2S1

erteilte der Hr. Prälat den Segen, worauf er zum Schluß die Gemeinde aufforderte, den 13. Vers des Gesangbuchslieds Nr. 5Tausendmal sei dir" zu singen.

Es war um 2 Uhr als im Saale des Gast» Hofs zum Ochsen das Mittagsmahl begann, an welchem sich annähernd 100 Personen beteiligten. Eine Reihe von Tischreden und Trinksprüchen trugen zu der freudig gehobenen Stimmung bei. Den ersten Toast brachte Hr. Prälat v. Wittich auf Seine Majestät unfern allverehrten König Wilhelm II. aus, den zweiten Hr, Dekan Cranz auf die Oberkirchenbehörde, indem er unter dem Ausdruck des Dankes hervorhob, wie die­selbe auch für die kirchlichen Bedürfnisse des Dekanatsbezirks besorgt, und daß von derselben erst in den letzten Tagen die baldige Inangriff­nahme eines Pfarrhausbaues in hiesiger Ge­meinde in Aussicht gestellt worden seie, so daß Höfen in nicht zu ferner Zeit auch einen eigenen Geistlichen erhalten werde. Hr. Oberamtmann Maier beglückwünschte ebenfalls die Gemeinde zu dem schönen Werk und gab einen geschichtlichen Rückblick. Calmbach und Höfen haben früher in den Kirchenverband Wildbad gehört, das Jahr 1829 brachte den ersten Gedanken zur Abtrenn­ung, welch' letztere dann im Jahr 1840 erfolgt sei. Seit 1852 habe sich Höfen vorgenommen, einstens eine eigene Kirche zu erhalten und dies Ziel sei nun heute nach vielen Mühen und Opfern erreicht. Bekanntlich seien durch das Kirchengemeindegesetz Kirchengemeinden und die getrennte Verwaltungen des Kirchenvermögens ins Leben getreten. Mit dem aufrichtig-herzlichen Wunsche, daß die kirchliche und bürgerliche Ge­meinde stets Hand in Hand gehen mögen. galt des Redners Trinkspruch dem Wohl dieser beiden Gemeinden. Es sprach nun Hr. Commerell, indem er die Strophe in Schiller's GlockeSoll das Werk den Meister loben" paffend zitierte, dem verehrten Baumeister des gelungenen Werks, Hrn. Prof. Dr. v. Beyer den aufrichtigen Dank der Gemeinde für das unermüdliche, warme Inter­esse aus. Das 3fache Hoch fand begeisterte Zustim­mung, ebenso der Trinkspruch des Hrn. Lerch auf den Hrn. Bauführer Fuchs, derkam, sah und siegte", indem er unter Ueberwindung von Schwierigkeiten als verhältnismäßig junger Mann seiner Aufgabe in allen Stücken gerecht wurde und dabei sich die volle Sympathie der Be­wohner Höfens erworben hat. Wie schon in der Festpredigt dankend erwähnt worden sei, sei während der Ausführung des Baues kein einziger Unfall vorgekommen und dies spreche gewiß auch für die Pünktlichkeit und Umsicht des Hrn. Bauführer Fuchs. Hr. Prof. v. Beyer dankte hierauf für die ihm zu Teil gewordene Unterstützung und sprach auch seinerseits dem Hrn. Fuchs für seine Umsicht und gewissen­haften Fleiß besonderen Dank aus, ebenso seinen Dank und Anerkennung dem Hrn. Bauunter­nehmer Käser, welcher die Maurer- und Stein­hauer-Arbeiten zur vollsten Zufriedenheit ausge- sührt habe. Der Hr. Redner gedachte nun in einem 3fachen Hoch des Hrn. Commerell, des Mannes, der mit Rat und That den Bau gefördert habe. Hierauf sprach Hr. Fuchs der Gemeinde seinen Dank aus für das Vertrauen, das sie in ihn gesetzt; er werde es stets als Bevorzugung be­trachten, daß ihm das Bauwesen unter seinem verehrten Meister, Hrn. Pros. Dr. v. Beyer, über­tragen wurde. Auch ohne das äußere Zeichen, ohne das wertvolle Geschenk der Gemeinde, werde er stets mit Freude an Höfen und seine Kirche denken; er äußere seinen aufrichtigen Dank in einem Hoch auf Höfen. Hr. Stadtvikar Mader von Neuenbürg brachte nun einen sinnig ge­reimten Festgruß dar, der beifällig ausgenommen wurde. Darauf toastierte Hr. Pfarrer Klaiber von Gräfenhausen auf den Ortsgeistlichen von Höfen, der von der ersten Stunde sich das baldige Zustandekommen des Werks angelegen sein ließ, der geschrieben , protokolliert und in jeder Weise die Hand dazu geboten habe. Hr. Pfarrer Mayer sprach seinerseits allen Beteilig­ten für die schönen und reichen Stiftungen Herz- uchen Dank aus. Man könnte da sagenWer Zahlt die Herren, zählt die Namen, die alle hier zusammenkamen". Es habe sich ein solch opfer­williger Sinn für die Kirche gezeigt, daß man

bald in Verlegenheit gekommen wäre, die an­gebotenen Gaben unterzubringen. Der Herr Redner sprach auch hier noch den Wunsch aus, es mögen die Gemeindeglieder den Mittel­punkt ihres kirchlichen Sinnes ferner in ihre Kirche verlegen und brachte den Stifter und Stisterinnen sein Hoch aus. Doch die Trink­sprüche waren noch nicht zu Ende; Hr. Pfarrer Mayer von Dobel wünschte im Hinblick auf die so hervorragenden Gaben, durch welche das Gotteshaus zu Stande gekommen, daß aus der neuen Lebensquelle stets frisches Lebenswasser fließen möge. Wenn doch alle Worte auf Toaste ausklingen, so möchte er auf all' die Gönner, die großen und die kleinen Geber, die der Gemeinde Dobel Helsen eine Kirche bauen mögen, sein Hoch ausbringen. Als Vertreter der Nachbargemeinde Calmbach führte nun Hr. Schultheiß Häberlen in launigen Worten aus: Man sehe lauter vergnügte Gesichter, an sie denke aber Niemand, und doch seien sie in Trauer, denn Calmbach verliere seine Tochter. Man pflege zwar sonst einer Tochter auch eine Aussteuer mitzugeben, Calmbach aber habe seine Tochter ohne solche, blutt und baar entlassen, ja sie haben eigentlich daran gedacht, noch etwas zu verlangen. Trotz­dem leere er sein Glas auf das friedliche und er­sprießliche Zusammenleben der beiden Gemeinden. Hr. Stadtschultheiß Bätzner gratulierte auch seitens der Stadt Wildbad; er brachte sein Hoch und seine Anerkennung dem Kollegen der neuen Kirchengemeinde, Hrn. Schultheiß Rehfueß, dar. welchem die Erstellung der Kirche ebenfalls viel Sorge gemacht habe. Hr. Lerch hielt es noch für Pflicht, auch der edlen Musika zu gedenken, und zwar des Kirchenchors von Wildbad unter Leitung des Hrn. Schull. Baur und des Männer­gesangvereins Höfen unter seinem Dirigenten Hrn. Schull. Saut er, welche beiden Vereine durch ihre trefflichen Borträge die Feier wesent­lich erhöht haben. Hierauf entledigte sich der Ortsgeistlichc, Hr. Pfarrer Mayer, noch einer Dankespflicht an den Hrn. Dekan. Sie haben das Glück gehabt, in dem Vertreter des Dekanat­amts einen Beamten zu sehen, der durch seine treue Mithilfe und wohlwollenden Ratschläge und trotz seiner Geschäftsüberbürdung durch die rasche und gewissenhafte Erledigung der vorge­legten Eingaben das Werk in seinem Teil mitge­fördert habe. Er möchte den Hrn. Dekan auch ferner um sein Wohlwollen bitten. Noch sprach Hr. Pfarrer Goos von Langenalb, mit Bezug auf die anwesenden Badener, dem Festorganisten, Hrn. Stud. Frommel von Heidelberg (ein Neffe des Hrn. Lerch) den Dank der Versammlung aus und führte in markanten Worten weiter an, wie Württemberg in der evangelischen Wahrheit den anderen deutschen Staaten stets vorange­leuchtet habe. Er bringe der evangel. Kirche Württembergs sein Hoch dar. Die Reihe der Toaste ging nun zu Ende; es war auch die Zeit bis 5 Uhr vorgerückt und die des Zugab­gangs bald herangekommen; Hr. Commerell ergriff nochmals das Wort, um den Gästen zu danken für die zahlreiche Beteiligung und für ihre Glückwünsche, insbesondere dem Hrn. Prälaten v. Wittich, den HH. Oberregierungsrat Nestle und Regierungsrat Hofmann von Stuttgart. Hr. Oberregierungsrat Nestle erwiderte kurz, daß sie der freundlichen Einladung um so gerner gefolgt, als sie immer noch anhänglich an den Bezirk ihrer früheren Thäligkeit seien; er bitte die herzlichen Wünsche dahin zusammen­zufassen, daß ein Segen auf die Gemeinde und auf alle Gemeinden des Bezirks hinausgehen möge.

Küche und Keller des Gasthofs fanden durch­aus Anerkennung; der Speisezettel bestand aus: Mock-turtle-Suppe, Forellen (blau) mit Sauce Hollandaise und neuen Kartoffeln, Ochsenfleisch mit verschiedenen Beilagen. Schinken, Zunge, Pastetchen mit neuen Carotten und Erbsen, Schlachtbraten, Sauce-Madere, Kopfsalat mit Ei, breite Nudeln. Torte, Kuchen und Obst.

Die Festmusik, das neue Cornet-Quartett von Wildbad würzte das Mahl durch präzise Borträge, von welchen wir als ersten das klassische Stück:Das ist der Tag des Herrn" erwähnen. Eine gesellige allgemeine Vereinig­ung, wie sie auch für den Garten des gastlichen

Hauses vorgesehen war. konnte des unaufhör­lichen Regengusses wegen leider nicht stattfinden.

Kehren wir zur neuen Kirche zurück. Das Bauwerk, in frühgotischem Styl aus rotem Sand­stein, wurde nach den Planen des Münsterbau- meistersProf.Dr. v. Beyer unter spezieller Leitung des Bauführers Fuchs von Ulm erstellt. Die Beton-, Maurer-, und Steinhauer-Arbeiten wur­den durch den Bauunternehmer Käser von Pforzheim ausgeführt. Derselbe besitzt auf der Anhöhe beim Bahnhof Birkenfeld einen Stein­bruch. welcher die Bausteine lieferte. Mit dem durchaus gelungenen Bauwesen in seiner vortreff­lichen Lage wurde im März 1892 begonnen, dasselbe also nach zwei Jahren mit einem Bau- Aufwand von annähernd 120000 zu Ende geführt. Zur Empore führt eine Turmtreppe (steinerne Wendeltreppe). Der eigentliche Turm (Helm) hat in seinem hohlen Raum keinen Holz­einbau, er ist ganz aus Stein gefügt. Auch die innere Bauart mit dem gothischen Netzgewölbe, der Maßwerkbrüstung und den Fenstern ist durch­aus stylgerecht, ebenso bis auf den kleinsten Gegenstand die ganze Einrichtung. Sitzplätze sind es genau 420. Die Kirche ist heizbar durch zwei Wafferalfinger Oefen neuester Construktion, welche äußerlich ebenfalls dem ganzen Baustyl angepaßt sind. Die Zimmerarbeiten (Dach­stuhl) sühnen Dürr L Großmann hier aus. Mit den Malereien, besonders des Netzgewölbes, war der Dekorationsmaler Lohse in Stuttgart betraut, welchem auch die des Ulmer Münsters übertragen sind. Das gemalte große Fenster im Chor, die Kreuzigungsgruppe (Stiftung von Gebrüder Leo) lieferte T. Zeltler in München. Die Glaserarbeiten, Bleiverglasung (Butzen­scheiben) sind von Kunstglaser Keßler in Stutt­gart. Die Schlosserarbeiten (Kanzelgeländer und Thürbeschläge bis auf's kleinste stylgerecht) führte Kunstschlosser Künzli von Ulm aus, während die Schreinerarbeiten (Gestühl, Thüren, Windfänge und Sakristeieinrichtung, ebenfalls stylgerccht, von Rohrer u. Knüller hier aus- gcführt sind. Den Anstrich dieser Arbeiten hatten Schill und Lutz in Wildbad übernommen. Die Schmiedarbeit, worunter besonders der eiserne Zaun, führte Schmiedmeister Schmauderer hier aus. Die Turmuhr ist von Perrot in Calw, von ihr aus geht eine etwa 5 Meter hohe Gangführung bis zu den 3 Zifferblättern. Die 3 Glocken sind aus der bekannten Kurz'schen Gießerei in Stuttgart hervorgegangen. Das Kreuz und die Blitzableiteranlage ist von Eich­berger u. Leidy daselbst. Bevor wir zur Orgel übergehen, ist noch zu erwähnen, daß die Steine der Kanzel, des Altars und des Taufsteins aus demselben Material wie die Bausteine bestehen und die Arbeit von Hrn. Käser ausgeführt wurde, auch ist zu sagen, daß die Paramenten (Kanzel-, Altar- und Taufstein-Decken), in rot. grün und schwarz von Baihinger in Göppingen geliefert sind. Die Orgel, ein herrliches, volltönendes Werk, das dem Erbauer, Walcker in Ludwigsburg, alle Ehre macht, hat pneu­matische Einrichtung, 2 Manuale und 10 Register. Sie wurde bei der Feier gespielt von Hrm Frommel, Professors Sohn aus Heidelberg, einem Neffen des Stifters. Der staatlich be­auftragte Orgelrevident, Hr. Musikoberlehrer Hegele am K. Seminar in Nagold nahm heute die sachverständige Prüfung im Beisein des Fabrikanten vor.

Ein Verzeichnis sämtlicher Stiftungen, auf ächtem Pergament, (von Hrn. Kaufm. Haug kalligraphisch ausgeführt), wurde am Samstag abend in den Taufstein eingelegt. Es sei uns gestattet, unserem Festbericht als würdigen Schluß und zur Ergänzung etwaiger Lücken noch anzu­fügen, was wir bezüglich der Stiftungen münd­lich in Erfahrung bringen konnten.

Der Kirchenbaufonds wurde anfangs der Fünfziger Jahre von der Familie Krauth, bzw. Klumpp und Seubert angelegt. Die Beiträge von dieser Seite flsßen reichlich, so daß sie sich auf eine hohe Summe beliefen. Das Areal zum Bauplatz, im Wert von 20 000 »1L, das frühere Anwesen zur Sonne, ist Geschenk des Hrn. C. Commerell. Die am 17. März d. I. zur ewigen Ruhe eingegangene Frau Marie Seubert stiftete noch kurz zuvor sämtliches Abendmahl-