in Begleitung des Dompräbendars Rieg und des Dekans Schneider in die Zuchthausanstalt, um daselbst neun Firmlingen das hl. Sakrament der Firmung zu spenden.

Stuttgart, 27. Okt. Obgleich die Er­gänzungswahlen für den Gemeinderat in den meisten Städten des Landes erst anfangs De­zember stattsinden, rüsten sich doch die Parteien schon jetzt zum Wahlkampf. In Stuttgart scheinen die Sozialdemokraten, welche voriges Jahr zwei Mandate im Bürgerausschuß erobert haben, nun­mehr auch Verlangen nach einigen Gcmeinderats- stühlen zu haben, indem sie ihre Genossen auf­sordern , das Stadtbürgerrecht um den Preis von 10 ^ und damit ihr Gemeindewahlrecht zu erwerben. Die sozialistische Parteikosje ersetzt ihren ärmeren Genossen den ganzen Betrag oder einen Teil desselben für die Erwerbung des Bürgerrechts. Infolge dessen sehen sich auch die Ordnungsparteien veranlaßt, diejenigen Ein­wohner. welche noch nicht das Bürgerrecht der Stadt besitzen, aufzufordern, sich beizeiten ihr Wahlrecht zu sichern.

Von de» Geld- und Warenbörsen.

Stuttgart, 26. Okt. Die europäischen Geldbörsen stehen nach wie vor unter dem Druck des Kampfes um das Gold. Die Finanzminister von Oesterreich-Ungarn müssen verzweifelte Anstrengungen machen, um die mit großen Opfern beschaffte Golddeckung für die Batula- regulierung im Lande zu erhalten, weßhalb in Wien anläßlich der Ultimoregulierung sich große Geldknappheit zeigt. Aus den Vereinigten Staaten kommen zwar be­ruhigende Meldungen, wonach die Tage des Sherman­gesetzes gezählt sein sollen, aber ein sicheres Resultat liegt eben noch nicht vor. Erst am letzten Tage der Berichtswoche trat in Berlin eine freundlichere Stimm­ung ein, da der Wochenausweis der Reichsbank eine steuerfreie Notenreserve von 100 Mill. angiebt, und auch die italienischen Werte sich wieder etwas erholen konnten, nachdem wenige Tage zuvor an den italien. Bankplätzen eine förmliche Panik ausgetreten war. Letztere war die Folge der einander sehr widersprechen­den Reden italien. Staatsmänner und Fraktionsvorstände die angesichts der äußerst schwierigen Finanzlage Italiens über die Mittel zu deren Besserung nicht einig sind. Mit Ausnahme von Hafer, der infolge der lebhaften Nachfrage bei ungenügendem Angebot abermals eine Preissteigerung erfuhr, verkehrten die Getreidebörsen in der abgelaufenen Woche in matter Haltung bei weiter weichenden Preisen für Brotfrüchte. Die Baumwollmürkte verkehrten wie in der Vor­woche in schwacher Haltung bei sinkenden Preisen. Die täglichen Umsätze in Liverpool sind für die gegenwärtige Jahreszeit ziemlich geringfügig. Die Terminpreise für amerikanische Sorten sind gegenüber dem Schluß der Vorwoche um durchschnittlich 8 Points niedriger. Auf den Zuckermärkten dauerte auch in der abgelaufenen Berichtswoche die schwache Haltung an, und die Preise sind abermals zurückgegangen. Auf den Kaffeemärkten hat sich die schon in voriger Woche eingetretene Besser­ung sowohl bezüglich der Lebhaftigkeit des Geschäfts als der Preise fortgesetzt, und letztere sind abermals in die Höbe gegangen.

Ausland.

Der englische Ministerpräsident Gladstone will bekanntlich von einer Auslösung des eng­lischen Parlaments nichts wissen, sondern in der nächsten Herbstsejsion eine Reihe von Vorlagen, welche England und Schottland betreffen, im Unterhaus durchsetzen. Damit sind aber die Iren gar nicht einverstanden, daß das Homerule auf die lange Bank geschoben werde und fordern die alsbaldige Regelung der Frage wegen der vertriebenen irischen Pächter und für 1894 die vollständige Durchsetzung des Homerule, widrigen­falls sie bei der nächst besten Gelegenheit gegen die Regierung stimmen wollen, wodurch letztere ohne weiteres in die Minderheit käme und zum Rücktritt gezwungen würde. Die Truppen der cnglisch-ostafrikanischen Gesellschaft haben dem König der Matabeles Lobengula eine schwere Niederlage beigebracht und hoffen, letztere gänz- lich niederwersen zu können.

Pariser Weltausstellung 1890. Der Präsident der französischen Republik hat ein Dekret erlassen, welches die nächste Weltaus­stellung in Paris für das Jahr 1900 bestimmt. Bezüglich der Pariser Weltausstellung 1890 be­merkt diePapier-Zeitung":Der Erfolg Deutschlands in Chicago hat, soweit wir die Stimmung beurteilen können, die Ansichten übe? den Wert der Teilnahme an fremden Ausstell­ungen erheblich geändert und man glaubt all­gemein. daß Deutschland 1900 in Paris nicht fehlen darf.

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Telegramme an den Enzthäler.

Das Berl. Tagblatt meldet aus Posen: Der Sohn des Gutsbesitzers Bredow auf Sydnow wurde von 2 Knechten ermordet, weil er denselben Vorwürfe gemacht hatte, daß sie die Pferde nicht rechtzeitig fütterten. Die Thäter sind verhaftet.

Toulon, 28. Okt. Bei dem Diner in der Präfektur brachte Carnot einen Trinkspruch aus. worin er sagte, nach so spontanen und so feierlichen Kundgebungen in Kronstadt und Toulon danke ich den französischen und rusijchen Seeleuten, daß sie ihre Mission als Bindeglied der Sympathien, beiden Völkern zu dienen, so würdig erfüllt haben. Ich trinke auf den Zar und die Zarin, sowie auf die Freundschaft der beiden Nationen und auf den durch die Freund­schaft gesicherten Weltfrieden. Avellan dankte für den enthusiastischen Empfang namens des dankbaren Rußlands und trank auf das Wohl Carnots und Frankreichs, der edlen. Rußlands befreundeten Nation.

Washington, 28. Okt. Im Senat wurden die Amendements betr. die Wiederin­kraftsetzung des Gesetzes über freie Ausprägung des Goldes und Silber vom Jahr 1837 abge­lehnt. Eine Resolution, wonach der Antrag Vorhes betr. die Aufhebung der Shermanakte im Repräsentantenhause angenommen und an Stelle des fast gleichlautenden Antrags Wilson treten solle, wurden mit 58 gegen 9 Stimmen angenommen.

Unterhaltender Heil.

Um eine Million.

Erzählung von Eugen Eiben.

(Fortsetzung 6.)

(Nachdruck verboten.)

Graf Wahnfried oder Freiherr von Adels­heim befand sich mit dem Baron von Wildenthal, der in einem Boulevard-Hotel abgestiegen war, allein im Zimmer. Die junge Baronin war mit ihrer Dienerin nach einem Modemagazin gefahren.

Deine Briefe enthielten in letzter Zeit nichts als Klagelieder, Graf Wahnfried," sagte der Baron.Die Million, welche ich Dir gab, hast Du in einigen Jahren verschwendet und bist heute wieder wie damals in einer verzweifelten Lage. Ich hoffte, Du würdest wirtschaftlicher, solider werden. Die Summe genügte, um Dir ein sorgenfreies Leben zu sichern aber nein! Du ruhtest nicht eher, als bis Du sie durchge­bracht hattest! Und nun soll ich Dir wieder helfen! Du verlangst Geld bist sogar so bescheiden, nur eine Million zu fordern. Warum nicht mehr? Mein ganzes Vermögen? Du weißt doch, daß ich's Dir mit Vergnügen geben würde!"

Du spottest, lieber Baron," erwiderte Graf Wahnfried,doch ich verzeihe. Ich glaube schon, daß es Dir schwer wird. Dich von einer zweiten Million zu trennen, aber alles Sträuben nützt Dir nichts! Du mußt zahlen!"

Ich muß?" hohnlachte der Baron.Wenn ich aber nicht will?"

So zwinge ich Dich!" rief der Graf zornig. Bin ich es nicht gewesen, der Dich reich ge­macht? Habe ich nicht Deinen Kousin, den Baron von Hohenwald, im Duell erschossen, damit Du sein Erbe würdest? Meinst Du, daß ich um eine Million zum Mörder geworden bin?! Nein, mein Freund! Das Erbe gehört mir mindestens zur Hälfte, und ich werde nicht eher aufhören, Dich zu verfolgen, bis ich mein Teil habe - fünf Millionen! Du schuldest mir also jetzt.noch vier Millionen! Million um Million fordere ich ein nach und nach zahlen mußt Du, ohne Federlesen!"

Der Baron war bleich geworden, seine Augen blitzten unheimlich, und krampfhaft ballte er die Rechte.

DIDu bist unverschämt!" entgegnete er mit mühsam erzwungener Ruhe.Du spannst den Bogen zu straff! Ich hätte Dir vielleicht noch hunderttausend Mark gegeben, aber jetzt be­kommst Du keinen Pfennig! Deine Drohung verlache ich!"

Hüte Dich!" zischte der Graf.Wenn Du nicht zahlst, treibe ich Dich zum Schaffot! Wer war's, der den Mordgedanken faßte, den Plan entwarf, mich bestimmte, mit dem Köder einer Million den Baron von Hohenwald zum Duell zu reizen und ihn zu erschießen?! Du und Du! Wer vertauschte als Sekundant beim Laden der Pistole des Barons die bleierne Kugel mit einer ähnlich sehenden, aus bleifarbigem Papier geformten, ohne daß der andere Sekun­dant, Assessor von Bergen, etwas davon merkte?! Du und wieder Du! Mörder! feiger Mörder!! Wenn ich das in die. Welt hinausschreie, bist Du verloren! Was kümmert es mich, daß ich dabei zu Grunde gehe?! Das ist so wie so mein Los! Während Du im Besitze von Mil­lionen schwelgst, die ich Dir erobert, soll ich darben, verkommen!! Nein, nein! Bevor das geschieht, will ich mich rächen! Entweder eine Million oder Arm in Arm mit mir zum Schaffot Mörder Du!! Ich bin zum Aeußer- sten entschlossen keine Schonung für Dich und mich! Wähle!"

Du bist blind in Deinem Toben, Graf Wahnfried!" versetzte der Baron. Deine An­klage ist lächerlich! Dir fehlen alle Beweise. Tritt damit vor die Oeffentlichkeit, Freund thu' es doch! Niemand wird Dir Glauben schenken aber daran, daß Du wahnsinnig bist, wird Niemand zweifeln. Was käme es mir darauf an, eine bedeutende Summe einem Jrrenhause zu schenken, damit Du eine sorgen­freie Existenz fändest?! Du weißt, Gold ist allmächtig, und mit einem armen Narren macht man nicht viel Umstände! Dein ganzes Leben zeugt davon, daß Du sinnlos gewirtschaftet, Deine Selbstanklage würde Dich zum Wahn­sinnigen stempeln! Ich rate Dir, sei vorsichtig und höre meinen Vorschlag an!"

Die Wut drohte den Grafen zu ersticken; er antwortete nicht. Der Baron fuhr fort:

Ich meine es besser mit Dir, als Du cs verdienst. Was Du gesagt, will ich vergeben und vergessen nichts gehört haben! Ich biete Dir hunderttausend Mark als letzte Summe unter der Bedingung sofortiger Auswanderung nach Amerika! Einen kleinen Teil der Summe zahle ich Dir bar, das Uebrige auf Wechsel durch einen New Jorker Bankier. Das ist mein letztes Wort!! Entweder dies oder das Narrenhaus! Entscheide Dich!"

Du bist ein Teufel!" schrie der Graf. Unschuldiges Blut habe ich für Dich vergossen und der Dank? Die Drohung mit dem Jrrenhause! Teufel! Mörder! Ich will Dich richten im Namen des Himmels! Zur Hölle mit Dir, Verruchter!!"

In der Hand des Grafen blitzte ein Dolch, er stürzte sich auf den Baron und stieß ihm blitzschnell den Dolch in die Brust.

Hülse!" rief der Baron.Mörder!"

Er wollte sich erheben, sank aber kraftlos auf den Divan zurück

Was geht hier vor?"

Mit diesen Worten trat Polizeirat von Bergen in Begleitung eines fremden Herren, des Polizeichess Herribert, ins Zimmer.

Graf Wahnfried, den blutbefleckten Dolch noch in der Hand, taumelte zurück.

Aechzend lag der Baron da. Ein Blut­strahl rieselte aus einer Wunde in der Brust über seine Kleider. Krampfhaft preßte er die Hand auf die Wunde und stöhnte:

Hülfe! Ich sterbe!"

Der eine Mörder wurde zum Henker des anderen!" sagte erschüttert der Polizeirat. Er klingelte.

Sie sind verhaftet!"

Mit diesen Worten legte der französische Polizeichef seine Hand auf die Schulter des wie versteinert dastehenden Grafen.

Sie verlassen dies Zimmer erst in Be­gleitung von zwei Polizeisergeanten, welche so­gleich erscheinen werden. Machen Sie keinen Fluchtversuch, es wäre verderblich."

(Schluß folgt.!

W Auflösung des Logogryphs in Nr. 167.

Pfeifer Pfeifer.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Reuenbürg.