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Argenteuil. Bischof Goux von Versailles hat je ein fleckiges und ein fleckenloses Stück des Rockes von Argenteuil chemisch untersuchen lassen; die Flecken haben sich als Blutflecken erwiesen. Aus diesem und aus anderen Umständen wird in einem von geistlicher Seite veröffentlichten Buche bewiesen, daß der echte „heilige Rock" der von Argenteuil sei. — Wunderbar! —
Telegramm an den Enzthäler.
Madrid, 8. Nov. Aus Barcelona wird gemeldet: Heute Nacht wurden bei der Einweihung des Theaters Liceo während des II. Aktes von Wilhelm Tell 2 Bomben zwischen die Orchesterstühle geworfen: eine explodierte tötete 9 Frauen und 6 Männer und verwundete Viele. 2 bekannte Anarchisten sind als mutmaßliche Thäter verhaftet.
Unterhaltender Teil.
Eine unheimliche Überraschung.
Humoreske von B. Coronh.
(Fortsetzung 2.)
(Nachdruck verboten.)
Wie ein brüllender Löwe stürzte Mopler hinter seiner Köchin drein. „Sie sind schuld an dem ganzen Unglück!" schrie er, seiner Sinne nicht mehr mächtig, „Sie werden die Kiste wegschaffen!"
„Kunnt ma einsall'n! I geh nöd dran! da drauf können's Jhna heilig und fest verlassen!" wehrte sie sich.
„O, lieber Herr Revisor helfen Sie uns doch. Tragen Sie das entsetzliche Ding fort." flehte Hannchen. Lerche's lange, dürre Beine schlotterten bei dieser Zumutung, auf welche er schleunigst erwiderte: „Ach, wie gern, mein Fräulein! Aber ich habe Rheumatismus im rechten Arm und würde sie und.dingt fallen lassen. Ueberhaupt erinnere ich mich jetzt, daß ich vergoß den Hausschlüssel einzustecken. Ich muß ihn nur schnell holen — aber ich komme wieder — ich komme wieder
Die letzten Worte klangen bereits vomFlur her.
„Wie feig! Wie erbärmlich! In unserer größten Not läßt er uns sitzen. Siehst Du nun Vater, daß ich recht habe ihn zu verabscheuen?" rief Hannchen.
„Ich habe nie viel auf ihn gehalten?" stimmte Frau Rosalinde bei.
„Ach was! Das zwecklose Herumreden ändert nichts an unserer Lage," siel Herr Mopler ein. „Was nun thun? Ungeschickt es angreifen, kann die Explosion beschleunigen. Mit einem Lichte darf man überdies schon gar nicht in die Nähe kommen."
„Dann ist es am besten, wenn wir die Kiste unberührt bis morgen stehen lassen."
„Wer bürgt uns denn dafür, daß nicht ein Uhrwerk drinnen verborgen ist und zur bestimmten Stunde, vielleicht mitten in der Nacht ein fürchterlicher Krach ertönt und das ganze Ge bäude in einen Trümmerhaufen verwandelt wird?"
„Jesus, na! Js dös a Weihnachten! Grad narrisch kunnt ma wer'n!" jammerte Rest. „I waß was i thua: i pack meine sieb'n Zwetschken z'samm und schau daß i weiter kumm!"
„So? Nachdem Sie durch Ihren Ungehorsam und Leichtsinn das ganze Unheil angerichtet haben, möchten Sie sich aus dem Staub machen? schrie der Empörte. „Die Galle läuft mir über, wenn ich Sie nur ansehe. Weiß Gott — mit eigner Todesgefahr möchte ich Sie pflichtvergessene Person neben die Kiste hin- schleppen und dort festbinden.
,,Z' Hilf! z' Hilf! Er will ma ans Leben! z' Hilf! Er bringt mi um!" kreischte die Köchin mit den kräftigen Ellbogen links und rechts ousstoßend. Herr Mopler wurde in empfindlicher Weise vor den Magen getroffen und während er sich denselben rieb, flüchtete die Geängstigte aus dem Hause.
In dumpfer Verzweiflung blieben Vater, Mutter und Tochter zurück. Was thun? —
den Hausknecht und den Gärtner rufen?-
Der Elftere war nie so recht nüchtern und konnte durch täppisches Zugreifen die Katastrophe beschleunigen und der Zweite ächzte und stöhnte
schon wenn er seine volle Gießkanne aufheben mußte. Er gehörte gewissermaßen zu dem alten Hausrat, der zu nichts mehr nütze ist, dem ma» aber doch ein Plätzchen in der Rumpelkammer gönnt. Die jüngeren Leute waren alle fort — beurlaubt.
Eben beschloß man die Nacht im „Silbernen Hamster" zuzubringen als sich eilige Schritte näherten. Nach flüchtigem Klopfen trat Paul Frank ins Zimmer und hinter ihm stand Rest und warnte:
„Gehn's nur nöd z'weit vor! Der Herr is grad wia a Wilder! Jesus na! Was er für Augen macht! Als ob er An derwürgen möcht!"
„Entschuldigen Sie mein Eindringen, begann Frank sich an den Hausherrn wendend, „aber ich hörte so eben von Ihrer Köchin was sich zugetragen hat und komme Ihnen meinen Beistand und meine Hilfe anzubieten."
„Uns kann Niemand helfen! jammerte Herr Mopler in einen Stuhl sinkend. Wir sind verlorene Leute!"
„So schlimm wird cs doch nicht werden," beruhigte Paul. „Ich meine überhaupt Sie machen sich unnötige Sorgen. Mag es sich immerhin um einen schlechten Witz handeln, ober an eine verruchte That glaube ich nicht. Doch wie dem auch sei, ich verstehe mit gefährlichen explostonsfähigen Stoffen umzugehen und will Sie von dem rätselhaften Gegenstand befreien."
Mit diesen Worten schritt er tapfer aus die mysteriöse Kiste zu. Aber Herr Mopler warf sich ihm mit kreidebleichem Gesicht in den Weg und keuchte: „Stehen lassen! Stehen lassen! Nicht anrühren! Das Teufelsding könnte losgehen! „Da — es knittert schon!"
„Aber nein! Ich habe so eben auf einen Bogen Papier getreten."
„Einerlei! Es wird nicht angerührt! Ich will es nicht haben!"
„Um alles in der Welt, nehmens Jhna in acht! Dös kann am den Kopf runter reißen!" zeterte Rest sich hinter den Küchcnschrank verschanzend, während Frau Rosalinde und Hannchen mit gerungenen Händen auf die Kniee sanken.
„Ich will Ihnen einen Vorschlag machen." sagte Frank nach kurzem Besinnen. „Fortgeschafft oder geöffnet muß der verdächtige Gegenstand ja doch werden. Je eher das nun geschieht, desto besser ist es. Verlassen Sie erst alle miteinander das Haus und dann werde ich die Kiste recht sorgfältig anfasten und hinaustragen.
„Ja — ja — ich sehe wohl ein, daß es keinen anderen Ausweg giebt," stimmte Herr Mopler zögernd bei. „Ihre Opferwilligkeit rührt mich tief, junger Mann; in Himmelsnamen denn! Verlieren wir keine Zeit, geht alle voran, ich folge euch."
Er trieb die Seinigen nach der Thüre, während Paul in das Zimmer trat, in welchem sich die geheimnisvolle Sendung befand. In diesem Augenblicke aber stürzte Hannchen, alles vergessen, dem Geliebten nach und rief: „Ich weiche keinen Schritt: Wenn Du stirbst, will ich auch sterben: Ehe ich den abscheulichen Revisor heirate, der wie ein wandelnder Kleiderstock aussieht, ziehe ich es ohnedem vor, in die Luft gesprengt zu werden."
„Mein Kind! — Mein einziges Kind!" wehklagte die Mutter, die Widerspenstige umklammernd. „Hilfe! Rettung!"
„Halt! — halt! Kommt alle heraus!" schrie nun auch der entsetzte Vater. „So geht es nicht, aber ich habe eine Idee — eine außerordentlich kluge Idee!"
„Du?" rief Rosalinde. Dieses einzige Wort drückte einen furchtbar beleidigenden Zweifel aus, doch Herr Mopler war jetzt zu sehr mit seinem Einfall beschäftigt, um es zu bemerken. „Ja eine prächtige, unbezahlbare Idee!" wiederholte er. „Die Kiste muß unter Wasser gesetzt und der Sprengstoff auf diese Weise unschädlich gemacht werden. Rest laufen Sie schnell und holen Sie die Feuerwehr. Schnell, schnell! Der Schlauch wird dann durch das Fenstergitter durchgeleitet und der volle Strahl strifft das furchtbare Unding da."
„Na, dös sieht unserem Herrn ka Mensch nöd an. daß er so g'scheut ist!" jubelte die Köchin.
„Eine so alberne Bemerkung kann nur aus
Ihrem Munde kommen," konnte sich der Beleidigte nicht enthalten ihr nachzurufen.
(Schluß folgt. I
Eine Ahnung. Ein früherer Seelsorger schreibt dem N. T. aus seinen Erlebnissen: An einem heißen Vormittag des Juli 1865 erschien in einem Pfarrhause des württembergischen Schwarzwaldes ein dem Mittelstände angehöriges Ehepaar mit der Bitte, das Pfarrhaus mit dem angrenzenden Garten und die Kirche besichtigen zu dürfen Der Mann, ungefähr 60 Jahre alt, stellte sich als der Kanzlist Weißer vom Gerichtshof in Tübingen vor, der, als Sohn eines früheren dortigen Pfarrers, das Haus, in dem er einst geboren, und die Kirche, wo er einst getauft wurde, noch einmal sehen wollte. Während der Mann, ernst und einsilbig, allein im Garten umherging, machte die Frau der Pfarrfamilie die Mitteilung: sie beide, obwohl kinderlos, leben friedlich und freundlich miteinander, nur drücke sie das beständige Kreuz, daß ihr Mann, obwohl im allgemeinen gesund und rüstig, sich mit unaufhörlichen Todesahnungen trage. So habe er ihr iu den letzten Tagen durchaus keine Ruhe mehr gelassen, sie müsse ihn so bald als möglich auf der Reise nach dem Schwarzwaldort begleiten ; merkwürdigerweise trage er seit einiger Zeit und so auch diescsmal 70 fl. in Gold extra bei sich zur Bestreitung seiner Leichenkosten. Vom Pfarrhaus ging er in das Kirchlein, wo Herr Weißer zu seiner großen Freude noch vom letzten Sonntag her das Lied aufgesteckt fand: „Himmelan, nur himmelan soll der Wandel gehen." Von der Kirche aus betrat er den unmittelbar anstoßenden Friedhof, der eine schöne Aussicht auf das Murgthal und die angrenzenden Tannenberge bietet. „Ach, was ist doch das für ein schöner Ruheplatz!" seufzte Herr Weißer. Von da ging's den Berg hinab, wo am Wirtshaus das Gefährt auf das Ehepaar wartete. „Nun, gottlob!" sagte Herr Weißer; aber wie er den Fuß ansetzte, um einzusteigen, fiel er, vom Schlage gerührt, zur Erde und war sofort eine Leiche. 2 Tage darauf wurde er auf dem „schönen Ruheplatz" zur ewigen Ruhe gebettet.
Aus Montreux wird folgendes Charakteristikum des Herbstes von 1893 unterm 23. Okt. gemeldet: Auf dem hiesigen Markt werden noch Erdbeersträußchen, reife Himbeeren und grüne Bohnen feilgeboten; in den Gärten reifen Birnen und Aepfel zweiter Blüte, auf den Bergen findet man blühenden Enzian und Alpenrosen. Auf den Bänken unserer Promenaden sitzen die Kurgäste, und die Damen spannen ihre Hellen Sonnenschirme aus, um sich gegen die warmen Strahlen zu schützen.
Zum Haseneinkauf dürfte den Hausfrauen folgende Winke willkommen sein: Gut erhaltene Augen deuten darauf hin, daß der Hase frisch geschossen zum Verkauf liegt. Sind die Augen des Tieres eingefallen, so ist der Hase schon einige Tage tot. Sind die Nägel an den Zehen, vor allem aber an den Hinterläufen noch schwarz, etwas spitz und scharf, so hat man es mit einem diesjährigen Hasen zu thun, sind aber die Nägel abgelausen und an den Hinterläusen grau, so ist es ein älteres Tier.
Ertappt. Junge Frau: „Womit hast Du denn den Hasen geschossen?" — Mann: „Na, mit der Flinte!" — Junge Frau: „Aber hier steckt ja noch der Lappen im Lauf, den ich heute Morgen hineingestopft habe."
(Auf See.) Eine Dame zu einem Matrosen: „Sagen Sie mal, das Wetter ist doch sehr schlimm, nicht?" —Matrose: „Ick will Se wat seggen, Madam ... so lang noch Damens up Deck sünd un dornah fragen, is dat Wetter nie stimm!"
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Ll»ul»vu
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