Unterhaltender Keil.
Die Enthauptete.
Erzählung aus der französischen Revolution von C. Matthias.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 2.)
„Ja, seit vielen, vielen Stunden. Die vergangene Nacht verbrachte ich auf einem Kirchhofe mitten unter Toten. Aber auch dort fand ich keine Ruhe. Ein lärmender Volkshaufe, der über die Gräber stürmte, scheuchte mich fort. Ach, wie entsetzlich sahen diese Leute aus, die nicht einmal die Heiligkeit ves Friedhofes achteten. Sie trugen blutige Waffen, schmutzige Kleider, sie sangen und heulten und besudelten die Kreuze der Grabhügel. Zitternd entfloh ich ünd ent- kam ihnen glücklich, obwohl sie mich verfolgten. Dann befand ich mich wieder mitten in der Stadt, aber überall schreckte mich Rohheit, Gottlosigkeit und Verbrechen. Ich schlich weinend dahin, verhöhnt von trunkene» Männern, beschimpft und gestoßen von entmenschten Weibern. Nirgends fand ich einen Freund, der sich meiner angenommen hätte. So kam abermals die Nacht und ich gelangte zu dem Gerüst, wo Sie mich fanden. Halbtot vor Müdigkeit schlüpfte ich unter dasselbe und schlief ein, sobald sich das Tosen in der Stadt gelegt hatte.
Lanz schüttelte nervös den Kopf. Wieder überfiel ihn das unerklärliche Grausen. Doch tapfer kämpfte er dies Gefühl nieder.
„Haben Sie denn gar keine Erinnerung, wie Ihr Hotel heißt," fragte er.
„Ich glaube, es hieß ^ux toinboaux äs kruneo."
„Zu den Gräbern Frankreich? Unmöglich! Solch ein Hotel giebt es in Paris nicht. Jndeß, was hülfe es, wenn Sie den Namen wüßten. Ich halte es nicht für ratsam, den Gasthof aufzusuchen. Ihre Gräfin entfernte sich und kehrte nicht wieder. Das heißt in unserer gesegneten Zeit, sie wurde aufgegriffen und eingesperrt. Erschrecken Sie nicht," fuhr er tröstend fort, als er sah, daß seine Begleiterin wankte, „ich kann mich auch irren. Aber gesetzt den Fall, sie kam hierher, um Erkundigungen einzuziehen, wie es die tapfer» Frauen der Aristokraten jetzt so oft thun, jo ist auch sie in Gefahr geraten, guillotiniert zu werden, wie ihr Gatte und wenige Stunden nach der Gräfin Arretierung sind die Mouchards in Ihrem Hotel gewesen, um Sie gleichfalls aufzuheben. Nun haben diese mein deutsches Grethchen freilich nicht gefunden, weil es in der Stadt umherlief, aber die Polizei hat dort etliche Späher, eine niedliche Mausefalle aufgestellt, um das Mäuslein zu sangen, sobald es zurückkehrt. Diesmal sind Sie aber davor bewahrt. Grethchen kommt nicht zurück, Grethchen bleibt bei mir. Was meinen Sie dazu?
„Ich fürchte mich. Herr Lanz."
„Eine Frage für vrele, mein gutes Kind. Glauben Sie, daß ich ein ehrlicher Mann bin?"
„Ich glaube es und habe zu Ihnen unbegrenztes Vertrauen."
„Nun denn, so kommen Sie mit mir nach der Ruo kiAallo M. 7. Dort liegt mein bescheidenes Häuschen, ganz klein, mitten in einem Garten, der freilich recht wüst ist. Aber es wohnt sich gut in der Rus kiZalls. Glauben Sie mir."
M. 7, sagten Sie nicht so?" fragte das Mädchen aufhorchend.
„Allerdings M. 7. Kennen Sie die Gegend?"
„Nein, ganz und gar nicht. Aber ich bin bereit, Ihnen zu folgen, wenn nicht Ihre Frau —"
„Meine Frau," lachte der Künstler, „ich bin gänzlich unverheiratet, frei, wie der Vogel in der Luft. Ich war stets ein fürchterlicher Hagestolz und noch nie ist mir der Gedanke gekommen, mich zu binden. Freilich, wenn ich Sie sehe — so hübsch — so lieb — so hülfs- bedürslig —"
Er hielt inne. Es mochte ihm unpassend erscheinen, in der jetzigen Lage die Ideen aus- zusprechen, welche plötzlich seinen Kopf durch- querten. Mit einem scheuen Seitenblick faßte er seinen Schützling fester und schritt eilig dahin.
Sie folgte ohne Widerrede, er aber fühlte mit Genugthuung das Zutrauen, welches sie ihm entgegenbrachte.
„Also wir marschieren nach der Lue kigalle", entschied er. „Ich überlasse Ihnen — mein Wohnzimmer und Sie dürfen ja nicht glauben, daß Sie dort schlecht aufgehoben sein werden. Zunächst haben Sie die Wahl zwischen einem etwas harten Bette und dem noch härteren Kanapee, auf welchem letzteren manch' wackerer Kollege, der nach spätem Zechgelage nicht mehr nach Hause wollte, die Nacht verbracht hat. Ich quartiere mich in meinem Atelier ein, wo die Staffeleien stehen. So behindre ich Sie nicht und bin doch jederzeit zu Ihrem Schutze bei der Hand. Morgen früh dann beraten wir, was weiter geschehen soll. Ich habe die Absicht, Sie bei einer befreundeten Familie aus .dem Elsaß unterzubringen."
Das Mädchen sah ihn mit dankbaren Blicken an.
„Sie sind ein braver, ehrlicher Mann, Bürger Lanz. Ich danke Ihnen von ganzer Seele für Ihre Güte und Uneigennützigkeit. O. daß ich im Stande wäre, Ihnen je zu vergelten, was Sie an mir thun. Und nun wollen wir eilen, unser.Ziel zu erreichen, denn ich fühle, daß meine Kräfte zu Ende gehen."
„Nur noch ein wenig Geduld und Mut," bat er. „Es ist gar nicht mehr weit von hier. Stützen Sie sich nur fest auf meinen Arm, ich will Sie tragen, wenn es nötig ist."
Es wurde indeß dem Maler nicht leicht, die Wohnung zu erreichen. Das Mädchen hing schwer an seinem Arme. Er mußte es aufgeben, mit ihr zu plaudern. Schweigend gelangten sie nach der kue kigallo. Lanz wollte an das Thor pochen, um den Hausmeister zu wecken, als er zu seinem Erstaunen gewahrte, daß die Pforte unverschlossen, augenscheinlich gewaltsam erbrochen sei. Die Portierloge stand leer und war von ihren Insassen eilig verlassen, das zeigten die umgeworfenen Geräte und die zertrümmerten Fensterscheiben. In der Nacht Erkundigungen einzuziehen, fand Jean nicht ratsam, die Sorge um seinen Schützling lag ihm ungleich mehr am Herzen.
Rasch durchschritten sie also den hallenden Flur und den Garten nach dem abseits gelegenen, von Weinlaub umsponnenen Gartenhaus, wo Lanz seine Wohnung und Maleratelier aufgeschlagen hatte.
„So, nun sind wir in unserem Heim", rief er in das Zimmer tretend, indem er mittelst Stein und Schwamm eme Kerze anzündete. „Nun machen Sie sich's bequem. Bürgerin, rasten Sie aus von Ihrer Irrfahrt. Hier finden Sie Ruhe, Schutz und Frieden. Aber auch, wenn Sie Nahrung gebrauchen, teile ich gerne mit Ihnen, was ich im Hause habe. Ein feines fast frisches Graubrot, etwas Käse aus der Normandie und einen ausgezeichneten Rotwein zu vier Sous, das ist für's Abendessen genügend, denn zum Frühstück wäre es noch zu zeitig."
Jean stellte die angepriesenen Lebensmittel auf den Tisch, hinter welchem das Mädchen auf dem Kanapee erschöpft niedergesunken war. Jetzt erst bemerkte er, daß Gleichen die Augen geschlossen hielt und wahrscheinlich durch die Wärme des geschlossenen Raumes eingelullt, schlummerte. Das Köpfchen war vorne übergesunken, der Atem ging langsam und ruhig, aber das Antlitz deckte die krankhafte Blässe, welche dem Maler schon draußen ausgefallen war.
„Du armes Ding", sagte er, seine laute Stimme zu einem Flüstern herabdämpfend, „wie müde mußt Du gewesen sein? Aber Schlaf kann nur erquicken, wenn er bequem genossen wird und darum sollst Du in meinem Bette ruhen. Doch wie kommt sie dorthin? Pah! Das federleichte Ding trage ich auf meinen Armen hinüber, es merkt sicher nichts davon und morgen, wenn es wacht, ruht Gretchen bequem in den Kissen und macht verwunderte Augen."
(Fortsetzung folgt.)
Falbs nächster kritischer Termin, der 7. März, (2. Ordnung) dürfte bereits vom 6. ab eine stärkere Bewegung in der Atmosphäre Hervorrufen und das Maximum der Niederschläge etwa um den 9. eintreten. Warmes Wetter, eventuell mit einer neuerlichen Häufung der Niederschläge, erwarten wir um den 14.
Andreas Hofer und seine Verräterin. Am 20. Januar des Jahres 1810 wurde der Tiroler Volksheld Andreas Hofer in einer unter Eis und Schnee versteckten Alpenhütte im Passeyer durch Verrat von den Franzosen entdeckt, gefangen genommen, und vier Wochen später, am 29. Februar, in Mantua standrechtlich erschossen, lieber den Verrat an Hofer, welcher gewöhnlich einem Priester zugeschrieben wird, finden wir in einem Schriftstück von 1825 folgende merkwürdige Mitteilung aus Spandau: hier hat ein dem Trünke ergebener Unteroffizier, der wahrscheinlich in höherem Range früher in österreichischen Diensten stand, aber nach Preußen desertierte und daselbst wegen seiner Brauchbarkeit Aufnahme in einem Infanterie-Regiment fand, in der Trunkenheit seine Frau ermordet und ihren Körper in Stücke zerschnitten. Sie traf eine fürchterliche Nemesis, denn diese Frau war die Schwägerin Andreas Hofer's, welche ihn gegen reiche Belohnung den Franzosen verriet, und nach solcher Uebelthat nicht mehr iiu Lande bleiben durfte. Sie flüchtete mit dem Blutgelbe aus Tirol ins Österreichische, wo sie jener Unteroffizier wegen dieses bald dargebrachten Blutgeldes heiratete und dadurch in Unglück geriet.
1792er Madeira hat dem Fürsten Bismarck, und zwar 12 Flaschen, eine Lübecker Wcingroßhandlung in Veranlassung des Besuches des Kaisers in Friedrichsruh übersendet. Der Wein stammt noch von dem Urgroßvater der jetzigen Inhaber der Firma her. Er war durch freundliches Entgegenkommen des Kapitän zur See von Blanc 1881 auf S. M. S. „Stosch" mitgenommen und durch Umladung auf S. M.
S. „Leipzig" 1884 zurückgebracht, und Halle ) somit „die Linie passiert." -
Berlin, 14. Febr. Eine recht unangenehme Ueberraschung wurde gestern dem Inhaber . eines Modewarengeschäfts im Zentrum der Stadl zuteil. Als er von einem Ausgange zurückkehrle und sich in sein Privatcomptoir begab, fand er daselbst seine Kassiererin, ein 23jähr. Mädchen, damit beschäftigt, mit einer Papierjcheere Hundertmarkscheine zu zerschneiden. Die ersichtlich Geistesgestörte erklärte, daß sie als Millionärin , Coupons von den Wertpapieren abschneiden s müsse und daß sie ihren Prinzipal als Hausdiener anstellen werde. Als der Geschäftsmann sie an der Zerstörung des Papiergeldes verhindern wollte, drang die Bedauernswerte aus ihn ein, und er mußte flüchten, um nicht durch Stiche mit der Scheere verletzt zu werden. Erst mehreren durch den Lärm hinzugerufenen Verkäufern gelang es, das sich wie rasend gebärdende Mädchen zu überwältigen; ein sofort geholter Arzt stellte Größenwahnsinn fest und ordnete die Ueberführung der Geisteskranken nach einer Anstalt an.
(Auf dem Balle.) „Hätten Sie noch einen Walzer, mein gnädigstes Fräulein, mit dem Sie Ihren unterthänigstcn Sklaven glücklich machen könnten?" — „Gewiß, Herr Müller! Seyen Sie meine Karle: Der letzte Walzer ist noch unbesetzt!" — „Ach. das ist fatal! So spät! Da werde ich schwerlich noch hier sein!" - „Ich auch nicht, Herr Müller!"
(Bittere Enttäuschung.) Gast: „Herr Wirt, Ich trinke Sect nie allein —" (der Wirt nimmt geschmeichelt Platz) — „sondern immer mit Rothwein gemischt. Also bitte: eine halbe Margaux.
(Unterschied) zwischen einer Lampe und einer Dame: Putzt man die Lampe, so brennt sie! putzt man die Dame, so geht sie aus.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.