Regiment am 15. Juli d. I. — Nachrichten aus Laupheim zufolge, soll das Mandat eines Landtagsabgeordneten für den dortigen Bezirk dem Landgerichtsrat Walser in Ulm angetragen werden.
Nördlingen. 8. Jan. In einer großen konservativen Versammlung inNördlingen sprachen die Abgeordneten Lutz und Frickhinger gegen den Handelsvertrag mit Rußland. Die Bauern seien auf Erhaltung der unter dem Regiment Fürst Bismarcks eingeführten Getreidezölle angewiesen. — Pfarrer Langenfaß protestiere gegen die Zulassung der Jesuiten als dem Todfeinde des Protestantismus.
Berlin. 7. Jan. Das Tagblatt meldet authentisch, daß General Gurko durch den Schlaganfall linksseitig gelähmt sei. Der Zustand gebe augenblicklich zu ernsten Bedenken keinen Anlaß. Ein chirurgischer Eingriff seitens des Professors Bergmann wurde für nicht nötig befunden.
Rom. 7. Jan. In der Wohnung des Kanonikus von Santalucia hat die Polizei eine Kassette mit zahlreichen den Abgeordneten De- felice schwer kompromiltirenden Dokumenten gefunden. Es handelt sich um Korrespondenzen mit Pariser anarchistischen Mittelmännern, welche die Insurrektion in Sizilien mit Rat und Thal forderten. Der Kanonikus nebst Schwester und Neffe wurde verhaftet.
Rom, 8. Jan. Abends 8 Uhr zog ein Arbeiterhaufen mit 2 roten Fahnen aus dem trastevere Viertel von der Garibaldibrücke nach dem Innern der Stadt unier den Rufen hoch v?m Sozialismus und den sicilischen Märtyrern. Die Polizei versperrte den Weg über die Brücke und forderte zum Auseinandergehen auf. Die Manifestanten gaben Revolverschüsse ab. Ein Polizist wurde tätlich verwundet. Die Polizei nahm die Fahnen fort und zerstreute die Menge. 2 anarchistische Arbeiter wurden verhaftet. Die Stadt ist ruhig.
Petersburg, 7. Jan. Es verlautet, das Kriegsministerium beabsichtige einen Gesetzesantrag, wonach die jungen Leute, welche die Universität beziehen wollen, vorher ihrer Militärpflicht genügen müssen.
Unterhaltender Heil.
In dm Höllengrund.
Novelle von Reinhold Ortmann.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 3.)
Höflich und doch mit einem gewissen freimütigen Stolze, der dem Grafen unmöglich behagen konnte, verabschiedete sich der junge Geistliche. Er schien durchaus keine Empfindung von der demütigenden Behandlung zu haben, die ihm zu teil geworden war, aber in seiner Haltung und in seinem Benehmen war etwas, das den Grafen unzufrieden mit sich selber machte. Als Rohden gegangen war, warf er seine Reitpeitsche ärgerlich auf den Tisch und stieß beide Fensterflügel auf.
„Der Bursche gefällt mir ganz und gar nicht," knurrte er. „Es steckt entweder ein zelo- tischer Eiferer hinter ihm, oder einer von den freigeistigen Neuerern, die in unklarer Gefühls- schwärmerei alles auf den Kopf stellen wollen, und ich kann bei diesem Gesindel weder das eine noch das andere brauchen. Vor allem aber trägt er mir den Kopf zu hoch! Ich werde beizeiten darauf bedacht sein müssen, ihn ein wenig zu ducken."
Auch zwei braune leuchtende Mädchenaugen folgten von einem anderen Fenster des Schlosses aus dem davonschreitenden Pastor. Die unmutig geschürzten Lippen und eine kleine Falte auf der weißen Stirn gaben Zeugnis davon, daß auch die Komtesse Elfriede Recke von nicht viel
freundlicheren Gesinnungen für den neuen Seelsorger von Rothenfeld erfüllt war als ihr Vater. Ihr Blick begleitete seine schlanke und trotz der einfachen schwarzen Kleidung elegante Gestalt, bis er von der Rampe vor dem Herrenhause herabgestiegen war. Dann aber schien sie plötzlich zu der Erkenntnis zu kommen, daß es schon zu viel Ehre für den ehemaligen Zuchthausprediger sei, ihre Aufmerksamkeit so lange zu fesseln, denn sie zog mit einer raschen, beinahe zornigen Bewegung die Fenstervorhänge zu und klingelte nach der Zofe, die ihr beim Umkleiden behilflich sein sollte.
2 .
Die schwüle, erschlaffende Glut eines windstillen Julitagcs lag schwer über der bergigen Landschaft. Unbarmherzig sandte die Mittagssonne ihre sengenden Strahlen hernieder und in der heißen unbewegten Atmosphäre war jenes eigentümliche Flimmern, das den geblendeten Wanderer zwingt, die schmerzenden Augen zu schließen. Das spärliche Gras an den baumlosen Hängen war braun geworden in der lang andauernden Hitze, und da, wo auf dem steinigen Boden am Fuße der Bergwände dünn und kärglich das Getreide sproßte, senkten die halb entwickelten Halme lebensmüde ihre Häupter zu der schmachtenden, rissigen Erde hernieder.
Auf einem Stein am Rande des Weges, der zwischen den armseligen Feldern und Wiesen hindurch in die einladende Dämmerung des Hochwaldes hinaufführte, saß in sich zusammen- gekauerl und das Gesicht in die Hände gedrückt eine jugendliche weibliche Gestalt. Nach der Zartheit der Körperformen zu urteilen, die sich unter der leichten und dürftigen Gewandung deutlich genug abzeichneten, stand das Mädchen wohl noch auf der Grenze des Kindesalters Zwei lange lichtblonde Flechten sielen weit über ihren Rücken hinab, ihr Kopf aber war mehrfach mit einem weißen Tuche umwunden und die Magerkeit ihrer nackten Arme deutete auf Entbehrung oder zehrende Krankheit, vielleicht auch auf eine Vereinigung von beiden hin.
Das Mädchen schien nichts von den grausamen, brennenden Sonnenstrahlen zu empfinden, denen sie schutzlos preisgegeben war, oder die Mattigkeit mußte sie überwältigt haben, denn sie schickte sich nicht an, die wenigen hundert Schritte zurückzulegen, welche sie noch von dem kühlen, schattenspendenden Hochwalde trennten. Sie rührte sich auch nicht, als vom Eingänge des Waldes her kläffendes Hundegebell vernehm bar wurde, das ihr rasch näher und näher kam. Ein langhaariger russischer Windhund von aus nehmender Schönheit sprang in mächtigen Sätzen von oben her gerade auf die Trauernde zu. In ihrem ärmlichen Aeußeren oder vielleicht auch in ihrer Unbeweglichkeit mußte etwas sein, dos ihn verdroß, denn sein Gebell wurde immer wütender und drohender, und kaum drei Schritte von dem Mädchen entfernt blieb er für eine kurze Zeit stehen, um knurrend seine Zähne »zu zeigen.
Jetzt hob die Sitzende wie in jähem Erschrecken den Kopf, der untere Teil ihres schmalen, blassen Gesichlchens war fast ganz von dem weißen Tuche verhüllt, über demselben aber leuchteten zwei unheimlich große und bei dem unerwarteten Anblick des fremdartig aussehenden Hundes von namenloser Angst erfüllte Augen. Sie sprang auf und machte eine unwillkürliche, abwehrende Bewegung; aber ihr vierfüßiger Feind mochte das mißverstehen, denn mit einer Schnelligkett, die der Ueberraschten eine Flucht ebenso unmöglich machte, als eine wirksame Gegenwehr, sprang er auf sie zu und warf ihre schmächtige Gestalt mit dem ersten Anprall zu Boden. Das Mäd chen stieß einen lauten, durchdringenden Schrei aus, denn in einem Augenblick hatte das wütende Tier das dünne Hemd, welches ihren Oberkörper bedeckte, in Fetzen gerissen und von ihrem entblößten Arm rieselte das Blut.
Bei ihrer Ohnmacht, sich zu Verteidigen, wäre sie unzweiielhaft schlimm genug davongekommen, wenn sich nicht noch zur rechten Zeit die ersehnte Hilfe eingestellt hätte. Ein langsam auf demselben Feldwege daherfchreitender Mannin schlichtem dunklen Anzuge hatte ihren Angstschrei gehört und die Gefahr ihrer Lage erkannt.
Er machte nicht nur den allerdings vergeblichen Versuch, die Aufmerksamkeit des Hundes durch laute Zurufe von seinem Opfer abzuzichen, sondern er näherte sich auch trotz der Steilheit des Weges mit sehr großer Schnelligkeit, und noch ehr sich das wütende Tier des Angriffes versah, hatte er es mit starker Faust so energisch und geschickt am Halse gepackt, daß es vor Schmerz laut aufheulte und nach einigen vergeblichen Versuchen, sich zu befreien, kläglich um Erbarmen winselte.
„Hektar! — Hektor!"
Eine Helle, frische Mädchenstimme war es, die vom Walde her wiederholt den Namen des Hundes rief, und nun tauchte auch die schlanke, wiederum in duftig Helle Farben gekleidete Gestalt der Komtesse Elfriede auf dem sonnenbe- schicnenen Wege auf.
„Hierher, Hektor!" wiederholte sie noch lauter und befehlender als vorher, und der Hund antwortete ihr mit heulendem Gebell und mit erneuten Versuchen, sich aus der Gewalt seines überlegenen Feindes loszumachen. Ader der Pastor hielt ihn unbarmherzig fest, und ohne sich um die näherkommende Komtesse zu kümmern, wendete er sich freundlich an das vor Schrecken noch immer halb ohnmächtige Mädchen:
„Stehen Sie auf, Johanna! Ich hoffe doch, es ist noch gnädig abgegangen — nicht wahr?"
„Was bedeutet das?" ertönte jetzt eine Helle Stimme in unmittelbarer Nähe, und sie hatte einen scharfen zornigen Klang. „Warum halten Sie meinen Hund fest, Herr Pastor? Scheit Sie denn nicht, daß Sie ihm weh thun?"
„Wenn Ihnen das ein so lebhaftes Bedauern verursacht, Komlesse, so müssen Sie sich darüber bei demjenigen beklagen, der durch seine mangelhafte Beaufsichtigung des Tieres diesen bedauerlichen Vorfall herbeigeführl hat."
Er hatte das mit ernster, nachdrücklicher Betonung gesagt, ihr fest in die Augen blickend, und sie schlug die ihrigen nieder, während eine heiße Röte ihre Wangen färble.
„Was ist denn gefchehen?" sagte sie zögernd. „Hat Hektor das Mädchen gebissen? Sie wird ihn gereizt haben, denn er ist sonst sehr gutartig."
„Nein, er fiel ohne Veranlassung über sie her," erklärte der Pastor ruhig, „und Sie sehen, Komtesse, wie übel er das arme Kind zuge- richtet hat."
(Fortsetzung folgt.)
Den englischen Wo hlthätigkeits- anst alten sind in diesem Jahre 28 000000 in der Form von Legaten zugewandt worden. Zu dieser Summe haben vier Personen, Lady Forester, der Pastor James Spurrell, James Spicer und John Hornrman, allein l5 Millionen Mark beigetragen.
Seltsame Aussprache von Eigennamen. „Ist dies Englisch eine kuriose Sprache! Die Namen werden ganz anders ausgesprochen, als sie geschrieben werden!" — „Nun, das haben wir doch im Deutschen auch!" — „Wieso? Da würde es Ihnen doch schwer fallen, ein Beispiel anzufühcen!" — „Gar nicht! Wie sprechen Sie z. B. Pojadowsky-W ehner aus?" — „So heißt ja wohl der neue Staatssekretär des Reichsjchatzamtes. Na, wie spricht man das aus? Posadowsky-Wehner?" — „Ja. prosit die Mahlzeit, das wird Miguel ausgesprochen. Sie sehen, daß wir den Engländern noch weit über sind!"
Nirgends fühlt man sich mehr in der Fremde, als in einem „Heim", in welchem man sich nicht „zu Hause" fühlt.
Den Geschmack des Herrn kann man oft schon an der Zigarre seines Dieners riechen.
Der heutigen Nummer legen wir die
Revierpreisliste des K. Forstamts Neuenbürg für das Jahr 1894
bei, welche manchem Interessenten willkommen sein wird. Weitere Exemplare können von uns g, 15 bezogen werden.
Red. u. Verl. d. Enzthalers.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.