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spritzt nur gleich tüchtig los. Man ist niemals zu vorsichtig."
„Schon recht! Wir sind auf unserem Posten!" tönte es zurück.
Frank schob das Eisen unter den Deckel und suchte ihn zu öffnen. Es ging aber doch nicht so leicht, wie er gedacht hatte und plötzlich brach das Holz krachend entzwei. Kaum wurde der Knall vernommen als auch schon ein eisiger Wasserstrahl Herrn Mopler gerade ins Gesicht fuhr und ihn vollständig des Atems und der Sprache beraubte. Ein zweiter traf Rests breiten Rücken, welche nun mit dem Aufschrei: „Maria, Josef! Jetzt is do no losgange! Dös is mei Tod!" ihrem Herrn zu Füßen plumpste.
„Halt, halt! Genug! Hört auf!" gebot Paul den Außenstehenden, die in ihrem Dienst, eifer das Zimmer in ein Vollbad zu verwandeln drohten. „Laßt nur! Die Kiste ist auf." Diese Worte hatten zur Folge, daß ein Teil der vor dem Hause Versammelten sich gegenseitig unterstützend emporkletterten und neugierig durch das Gitter in die Stube blickte.
„Soll ich nun den Inhalt untersuchen?" wandte sich der junge Droguist an den Vater seiner Geliebten. Dieser vermochte seine Zustimmung einstweilen nur pantomimisch auszudrücken. Ein Teil des Wasserstrahls war ihm in den geöffneten Mund gedrungen und von da in die Kehle gelaufen, so daß er jetzt mit Husten und Räuspern nicht fertig werden konnte. Die Köchin hatte sich wieder ausgerafft und stand, wie aus dem Teich gezogen, zähneklappernd da.
Frank begann das nasse Stroh heraus zu werfen.
„Da is a grauer Schlauch! Da steckt gewiß dös Dynamit drin!" schrie Rest plötzlich. Wer beschreibt jedoch das allgemeine Erstaunen, als statt dessen eine ganz harmlos aussehende, aber ungemein umfangreiche Leberwurst an das Tageslicht gefördert wurde.
„Wer weiß was nachkommt! Wer weiß was nachkomml!" rief Herr Mopler. der die Fähigkeit zu sprechen wieder erlangt hatte. Und wirklich, der Inhalt der Kiste war noch nicht erschöpft. Paul zog gleich daraus eine nicht minder imposante Rotwurst hervor.
„A Plunzen — a richtige Plunzen!" staunte die Köchin.
Ein kleiner niedlicher Schinken folgte als dritter im Bunde.
Sprachlos blickte alles auf diese so unerwarteten Entdeckungen. „Also ein Vergiftungsversuch!" stammelte Mopler endlich mit bleichen Lippen.
„Hier ist ein Brief; obschon ziemlich durchnäßt, ist er doch noch leserlich," meldete Frank, das Schreiben dem Hausherrn darreichend, doch dieser wehrte ab. „Nehmen Sie selbst Kenntnis von dem Inhalt," sagte er. „Ich will die Schristzüge des Verhaßten nicht sehen."
Der Droguist begann nicht ohne Mühe vorzulesen:
„Verehrter Herr Mopler!
Sie werden entschuldigen, daß ich mir die Freiheit nehme, Ihnen ein kleines Weihnachtsvergnügen zu bereiten. Lassen Sie sich die Würste und den Schinken recht gut schmecken und erhalten Sie mir Ihre werthe Kundschaft auch im neuen Jahre.
Mit besonderer Hochachtung Ihr ergebenster
Wunsch! er, Schweineschlächter." Schallendes Gelächter folgte vom Fenster her. „Vivat hoch!" schrien die Gassenjungen.
„Na also! Hab' is Jhna nöd alleweil g'sagt, daß dös nix weiter is wia a Präsent?" wehklagte Rest. „Jetzt is mei neuer Huat hin und s'ganze Zimmer voll planscht. Kan trockenen Faden hob' i an mir. Die Gicht kunnt ma kriage. So a Weihnachten Hab' i a no nöd verlebt!"
„Ein schönes Vergnügen hat mir dieser elende Wunschler bereitet!" stöhnte Mopler. „Vor ganz Treuenbrietzen bin ich blamiert und muß auch noch die Feuerwehr bezahlen. Wie das boshafte Volk lacht da draußen!"
„Na. dö wer'n schön hinter Jhna drein
schrein, wann's Jhna auf der Straße derwisch'n," bemerkte die Köchin.
„Wie wäre es, wenn Sie sagten: Sie hätten nur meinen Mut auf die Probe stellen wollen?" schlug Paul zögernd vor.
„Der einzige N^ettnngsweg. den ich ein- schlagen kann," pflichtete Herr Mopler bei, riß das bereits verschlossene, noch von Neugierigen umlagerte Fenster wieder auf und rief, sich zu einem wahrhaft konvulsivischen Gelächter zwingend: „Das war ein famoser Witz, nicht wahr? Ha, ha. ha! — Nein so ein Spaß! Ha, ha. ha! — Ich wollte mich überzeugen, ob mein künftiger Schwiegersohn, der Droguist Paul Frank, Courage hat, denn furchtsame Leute sind mir ein Greuel! Ha, ha, ha! — Nun, er hat die Probe bestanden, da feiern wir jetzt Verlobung. Hier Kinder, umarmt Euch! H"- ha, ha, ha, ha! Guten Abend meine Herrschaften! Freut mich, die Ehre gehabt zu haben. Ha, ha, ha — ha — ha!!"
Die Menge entfernte sich, zwar nicht überzeugt, doch immerhin ein wenig verblüfft. Paul und Hannchen aber segneten den Schweineschlächter Wunschler und verabredeten heimlich, ihm eine Ehrengabe zu überreichen.
Ende.
Die Macht der Schmeichelei. Der Vater des großen Schauspielers Unzelmann war Schweineschlächter gewesen. Er war überaus stolz auf seinen Sohn, der Mime geworden, und wenn er ein Lob über seines Sohnes Talent hörte, so zerfloß er fast vor Rührung, Freude und Glück. Einst trat eine alte Frau in seinen Laden. „Bitte, Herr Unzelmann, geben Sie mir doch ein halbes Viertel Leberwurst." Unzel- mann-Vater holte die Wurst vom Haken und will davon abschneiden. „Wissen Sie auch, lieber Meister, daß ich gestern Ihren Sohn habe Komödie spielen sehen? Meiner Seel, verspielt ganz hübsch und ich hätte ihm — —" „So, so? Sie haben meinen Jungen spielen sehen" (Das Messer rückt einen Zoll „über" das halbe Viertel.) — „Natürlich! Ach, und wie himmlisch er aussah! Die hohe Figur und der weiße Federhut und die breite Spitzenkrause — na, und diese edle Sprach, die freien, noblen Bewegungen, so mit Schwung!" (Das Messer rückt drei Zoll weiter an der Wurst.) Unzel- mann-Vater lächelt beseeligt vor sich hin. „Hm! Hm! Na, ja! Er ist ein recht tüchtiger Mensch und kann was — —" Die Frau hat das Rücken des Messers wohl bemerkt und schwärmt weiter: „Und gespielt hat er, nein, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie — alle andern in Grund und Boden!" — „Nicht war, das sage ich ja auch immer, gespielt hat er —" (Er rückt eine Hand breit weiter an der Wurst.) Die Frau: „Na. ob! Solchen Ausdruck in der Stimme, und dieses Talent, überhaupt habe ich noch keinen Schauspieler gesehen, der ihm gleich käme." — Das Messer macht Riesenschritte und die Frau fährt in ihrem Lobe fort: Wissen Sie, Herr Meister, das ist mal sicher: Ihr Sohn muß mal ans Hoftheater kommen und wird dort alle überflügeln — o, er ist ein Genie!" — Unzel- mann-Vater preßt die Wurst an's Herz und sagt: „Mein Sohn, ein Genie? — Da, haben Sie
die ganze Wurst, liebe Frau-" Mehr will
die Alte nicht und trollt sich endlich.
Schnupfer-Exerzitium. Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts war das Schnupfen in der sogenannten feinen Gesellschaft viel mehr verbreitet als heutzutage, wo die Dose aus dem Salon nahezu verbannt ist. Damals schnupften auch Damen, und in manchem Familienschatz finden sich noch jene eleganten, feinziselierten oder mit Email geschmückten kleinen Dosen aus Silber oder Gold, aus welchen die Großmütter ihr Prischen zur Nase führten. In jener Zeit hat ein Franzose sogar eine Gebrauchsanweisung zum eleganten und genußreichen Schnupfen verfaßt. Das Exerzitium mit der Tabaksdose muß nach ihm bei jeder AnstanÜsprrse aus folgenden zwölf Graden oder besonderen Handlungen bestehen; 1) Die Dose wird mit der rechten
Hand hervorgenommen. 2) Sie wird der Linken übergeben und von dieser in die gehörige Lage gebracht, um geöffnet werden zu können. 3) Mit den drei Mittelfingern der Rechten wird darauf einige- („gewißlich zwei-") mal geklopft, damit sich der Tabak ordne und ebne. 4) Sie wird mit derselben Hand geöffnet. 5) Mit der Linken wird die offene Dose den Anwesenden präsentiert. 6) Sie wird nach genommenen Prisen langsam zurückgezogen. 7) Der Tabak wird darin neuerdings geordnet und geebnet. 8) Die eigne Prise wird mit dem Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand gefaßt. 9) Die ganze Prise wird eine Weile zwischen den spielenden Fingern gehalten. 10) Die Prise wird langsam zur Nase gebracht. 11) Sie wird mit Bedachtsamkeit geschnupft und 12) die Dose wird geschlossen. Derlei „Anstandsprisen" konnten sich natürlich nur Leute erlauben, welche sehr viel Zeit hatten; denn der Engländer Stanhope hatten seinerseits so viel Zeit, zu berechnen, daß man, wenn man alle 10 Minuten eine solche Prise nimmt, jährlich 36'/- Tage mit dem Schnupfen verbringt!
Von einemLöwea getötet wurde der bekannte Löwenbändiger Pearson während einer Vorstellung in einer Menagerie zu Charkow (Rußland). In dem Augenblicke, als er den Kopf in den Rachen eines Löwen gesteckt hatte, schloß das Tier die Kinnbacken. Pearson's Kopf wurde vollständig vom Rumpfe getrennt. Unter dem Publikum herrschte eine furchtbare Panik; alle eilten ins Freie, und bei dieser Flucht wurden viele Personen schwer verwundet.
Weinlaub als Viehfutter empfiehlt Muntz von der Pariser Akademie der Wissenschaften, der darüber Versuche anstellte. Das Vieh frißt dieses Laub sehr gern; der Nährwert ist etwa der gleiche wie der von Luzerne. Selbst solches Laub, das gegen die Peronospora stark mit Kupfervitriollösung begossen war, schadete nicht. Man erntete nun in Südfrankreich nach der Weinlese vom Hektar 2100—3600 Kilogramm Laub, bei Bordeaux etwa 2900 und in der Champagne 1500—2506 Kilogramm. Darnach ließ sich berechnen, daß Frankreich etwa 40 Mill. Doppelzentner Weinlaub gewinnen konnte. Das Laub wird grün oder getrocknet gefüttert.
Gegen erfrorene Glieder. Als ein billiges und sicheres Heilmittel gegen frische und veraltete Frostschäden empfiehlt die „Fdgr." eine Abkochung von Tannennadeln. Letztere werden etwa eine Stunde lang langsam in Wasser gekocht und dann abgegossen. In dieser lauwarmen Flüssigkeit badet man die erfrorenen Glieder täglich dreimal etwa l5 Minuten lang.
Redakteurs schmerzen. .Man schreibt dem „N. T." vom Lande: Der Redakteur eines Ravensburger Blattes klagte unlängst scherzhaft in seinem Blatt, man bringe ihm wohl das erste Veilchen, den ersten Maikäfer u. dergl. auf sein Bureau, aber keinem sei es noch eingefallen, einmal den ersten Hasen zu bringen. Kaum war dieser Seufzer des Feinschmeckers in die Welt 'hinausgeschickt, als der Herr zu seiner Ueberraschung von einem Gönner einen Hasen zugeschicki erhielt.
(Eigenartiges „Jagdwild".) Aus Anlaß einer Nachricht im „Abensberger Wochenblatt" fragte ein Wissensbegieriger den Lehrer des Ortes, was Nimrode seien, denn, fügte er hinzu, im Wochenblatt steht, „daß bei der letzten Jagd in Sanharlande 22 Nimrode geschossen
wurden!" — Arme Nimrode!
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Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.