtungen, welche die nutzbringende Verwertung auch der kleinsten Ab­fälle ermöglichen, wird dies großartige Eta­blissement seinesgleichen in Süddeukschland nicht haben. Der Besichtigung folgte ein Gang nach dem etwa 3 Kilm. entfernten Höfen. Unter­wegs wurde die vor mehreren Jahren erbaute steinere Brücke über die Enz unter Führung des Erbauers Präsident v. Lerbbrand besichtigt und die Schönheit und Zweckmäßigkeit dieses Bau­wesens allgemein bewundert. Nachdem in Höfen die im vor. Jahre bezogene, durch Münsterbau­meister Dr. v. Bayer aus Bundsandstein er­baute Kirche, das Muster einer Dorfkirche in gothischem Stil, besichtigt war, versammelten sich die Teilnehmer im Gasthof zum Ochsen in Höfen zum Mittagsmahl. Während desselben toastete der Vorstand, Oberbaurat Fuchs, unter dank­barer Anerkennung des von der Firma Krauth und Cie. gezeigten Entgegenkommens auf das Enzthal, diese Perle der Schwarzwaldthäler, und dessen Bewohner, Präs. v. Leibbrand nach humorvollen Ausführungen über das Leben und Treiben in Höfen früher und jetzt auf den Ver­einsvorstand. Nach Tisch begab sich die Gesell­schaft mit dem Mitlagszug nach Wildbad. Hier wurde Ihrer Maj. der Königin eine Huldig­ung dargebracht. Eine Abordnung von 4 Damen, unter Führung der Frau des Bereinsvorstandes, erbat sich die Ehre, von Ihrer Majestät em­pfangen zu werden. Die Königin nahm Blumen aus Stuttgart entgegen u. unterhielt sich längere Zeit in leutseligster Weise mit den Damen. Abends wurden die Anlagen besichtigt, wo erst­mals in diesem Jahr ein Konzert in dem schönen, durch die Kgl. Domänendirektion neu erstellten Musikpavillon stattfand, sodann unter Führung des Badinspektors das König-Karls-Bad. Es war nur eine Stimme, daß dieses prächtige, mit den modernsten Einrichtungen versehene Bad allen Anforderungen zu entsprechen vermag. Nach dem Besuch des Konzerts auf dem Kurplatz sammelten sich die Teilnehmer im Konversations­

saal des Badhotels, welcher vom Hrn. Bad­kommissär zur Verfügung gestellt wurde. Mit Jubel stimmte die Versammlung in das vom Vereinsvorstand ausgebrachte Hoch auf Ihre Majestät ein. Nach einer leider zu kurzen Tanz­unterhaltung trat die Gesellschaft, als eben der Mond emporstieg, die Rückfahrt nach Stuttgart an, wo sie 12 55 Nachts eintraf. Allen Teil­nehmern wird dieser Ausflug in guter Erinner­ung bleiben.

Brötzingen, 23. Juni. Gestern nachmit­tag wurde Zugmeister Beutler während der Fahrt nach Pforzheim durch einen Stein ge­troffen. Der Bube, welcher den Stein geworfen hat, ergriff die Flucht und konnte noch nicht dingfest gemacht werden.

Deutsches Weich.

Kiel, 24. Juni. Bei der heutigen Parade hieltder Kaiser anläßlichdesEintriltsdcsPrinzen Adalbert in die Marine eine Ansprache, darin er betonte, daß gerade der Monat, in welchem der Eintritt des Prinzen Adalbert vollzogen werde, für die vaterländische Geschichte von eminenter Bedeutung sei. Er erinnere nur an Hohenfriedberg, Waterloo, an Kaiser Friedrich. Ihm war es beschieden, das deutsche Schwert zu führen und die Gegner niederzuwerfen. Eure weitere Arbeit sei, den Stahl blank geschliffen zu halten, damit was Gott verhüte wenn der Kaiser ruft, Ihr mit Ehren und Ruhm besteht!"

Berlin, 23. Juni. Zur Affaire des ver­hafteten Zeremonienmeisters v. Kotze wird neuerdings gemeldet, daß die Zahl der ver- läumderischen Briefe mehr als 400 beträgt. Die Schriftzüge rühren anscheinend teils von einer männlichen, teils von einer weiblichen Hand her. Auffällig ist, daß nach der Verhaftung Kotze's neuerdings wieder vier anonyme Briefe an Mit­glieder der Hofgesellschaft gelangt sind.

Die parlemen larische Sommerstille in Deutschland wird in nächster Zeit wohl end­lich eine vollständige werden. Denn auch die lange Session des badischen Landtages neigt sich ihrem Ausgange zu, nachdem am Dienstag die Abgeordnetenkammer die bekannten kirchen- politischen Anträge der badischen Zentrumspartei durch Ablehnung des überwiegenden Teiles der­selben zur Erledigung gebracht hat. Da die ge­plante Reform des Landtagswahlrechtes als ge­scheitert gelten muß, so giebt es für den badi­schen Landtag nur noch kleinere Angelegenheiten zu ordnen. Nur die Sitzungsperiode des Bundesrates zieht sich noch immer von einer Woche zur anderen hin. Gerade in den letzten Tagen ist der genannten Körperschaft ein ganz neuer und dabei sehr wichtiger Gesetzentwurf zur Vorberatung zugegangen, derjenige über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf das Handwerk, mit welcher sozialpolitischen Materie sich der Bundesrat in seiner am Donnerstag abgehaltenen Plenarsitzung zum erstenmale be­schäftigte.

Den mancherlei wichtigen Kommissionen, welche in letzter Zeit in der Reichshauptstadt versammelt waren, folgt jetzt die Kommission für Arb eite rstati.stik nach. Sie tritt am Sams­tag in Berlin zusammen, um sich hauptsächlich mit den Fragen der Regelung der Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien, im Handels­gewerbe und im Müllereiberufe, sowie mit den auf die Kündigungsfristen und die Lehrlings­verhältnisse im Handelsgewerbe bezüglichen Fragen zu befassen.

Der Gesetzentwurf über die Erweiterung der Unfallversicherung unterstellt alle noch nicht versicherungspflichtigen Betriebe in Hand­werk, Handel, Fischerei und Kanalschifffahrt der Unfallversicherung seitens des Reiches. Diesen Betrieben gleichgestellt, werden laut dem Ent­würfe der Reichs-, Kommunal- und Staatsdienst, Veranstaltungen von religiösen, wohlthätigen, gemeinnützigen Zwecken u. s. w. Ferner können Belriebsunternehmer, deren Jahrcsverdienst nicht 2000 »fL übersteigt, sich ebenfalls in die Unfall­versicherung aufnehmen lassen, außerdem kann die Versicherungspflicht durch Statut auf Be­triebsbeamte. Werkmeister und Techniker u. s. w. mit über 2000 ^ jährlichen Gehalt ausgedehnt