Mundart auszugehen sei, so habe doch die Schule. > so gut wie die Familie, die gebührende Rücksicht auf dieselbe zu nehmen, da man sie keineswegs als eine unberechtigte Verunstaltung der Schriftsprache auffassen dürfe. Sehr viele Ausdrücke der Gassensprache seien natürlich unbedingt ab- zuweijen. Redner besprach nun die Vorzüge des schwäb. Dialekts im Einzelnen. Historisch begründet sei u. a. die verschiedene Aussprache von e, ei, und au. Diese erhöhe auch den Wohllaut der Sprache. Die schwäb. Betonung der Wörter sei meistens richtig. Bei der Festellung einer Normalaussprache des Deutschen müsse man unbedingt von den Mundarten ausgehen. Zur Erreichung des anzustrebenden Zieles seien ganz einfache, möglichst ausnahmslose Regeln nötig. Der schwäb. Wortschatz bilde ein kostbares Besitztum, das zu bewahren der Mühe lyert sei. Eine nachhaltige Besserung der Schäden unserer Muttersprache lasse sich nur von liebevoller Versenkung in die Mundarten des deutschen Volks erwarten.
Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 26. Februar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s In der abgelaufenen Woche waren die Preise für Brot- srüchte mäßigen Schwankungen unterworfen; die Stagnation hält an, trotz der billigsten Preise, wie kaum jemals vorher, fehlt jede Lust zu Unternehmungen. Auch an den süddeutschen Märkten ist das Geschäft nicht besser geworden. Die Börse ist schlecht besucht. Geschäft schwach. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, bayr, 16 -4L 75 niederbayr. Ausstich 18 -4L 25 bis 18 50 ^!, fränk 16 -4L — Kernen 16
Hafer, württ. 16 -4L — ^ dto. Oberländer 18 -4L — ^ bis 18 -4L 50 — Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl.
Sack bei Wagenladung: Mehl Nr. 0: 27 -4L — bis 28 ^L — -I, Nr. 1: 25 -4L — ^ bis 26 -4L — Nr. 2: 23 -4L 50 ^ bis 24 -4L — Nr. 3: 21 -4L 50 ^ bis 22-4L Nr. 4: 18-4L —bis 18-4L 50^.
Gries 27 -4L 50 Kleie mit Sack, 8 -4L 30 per 100 Kilo je nach Qualität.
Ausland.
Pisa, 26. Febr. Gestern Abend wurde im Theatro Nuovo während der Ausführung des „Othello" ein Sprenggeschoß durch ein Fenster hinter die Bühne geworfen. Es erfolgte ein so heftiger Knall, daß die Fenster zersprangen. Der Kapellmeister ließ die Königshymne und die Garibaldihymne spielen. Das Publikum glaubte, es handele sich um einen zur bengal. Beleuchtung gehörenden Vorgang. Es kam kein Unglücksfall vor. Der mutmaßliche Thäter konnte verhaftet werden. (Der Kapellmeister hat jedenfalls durch seine Geistesgegenwart das Haus vor verderbenbringender Verwirrung und dessen Besucher vor großem Unheil bewahrt.)
London, 27. Jan. Die Polizeibehörde benachrichtigte die Brüsseler und die Pariser Polizei von der Abreise von 10 fremden Anarchisten nach dem Kontinent. — In Paris wurden weitere 5 Anarchisten verhaftet.
Aus Polen, 26. Febr. Wie polnische Blätter aus Warschau berichten, ist vorgestern in Chmielow der Pfarrhof von einer bewaffneten Räuberbande überfallen worden. Die Räuber ermordeten die Schwester des Pfarrers, knebelten das Dienstgesinde und mißhandelten den greisen Pfarrer Rokicki so lange, bis er sein ganzes Vermögen, bestehend aus 3000 Rubeln in Pfandbriefen und 800 Rubeln Bargeld, auslieserte. Die Räuber verschwanden hierauf spurlos.
Chicago, 27. Febr. Nunmehr ist die fünste Feuersbrunst in der Ausstellung und zwar diesmal in der Abteilung der Landwirtschaft ausgebrochen. Das Dach der Halle ist eingestürzt. Man glaubt, daß Brandstiftung vorliHt.
AnterHaltender Heit.
Die Enthauptete.
Erzählung aus der französischen Revolution von C. Matthias.
(Nachdruck verboten.)
Der zweite September 1793, der grauenvolle Tag blutiger Henkersarbeit war zu Ende. Die johlenden trunkenen Volkshaufen hatten den Greveplatz geräumt und waren in die Höhlen des Lasters gekrochen, um sich zur Ausübung neuer Schandthaten zu stärken. Oede und leer war der unheimliche Ort. Der Mond, oft bedeckt von dahinjagenden Regenwolken, sandte
seine zitternden Strahlen auf das gespenstige Gerüst, welches den Richtplatz überragte und einem gefräßigen Ungeheuer gleich mit seinem einzigen Auge, dem glitzernden Fallbeile, Umschau nach neuen Opfern zu halten schien. Erstickende Dünste erhoben sich aus der feuchten Erde. Es war, als ob dunkelrote, körperlose Schatten zwischen den hölzernen Pfeilern und unter der Treppe aufschwellten und, wenn der Nachtwind durch die Stufen strich, erhoben sich klagende Stimmen, die von der Grausamkeit und Blutgier der Menschen erzählen, welche die Revolution zu Bestien umgewandelt hatte.
Jetzt herrschte hier fürchterliche Stille. Wo noch vor wenigen Stunden Weinen und Todcs- röcheln der Opfer, Heulen und Jauchzen der berauschten Zuschauer ertönt, unterbrach nur der Schlag der fernen Turmuhren, das Kreischen der Wetterfahnen und das Knistern im Gebälk des Schaffots die Ruhe.
Da ließ sich ein taktmäßiger Schritt von der Lue Uoquotto her vernehmen, welche Straße in den Greveplatz mündet. Leise die Melodie der Marseillaise pfeifend, nahte ein verspäteter Wanderer, welcher an der Ecke angelangl, plötzlich stehen blieb.
Es war ein stattlicher, junger blondbärtigcr Mann in kurzer Sammetblouse und weiten Pantalons von Heller Farbe. Ein rotes Barett bedeckte seine frei hinabwallenden braunen Locken. Als Waffe schwang er einen knorrigen Eichen- stock in seiner Rechten.
„Teufel," sprach er, scheu umherblickend. „wo bin ich hingeraten? Bei meiner Seele, das ist der Giäveplatz mit Blutgerüst und Fallbeil. Für meine Nachtruhe ist dieser Anblick just nicht ersprießlich und ehe ich, um nach Hause zu kommen, dort vorbei gehe, mache ich lieber einen Umweg von einer Stunde."
Der Jüngling wandte sich. Es war ihm, als ob sich ein Alp mit erstickender Schwere auf seine Brust lege. Ihn schreckte wohl der gespenstige Nebel, welcher um das Schaffst zu fließen schien, als aber der Mond Heller den Platz bestrahlte, richtete sich der Zögernde mutig empor und stieß mit dem Stocke auf einen Prellstein.
„Nein. Jean Lanz ist kein Feigling," rief er mit starker Stimme. „Wir Elsässer haben Kurage und der Straßburger kennt keine Furcht. Die Unglücklichen, welche dort ihre arme Seele ausgehaucht haben, kehren nicht wieder, um ein Menschenkind zu schrecken. Gespensterfurchl? Wie töricht! Und nun gar an diesem Orte. Was kümmern mich die Gräuelthaten des Pariser Pöbels? Ich bin Künstler und habe keinerlei Teil an ihnen. Aber ich gehe Niemanden aus dem Wege, nicht den Lebenden, nicht den Toten. Und darum will ich den Weg, der mich am Blutgerüste vorbeiführt, nicht vermeiden.
Entschlossen überschritt Jean den Platz und wollte, leicht bei dem Blutgerüst vorbeistreifend, nach der Uue Is. kolie äs Uoignault einbiegen, als etwas Unerwartetes seine Schritte hemmte. Ganz deutlich hatte er einen klagenden Ton vernommen, ein Schluchzen, das unter dem Schaffote hervorzukommen schien. Der Erschrockene strengte seine Augen an, um das Dunkel unter den Brettern zu durchdringen, doch da der Mond wieder von den Wolken bedeckt wurde, konnte er nichts unterscheiden, was einem Menschen ähnlich gewesen wäre.
„Ist jemand dort," rief Lanz hinunterlugend, mit bebenden Lippen. „Wünscht man meine Hülfe?"
Er lauschte, aber es folgte keine Gegenrede. Nur der Nachtwind, der leise klagend durch die Seile und Pfosten des Gerüstes strich, gab Antwort auf seine Frage.
Jean spürte, wie sich die Haare auf seinem Scheidet sträubten. Entsetzt wollte er fliehen, aber er fühlte seine Füße wie gelähmt. Schwerer als Blei haftete das schlüpfrige Erdreich an seinen Sohlen, eine gespenstige Macht hemmte die freie Bewegung seiner Glieder.
Abermals ertönte das rätselhafte Schluchzen, ein Klageton, wie ihn ein verzweifeltes Weib ausstößt, das Verrat fürchtend den lauten Aufschrei ihrer Angst unterdrückt.
„Das ist kein Gespenst," flüsterte der Bursche
„das ist eine Frau, des Beistandes bedürftig Ich irre nicht."
Der Mond brach durch die verhüllenden Wolken und sandte seine Strahlen durch die Fugen der Bretter, welche die Plattform bildeten. Nun erkannte Jean deutlich ei» dunkel gekleidetes Weib, welches leise weinend unter der Treppe hockte.
Vor dem geisterhaften Ungefähr hatte der junge Mann Furcht empfunden, der Lebenden gegenüber schüttelte er die Erstarrung ab. Ohne sich zu besinnen, drang er vorwärts und beugte sich zu der Versteckten.
„Bürgerin", sagte er mit bewegter Stimme, „was führt Sie an diesen Ort des Schreckens? > Kommen Sie fort von der Todesschwelle! Hier I ist nicht der Platz zu träumen, sondern zu !j leiden!" 8
Bei dem Klang seiner Worte schreckte die (
Unglückliche zusammen. Wohl mochte sie den - Mann nicht haben kommen hören, denn der feuchte Boden dämpfte den Schall seiner Schritte. ^ Aengstlich erhob sie die Augen und Jean erkannte in dem ungewissen Dämmerlichte ein bleiches Mädchen-Antlitz, welches ihn mit irren, müden Blicken anstarrte.
„Was lhun Sie hier, Bürgerin", begann er auf's neue. „Fliehen Sie diesen Ort, bevor man Sie hier findet. Nur um einen rohen fl Scherz auszuführen, würden die Gehilfen des ^ Herrn von Paris Sie auf die Plattform schlep- iß pen und einmal dort oben probieren sie die Schärfe des Fallbeils an ihrem weißen, schlanken Halse." !
Da die Frau nicht antwortete, sondern ihn mit verständnislosen Blicken auschauend, sitzen ? blieb, ergriff Jean die schlaff hcrabhüngende 1 Rechte, aber ebenso schnell ließ er dieselbe wieder G frei. Als ob er die Hand einer Toten fühlte, -H so eiskalt ruhte sie in der seinen, leblos, ohne z) Bewegung, ohne Leben, ohne Pulsschlag. ff
Aber er fühlte Mitleid mit der verlassenen, gewiß kranken Frau. Kurz entschlossen legte tz er seinen Arm um ihren Leib und zog sie empor. U
Sie leistete keinen Wiederspruch. Ohne ein d? Wort zu sprechen, ließ sie sich auf die freie Straße führen. D
Hier erst vermochte Lanz zu erkennen, wem ^ er seine Dienste gewidmet.
Es war ein auffallend schönes Mädchen in K Mittelgröße und von zarten Formen, mit blon- ^ den Locken und dunkeln, im Mondeuscheine t geisterhaft flackernden Augen. Bekleidet mit einem schwarzen Wollengewande trug sic dicht unter der jungfräulichen Büste einen breiten 8 Gürtel aus eigentümlich verschlungenem Seiden- D gewebe. Ein schwarzes Foulardtuch bedeckte statt des Hutes den Kopf, doch quollen die üppigen ! f gelben Locken überall in krauser Fülle hervor,
Um den Hals zog sich ein rotes, schmales A Sammetband, ganz eng anliegend ohne goldenes H Anhängsel oder Amulet. f
(Fortsetzung folgt.) ^
B e r l i n , 21. Febr. Ein schwerer Un- k glücksfall hat sich am Dienstag auf dem Berlin- Kietzer Dampfziegelwerk ereignet. Kurz vor ( Feierabend vernahm der Werkmeister ein eigen- - , artiges Knistern und Knacken an der unteren " Umfassungsmauer des Kesselhauses, das sich kurz ) hintereinander wiederholte. Und alsbald stürzte h auch der Dampfschornstcin mit donnerähnlichem ? Getöse zusammen, wobei drei der im Kesselhause j beschäftigten Arbeiter unter den Schornstein- j trümmern begraben wurden. Den Mannschaften f der freiwilligen Feuerwehr gelang es zwar, die f Verunglückten unter großer Anstrengung aus dem Schutthaufen herauszuschaffen, zwei der Verschütteten hatten jedoch so schwere Verletz- ! ungen erlitten, daß sie, noch ehe ärztliche Hilfe zur Stelle war, verstarben. >
Bestellungen
für den Monat März auf den !
„Guzthkler"
werden von den Postanstalten und Postboten f entgegengenommen.
'i
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.