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Der Reisdünger ist für leichte Böden tauglicher als für schwere. Im Uebrigen sei jeder Landwirt mehr oder weniger auf die Selbsthilfe angewiesen. Er rate, den Stalldünger mehr dem Feld zukommen zu lassen, dafür die Wiesen gut mit Kunstdünger zu bedenken, wozu Thomasmehl vor allem zu em­pfehlen sei. Kaimt tauge sehr wenig und Chili­salpeter müsse sehr vorsichtig angewendet werden. Der Landwirt thne besser, Thomasmehl zum Düngen zu kaufen, als sein Geld für oft sehr zweifelhafte Kraftfuttermittel auszugeben. An den Vortrag schloß sich eine sehr lebhafte Diskusion an. Der Vorsitzende, Hr. Reg.-Rat Völker, dankte dem Redner für den lehrreichen Vortrag und teilt mit, daß er die Ortsvorsteher um Berichte über die Verwendung der Nadelreisstreu gebeten habe. Aus denselben sei zu entnehmen, daß solche überall angewendet werde, wo sie erhältlich sei, aber alle Berichte stimmen darüber ein, daß sie, sobald sie ersteigert werden müsse, viel zu hoch im Preise sei, da die Leute für solche Reisschläge zu Brennzwecken oft das drei- bis vierfache des Revieranschlags zahlen. Beifuhr und Aufbereitungskosten verursachen viel Mühe. Hr. Hugo N a u-Calw betont, daß der Land­wirt in unserer Gegend auf Reisstreu oder Torfstreu angewiesen sei, weil die Sägspäne immer im Preise steigen, da bald alle zu gewerblichen Zwecken ver­wendet werden. Es wurde darum von der Ver­sammlung die Resolution gefaßt, man möchte die K. Forstdirektion bitten, sie möchte den Landwirten für eine gewisse, feste Taxe (4 pro geschätzte 100 Wellen) Nadelreisstreu abgeben. Auf Anregung des Landesökonomierats beschließt die Versammlung, in der Landwirtschaft!. Presse um Offerten von Preßstroh zu bitten. Hr. Oberförster Stahl von Teinach teilt sodann einiges über Anwendung und Preis von Torfstreu mit; die Ställe sind für Torf­streu vielfach nicht geeignet, auch verstehen manche nicht, mit derselben richtig nmzugehen. Er schlägt vor im Bezirk eine Niederlage von. Torfstreu zu gründen. Eine lange Debatte entstand über die Frage betreffs der Ausbeutung des Würzbacher Torfmoors, ob nicht von dort für den Bezirk die nötige Torfstreu könnte gewonnen werden. Diese Frage wurde von verschiedenen Interessenten schon vor 10 Jahren angeregt, damals aber schlief die Sache wieder ein. Die Forstdirektion würde der Sache gerne näher treten. Hr. Landesökonomierat ratet-, man möchte zuerst einen Versuch mit der dortigen Torferde als Streumittel machen und die Forst­direktion um unentgeltliche Abgabe derselben bitten. Eine eigentliche Ausbeutung mit Maschinen wäre wohl zu teuer und nicht rentabel. Um die Sache des weiteren zu verfolgen, wurde eine Kommission gewählt, bestehend aus den Ortsvorstehern der Ge­meinden Würzbach, Oberreichenbach und Röthenbach, sowie den HH. Oberförster Stahl-Teinach und Hugo Rau-Calw. Sodann werden an Hrn. Landes­ökonomierat noch verschiedene Anfragen gestellt, so betr. Sägmehl als Futtermittel, Hagelversicherung,

Kalkdünger u. a., welche derselbe in sachlicher Weise erörtert. Sägmehl könne nie als eigentliches Futter­mittel gelten, es sei für das Vieh ein unverdaulicher Ballast. Das Sägmehl der Tanne enthalte Ter­pentin, ein Arzneimittel gegen Tuberkulose und Blähungen. Tie Norddeutsche Hagelversicherung biete den Vereinsmitglieder die besten Garantien, wenn sie auch nicht immer entschädige, wie mancher es wünschte. Zum Schluß fordert Hr. Hugo Rau- Calw die Mitglieder des Vereins auf, die Jung­viehweide Schwandorf im Nagolder Bezirk reichlich zu beschicken. Im vorigen Jahr seien allerdings bezüglich der Aufsicht über die Pflege der Tiere Fehler gemacht worden, die nicht zu leugnen seien. Doch sei in die Leitung der betr. Geschäfte eine junge Kraft getreten, der man gewiß das. vollste Vertrauen entgegenbringen dürfe.

Breitende rg, 2. Mai. Gestern ist in hiesigem Ort ein schönes und gemeinnütziges Unter­nehmen neu eröffnet worden, welches wie zu hoffen ist, sowohl der hiesigen Bürgerschaft, als auch den Landwirten der Umgegend zu dauerndem Nutzen sein wird. Es ist nämlich die hiesige Genossen­schafts-Molkerei dem Betrieb übergeben worden und Alt und Jung beteiligte sich an der Einweihung derselben, auch wurde der erstmals hergestellte Butter sofort tüchtig durchprobiert und allseitig als vor­züglich befunden. Die Molkerei ist vorerst für Hand­betrieb eingerichtet und zwar in einem hiefür sehr geeigneten kleineren Lokal; doch wurden die Maschinen und Gerätschaften gleich derart ausgewählt, daß sie auch später für Dampfbetrieb verwendet werden können. Zum späteren Dampfbetrieb, welcher ein­gerichtet werden soll, sobald man sieht, welches tägliche Milchguantum sicher zusammengebracht werden kann, ist bereits auch schon ein geeigneter Bauplatz von der Genossenschaft gekauft worden. Die gesamte Molkerei-Einrichtung, welche als eine gute und rationelle bezeichnet werden kann, wurde von dem bekannten Spezialgeschäft, Roth's Cen­tral-Molkereibureau in Stuttgart, durch Vermittlung des Vertreters dieser Firma in unserem Bezirk, Herrn Flaschnermeister Müller in Alten­steig, bezogen und zwar kostete die gesamte Ein­richtung, betriebsfähig aufgestellt, ca. 1500

Berneck, 2. Mai. Im gutsherrschastlichen Wald Kegelshardt geriet heute Morgen der 56jähr. Fuhrmann Härter von Wenden unter den Lang­holzwagen, wodurch er einen schweren Beinbruch erlitt, so daß er alsbald in die Klinik nach Tü­bingen verbracht werden mußte. Von Altensteig aus wurde heute ebenfalls ein beim Fuhrwerk ver­unglückter älterer Bauer von Hochdorf, OA. Freuden­stadt, nach Tübingen übergeführt. Derselbe war unter die Räder eines mit Stangen beladenen Wagens geraten, wobei ihm beide Füße abgedrückt wurden.

Leipzig, 3. Mai. Gestern Vormittag hat sich eine grauenvolle Familientragödie

im Nonuenholze bei dem Vorort Schleußig abge­spielt. Tie 32 Jahre alte Frau des in einer Schleußiger Chokoladenfabrik arbeitenden Markt­helfers Blader ging mit ihren drei Kindern an dem Hochflutbett der Pleiße entlang, anscheinend spa­zieren, als sie plötzlich ihr ältestes Kind, einen 4'/« Jahre alten Knaben, packte und in die Flut stieß, um dann die beiden andern, Mädchen im zarten Alter von 3'/- und 2 Jahren, auf die Arme nehmend, selbst in den Kanal nachzuspringen. Den Bemühungen zweier Arbeiter gelang es, die Frau welche die Kinder noch krampfhaft festhielt, dem nassen Element zu entreißen, doch waren die Kinder bereits tot; auch der Knabe wurde später nur als Leiche aufgefischt. Die Frau vermochte ärztliche Hilfe wieder zum Bewußtsein zu bringen, doch ist sie bei der schweren Lungenentzün­dung, die sie sich zugezogen, bis heute noch nicht vernehmungsfähig, und es ist fraglich ob sie am Leben erhalten werden kann. Die bedauernswerte Frau hat schon seit längerer Zeit bedenkliche Spuren von nervöser Erregtheit und Schwermut gezeigt.

Berlin, 4. Mai. Wolffs Bureau meldet: Dem Vernehmen nach nahm der Kaiser die Ent­lass u n g s g e s u ch e der Minister v. Miguel, v. H a m m erstein und Breseld an.

Jacksonville, Florida, 4. Mai. Ein großes, vom starkem Wind angefachtes Feuer wütet in 25 Häuserblocks. Zwei große Hotels sind bereits niedergebrannt.

Jacksonville auf Florida, 4. Mai. Der durch die gestrige Feuersbrunst in Asche gelegte Stadtteil ist etwa 2 Meilen lang. Viele städtische Gebäude sind zerstört. Der Bürgermeister veran­schlagt den Schaden auf über 15 Mill. Dollar, 1015 000 Menschen sind obdachlos. Viele Un- glückssälle sind vorgekommen. Militär wurde auf- geboten, um Plünderungen zu verhindern.

(Eingesandt.)

Aus Tettnang liest man in den Blättern, daß dieses Jahr nach einer Pause von 18 Jahren wieder ein allgemeines Kinderfest abgehalten werde.

Wie steht es hier mit einem solchen? Wird es wiederden energischen opferbereitenSachsen- häusern" überlassen, wobei nur ein Teil der ^Kinder teilnchmen kann oder schwingt man sich zu einem allgemeinen Kinderfest auf?

Landw. Wezirksverein Gakw.

OiekrMALrrmchmrg.

betr. Aufforderung zur Anmeldung für den Auftrieb von Jungvieh auf die Jung­viehweide in Unterfchwaudorf.

Mit Bezugnahme aus das Wochenbl. Nr. 49 vom 25. April werden die Viehbesitzer aufgefordert, ihre Rinder und Farren, welche sie in diesem Jahr auf die Jungviehweide in Unterfchwaudorf aus- treiben wollen, sofort bei Herrn Hugo Rau in Calw anzumelden.

Calw, den 6. Mai 1901.

Der Vereinsvorstand:

Voelter, Reg.-Rat.

Mit diesen Worten führte er sie aus dem Gewächshaus nach dem Saal, in welchem der Tanz bereits in vollem Gange war. Zurückblickend gewahrte sie noch, wie Sir Harry seine Dame zu dem von ihr verlassenen Sitz führte und sich selbst neben derselben niederließ.

Wie Jane diesen Tanz beendet und durchgeführt hatte, wußte sie niemals später. Sie hatte das unklare Bewußtsein, daß sie geplaudert und zugehört, daß sie sogar ab und zu gelächelt hatte. Die Musik erschien ihr taktlos und unwichtig, ihre Augen schmerzten von dem Hellen Licht, ihr Kopf schwindelte und that ihr weh. Und vor einer halben Stunde noch war sie so glücklich und froh gewesen; nun konnte sie es nie mehr sein. Trotzdem bemerkte sie mit dem ersten Blick die Veränderung in Sir Harry's Gesicht, als dieser nun auch seine Dame wieder in den Ballsaal führte. Er war heiter wie zuvor und plauderte munter mit Miß Smith, nur das scharfe Auge der Liebe konnte tief im Hintergründe der glänzenden grauen Augen jenen Ausdruck von Härte und Starrheit wahrnehmen, jene feinen Falten um den schöngeformten Mund, die vorher nicht dort waren, jetzt aber dem Antlitz einen Zug von unendlicher Verachtung verliehen. Mit Blei­schwere fiel der Gedanke in Jane's gequältes Herz: er weiß alles!

Die Musik verstummte nun zur großen Pause; Jane's Herr führte sie zu einem Sitz und sagte:Wir werden um 12 Uhr speisen, es ist bald so weit; für mich ist wohl wenig Hoffnung, Sie zu Tisch zu geleiten. Miß Gratton? Sie sehen leidend aus! Dennoch hoffe ich, Lady Dates wird nicht so früh fahren!" Dann zu Sir Harry gewendet, der herangetreten war:Sir, Miß Gratton ist ermüdet, sie sieht aus, als könne sie keine Anstrengung mehr ertragen."

Es ist zu warm hier im Saal; ich wollte Sie eben fragen, Jane, ob Sie etwas frische Luft atmen möchten, auf der Terrasse ist es angenehm, ich hole Ihren Mantel."

Zustimmend neigte Jane das Haupt, und Sir Harry hüllte sie sehr höflich, aber sehr kalt in ihren Mantel, bot ihr den Arm und führte sie durch das Ge­wächshaus hinaus.

IV.

Der Mond stand klar am Himmel, sein Silberlicht siel auf die Terrasse mit dem breiten Steingeländer, welches in den Garten hinabführte. Die Anlagen waren mäßig, aber das täuschende Mondlicht verlieh ihnen eine Vornehmheit, welche sie am Tage nicht besaßen. Das Haus sah stattlicher aus als sonst, die Bäume warfen wunderliche Figuren, bald schienen es Riesen, bald Zwerge, die von dem Schatten gezeichnet wurden. Das Mondlicht verändert und verschönt alles.

Als das Paar hinaustrat, schloß Sir Harry di: Thür, ließ Jane's Arm los und bot ihr den seinen nicht wieder. Stumm schritten beide bis an das Geländer, gegen welches sie nun lehnten, Jane war einer Ohnmacht nahe und vermochte sich kaum aufrecht zu halten. Aus den Fenstern des Hauses kamen Ströme des warmen, goldenen Lichtes, einen scharfen Kontrast bildend zu dem matten, fahlen Schein des Mondes; es war hier außen totenstill, leise und ge­dämpft erklangen die süßen Töne der Musik, welche während des Soupers Mozart's und Verdi's schönste Weisen spielte. Nein, nein, es war unmöglich! Und doch, weshalb war sie erblaßt und zitterte sie bei dem Anblick von Julia Smith? Da wußte sie, daß ihr Betrug offenbar wurde, daß ihre Lüge jetzt ver­raten war.

Jane, wie konntest Du mir das anthun, wie mich so betrügen!" Es war ein Ton des bittersten Schmerzes, der all das Leid verriet, welches in seinem Herzen wühlte. Doch gleich darauf erzwang der junge Mann seine äußerliche Ruhe zurück, seine gewohnte, kühle Vornehmheit, nur die Stimme klang heiser von Auf­regung und sein Gesicht sah fast verzerrt aus in dem kalten Mondlicht. (Forts, folgt.)