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meinde ihren Einzug in die schönen, hohen Hallen, von Orgelspiel und dem Chor begrüßt:Jehovah, in deinem Namen sei Ehre!" Dekan Braun aus Calw vollzog mit beredten, herzlichen Worten die Weihe der Kirche Stadtpfarrer W. von hier hielt die Festpredigt, dann wurden zwei Kinder getauft, und zum Schluß wandte sich Prälat Dr. m Wittich mit einer ergreifenden Ansprache an die Gemeinde und erteilte ihr den Segen. Dazwischen trug der Liebenzeller Kirchenchor einige Lieder vor. Bei dem Festmahl im Gast- hos zumOchsen" entwickelte sich unter den zahlreichen Teilnehmern bald die richtige Fest­stimmung und Reden und Toaste wollten nimmer enden. Nachmittags wurde ein liturgischer Gottes­dienst gehalten, zu dem der Calwer Kirchenchor bestellt worden war.

Birkenfeld, 31.Okt. (Einges.) Heute nach­mittagwurde zur großen Freude der Einwohner die Ortsleitung der neuen Wasserleitung einer Probe unterzogen. welche zur vollsten Zufriedenheit ^ ausfiel. Wie groß die Freude der Birkenfelder über die Verwirklichung der schon lang ersehnten Wasserversorgung ist, dürste aus nachstehenden Inschriften, eines hiesigen Dichterlings, welche an den einzelnen Brunnen zu lesen sind, her­vorgehen :

An der Pumpstation:

Hier wird gepumpt, so Gott will bis in Ewigkeit, Wem's nicht gefällt, der raisonniere wie ein Heid!"

Am Rosabrunnen:

O Herrengaß, du warst so.trocken, dir fehlte was; Wohl bot die Krone dir Reh und Haas, auch Bier und Wein,

Batest du aber um Wasser die Wirtin fein,

Rief sie aus der Küche zum Zimmer herein:

Wasser? Wasser? Mein Herr, das giebts bei uns nicht, Heute mußt, ich mit Wein waschen mein Rosagesicht!"

Gräfenha userthorbrunnen:

Ach wie freut sich Ochs und Kuh,

Daß man sie läßt vom Wasserfahren in Ruh!"

Michelsbrunnen (b. Adler):

Hier Wanderer trat schreiend die Wassernot zu Tag, Während der deutsche Michel gähnend im Bette lag."

Brunnen beim Bürgermeister: Jubiliere, du Bürgermeister, mit mir! Bei mir lauft ein Geschäft; mache mirs nach, ich gratuliere dir!"

Tillybrunnen (b. alten Rathaus):

Nun lebe ich, bin neu verjüngt; ich bin der Adler, der euch winkt."

Eselsbrunnen (b. Pfarrhaus): Eselsbrunnen wurdest du genannt, von Leuten mit Hellem Verstand; heute bin ich zum Läufer erhoben, der Esel, er mußte die Treiber loben!"

Pforzheim, 31. Okt. Der Stadtrat beschloß für die Vorarbeiten betr. einer Bahn- anlage von Pforzheim über Ellmen­dingen nach Ettlingen ein aus An­lehensmitteln zu entnehmender Betrag von 1500 Mark zu bewilligen. Es ist im Ganzen an den betr. Ingenieur eine Vergütung von 7500 ^ zu be­zahlen, wovon 1500 ^6 bei Baubeginn von der Baufirma zu bezahlen sind, während für den Rest mit 6000 die interessierten Gemeinden aufzukommen hätten. An dieser Summe zahlen Weiler 400 Ottenhausen 500 -^6, Itters­bach 100 vlL, Auerbach 200 -/A, Langenstein­bach 1500 -F6, Reichenbach 300 Busenbach 200 i/kL., verschiedene württembergische Gemein­den 400 Dietlingen (das schon früher 1900 ^6) und Ellmendingen (das schon 900 bezahlt hat) jetzt wieder 200 ^ und Ettlingen 500 ^6 Das Bahnprojekt Pforzheim-Ellmendingen- Ettlingen ist nunmehr fertiggestellt. Infolge­dessen wird nun demnächst ein Vertreter der Bausirma Soenderop von Berlin in unserer Gegend erscheinen, um von der abgesteckten Bahn­linie Einsicht zu nehmen und Bedingungen zu stellen, unter denen die Firma den Bau und Betrieb der Bahn übernehmen wird.

Deutsches Weich.

Herzog Alfred von Koburg weilte vom Samstag bis Montag anläßlich der Ab­stattung seines Antrittsbesuches am kaiserlichen Hofe, vom Kaiser mit besonderer Auszeichnung behandelt. Am Montag Abend reiste der Herzog nebst seiner Begleitung wieder ab.

Berlin. 31. Okt. Der Kaiser beabsich­tigt den Reichstag persönlich zu eröffnen.

Berlin, 31. Okt. Prinz Viktor von Italien, der L la 8uil6 des hiesigen Garde- Kürassierregiments geführt wird, hat dem Re­giment eine Summe von 5000 zur Ver­fügung gestellt. Das Geld soll unter die Unter­offiziere und Mannschaften verteilt werden.

Berlin, 29. Okt. Ueber den Kriegs­minister Bronsart v. Schellendorf wird von einer ihm nahestehenden Seite Folgen­des mitgeteilt: Bronsart von Schellendorf ge­hört zu jenen Militärs, die beim Zivil beliebter sind als im Heere. Er hat im Umgang mit Zivilbehörden allezeit ein solches Maß von Ent­gegenkommen und so urbane Formen gezeigt, daß man z. B. in Hannover den General nicht genug zu loben weiß. Im Heere dagegen ge­nießt er zwar als tüchtiger Militär unbedingt allseitige Achtung, aber er wird auch wegen seiner zwar gerechten, doch unerbittlichen Strenge gefürchtet. Seine Ernennung zum Kriegsministcr fand übrigens fast allgemein freundliche Auf­nahme. Man glaubt von ihm voraussetzen zu können, daß sein Nacken steif genug sein wird, um sich auch vor sehr hohen Wünschen nicht ohne Weiteres zu beugen. Es steht für alle Eingeweihten fest, daß unter dem neuen Kriegs- minister für die Reform der Militärgerichtsbar­keit im Reiche noch weniger zu erwarten ist als unter seinem Vorgänger. General Bronsart v. Schellendorf teilt die Abneigung des Reichs­kanzlers und so vieler anderer hoher Offiziere gegen die Oeffentlichkeit des Militärverfahrens vollständig, wobei er bekanntlich an höchster Stelle einen starken Rückhalt findet. Es wird wahrscheinlich den Wünschen der Volksvertretung mit einigen kleineren Reformen sehr bereitwillig entgegentreten, in der Hauptsache aber wird es beim Alten bleiben.

Der sozialdemokratische Parteitag in Köln ist am vergangenen Samstag nach siebentägiger Dauer wieder geschloffen worden. In der letzten Sitzung kam u. A. auch ein An­trag zur Verhandlung, demzufolge nach Ablauf der Aemter des Parteivorstandes höchstens drei Mitglieder der bisherigen Parteileitung wieder in den Parteivorstand gewählt werden dürfen und wonach ferner kein Genosse länger als 2 aufeinander folgende Jahre dem Vorstande an­gehören soll. Mit knapper Majorität wurde indessen der Antrag, der so bedenklich an den Parteiprivilegien der Herren Singer, Bebel, Fischer rc. zu rütteln wagt, abgelehnt, ebenso lehnte dasHaus" auch eine Resolution ab, man solle nicht alle radikalen Elemente terrori­sieren, welcher Beschluß des Kölner Parteitages demnach die bekannte Haltung der offiziellen Leitung der sozialdemokratischen Partei gegen die Unabhängigen billigt.

Nach den Ergebnissen der in Baden voll­zogenen Abgeordnetenwahlen wird die zweite badische Kammer künftig folgende Zu­sammensetzung aufweisen: 30 Nationalliberale,

23 Zentrumsmitglieder, 5 Freisinnige u. Demo­kraten, 3 Sozialdemokraten und 2 Konservative. Die Nationalliberalen haben also ihre bisherige absolute Mehrheit in der badischen Volksver­tretung eingebüßt, indessen bleiben sie daselbst nach wie vor die stärkste Partei, und können sie sich demnach auch fernerhin einen maßgeben­den Einfluß auf den Gang der Geschäfte wahren.

Karlsruhe, 28. Oktbr. Gegenüber der häufigen Klage über den Rückgang der Erwerbs­verhältnisse, bietet die Thatsache, daß die Heirats­lust eine erhebliche Steigerung erfahren hat, ein tröstliches Bild. Die Zeiten müssen doch nicht so ganz unglückliche sein, wenn an einem Tage, wie es z. B. heute der Fall ist, 22 Paare den Bund für das Leben schließen.

Württemberg.

Se. Majestät der König begiebt sich am 6. Novbr. nach Bebenhausen. Am 7. Nov. trifft Se. Maj. der Kaiser zur Abhaltung von Jagden dort ein. Der Kaiser reist direkt nach Bebenhaujen. Der Aufenthalt des Kaisers soll 23 Tage dauern. Ihre Maj. die Königin begiebt sich dem Vernehmen nach am 1. Nov. nach Hohenburg in Bayern. Die Königin wird etwa 10 Tage dort verweilen und dann

nach Bebenhausen zurückkehren, wo nach dem Besuche des Kaisers das Hoflager auf kurze Zeit aufgeschlagen werden.

Auf Grund des Art. 6 der Reichsverfassung istzvon dem König der Staalsminister des Innern v. Schmid zum Bevollmächtigten zum Bundes­rat ernannt worden.

Heilbronn. 29. Okt. Der Durchschnitts­preis der hiesigen Weine, wie er von der Kelter­inspektion berechnet wurde, war Heuer ein auf­fallend niedriger und stand zu den hier meist vortrefflichen Weinbergslagen in keinem Ver­hältnis. Eine größere Anzahl von Weingärtnern machte deshalb eine Eingabe an den Gemeinde­rat, worin um Untersuchung der Sache gebeten wird. Letzterer beauftragte in Anbetracht der Wichtigkeit der Sache die Kelterkommission, Nach­forschungen anzustellen; es wurde aber zugleich hervorgehoben, daß die Preise eben blos nach den Verkäufen in der Stadtkelter berechnet wor­den seien; hätte man aber auch die Ergebnisse aus den Privatkeltern in Betracht ziehen können, so wäre der durchschnittliche Preis jedenfalls ein höherer geworden.

Nagold, 30. Okt. Gestern Nachmittag '/-I Uhr starb hier ganz unerwartet schnell in­folge Blutvergiftung vr. moä Gmclin. Ob­wohl derselbe eine ganz unbedeutende Verletzung der Hand, die er bei der Sektion des ermordeten Braeuning in Wildberg sich zugezogen, nicht unbeachtet ließ, dabei aber bis vergangenen Samstag Nachmittag seinem Berufe nachging, so verschlimmerte sich sein Zustand am letzten Samstag nachts derart, daß herbeigerufene ander­weitige ärztliche Hilfe sich als verspätet erwies und er des andern Tags (Sonntag) nachmittags nach 12 Uhr seinen Geist aufgab. Die allge­meinste aufrichtigste Teilnahme bekundet sich in Stadt und Land für den tüchtigen kräftigen jungen Arzt.

Freuden st adt, 29. Okt. Ein 26 Jahre alter, lediger Mann in der zu Rippoldsau ge­hörigen Parzelle Holzwald erhielt vom Arzte ein Medikament verordnet; statt nun die ärztliche Verordnung beim Einnehmen des Medikaments zu beachten, trank der Bedauernswerte auf ein­mal das ganze Quantum, was trotz rascher ärztlicher Hilfe seinen Tod zur Folge hatte.

Baurat Ehmann und die beiden Bezirks­vorstände von Nagold und Calw bereisten am 26. Oktober sämtliche Orte auf dem Hinteren Wald, welche im letzten Sommer an Wasser- manael viel zu leiden hatten. Dieselben sollen zu einer Wasserverforgungsgruppe vereinigt und das gemeinsame Reservoir bei Hühnerberg- Meistern oder Oberweiler angelegt werden.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht om 30. Okt. von dem Vorstand Friß Kreglmger.j Schluß der abgelaufenen Woche haben sich die lreife für Brotfrüchte am Weltmärkte etwas gebessert, hne daß jedoch der Verkehr an Lebhaftigkeit gewonnen Lite. Gerste und Hafer bleiben gesucht. Die füb- eutschen Märkte waren gut beschickt, ohne nennenswerte .'enderung. Der Hopfenmarkt war heute mit 125 lallen befahren, wovon 20 Ballen abgegeben wurden nd zwar für geringe Qualität zu 210220 Mk., mittel r 224240 Mk., prima zu 242250 Mk. Die Börse t gut besucht. Verkauf ziemlich belangreich. Wir ,ro- eren per 100 Kilogramm: Weizen, alt, fränk. 17 Mk. 0 Pf., bayr. 17 Mk. 30 Pf. bis 17 Mk. 50 Pf., Land

6 Mk. 50 Pf. bis 18 Mk., La Plata 17 Mk 25 Pf.

rmän. 17 Mk. SO Pf., dto. alt 16 Mk. 75 Pf., Kansas < . 50 Pf. bis 17 Mk. 75 Pf., Kernen 17 Mk.

0 Pf. bis 18 Mk., Gerste württ. 18 Mk., Oberländer

8 Mk.. fränk. 18 Mk. 30 Pf. bis 18 Mk. 80 Pf., ngar. 18 Mk. SO Pf. bis 20 Mk. 50 Pf., Nördlinger

9 Mk. 50 Pf., Hafer, Holländer 19 Mk. 50 Pf., Alb, lt 18 Mk., Alb neu 18 Mk. 50 Pf., württ. 17 Mk. bis

7 Mk. 50 Pf., prima 18 Mk. 90 Pf. bis 19 Mk. 50 Pf., umän. la. 18 Mk. 60 Pf. geputzt, Mais, Donau 12 Mk. 0 Pf. Mehlpreise per 100 Kilo. inkl. Sack bei Sagenladung: Mehl Nr. 0: 28 Mk. 50 Pf. bis 2S llk. 50 Pf., Nr. 1: 26 Mk. 50 Pf. bis 27 Mk. 50 Pf., kr. 2: 25 Mk. bis 25 Mk. 50 Pf., Nr. 3: 23 Mk. bis 3Mk. 50 Pf., Nr. 4: 19 Mk. bis 19 Mk. 50 Pf. suppengries: 29 Mk. 50 Pf. Kleie mit Sack 10 Mk. er 100 Kilo je nach Qualität.

Stuttgart, 31. Okt. Kartoffel- und Kraut» »arkt. Zufuhr am Leonhardsplatz: 700 Ztr. Kar- offeln, Preis per Ztr. 2 Mk. 30 Pf. bis 2 Mk. 80 Pf. jufuhr am Marktplatz:^5000 Stück Filderkrani, Preis

Fortsetzung in der Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.