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Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

Am 2t. November ist von der evangel. Oberschulbehörde die Schulstelle in Wippingen, Bezirk Blaubeuren. dem Schullehrer Uhl i» Salmbach übertragen worden.

Neuenbürg. 25. Nov. Der hies. Post- schal t er ist von morgen ab an Sonntagen nur von 1112 Uhr vormittags, nicht aber mehr nachmittags geöffnet.

Neuenbürg.23 Nov. DemEinsender Dieses kommt heute ein Artikel in derSchwab. Tagwacht", dem Organ der Sozialdemokraten Württembergs, zu Gesicht, welcher sich mit dem im Laufe dieses Herbstes nach Mannheim ge­zogenen Hrn. Oberamtsarzt a. D. Fischer be­schäftigt und der derart von persönlicher Gehässigkeit strotzt, daß man sofort auf die Per­sönlichkeit des Verfassers schließen kann. Der­selbe gehl in dem Artikel mit solchem Raffinement vor. daß seine Absicht. Herrn Fischer in seinem Ansehen schwer zu schädigen, in plumpstem Maße ersichtlich ist. Der Einsender der gegenwärtigen Erwiderung ist aber überzeugt, daß, wenn die Beweggründe des Verfassers der gehässigen Korrespondenz in Mannheim bekannt wären, ein Jeder auch dort das Machwerk verurteilen würde. Es gehört wahrlich eine boshafte Ge­sinnung dazu, einen persönlichem Hasse auf solche frivole Weise Luft zu machen. Jetzt, nachdem sich der gedachte Verfasser vor dem ferne wohnen­den Gegner sicher wähnt, findet er endlich den traurigen Mut zu einem Angriff, der seinen intriganten Charakter kennzeichnet. Jedermann im Bezirk weiß, daß Hr. Oberamtsarzt Fischer schon seit etlichen Jahren den Wunsch äußerte, mit Rücksicht auf seine zeitweise leidende Gesund­heil unfern Bezirk, der ihm wegen seiner geo­graphischen Verhältnisse die Ausübung seiner umfangreichen Praxis oft beschwerlich machte, mit einer größeren Stadt in ebenem Terrain zu vertauschen, ein Wunsch, der gewiß begründet erscheint. Ganz erbärmlich nimmt sich deshalb die Anspielung rm Schlußsätze des Artikels aus, worin versucht wird, den Wegzug des Herrn Fischer als Folge eines unlauteren Vorkomm­nisses zu motivieren. Der Artikelschreiber beutet hier einen Klatsch aus und stutzt denselben in böswilliger Weise zu, obgleich er wohl weiß, daß an der ganzen Sache Hrn. Fischer kein Ver­schulden trifft. Die weitere Unterstellung, daß es mit Hrn. Fischers Vorliebe für Homöopathie nicht weit her sei, verurteilt sich von selbst, ebenso die Geringschätzung, mit welcher der Ver­fasser von der früheren Thätigkeit des Herrn Fischer spricht. Geradezu eine Frivolität ist solch ein Vorgehen einem Bezirksbeamten gegen­über, der in mehr als 20jähriger Thätigkeit seinem schwierigen und verantwortungsvollem Berufe als beliebter und erfahrener Arzt oblag.

(Einges.) Neuenbürg. Die liebe Weih­nachtszeit naht heran! Biele fleißige Hände regen und beeilen sich, die Weihnachtsgaben rechtzeitig fertig zu stellen. Vater und Mutter lenken den Sinn auf ihre Kinder, Bräutigam und Braut zerbrechen sich den Kopf, wie sie sich gegenseitig am besten und freudigsten überraschen können; Freunde und Freundinen sind bemüht, sich passende Gaben zur gegenseitigen Beschul­ung auszudenken. Die Geschäftsleute kennen diesen schönen Gebrauch und richten sich danach ein. In dem Vorurteil, daß man auswärts besser kauft, wird der Bedarf noch vielfach daher be­zogen. Es sollte aber an dem Grundsätze fest- gehalten werden, sein Gelb den mit ihm an demselben Platze wohnenden Geschäftsleuten zu­kommen zu lassen, statt es nach Auswärts zu tragen. Der Lokalpatriotismus. bei welchem die Einwohnerschaft in erster Linie die ein­heimische Geschäftswelt berücksichtigen sollte, ist wohlbegründet und trägt seine guten Früchte. Wo die Interessen der Bewohner nach so viel­fachen Richtungen gemeinsam sind, da sollte auch der Grundsatz vorherrschen, bei den Mitbürgern seine Einkäufe zu machen. Wir sagen daher: Kauft am Platze! Deckt Eure Bedürfnisse aus den ansäßigen Geschäften! Ihr werdet billig und reell bedient und obendrein freund­lichen Dank ernten!

Neuenbürg. 23. Nov. Die Tyroler Sänger- und Schuhplättler-Gesellschaft Toni- Christl, welche vor 3 Jahren hier im Gasth. z. Bären unter Beifall sich produzierte, wird an diesem Samstag und Sonntag in der Brauerei von Karcher mit neuem Programm auftreten, worauf hiemit besonders aufmerksam gemacht wird.

Neuenbürg, 25. Nov. Auf dem heuti­gen Sch weine markt wurd-n ca. 30 Paar Milchschweine zu 1418 vkL rasch verkauft.

Deutsches Weich.

Berlin, 23. Nov. Deutscher Reichs­tag. Es präsidiert heute v. Buol. Am Bundes- ratstische befinden sich Caprivi, Marschall, Posa- dowski. Als erster Redner spricht bei der ersten Lesung der Handelsverträge Graf Limburg- Stirum. Er erblickt in letzteren nur die Tendenz, L taut xrix zu einem handelspolitischen Ab­kommen zu gelangen und der Landwirtschaft die Kosten aufzuerlegen. Die Druckschrift sei inter­essanter durch dos, was in ihr fehle, als das, was sie enthalte. Sie berücksichtige namentlich die Valutaverhältnisse der Bertragsstaaten. Auch über die finanziellen Folgen der Verträge schweigt die Denkschrift. Seine Freunde würden keinem Vertrage zustimmen, der ohne Kompensationen Zeinen Freunden) der Landwirtschaft neue wesent­liche Opfer auferlege. Staatssekretär v. Mar­schall weist die Behauptungen des Vorredners zurück. Graf Limburg-Slirum wiederhole nur allgemeine Borwürfe, nichts sei aber leichter, als sich auf die Stimmung des Landes zu berufen, nachdem man jahrelang alles gethan habe, Ver­stimmung zu erregen. Die Agrarfrage sei keine Zollsrage. Die Regierung lasse sich nicht be­irren, wenn jeder Freund der Handelsverträge als Freihändler oder Bureaukrat erklärt werde, wie der Bund der Landwirte es thue. Redner weist nach, daß niedrige Getreidezölle der in­ländischen Landwirtschaft nicht schädlich sei. Rickert polemisiert gegen die Agrarier und ver­teidigt in längerer Rede die Handelsvertrags- Politik. Lieber (Zentrum) versichert, daß seine Partei mit Stolz und Befriedigung darüber er­füllt sei, an den Handelsverträgen milgewirkt zu haben. Die Kommission nicht das Plenum sei der Ort für handelspolitische Erörterungen.

Berlin, 24. Novbr. Die freisinnige Bolkspartei (Richter und Gen.) brachte beim Reichstag 3 neue Anträge ein: Neucinteilung der Wahlkreise, freies Vereins- und Bersamm- lungsrccht und Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts für alle deut­schen Volksvertretungen. Pflüger (Karlsruhe Bruchsal) ist aus der freisinnigen Volkspartei ausgetreten und bleibt vorläufig Wilder.

Der Bundesrat hielt heute seine regel­mäßige Wochensitzung ab und stimmte den An­trägen der Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen entsprechend, dem Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte bei. Auf der Tagesordnung standen ferner die Entwürfe von Vereinbarungen über erleichternde Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisen­bahnen Deutschlands, der Niederlande, Oester- reich Ungarns, sowie der Schweiz, die Denkschrift über die Ausführung der seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihegesetze, die Besetzung einer Mitgliedstelle beim Reichsbank-Direktorium, so­wie eine Reihe von Eingaben.

Da es den Bemühungen der württemb. Regierung im Bundesrat nicht gelungen ist, die Heraufsetzung der Wertgrenze für die Reichsweinsteuer von 50 auf mindestens 60 »/L gegen den Widerspruch der preußischen Regierung durchzusetzen, so wird der erwartete Kampf um die Weinsteuervorlage im Reichstag gewiß mit vermehrter Heftigkeit entbrennen. Es ist übrigens ein Irrtum, wenn man annehmen wollte, daß sich der Widerstand gegen diese neue Reichssteuer vorwiegend auf die süddeutschen Jnteressenkreise beschränke. Auch in Norddeutsch land regt es sich stark und auf Anregung der Nettesten der Berliner Kaufmannschaft wird am Mittwoch kommender Woche hier eine Versamm­lung norddeutscher Interessenten stallfinden, die gegen die soeben dem Reichstag zugegangcne Weinsteuervorlage Stellung nehmen soll.

Dem Vernehmen nach haben gegen die Weinsteuer im Bundesrot gestimmt: Würt­temberg (4 St.), Baden (3 St.), Hessen (3 St.), Hamburg (1 St.) und Reuß a. L. (I St), zu­sammen 12 Stimmen gegen die Weinsteuer unter 58 Stimmberechtigten.

Berlin, 25. Nov. Die Morgenbl. melden: Das Magistrats-Kollegium beschloß dem Ober­präsidenten zu antworten, daß es die Vorschläge des Handelsministers bezüglich der Organisation des Handwerks und Regelung des Lehrlings­wesens nicht als geeignet erachte. Die Durch­führung der geplanten Organisation stoße auch auf erhebliche Schwierigkeiten.

Das Berliner Tagebl. meldet aus Paris: Die Verhandlungen über die Bestimmung der Grenze zwischen Kamerun und französisch Eongo werden demnächst in Berlin ausgenommen.

Es kommt häufig vor, daß weibliche Personen, die Beiträge zur JnvaliditätS- und Altersversicherung geleistet haben und in­folge ihrer Verheiratung aus der Versicherungs­pflicht ausscheiden, unter Berufung auf Z 30 des Gesetz die Erstattung der von ihnen ge­leisteten Beiträge von den Vorständen der Ver­sicherungsanstalten beanspruchen. Sie übersehen indessen, daß in jenem Gesetzparagraphen die Erstattung erst dann für zulässig erklärt wird, wenn die Betreffenden mindestens fünf Beilrags­jahre hindurch ihre Beiträge geleistet haben. Vor dem 1. Juli 1895 kann also derartigen Gesuchen überhaupt nicht stattgegeben werden. Bis dahin sind derartige Anträge zwecklos.

Fürst Bismarck, der die letzten drei Monate infolge seiner Erkrankung vorwiegend liegend hat zubringen müssen, ist jetzt soweit hergestellt, daß er wieder regelmäßige Spazier­gänge unternehmen kann. Die Wiedererlangung des früheren Kräftezustandes macht unter dem Einfluß der Jahreszeit nur allmählige Fortschritte. Die Schonungsbedürftigkcit besteht innerhalb der gegebenen Grenzen noch fort, andererseits ist die Hoffnung berechtigt, daß der Winter­aufenthalt in Friedrichsruh den Fürsten gesund­heitlich soweit fördert, daß er im Frühjahr wieder in den Vollbesitz der früheren Kräfte gelangt sein wird.

Das Reichspostamt macht darauf aufmerksam, daß Weihnachtssendungen nach den Ver­einigten Staaten von Nordamerika, die mit der deutschen Packetpost dem Adressaten rechtzeitig zum Fest zugehen sollen, zweckmäßig noch vor Ablauf dieses Monats der Post zu übergeben sind. Bei späterer Absendung könnte wegen der in New-Aork mit der Verzollung verknüpften Umständlichkeiten auf eine rechtzeitige Zustellung der Pakete mit Sicherheit nicht ge­rechnet werden.

Frankfurta. M., 22. Nov. DieFranks. Ztg." schreibt: Nun ist sie den Weg allen Fleisches gegangen, die gute Miß Belsie, die große Elephantin des Zoologischen Gartens: heule mittag ist siean Altersschwäche gestorben", wie es in der offiziösen Todesanzeige heißt. Länger als ein Vierteljahrhundert hat sie ein beschauliches Dasein geführt und durch ihre im­posante Gestalt ebenso wie durch Zutraulichkeit sich im hohem Maße die Zuneigung der Besucher erworben. Schon seit längerer Zeit zeigte Betste Symtome des herannahenden Endes, und, tragisch genug für eine Elephantin von Ruf, während sie eineDickwurz" zu verzehren juchte, legte sie sich langsam auf die Seite und starb, ohne einen Klagelaut von sich zu geben.

Württemberg.

Stuttgart, 23. Nov. Der hiesige Ge- mcinderat hat in seiner heutigen Sitzung in der Frage der Abänderung der Sonntagsruh- Bestimmungen dem Anträge der Polizei­abteilung gemäß, beschlossen, bei der K. Stadt­direktion den Antrag zu stellen, daß der Ge­schäftsbetrieb in allen Verkaufsstellen und die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in allen Handelsgewerben statt wie bisher an den letzten zwei, künftighin an den letzten drei Sonntagen vor Weihnachten während 7 Stunden und zwar in der Zeit von 79 Uhr vormittags und II Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags gestattet sein solle. Es