"L?Li.r'ss.ik7
55.
AurLs' Md AuzeigMaiL für den Aezirk Kalw.
76. Jahrgang.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die SinrückungSqebühr berrägt im Bezirk und in nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg.
Donnerstag» den 9. Mai 1901.
^ Vierteljährlicher Abonnementspreis in der Stadt Mk. 1.10
l! ins Haus gebracht, Mk. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1i 35.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsrwrkleher
der Gemeinden, welche um einen Beitrag zu den Kosten des Schneebahnens auf Staatsstraßen und auf Nachbaychaftsstraßcn mit Postwagenverkehr im vergangenen Winter nachsuchen wollen, haben die nach dem Min.-Erlaß vom 10. April 1876 (A.-Bl. S. 138) anzulegenden Verzeichnisse bis SO. -s. Mts. als portopfl. Dienstsache hieher cinzusenden.
Von Gemeinden, die bis zu diesem Zeitpunkt kein Gesuch eingereicht haben, wird angenommen, daß sie auf einen Staatsbeitrag verzichten.
Formulare können vom Oberamt bezogen werden.
Calw, den 7. Mai 1901.
K. Oberamt.
Stv. Amtm. Münz, ges. Stv.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung von Wiederholungskurfen für die Besucher früherer Unterrichtskurfe über Obstbaumzucht.
Im kommenden Sommer kurz nach der Heuernte werden unter der Voraussetzung genügender Beteiligung für jdie Besucher früherer Unterrichtskurse über Obstbaumzucht am Kgl. landwirtschaftlichen Institut in Hohenheim und an der K. Weinbauschule in Weinsberg Wiederholungskurse abgehalten werden, in welchen die Teilnehmer Gelegenheit zur Befestigung und Erweiterung der erworbenen Kenntnisse, sowie zum Austausch ihrer Erfahrungen erhalten sollen.
Tie Dauer dieser Wiederholungskurse ist auf eine Woche festgesetzt.
Ter Unterricht ist unentgeltlich; dagegen sind die Teilnehmer an den Wiederholungskurien verpflichtet, den Weisungen der Kursleiter nachzukommen; auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen.
Bedingungen der Zulassung zu den Wiederholungskursen sind:
der Nachweis des Besuchs eines früheren Unterrichtskurses über Obstbaumzucht mit Angabe des betreffenden Jahres und Orts, Auskunft über die seitherige Thätigkeit und dergl. und guter Leumund.
Gesuche um Zulassung zu den Wiederholungs- kürsen sind mit einem schultheißenamtlichen Zeugnis über die Erfüllung vorstehender Bedingungen spätestens bis 8. Juni d. I. an das „Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden.
Stuttgart, den 29. April 1901.
v. Ow.
Tagesneuigkeiten.
Calw. (Radfahrer-Sport.) Wie uns mitgeteilt wurde, erhielten bei dem am vergangenen Sonntag, 5. Mai, in Metzingen abgehaltenen Haupt- konsulatsscst der Allgem. Radfahrer-Union (deutscher Turner-Club) zwei Mitglieder des „Velo-Club- Nagold" die Weitpreis-Medaille.
Calw, 8. Mai. Der heutige Viehmarkt war stark befahren, es waren zugebracht 416 Stück Rindvieh, 48 Pferde, 33 Körbe Milchschweine und 73 Stück Läufer. Der Handel in Großvieh ging ziemlich lebhaft; es wurden verkauft 312 Stück und betrugen die erlösten Preise für Ochsen 852—975 Mk., für Stiere 106—210, für Kühe 280—390, für Rinder 110—268 Mk. Von den aufgestellten Pferden wechselten 6 den Besitzer. Auf dem Schweinemarkt ging der Handel ebenfalls lebhaft; Milchschweine wurden zu Mk. 25—38. — und Läufer von 40—70 Mk. pro Paar erstanden.
^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Infolge der im Monat April vorgenommencn Prüfung sind nachstehende Präparandcn in das Seminar Nagold ausgenommen worden: Ginader, Rudolf, von Gechingen, Kömpf, Ernst, von Stammheim, Rümelin, Gotthilf, von Stammheim OA.
Calw, Reiff, Adolf, von Althengstett, OA. Calw, Rentschler, Johann, von Naislach, OA. Calw, Maier, Wilhelm von Merklingen, OA. Leonberg, Reiff, Wilhelm, von Merklingcu, OA. Leonberg.
Müh rin gen, 7. Mai. Die Kgl. Kreisregierung zu Reutlingen hat am 2. ds. Mts. den Freiherrn Oskar v. Münch von Hohenmühringen als gemeingefährlichen Geisteskranken gegen den Willen seiner in Stuttgart wohnhaften Mutter vorläufig in die Irrenanstalt Schussenried eingewiesen. Dem Beschluß der Kreisregierung ist eine ausführliche Begründung beigegeben. (Schw. B.)
Niederstetten, 6. Mai. Ter Kutscher des Arztes in Wunsiedcl war mit dem Abschirren eines Pferdes beschäftigt, das seit Jahren unter seiner Obhut stand. Plötzlich schnappte das Pferd nach dem Halse des Kutschers und würgte diesen kurze Zeit. Eine Stunde darauf verstarb der Verletzte an innerer Verblutung.
Murrhardt, 6. Mai. Ein Huhn gehört in hiesiger Stadt nächstdem zu den seltenen Tieren, so sehr hat die H ü h n e r kr a n k h ei t, von der aus verschiedenen Gegenden des Landes berichtet wird, gerade in der Zeit, in der vom Huhn der größte Nutzen an Eiern und Nachzucht erhofft wird, unter dem Geflügel aufgeräumt. Zum Glück find die Ortschaften auf unfern Bergen, ja selbst höher gelegene Hühnerhöfe in unmittelbarer Nähe der Stadt bis jetzt von der Seuche verschont geblieben. In neuester Zeit tritt die Krankheit jedoch auch in den thalabwärts gelegenen Weilern auf, so daß es fast scheint, als folge sie dem Wasierlauf. Wie anderwärts wird die Seuche nicht als Geflügelcholera, aber als ähnliche Krankheit bezeichnet, die insbesondere die Atmungswerkzeuge befällt. Enten sind derselben in geringerer Anzahl zum Opfer gefallen.
Jagstfeld, 7. Mai. Heute ist bei der Einfahrt in die Station der Personenzug 164, Heilbronn ab 12 Uhr 50 Min. nachm., infolge vorzeitiger Umstellung einer Weiche vom Stellwerk aus, ent-
AeuiLLelsn. Nachdruck verboten.
Gr« Wadchenfchrcksal.
Frei nach dem Englischen von A. Wendt.
(Fortsetzung.)
„Noch vor einer Stunde hätte ich mein Leben gegeben für Ihre Treue und Wahrhaftigkeit! Jetzt habe ich nur die Frage: Warum diese Lüge, warum? Verlobt mit einem andern, der Ihnen wahrscheinlich auch vertraut, — der arme Narr! — versprachen Sie, mein Weib zu sein. Wissen Sie nicht, daß die einfachste Sitte wenigstens die Rücksicht verlangt, der alten Liebe Lebewohl zu sagen, che man eine neue beginnt?" Kalt und verächtlich blickten seine Augen dabei auf das Mädchen, welches erschauernd und wankend vor ihm am Geländer lehnte.
„Ich habe unüberlegt, besinnungslos gehandelt," flüsterte sie tonlos.
„Unüberlegt! leichte Ausrede! man nimmt den reicheren Mann für den ärmeren. Meinen Sie, ich glaube noch an Ihre Liebe?"
Wie verwundet zuckte Jane bei diesen höhnischen Worten zusammen, entsetzt heftete sie ihre Augen auf ihn. Sie glauben, daß ich, daß Ihr Geld es war — ?"
„Was weiter? Doch fürchten Sie nichts! Ich will Ihnen keine Vorwürfe machen, keine Erklärung verlangen, nur Antwort will ich haben auf die Frage: Hat Julia Smith ein Recht zu sagen, Sie seien mit ihrem Bruder Willy verlobt?" Aber die Wahrheit diesmal!"
-Ja."
„Und als Sie mir sagten, er sei nur ein Freund von Robert und von Ihnen, haben Sie gelogen, wissentlich gelogen?"
-Ja."
Während einiger Minuten herrschte eine Totenstille zwischen den Beiden, in welcher man nur das heftige Atmen Sir Harry's hörte. Dann ermannte er sich und sagte: „Wir wollen ins Haus zurück, es ist kalt. Wollen Sie Ihrem Verlobten mein Bedauern melden, daß ich ihn auf kurze Zeit unwissentlich verdrängt hatte."
„Halt!" schrie das Mädchen mit einer Stimme, welche kaum noch Ähnlichkeit mit den sonst so sanften Tönen hatte, „halt. Sie müssen mich hören! Denken Sie, wie groß die Versuchung war, ich liebte Sie, ich fürchtete —"
„Ich will und brauche nichts weiter zu hören," rief er zornig, „Sie haben mich belogen, betrogen. Keine Liebe, keine Ergebung vermag das zu entschuldigen. Uebrigens gestatten Sie mir, eine Liebe zu bezweifeln, die zu solchem Betrüge fähig ist.
Verzweifelnd seinen Arm ergreifend, rief sie: „Ich liebe Dich, Du weißt es; ich liebe Dich, nur Dich allein! Ja, ich bin schlecht, ich habe gelogen! Aber ich sprach die Lüge nur, weil ich Dich so grenzenlos liebe! Ich bin mit Willy Smith verlobt auf den dringenden Wunsch meines Bruders; ich mochte ihn gern, er war sehr gut zu mir, und —"
„Sie erwiderten seine Güte, dankten sie ihm reichlich! O, er ist ein beneidenswerter Mensch, solch treue, liebende Braut gefunden zu haben!" warf der junge Mann mit bitterem Lachen ein.
„Ach, wie hart, wie unerbittlich Sie sind! Wollen Sie kein Mitleid haben?