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der bei einer Explosion getöteten russischen Matrosen fand inmitten von Tausenden von Teilnehmern statt.
London, 3. Nov. In Carmathen in Südwales fand gestern ein Erdbeben statt, infolge dessen 16 Schornsteine einstürzten. Es herrscht große Panik.
Unterhaltender Heil.
Eine unheimliche Überraschung.
Humoreske von B. Corony.
(Nachdruck verboten.)
An einem wunderschönen Herbstabende lag Herr Kaufmann Mopler mit zornrotem Gesicht, halb ohnmächtig in einem Lehnstuhl und war Gegenstand der zärtlichsten Fürsorge seiner Gattin, Tochter und Köchin.
Er hatte eben wieder — wie leider schon oft — einen erbitterten Streit mit seinem Commis Franz Hecht gehabt, sich aber endlich zu einer großen That aufgerafft und dem Stören- fri.d, der wahrhaft teuflisches Vergnügen darinnen suchte, ihn zu ärgern, die Thüre gewiesen. Sieger war er diesmal geblieben — aber welch ein Kampf! Welche Aufregungen! Die wasser- blauen Aeuglein quollen ihm förmlich aus dem Kopfe und er mußte sich mit einem Zeitungsblatte Luft zufächeln, um nicht noch nachträglich vor Wut zu ersticken.
„Sei doch zufrieden, daß Du den abscheulichen Menschen los hast," tröstete Rosalinde, seine Gattin.
„Sis o guat, daß er draußtcn is!" stimmte Rest, die Köchin, bei, welche durch eine seltsame Verkettung von Umständen von Oesterreich nach Treuenbrietzen verschlagen worden war, nachdem ihre Herrschaft, die sich erst in der Reichshauptstadt niederlassen wollte, es plötzlich vorgezogen hatte, über das Meer zu schiffen.
„Ja. ja — Gottlob! Ich bin befreit — erlöst!" seufzte der Hausherr, tief aufatmcnd.
„Herr Mopler — lieber Herr Mopler! Sie sind doch nicht etwa krank? Soll ich Ihnen vielleicht ein Brausepulver einrühren?" fragte eine Stimme von dem Fenster der im Erdgeschoß gelegenen Wohnung her.
Vater, Mutter und Tochter schrieen laut auf vor Entrüstung. Da wagte der Unverschämte den Kopf ins Zimmer zu stecken und dabei so höhnisch zu lächeln, daß sein von borstigem roten Haar umrahmtes Gesicht wirklich etwas Koboldartiges bekam.
„Welche Dreistigkeit! — Das ist denn doch zu arg! — Wollen Sie sich jetzt augenblicklich fortpacken?" tönte es wirr durcheinander.
„Wann's nöd schau'n, daß weiter kommen, hernacher hol' i d' Polizei!" schaltete Rest ein.
„Ja wohl, meine Herrschaften, ich habe nur etwas vergessen!"
„Was denn?"
„Meinen verehrten Chef um eine Locke seines Haares als Andenken zu bitten."
„Welche Frechheit!" stöhnte Herr Mopler.
„Na, so was thät' i mi nöd amal trauen!" rief die Köchin.
„Sie versagen mir also diese Gabe?" fragte Hecht mit empörendem Hohn. „Gut! dann sollen Sie sich überzeugen, daß ich liebenswürdiger bin als Sie, denn ich beabsichtige Ihnen demnächst eine ganz entzückende Ueberraschung zu bereiten. Deckenhoch werden Sie springen vor Vergnügen — deckenhoch! Ha, ha, ha! Freuen Sie sich nur einstweilen. Ich halte Wort. Bevor dieses Jahr zu Ende geht, hören Sie von mir."
Er war verschwunden. Frau Rosalinde beeilte sich, das Fenster zu schließen und die Vorhänge zuzuziehen.
„Denken wir nun nicht mehr an dieses Ungeheuer!" sagte sie. „Die Sache ist abge- than. Suchen wir zu vergessen, daß es jemals einen „Hecht" gegeben hat."
„Ja, Du hast recht!" stimmte Herr Mopler bei, welcher sich zu erholen anftng, und fügte zu seiner Tochter gewendet hinzu: „Hole eine Flasche Punschextract, wir wollen heule so recht seelenvergnügt sein."
Hannchen flog davon, den Befehl zu erfüllen , wechselte aber bei dieser Gelegenheit einige vielsagende Blicke mit dem jungen Dro- guisten Paul Frank, der in der geöffneten Thür seines Ladens stehend, zärtlich herüber lächelte. Daß auch der Vater von dem Paul nichts wissen wollte! Daß er sich durchaus den Herrn Revisor als Schwiegersohn ersehnte, der doch sogar um fünf Monate älter war als er selbst und so dürr und langbeinig, daß es aussah als ob er auf zwei Hopfenstangen durch das Leben stelzte! — Doch jetzt war nicht der geeignete Moment über die beklagenswerten Verirrungen des väterlichen Geschmackes nachzudenken: es hätte sonst leicht ein Donnerwetter bei blauem Himmel setzen können.
Das hübsche Mädchen winkte dem Gegenüber noch einmal grüßend zu und lief dann in die Stube zurück.
Bald >iand eine herrliche Bowle auf dem Tisch und als wenige Minuten später, zu Hann- chens Schrecken, Revisor Lerche eintraf, klangen die Gläser eifrig aneinander und Herr Mopler kam in so rosige Laune, daß eine zweite und endlich sogar eine dritte Flasche Extract geholt wurde und derJubel etwasbacchanalisches annahm.
Am nächsten Morgen jedoch zeigte der Hausherr eine auffallend düstere Stimmung, welche die Seinigen aber aus Rechnung eines kleinen, unschuldigen Katers setzten; denn es ist eine bekannte und unanfechtbare Thatsache, daß solche Tierchen gerne aus den Düften einer wohl gebrauten Bowle hervorzukriechen pflegen. Allein die Melancholie wollte nicht weichen, sie wurde im Gegenteil schwärzer und schwärzer und endlich geradezu besorgniserregend. Das sonst so feiste, in schönster Purpurglut strahlende Gesicht des Herrn Mopler war von fahler Blässe bedeckt, seine trüben Augen erzählten von schlaflosen Nächten und bei jedem noch so unverdächtigen Geräusche, fuhr er mit entsetzter Miene von seinem Stuhl empor.
Frau Rosalinde beobachtete ihn erst schweigend, aber als Wochen vorüberzogen und der beunruhigende Zustand sich immer noch verschlimmerte, hielt sie es doch für dringend geboten, den Ursachen dieses geheimen Grames nachzuforschen.
(Fortsetzung folgt.)
(Beinahe 2000 Milliarden Gulden) — mit Zins und Zinseszins — sollen nach der Tägl. Rundsch. die Stadt Berlin und das Hohen- zollernhaus der Stadt Mittenwalde in Brandenburg schuldig sein, und die Stadtverordnetenversammlung von Mittenwalde soll schon beschlossen haben, eine „angemessene" Entschädigung für diese Schuldforderung zu verlangen. Die Stadt Berlin soll nämlich im Jahre 1562 von der Stadt Mittenwalde 400 sl. entlehnt haben, nachdem der Kurfürst Joachim bereits im Jahre 1549 derselben Stadt 700 fl. schuldig geworden war. Die Beträge sollen bis zum heutigen Tage noch nicht zurückbezahlt sein, so daß sich mit den bei der Aufnahme der Darlehen vereinbarten 6 Prozent Zinsen und den Zinseszinsen die erwähnte riesige Summe ergeben würde. Die Schuldurkunden sollen durch Zufall auf dem Boden des Mittenwalder Rathauses unter alten Akten aufgefunden worden sein. — Diese Schuldurkunden, von denen, wie weiter gemeldet wird, angeblich Magistrat und Stadtverordnete von Mittenwalde gegen die Rechtsnachfolger der Schuldner Gebrauch machen wollen, dürften wohl nur historischen Wert haben.
Brüssel, 31. Okt. Eine höchst wunderbare und rührende Geschichte, welche ihren Eingang auch in der belgischen Presse gefunden hat, weiß der Figaro zu erzählen. Am 17. Oktober, an welchem Tage bekanntlich die russischen Seeoffiziere in Paris ankamen, wurde nämlich einem dort wohnenden Fräulein Clement von ihrer Bernhardinerhündin ein Junges geboren, welches auf der Stirn zwei Flecken hatte, die mit überraschender Deutlichkeit den kaiserlich russischen Doppeladler darstellten. Diese wunderbare Erscheinung rief natürlich in dem ganzen Viertel die größte Aufregung hervor. „Selbst die
skeptischsten Personen wogten es nicht, an einen bloßen Zufall zu glauben, sondern nahmen ein wirkliches Wunder an", welches zur Verherrlichung der russisch-französischen Verbrüderung stattgefunden hätte. Der Hund wurde „Paris" getauft und bei sorgsamster Pflege unter Beobachtung gestellt in der Erwartung, daß sein Fell vielleicht die Farben der französischen Trikolore annehmen würde, was indessen bis dahin leider noch nicht geschehen ist. Inzwischen hatte Frl. Clement, eine ausgezeichnete Patriotin, keinen sehnlicheren Wunsch, als das Wundertier der Zarin zu verehren, und sie wandte sich zu diesem Zwecke brieflich an einen in Paris weilenden Neffen des Zaren, den Prinzen Georg Romanowski. Dort fand der Jungfrau Bitte sofort Erhörung und der Hund wurde dem Lieutenant Astachoff von der kaiserlichen Garde übergeben, der demnächst nach Petersburg reist, um das Tier persönlich der Zarin zu überbringen. Das ganze sensationelle Ereignis hat begreiflicher Weise auch auf die hier in Brüssel weilenden Franzosen und ihre gallophtlen Freunde einen bedeutenden Eindruck gemacht, und man wartet jetzt Hierselbst darauf, ob nicht zur Vervollständigung des Wunders in nächster Zeit ein merkwürdiges Tier ähnlicher Art, wie z. B. ein russischer Bär mit einem gallischen Hahn auf der Brust, als Gegenleistung aus St. Petersburg bei Madame Carnot eintreffen werde.
Ueber eine ergötzliche Hasenjagd wird, wenn auch in nicht mehr ganz neuer Weise, -aus Eschenbach in Franken folgendes berichtet: Vergangen»: Woche gewahrte eine Bauersfrau aus der Umgehend zu ihrer großen Freude einen schlafenden Ha, n auf dem Feld. Schnell entschlossen nahm sie ihr Taschentuch, in dessen Knoten sich eine Barsumme von 200 ^ befand, band dem Hasen die Läufe zusammen und ließ ihn in ihrem Armkorb verschwinden. Doch nicht allzulange sollte sich die Frau ihrer Beute erfreuen, denn mit einem Satz sprang der Vierfüßler aus seinem Versteck hervor und mit dem Geld davon. Bis jetzt konnte man des Häsens nicht habhaft werden und die Sache wird auch noch vor Gericht kommen, da der betreffende Jagdpächter von dem Vorfall Kenntnis erhalten hat.
Ganze Rudel Wölfe treten zur Zeit in den Ardennen auf. Nach dem Volksglauben ist dieses das Anzeichen eines sehr harten Winters. Auch der Antwerpener wetterkundige Major Waelput kündigt vom Januar 1894 ab einen sehr harten, schnee- und frostreichen Winter an.
Eine originelle Berichtigung enthalten die Dresdener Nachrichten vom 17. ds.: „Es ist unwahr, daß ich in der ersten Wählcrver- sammlung der Deutschen Reformpartei von einer „Opportuniläts- und Schweinepolitik" des Landtags gesprochen habe, wie in dem Berichte der Dresdener Nachrichten vom 15. ds. zu lesen ist. Ich habe, wie das Stenogramm meiner Rede bestätigt, von einer „Opportuniläts- und Schweigepolitik gesprochen. Hochachtungsvoll Oswald Zimmermann, M. d. R."
Nur immer höflich. In Nr. 224 des Ellwanger Tageblattes befindet sich folgende Annonce: „Anfrage. Bei den betreffenden Kraut- und Rübendieben möchte ich anfragen, ob sie bald genug haben. Espachwetler, den 22. Okt. 1893. Bäcker Simmel."
(Schwiegermutterideal) „Wie, Du sagst in Deiner Schwiegermutter hättest Du ein Ideal gefunden?" — „Jawohl. Auf die passen nämlich alle Witze, die bisher über Schwiegermütter gemacht wurden!" -
„rollt
wie viel Geld Sie sparen, wenn Sie Ihren Bedarf an Manufakturwaren. Herren- u. Damcn- kleiderstoffen, Hemdenflanellen, Aussteuerartiket r -
bei Ludwig Becker vorm. Ehr. Erhardt in Pforzheim decken. Ein Versuch wird Sie von °er enormen Billigkeit überzeugen. .
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.