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Transportgesellschaften zahlen zwei vom Tausend. Kauf- und Anschaffungsgeschäfte über ausländ. Banknoten. Geldsorten u. s. w. */io vom Tausend Zeit-, Fix-, Termin- und Prämiengeschäfte */io vom Tausend; Geschäfte bis zu 600 vlL sind abgabenfrei. Lotterielose zahlen acht Prozent. Quittungen über 20 ^ 10 Checks und Giro­anweisungen 10 Ladescheine 30 Frachtbriefe 10 ^ Die Prüfung der Abgabenentrichtung erfolgt durch die von den Bundesregierungen bestimmten höheren Beamten. Dem Bundes­rat ging der Gesetzentwurf zu über die Ab­zahlungsgeschäfte in der Fassung, wie solche in der Reichstagssession von 1892/93 von der Kommission beschlossen und von der Regierung als sachgemäß anerkannt worden war.

Berlin, 7. Nov. Der dem Bundesrate zugegangene Weinsteuergesetz-Entwurf be­stimmt die Steuer für Naturwein im Werte von über 50 ^ pro Hektoliter auf 15 Prozent vom Werte. Schaumwein 20 Prozent, Kunst­wein 25 Prozent, mindestens aber 10 pro Hektoliter. Die Steuerpflicht tritt beim Ueber- gang des Weines vom Ausland in die Zoll­niederlage, vom Hersteller bezw. Großhändler an Kleinhändler und Verbraucher ein. Die Steuer wird vom Kleinhändler bezw. Verbraucher entrichtet. Als Wert gilt der Kaufpreis, wofür der Kleinhändler bezw. Verbraucher den Wein erworben. Bei Auslandsweinen wird der Zoll­betrag hinzugerechnet. Befreit sind: der eigene Verbrauch des Herstellers; Meß- u. Kommunion- Wein; Wein zur Herstellung von Essig und Branntwein, Weinproben. Die Erhebung und Verwaltung der Weinsteuer erfolgt durch die Landesbehörden, denen die Kosten bis auf weiteres von Reichswegen vergütet werden. Für die bei Inkrafttreten des Gesetzes vorhandenen Wein­vorräte ist von den Kleinhändler» die Nachsteuer zu entrichten.

Berlin, 6. Nov. Professor Reuleaux berichtet in derDeutschen Warte" sehr günstig über die dentiche Ausstellung in Chicago, be­sonders über die Elektrotechnik und die Kunst­industrie. Die Ausfuhr werde zweifellos steigen.

Berlin, 7. Nov. Der Geheime Kanzlei­diener des Auswärtigen Amts Schroeder, welcher im Gefolge des Kaisers sich auf der Reise nach Bebenhausen befand, wurde auf der Station Mansfeld, wo er auf der unrichtigen Seite ausstieg, vom Sonderzuge überfahren und sofort getötet. Der Kaiser ordnete die Ucberführung der Leiche nach Berlin an.

Berlin, 4. Nov. In Paris soll kürzlich das Wort gefallen sein:Wir müssen unsere Re­vanche zunächst auf dem finanziellen Schlachtfelde nehmen!" Da die deutschen Finanzen denn doch gegen französische Angriffe allzu widerstandsfähig sein würden, so hat man sie vorläufig auf die Bundesgenossen Deutschlands gerichtet. Italien soll durch die Herabdrückung des Kurses seiner Rente möglichst geschwächt werden und schon ist auch die Pariser Börse gegen die ungarische Gold» reute mobil gemacht worden. Es ist kein Zufall, daß sich inmitten des jüngsten Kursrückganges allein die russischen Werte fest behauptet haben. Glücklicherweise scheint man endlich an unseren leiten den Stellen die Bedeutung und den Zweck des Pariser Kesseltreibens gegen die ital. Rente erkannt haben. Der Artikel derNordd. Allg. Ztg." über die Finanzverhältnisse Italiens legt davon Zeugnis ab. Hoffentlich wird man hier weiter in dieser Richtung die Augen offen halten. Man hat dabei nicht allein die Interessen unserer Bundesgenossen, sondern auch vieler deutscher Steuerzahler wahrzunehmen, die im Vertrauen auf unser Bundesverhältnis zu Italien und Oesterreich-Ungarn ihre russischen Papiere abge­stoßen und dafür italienische und österreichisch- ungarische eingekauft haben. In Frankreich hofft man daher auch, mit den Angriffen auf die italienische Rente zugleich das deutsche Natio- nal-Vcrmögen entiprechend zu schädigen. Die finanziell geschwächten Bundesgenossen glaubt man später auf dem eigentlichen Schlachtfelde desto sicherer und leichter besiegen zu können. Aber diese Rechnung ist hoffentlich ohne den Wirt gemacht. Die Allmacht der Pariser Börse ist zugleich mit der französischen Vorherrschaft

im Jahre 1870 aus absehbare Zeit hinaus zer­stört worden.

München. 6. Nov. Der Leibarzt des Fürsten Bismarck, Professor Dr. Schweninger, wurde vom Prinzregenten in längerer Audienz empfangen. Schweninger überbrachte den Dank des Altreichskanzlers für die ihm dem Regenten während des Kissinger Aufenthaltes erwiesenen Aufmerksamkeiten. Bei der Verabschiedung sprach der Regent, dem Hosbericht zufolge, die besten Wünsche für das fernere Wohlergehen Bismarcks aus.

Hannover, 6. Nov. Rittmeister a. D. v. Meyerinck hat sich im hiesigen Gefängnis erhängt. (Rittmeister a. D. v. Meyerinck war als Schlepper im Spiel- und Wucherprozeß in Hannover zu 4 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt worden, v. Meyerinck hinterläßt eine Frau und mehrere Kinder.)

Der blutige Grenzzwischenfall bei Schirmeck im Elsaß wird voraussichtlich ohne ernstere Folgen bleiben. Die französische Re­gierung hat gutem Vernehmen nach davon Ab­stand genommen, die Angelegenheit bis zum Aus­gangspunkt diplomatischer Verhandlungen zu machen, offenbar, weil sich der deutsche Förster Reiß sonnenklar in seinem Rechte befand, als er auf deutschem Gebiete von den ihn bedrängen­den französischen Wilderern zwei niederschoß. Französische Blätter knüpfen allerdings an den gewiß beklagenswerten Vorgang schon mancher­lei Betrachtungen in ausgeprägt chauvinistischem Sinne an, indessen ist glücklicherweise dafür ge­sorgt, daß diese wohlfeilen antideutschen Hetzereien keinen weiteren Schaden anzurichten vermögen.

Wernigerode, 4. Nov. Der 83 Jahre alte Rechtsanwalt und Notar Justizrat Karl Haushalter feierte sein 60jähriges Jubiläum als Rechtsanwalt. Er beabsichtigte. nunmehr in den Ruhestand zu treten. Dem auch um unsere Stadt sehr verdienten Jubilar wurde eine Reihe Reihe von Ehrungen zu teil. Die dadurch verföchte Aufregung scheint zu groß für den Greis gewesen zu sein, denn am Abend des Jubeltages starb er, umgeben von seinen Angehörigen.

Mrotschen. Der Gutsbesitzer G. Maaß- Raumheide schickte einen Knecht zum Gutsbesitzer Weidner-Lindenburg, um ein diesem geliehenes Gewehr abzuholen. Derselbe erhielt das Ge­wehr und kehrte unterwegs ein. Hier legte er im Sckerz, ohne zu wissen, daß das Gewehr geladen war, auf das 7 jährige Söhnchen der Einliegerleute an und sagte:Ich schieß Dich tot!" Im nächsten Augenblicke krachte auch schon der Schuß nnd eine volle Ladung Hasenschrot ging dem Knaben in die Augen. Das Kind war auf der Stelle tot.

Gernsbach. Der Eisenbahnbau in's obere Murgthal macht rasche Fortschritte, so daß derselbe jetzt schon innerhalb der Stadt in Angriff genommen werden konnte. Auch die neue Straße ins Murgthal, rechts des Flusses, ist im Weichbild der Stadt nahezu vollendet. Im Frühjahr werden wir hoffentlich unsere zahlreichen Touristen und Kurgäste mittelst Dampf nach den obern Gemeinden des Murg­thals führen können.

Württemberg.

Bebenhausen, 7. Nov. Der Kaiser kam hier 8 Uhr 15 Min. an; der König hatte seinen hohen Besuch auf dem Bahnhof in Tüb­ingen empfangen. Nach einem Frühstück in Bedenhausen wurde um 9 Uhr zur Jagd nach Entringen abgefahren.

Stuttgart, 7. Nov. Gutem Vernehmen zufolge trifft nächsten Freitag auch Erzherzog Karl Ludwig, der Vater der Frau Herzogin Albrecht zu mehrtägigem Besuche bei dem Herzog Albrecht hier ein und wird gleichfalls im Kronprinzen-PalaisWohnung nehmen. Schon bisher weilen die beiden Eltern und die drei Geschwister, sowie die Schwiegermutter des Her­zogs bei letzterem zu Besuche, so daß mit Aus­nahme der fünf Geschwister der Frau Herzogin die ganzen beiderseitigen Familien des herzog­lichen Paares versammelt sein werden. Das freudige Ereignis in der herzoglichen Familie dürfte nun wohl in der allernächsten Zeit zu

gewärtigen sein. Herzog Albrecht hat einen mehrwöchigen militärischen Urlaub erhalten, um sich seinen Verwandten, die äußerst zurückgezogen hier leben, andauernd widmen zu können.

Stuttgart. Als Gegengeschenk des Sultans für den König treffen demnächst 3 Araberpferde (I Hengst und 2 Stuten) aus Konstantinopel ein.

Nach Mitteilung desSt.-Anz." tritt in diesem Monat nicht nur die Kommission der Kammer der Abgeordneten für innere Ver­waltung zusammen, um über die Eingaben der Volksschullehrer wegen Revision des Volks­schulgesetzes zu beraten, sondern es wird auch die Finanzkommission ihren Bericht über die Eingaben wegen der Kousumvereine und der Steuerpflicht der Erwerbs- und Wirlschafts- genossentchaftcn feststellen. Am 20. sodann sollen die Kommissionsberatungen über die zwei Gesetzesvorlagen betr. die Amtsenthebung dienst­unfähig gewordener Körperschaftsbeamter und betr. die Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten beginnen. Mit Schluß des Jahres dürften wohl alle diese Kommissionsberichte gedruckt vor­liegen.

In Sachen der Reichsweinsteuer hat der Württ. Wirtsverband ein Flugblatt veröffentlicht, worin jede Besteuerung des Natur- weins als eine schwere Schädigung der Wein­gärtner und hauptsächlich auch des Wirtsstandes bezeichnet wird, da 1) die projektierte Reichs­weinsteuer eine ungerechte, einseitige Belastung der Bewohner einzelner Teile des Reiches sei; 2) da im Hinblick auf die gemachten Erfahr­ungen eine Werlbesteuerung des Weins mit den grüßten Unzuträglichkeiten für Weingärtner und Wirte verbunden sei und zu zahlreichen Kolli­sionen und Widerwärtigkeiten mit den des sach­verständigen Urteils entbehrenden Organen der Steuerverwaltung führte, und 3) weil eine Be­steuerung des Weins durch das Reich eine schwere Schädigung der Interessen Württem­bergs bedeute, zumal von allen Bundesstaaten Württemberg die höchste Weinsteuer bereits be­sitze. deren Wegfall nur durch Erhöhung der direkten Steuer ausgeglichen werden könne.

Stuttgart, 3. Nob. Die Frage der Leichendesratlung, ob verbrennen oder begraben, beschäftigte gestern den Männerabend des Jo­hannesvereins. Stadtpfarrer Traub hatte das Referat übernommen und führte an der Hand einer reichen Literatur die für die Leichenver­brennung geltend gemachten Gründe vor, das zu bildende Urteil jedem selbst überlassend. Bekanntlich sind die kriminal-juristischen und theologischen Bedenken und Einwendungen gegen die Leichenverbrennung am größten, aber aus diesen Ständen mehren sich die Stimmen für die Verbrennung. Referent zeigte, daß die Bibel und Christus selbst keine Stellung zu der Frage einnehmen, und daß die Christen bis zn Karl dem Großen ihre Leichen verbrannten. Die Sitte des Begräbnisses sei kein Glaubens­bekenntnis, sondern neutrales Gebiet und man solle jedem die Freiheit lassen, hierin zu handeln, wie er wolle; namentlich aber solle man die kirchliche Mitwirkung bei Leichenverbrennungen nicht versagen. Mehrere Redner, darunter auch Stadtpfarrer Gerock. sprachen sich im gleichen Sinne aus und fußten darauf, daß die Aufer­stehung durch die Kraft Gottes geschehen werde, daß man die fakultative Verbrennung gestatten, daß man die Anhänger der Verbrennung nicht gering achten, und ihnen die kirchliche Beteilig­ung nicht verweigern solle.

Stuttgart. Daß nicht alles Gold ist, was glänzt, beweist Cafe Vechtel, welches mit seinen Gläubigern ein Arrangement treffen will. In den hiesigen Wirtskreisen beginnt es bedenk­lich zu krachen. Außer einem Restaurant 1. Ranges hat nun auch eine andere bekannte Re­stauration sich genötigt gesehen, ihren Gläubigem ein Arrangement zu 36 Prozent anzubieten und wenn nicht alle Anzeigen trügen, werden die>e Erscheinungen kaum vereinzelt bleiben. Der gegenwärtige Geschäftsgang und die Errichtung der sogenannten Bierpaläste machen den kleineren Restaurationen hier das Leben sehr sauer.

Fortsetzung in der Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.