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Die Schale ist mit roh gearbeiteten, seltsamen I Reliefs geschmückt und trägt die Inschrift: * x vowit iukrmuill dowo oervus ad angue venenuw" (d. i. der in unserem Bilde den Menschen bedeutende Hirsch speit das von der Schlange beigebrachte Gift aus). In Alpirsbach zieht jeden Fremden die schöne Klosterkirche an. Die Kirche ist eine altromanische Basilika mit erhöhtem Mittelschiff; der lange Kreuzarm ruht auf je sieben Rundbögen, die von mächtigen Monolithen aus Buntsandstcin getragen sind. Die Klosterruinen sind zum großen Teil erhalten, aber in Privathänden; am meisten ist noch zu sehen vom Dorment und den Zellen. Das Ziel der Wanderung war Schramberg. Dieses ge- werbsame Städtchen hat eine reizende Lage und bietet Gelegenheit zu den interessantesten Aus­flügen. Sehr lohnend war für die Besucher die Besichtigung der dortigen Emailfabrik und des Junghans'schcn Gartens. Von Schramberg wurde die Heimkehr per Dampfroß bewerkstelligt mit Ausnahme der Strecke Hochdorf-Nagold, welche zu Fuß zurückgelegt wurde. Dem Redner wurde von Hrn. Oberförster Koch in Hirsau der wohlverdiente Dank ausgesprochen. Der Vortragende konnte noch die erfreuliche Mitteil­ung machen, daß der Verein in stetem Wachsen begriffen und mit andern Vereinen in regen Schriftenauslausch getreten sei.

Man schreibt uns aus Pforzheim: Die Sicherheitsverhältnisse in der Umgebung unserer Stadl sind wieder recht ungünstige ge­worden und Raubanfälle, sowie Vergewaltig­ungen einzelner Frauenzimmer haben sich in letzter Zeit verschiedene zugetragen. Den oder die Thäter hat man bis heute trotz eifriger Recherchen noch nicht ermittelt.

Deutsches Weich.

Die große, Alles beherrschende Tagesfrage des deutsch-russischen Handelsvertrages hat mit der Annahme des Vertrages im Bundes­rate und mit seiner hierauf erfolgten Einbring­ung im Reichstage einen weiteren Schritt in ihrer Entwicklung gethan. Nach den festgesetzten Dispositionen beginnt die Generaldebatte über den russischen Vertrag am Montag den 26. d. M. und bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und dem allgemeinen Interesse, welches er er­regt, wird diese erstmalige parlamentarische Er­örterung des Vertrags im Reichstage zweifellos drei bis vier Sitzungen beanspruchen. Ob die betreffenden Verhandlungen bereits eine» posi­tiven Anhalt für das mutmaßliche Geschick des Vertrages ergeben werden, muß freilich noch dahingestellt bleiben. Inzwischen gehen im ganzen Reiche die Kundgebungen für und wider den russischen Vertrag weiter, wobei naturgemäß die Zahl der elfteren bedeutend überwiegt; allerdings sind aber die aus diesem Anlaß zu Tage tretenden wirtschaftlichen Interessengegen­sätze so schroff und stark, daß an einen Aus­gleich zwischen ihnen nicht mehr zu denken ist.

Die mehrtägigen Verhandlungen des Reichstages über die Kolonialpolitik desneuen Kurses" haben mit Bewilligung sämmilicher Kolonialspezialetats geendet. Trotz­dem wird man regierungsseitig wohl nur mit sehr gemischten Gefühlen aus diese Debatten zurückdlicken, haben sie doch der Regierung ein gerütteltes Maß voll Vorwürfen. Beschuldig­ungen und scharf abfälligen Kritiken anläßlich der teilweise sehr unerfreulichen Gestaltung der deutschen Kolonialpolitik und der verschiedenen häßlichen Vorgänge jüngster Zeit in Kamerun und Ostafrika gebracht. In den maßgebenden Berliner Kreisen wird man entschieden gut thun, in unserer Kolonialpolitik mehr nach dem Rechten zu sehen und eine Wiederholung unläugbar be­gangener schwerer Fehler und Mißgriffe künftig zu vermeiden! Am Mittwoch nahm der Reichs­tag die am vorigenSchwerinstag" abgebrochene Beratung des Antrages des Abgeordneten Schröder (fr. Vereinig.) wieder auf, der auf eine Abänderung des Art. 61 Handels­gesetzbuches zielt, indem er hauptsächlich die Einführung gleicher Kündigungsfristen für Prinzipale und Handlungsgehilfen empfiehlt. Hierzu lagen mehrere Unteranträge vor, unter ihnen auch ein vom Abg. Singer (soz.) gestelltes

Amendement, wonach künftig die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist, als einer ein- monatigen, nicht statthaft sein soll. Die Debatte brachte eine ganze Reihe Mißstände im Handels­gewerbe, die mit dem jetzigen Kündigungswesen zusammenhängen, zu Tage und ließ außerdem erkennen, daß man fast auf allen Seiten mit der Tendenz der Anträge Schröder und Singer einverstanden ist. Bei der Abstimmung über den Antrag Singer stellte sich jedoch die Be- schlußunsähigkeit des Hauses heraus, dasselbe mußte daher von der weiteren Erörterung des Gegenstandes zunächst wieder absehen.

Berlin. 23. Febr. (Deutscher Reichs­tag.) Zunächst werden die Wahlprüfungen und dann der Etat des Rechnungshofes debattenlos erledigt. Beim Etat des Pensionsfonds bean­tragt v. Schoening (d.koni.) den Mannschaften des Heeres und der Marine, welche infolge von 1870/71 erlittenen Verwundungen an der Fort­setzung des Feldzuges nicht teilnahmen und da- durch der Anrechnung des zweiten Kriegsjahres bei der Pensionierung verlustig gingen, den be­treffenden Pensionsausfall zu erstatten. Bebel (Soz.) beklagt die starke Zunahme der Ausgaben des Pensionfonds. Kriegsminister v. Schellen, darf sucht die Aeußerungen des Vorredners zu widerlegen. Der Etat wird genehmigt und der Antrag Schöning angenommen. Der Etat des Jnvalidenfonds findet debattenlose Erledigung. Beim Etat der Reichsjustizverwaltung bemerkt Staatssekretär Nieberding auf eine Anfrage Bachems hinsichtlich des Standes der Dinge in Betreff des bürgerlichen Gesetzbuches, die Komis- sion werde, wie er hoffe, die Vorarbeiten in nicht allzulanger Zeit beendigen. Der Reichskanzler habe beim Bundesrat bereits beantragt, daß die Einzelregierungen die schon jetzt fertiggestellten Teile des Gesamtwerkes in Beratung nehmen Der Etat wird genehmigt, ebenso der Etat des Reichscisenbahnamts. Der Etat der Reichseisen­dahnen wird an die Budgetkomimssion verwiesen. Montag: Russischer Handelsvertrag.

Berlin, 21. Febr. Die Petitions- Kommission des Reichstags lehnte den An­trag, die Petition, betr. die jüdischen Geheim­gesetze. der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ab, ebenso den Antrag auf Ueber- gang zur Tagesordnung und nahm den Antrag an, die Petition für nicht geeignet zur Erörter­ung im Plenum zu erklären. Der Regierungs­kommissar Leuthe erklärte, ein Bedürfnis zu staatlicher Ucbersetzung dieser Geheimgesctze be­stehe nicht, ebensowenig ein zweifaches Gesetz. Für Ueberschreitungcn genüge unser Straf­gesetzbuch.

Nachdem in Deutschland durch ein dem­nächst in Kraft tretendes Gesetz die Abzahlungs­geschäfte unmöglich gemacht werden, womit auch der Ratenloshandel den Todesstoß erhält, richten die Inhaber solcher Unternehmungen und Geschäfte ihr Augenmerk auf die Schweiz und es sind zahlreiche Uebersiedlungen dahin in Vorbereitung. Man beginnt jedoch auch da gegenüber dem Ratenloshandel Stellung zu nehmen. Das letzte Amtsblatt veröffentlicht bereits einen Gesetz­entwurf des Regierungsrates, welcher den Ver­trieb von Anleihmslosen und Prämienwerten von einer förmlichen, bei der Züricher Regier­ung nachzusuchenden obrigkeitlichen Konzession abhängig macht und den Verkauf ohne Uebergabe des Titels verbietet, so daß in Form von Ab­zahlungen keine Anleihenslose und Prämienwerte verkauft werden dürfen. Andere Kantone werden bald Nachfolgen.

Die deutsche Kaiserin wird sich auf ärztlichen Rat mit den kaiserlichen Kindern am 10. März zu einem mehrwöchentlichen Aufent­halte nach Abbazia begeben. Kaiser Wilhelm wird sie während ihres Aufenthaltes daselbst auf einige Zeit besuchen. Kaiser Franz Joseph wird das deutsche Kaiserpaar nach seiner Rück­kehr von der Riviera ebenda besuchen. Die an­geblich für die russische Kaiserfamilie gemieteten 40 Zimmer seien für die deutsche Kaiserfamilie bestimmt.

Berlin. 24. Febr. Der Reichskanzler Graf v. Caprivi empfing zu seinem heutigen Geburtstage zahlreiche Glückwünsche in jeder Form. Se. Majestät der Kaiser erschien persön­

lich zur Gratulation beim Kanzler und brachte demselben als Geburtstagsgeschenk einen Humpen und zwei Pokale aus grünem Glase mit. die für diesen Zweck nach den Jntensionen des Geschenkgebers angeferligt wurden. Humpen wie Pokale sind mit Dekora­tionen versehen, das größere Gefäß trägt das Reichswappen und die Wappen der Bundes­staaten.

Berlin, 23. Febr. Gestern hat die Ehe­frau des Kaopfmachcrs Klahm ihren 9jährigen Knaben erwürgt und sodann mit ihrem fünf­jährigen Töchterchen die Flucht ergriffen, offen­bar in der Absicht, sich wie das Kind zu töten. Bis jetzt fehlt von Mutter und Tochter jede Spur.

Hamburg. 23. Febr. DieHamburger Nachrichten" fordern eine strenge Bestrafung des Vulkan" in Stettin, da derselbe offenbar das Unglück auf dem PanzerschiffBrandenburg" verschuldet hat.

Scherweiler, 22. Febr. Das .älteste Mädchen der hiesigen Familie G.. ein Kind von 4 Jahren, spielte dieser Tage morgens mit einer Petroleumlampe. Dieselbe fiel ihm aus der Hand, und alsbald stand das Mädchen über und über in Flammen. Als man dem unglücklichen Kinde zu Hilfe kam. war es zu spät. Nach lOstündigem, gräßlichem Leiden gab es seinen Geist auf.

Rastatt. 22. Febr. Redakteur Heinrich Stoll hat sich infolge einer Wette im Betrage von 5000 verpflichtet, zu Fuß, (soweit über­haupt möglich) durch die ganze Welt zu reisen. Der Genannte hat am 15. Juni 1893 seine Reise von London aus angetreten und bereits ganz Europa und einen Teil Afrikas durchwandert. In Algier hatte er das Pech, den französischen Behörden als deutscher Spion verdächtig zu erscheinen; er wurde nach Monatlicher Unter­suchungshaft des Landes verwiesen und bis zur Grenze geschafft. Trotz di.ses Zwischenfalles hat Stoll die Reise fortgesetzt und gedenkt am 1. Januar 1896 in London zurück zu sein. Derselbe reist jetzt über Wien, Rußland nach Asien, Australien und Amerika und will von dort zur rechten Zeit zurückkehren. Das Be­denklichste an der ganzen Sache ist das, daß Stoll ohne Geld zu reisen sich verpflichtet hat. also darauf angewiesen ist, von milden Gaben zu leben. Er traf am letzten Sonntag in Ra­statt ein, stellte sich in der Redaktion des hies. Wochenblattes vor, ließ diese Einsicht von seinen Reiseausweisungen nehmen und erbat sichzur Kontrolle" eine Bescheinigung über seine Aus­kunft daselbst. Stoll ist 29 Jahre alt und stammt aus Schwedt a. O.

Eberbach, 22. Febr. Kürzlich versam­melten sich die hiesigen Bierbrauer, um eine Petition aufzustellen, in welcher sie die Großh. Regierung um staffelmäßige Malzsteuer bitten, gleich wie sie in Bayern und Württemberg ein­geführt ist. Beantragt wird, die Malzsteuer bis zu einem Verbrauch von 1000 Zentnern mit 4 c^i. von 1000 bis 3000 mit 4»>L 50 L, von 3000 bis 8000 mit 5^. zu belegen und beim Mehrverbrauch über 8000 Zentner die Taxe der großh. Regierung zu überlassen.

Württemberg.

Stuttgart, 24. Febr. Zur Beglück- wünschung des Königs Wilhelm an seinem morgen zu feiernden Geburtstag ist auf Be­fehl des Kaisers der Kommandeur des west­preußischen Kürassterregiments, dessen Chef der König ist, hier eingetroffen.

In Stuttgart ist wohl der erste Fall zu verzeichnen, wo eine Vereinigung opferwilliger Bürger durch die zielbewußte und hingebende Leitung eines Einzelnen es erreicht hat, ohne städtische oder staatliche Beisteuer aus eigener Kraft eine Badeanstalt zu erstellen» die heute das großartigste, glänzendste und dabei vornehm-praktischste Unternehmen dieser Art in Deutschland und vielleicht in Europa ist. Wie dies ermöglicht wurde, ist aus dem soeben im Göschen'schen Berlage in Stuttgart erschienenen WerkeModerne Bäder von Leo Vetter und Dr. H. Fetzer" zu ersehen. Zum ersten Male wird hier aus den mehrjährigen Erfahr­ungen am Betriebe der größten geschlossenen