268
Besatzung von Kiautschou zur Einstellung gelangen.
Ausreise: Frühjahr 1902. — Heimreise Frühjahr 1904.
Bauhandwerker (Maurer, Zimmerleute, Dachdecker, Tischler, Glaser, Töpfer, Maler, Klempner u. s. w.) und andere Handwerker (Schuhmacher, Schneider u. s. w.) werden bei der Einstellung bevorzugt.
Die Mannschaften erhalten in Kiautschou neben der Löhnung und Verpflegung eine Teuerungszulage.
Bewerber, von kräftigem und mindestens 1,67 w großem Körperbau, welche vor dem 1. Oktober 1882 geboren sind, haben ihr Einstellungsgesuch mit einem auf dreijährigen Dienst lautenden Meldeschein entweder:
dem l. Leebataillon in Kiel : zum Diensteintritt für das HI. Seebataillon, oder
dem II. Seedataillon in Wilhelmshaven:
zum Tiensteintritt für das II:. Seebataillon und die Marinefeldbatterie, oder
der III. Matrosenartillerie-Abteilung in Lehe: zum Diensteintritt für das Matrosenartillerie-Detachement Kiautschou (Küstenartillerie) in Bälde einzusenden.
Calw, den 13. Mai 1901.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
* Calw, 13. Mai. Den gestrigen Sonntag benutzten viele Vereine und Touristen zu einem Ausflug in unsere Stadt und deren nächste Umgebung. Von Pforzheim waren einige größere Gesellschaften eingetroffen, ebenso von Mühlhausen bei Cannstatt der Jünglingsverein und von Stuttgart der S ch w a r zw a ld v e r ei n. Der letztere fuhr mit dem Frühzug nach Weilderstadt; von hier ging es zu Fuß nach Möttlingen, sodann in das romantische Monbachthal und von da nach Liebenzell. Während in der Frühe dichter Nebel die Fluren bedeckte, und Regensälle zu befürchten waren, heiterte sich der Himmel vormittags auf und frisch und wohlgemuth durchwanderten die Schwarzwälder und Schwarzwälderinnen den in üppigem Grün prangenden Wald und die herrlichen Wiesen. Das Mittagsmahl wurde im Ochsen in Liebenzell eingenommen. Heitere Reden belebten das Mahl und nach einer kurzen Mittagsruhe durchschritten die rüstigen Wanderer das Kollbach- thal, erstiegen die Höhe bei Oberkollbach und strebten in flottem Marsch dem Schweinbachthal zu. Unter Sang und Klang wurde nach prächtiger Wanderung Hirsau erreicht, von wo es sodann Calw zuging. In der Brauerei Dreiß fand gesellige Unterhaltung statt, zu der sich auch Mitglieder des hiesigen Bezirksverein eingefunden hatten. Verschiedene Freunde hatten die Stuttgarter im Monbachthal erwartet und sie den ganzen Marsch hindurch begleitet. Ter
Ausflug darf als ein sehr gelungener bezeichnet werden. — Auf dem Bahnhof herrschte gestern ein großer Verkehr. Die Abendzüge nach Pforzheim und Stuttgart waren überfüllt und fuhren mit erheblicher Verspätung ab.
Calw, 13. Mai. Die hiesige Schützengesellschaft hatte auf gestern nachmittag ein Preisschießen angesetzt, das recht zahlreich besucht war und bei reger Beteiligung am Schießen zu sehr guten Schießresultaten führte. Bei der anschließenden Generalversammlung, die der Schützen- meifter, Fabrikant Hippelein, mit der Begrüßung der Anwesenden eröffnete, wurden mehrere Punkte der Tagesordnung durchgegangen und einige gestellte Anträge einstimmig angenommen. Mit Befriedigung hob der Schützenmeister hervor, daß die Mitgliederzahl auf 49 gestiegen und dieser Zuwachs auch als Folge des im verflossenen Winter arrangierten Zimmerstutzenschießens zu bezeichnen sei. Der Rechenschaftsbericht konstatierte einen nicht unbedeutenden Vermögensstand. Nach der Wahl des Schützenmeisters und des Ausschusses, die zu keiner Aenderung führte, fand die Preisverteilung statt.
In Neu weil er brannte am Freitag mittag 12 Uhr das Wohn- und Oekonomiegebäude von Peter Waidelich in kürzester Zeit bis auf den Grund nieder. Von mehreren sehr bedrohten Nachbarhäusern konnte die Gefahr des Ergriffenwerdens abgewendet werden und gelang dies namentlich durch die erst vor Kurzem im Orte eingeführte Wasserleitung. Der Schaden berechnet sich auf 6600 -FL lieber die Enstehungsursache erfährt man, daß ein für Augenblicke unbewachtes Kind das Feuer entfacht habe.
Stuttgart, 11. Mai. Die Abgeordnetenkammer lehnte heute einen auf Anbahnung einer E is en b ah n g e m e ins ch aft mit Preußen abzielenden Antrag der deutschen Partei mit 53 gegen 26 Stinimen ab, nahm dagegen einstimmig einen Antrag an, durch welchen die Regierung ersucht wird, dafür Sorge zu tragen, daß dem Artikel 42 der Reichsverfassung, wonach die deutschen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen Verkehrs wie ein einheitliches Netz verwaltet werden sollen, zur Anwendung komme und daß dem deutschen Reich durch ein Neichs-Eisenbahngesetz unter sachgemäßer Gestaltung des Reichs-Eisenbahnamtes und Erweiterung seiner Befugnisse ein dem gesteigerten Verkehrs-Bedürfnis entsprechender Einfluß eingeräumt werde.
F r eu d en st a d t, 10. Mai. Bei dem am 8. Mai stattgefundenen Brennholzverkauf aus Freu- denstadter Stadtwaldungen wurden erlöst: Für 1 Raummeter buchene Scheiter 11 -FL 12 §)., Anbruch 8 »FL 38 g), Reisprügel 8 -Ft. 30 A, für 1 Rm. tannenes Spaltholz 14 -FL, Scheiter 9 -FL 46 A, Prügel 8 -FL 23 A, und Anbruch 7 -^. 10 A
Untertürkheim, 11. Mai. Dem Eßlinger Boten, der heute Nacht von Cannstatt kommend
fröhlich sein, während er litt? warum konnte ich nichts von seinen Schmerzen ahnen, warum fühlte ich nicht, daß er mich brauchte?"
„Aber, mein Liebling, ich schrieb Dir," unterbrach sie Willy sanft.
„Ja," erwiderte sie bitter, „ich las Deine Briefe als es zu spät war."
„Wie kam das, Jane, hattest Du keine Zeit?"
„Nein, ich hatte keine Zeit."
Sie verstummten beide. Eintönig und ununterbrochen schlug der Regen gegen die Fenster. Ungeduldig zog Jane ihre Hand aus der seinen und rief erregt: „Ich wollte, es hörte auf zu regnen! jeder Tropfen scheint an meinen Kopf zu schlagen und verursacht mir Schmerzen."
„Arme Kleine! wenn ich Dir nur zu helfen wüßte!"
„Mir kann niemand helfen!" rief sie heftig, die Hände ringend. „Ach, warum mußte Robert sterben und mich hier allein lasten!"
„Nicht allein, mein Liebling!" Er versuchte ihre Hand wieder zu fasten, sie aber preßte die ihrige fest zusammen und wandte sich von ihm.
Obgleich diese Bewegung ihn tief verletzte, fuhr er, dieselbe scheinbar ignorierend, fort: „Meine Mutter wird Dich morgen besuchen und Dir selbst sagen, wie leid es ihr thut, daß sie es ihrer Erkältung wegen nicht früher thun konnte."
„Deine Mutter ist sehr freundlich, Willy," sagte sie aufstehend und sich von ihm entfernend, „aber sie darf nicht Herkommen, ich kann Deine Mutter nicht empfangen."
„Warum nicht, Jane, warum nicht? Sie und mein Vater sind herzlich besorgt um Dich; und ich würde glücklich sein. Dich unter ihrem Schutz zu wissen, bis ich Dich in unser Heim hole als meine süße, kleine Frau."
„Still!" rief sie heftig, „um alles in der Welt nicht weiter, Willy, Deine Worte thun mir entsetzlich weh!"
hier durchfuhr, zerbrach vor der Stängel'schen Bou- bonsfabrik eine Flasche mit Benzin. Plötzlich standen Fuhrmann und Wagen in Flammen; das Benzin hatte sich wahrscheinlich an der unter dem Wagen hängenden Laterne entzündet. Die scheugewordenen Pferde konnten in dem nichtangebauten Teil der Karlsstraße zum Stehen gebracht und das Feuer gelöscht werden. Der Fuhrmann hat bedeutende Brandwunden, die Frachtgüter sind zerstört, der Wagen sehr beschädigt.
Vom Remsthal, 10. Mai. Der spät eintretenden eigentlichen Frühjahrswitterung ist es zu danken, daß die diesjährige Kirscheublüte kräftig und in rascher Entwicklung vor sich gegangen ist. Nach dem jetzigen Stand der Fruchtansätze und der vorherrschenden Gesundheit der Triebe ist, wenn kein ganz besonders schlimmes Wetter mehr eintritt, die überaus erfreuliche Hoffnung vorhanden, daß die Kirschbaumbesitzer wiederum einer reichlichen Ernte entgegensehen dürfen, was diesen Leuten, denen schon so manches Fehljahr zu Teil geworden ist, Wohl zu gönnen ist. Auch der gegenwärtige Stand der Weinreben berechtigt zu schönen Hoffnungen. Das Holz ist gut und ausgereift über den Winter gekommen, und viele Fruchtknospen haben angesetzt. Wie vorauszusehen war, zeigen die Obstbäume nur wenige Fruchtblüten; die Birnbäume blühen da und dort auch etwas reichlich, während die Apfelbäume nur kärgliche Aussichten auf Ertrag bieten. Solche Bäume, die voriges Jahr wenig oder gar nicht getragen haben, dürften einen Ertrag in Aussicht stellen.
Ulm, 11. Mai. Heute wurde ein hiesiger Bierbrauer mit seinem Oberbräuer verhaftet. Sie sind beschuldigt, seit längerer Zeit die abgestandenen Bierreste aus den Gläsern der Gäste zusammengeschüttet und mit schaumigem Bier vermischt als sog. Arbeiterbier verkauft zu haben.
Straßburg, 10. Mai. Der Kaiser ist heute mittag 12 Uhr hier eingetroffen und am Bahnhof vom kaiserlichen Statthalter und dem kommandierenden General empfangen worden. Nach der Begrüßung und nach Abschreiten der Ehrenkompagnie begab sich der Kaiser im offenen Wagen, in dem neben ihm der Statthalter Fürst Hohenlohe Platz genommen hatte, durch die festlich geschmückten Straßen nach dem K ais erp al ast. Die Eskorte bildete eine Schwadron Jäger zu Pferd des 15. Armeekorps. Im Kaiserpalast nahm der Kaiser das Frühstück ein.
Ludwigshafen a. R., 11. Mai. Als der Straßburg-Berliner Schnellzug gestern abend in den hiesigen Bahnhof einfuhr, versagte die Luftbremse. Der Zug durchfuhr die Bahnsteighalle und riß die Quaimauer weg. Die Maschine stürzte in den Rheinhafen, die Wagen blieben auf der Straße stehen. Der Lokomotivführer und der Heizer sind schwer verletzt. Eine Frau wurde durch Ueberfahren getötet.
„Aber Jane, weshalb? Du weißt, wie innig ich Dich liebe! Du weißt, daß Robert diese Liebe kannte und billigte, weißt, wie froh er war, Dich in meiner Obhut zu wissen."
„Ja, es machte ihn glücklich, er hat es mir selbst oft gesagt; das macht eben meinen Kummer noch größer."
„Deinen Kummer?" rief er, indem er wieder versuchte, ihre Hand zu fasten; „o Jane, das ist ein hartes Wort, nimm es zurück, sei gut!"
„Nein, rühre mich nicht an! rief sie beinahe heiser; „rühr' mich nicht an! warte — ich habe Dir — etwas zu — sagen — warte —"
Sie war leichenblaß geworden, die Augen voll Verzweiflung auf ihn gerichtet, schwankte sie zur Seite; er sprang hinzu, sie zu stützen, sie schrak vor ihm zurück und lehnte gegen den Tisch in der Mitte des Zimmers.
Einige Augenblicke war es still im Zimmer, man hörte nur das melancholische Tröpfeln des Regens. Willy, erstaunt über ihr Benehmen, sah sie ängstlich fragend an, während das Mädchen, blaß und zitternd, nach Mut rang. Galt es doch nun, das einzige, was die Welt ihr bot, das treue, liebende Herz Willy's, von sich zu weisen.
„Rege Dich nicht so auf, Jane, muß es durchaus jetzt sein? Sage mir
ein andermal, was Du zu sagen hast, wenn Du ruhiger bist."
„Ach nein, Du mußt es jetzt misten," entgegnete sie leise. „O, Willy,
hilf mir, laß mich Dir alles sagen! Und dann vergieb mir, wenn Du kannst!"
„Um Gott! Jane!" entrang es sich seinem gepreßten Herzen. Eine Ahnung von der Wahrheit durchzuckte ihn, unwillkürlich zog er sich etwas zurück.
„Ach!" rief sie erregt, „nun weißt Du es! Du errätst, welch ein elendes Geschöpf ich bin, wie ich Dich getäuscht, Dein Vertrauen mißbraucht habe!"
(Fortsetzung folgt.)