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lebhaften Beifall. Die russischen Offiziere erhoben sich von ihren Sitzen beim Spiel der Marseillaise und begrüßten dieselbe mit lebhaftem' Beifall. Avellan rief laut: Es lebe Frankreich, was einen außerordentlichen Enthusiasmus hervorrief. Um 12^/4 Uhr erfolgte die Abfahrt vom Opernplatze nach dem Bahnhof inmitten einer unabsehbaren Menschenmenge und unter enthusiastischen Rufen: Es lebe Frankreich. Es lebe Rußland. Avellan und seine Offiziere kamen um 1 Uhr in dem prächtig erleuchteten Bahnhof an. Admiral Gervais sagte Avellan unter herzlichster Umarmung lebe wohl! Der erste Zug fuhr mit den Fähnrichen und Aspiranten l Uhr 27 Minuten, der zweite mit Avellan um I Uhr 40 Minuten unter erneuerten, anhaltenden Ovationen nach Toulon ab. Die russischen Offiziere grüßten bis der Zug nicht mehr sicht- bar war.
HlnLerhattender Teil.
Um eine Million.
Erzählung von Eugen Eiben.
(Fortsetzung 4.)
(Nachdruck verboten.)
Graf Wahnfried war unverletzt geblieben. Triumphierend und verständnisvoll blitzte sein Auge dem Baron von Wildenthal entgegen. Er trat näher zu dem Verwundeten.
„Wer muß sich jetzt im Staube demütigen?" spottete er.
Baron von Hohenwald sah ihn mit Augen an, in denen eine stumme, furchtbare Anklage lag, und die Lippen bewegten sich, als wollten sie das Wort „Mörder" flüstern. Eine Kälte durchschauerte unter diesem Blick den Grafen und bleich, erschrocken, trat er zurück.
„Die Spitze des Herzens ist getroffen," erklärte Doktor Hagen mit leisem Tone, nach Untersuchung der Wunde. „Nur noch wenige Minuten und ein blühendes Leben ist nicht mehr."
„Rette Dich!" wandte sich Baron von Wildenthal an den Grafen. „Fliehe, bevor der unselige Ausgang des Duells ruchbar wird."
Der Graf drückte ihm schweigend die Hand, warf einen scheuen Blick auf sein Opfer und entfernte sich dann mit raschen Schritten.
Herr von Bergen kniete neben dem unglücklichen Freunde, dessen Haupt im Schoße des aufmerksamen Arztes ruhte.
„Grüße Marie," flüsterte der Sterbende mit dem letzten Rest seiner Kraft, „sag' ihr. daß ich — den Gedanken — an sie — mit — in
— die — Ewigkeit — hinübernehme-
Marie —"
Herr von Bergen versprach es mit vor Thränen erstickter Stimme.
Ein stilles Lächeln, wie ein lichter Gedanke an die Geliebte, ruhte auf den Zügen des jungen Mannes. Die Lippen bewegten sich wie im heimlichen Gebete des Herzens. Der Atem wurde immer schwerer, kürzer, langsamer, die Brust röchelte und gurgelte, die Augen wurden starr, das Haupt sank kraftlos zurück — noch eine Sekunde — und er hatte ausgelitten.
Herr von Bergen hauchte einen Kuß auf die Lippen, die nun für immer verstummt waren, und drückte dem Freunde mit sanfter Hand die Augen zu.
„Mit ihm ist der letzte Sproß eines alten Geschlechts heimgegangen," sagte der Wundarzt traurig. „Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab."
„Komteß von Maienberg wird verzweifeln, wenn sie die Nachricht erhält," klagte Herr von Bergen, „ich weiß, wie sehr sie ihn geliebt hat! Man kann sie nicht mal auf das Schreckliche vorbereiten, es nicht einen Tag verheimlichen, sie würde es sofort aus den Zeitungen erfahren. Ich werde es ihr so schonend als möglich Mitteilen. Nie ist mir eine Pflicht so schwer geworden."
„Meine Herren, wir müssen dafür sorgen, daß wir die Lerche ohne Aufsehen fortschaffen," nahm Baron von Wildenthal das Wort, „ich
biete Ihnen meine Dienste dabei an. Sie sind wahrscheinlich auch mit einem Wagen gekommen."
„Nein, wir kamen zu Pferde." erklärte Herr von Bergen, „sie stehen unter der Obhut eines Dieners im Gehölz."
„Gut, dann biete ich Ihnen die Droschke an, mit der wir kamen," fuhr der Baron fort, „sie hält in der Nähe. Es wird nicht schwer sein, die Leiche bis dahin auf unseren Armen zu tragen."
Man war damit einverstanden. Behutsam hoben sie den Toten auf und trugen ihn langsam fort.
Der Droschkenkutscher war durch die gefallenen Schüsse aus seinem Schlummer geschreckt worden und schloß in seinen Gedanken ganz richtig, daß ein Duell stattgefunden und er eine Partei gefahren habe. Er mutmaßte, er werde einen Verwundeten heimfahren müssen. Als er aber den seltsamen Zug sich nahen und den ihm unbekannten Toten sah, war er höchst erschrocken und machte Einwendungen gegen die Beförderung desselben, aber ein klingendes Trinkgeld, von Herrn von Bergen gegeben, überwand bald seine Bedenken. Herr von Bergen und Doktor Hagen nahmen neben dem Toten in der Droschke Platz und fuhren langsam mit demselben davon.
Baron von Wildenthal hatte es übernommen,
den Diener mit den Pferden heimzusenden.
*
Komteß Marie von Maieuberg war allein in ihrem Boudoir. Sie war ein reizendes Wesen von achtzehn Lenzen mit lockigem Goldhaar und den schönsten Blauaugen, die nur je ein Jünglingsherz bezauberten. Das Leben lag vor ihr im Sonnenglanze; sie war glücklich, wußte sich geliebt von einem jungen Manne, der ihr als die Verkörperung ihrer Mädchenträume erschien. Daß die Eltern der Verbindung nicht abhold waren, ja, dieselbe wünschten, war ihr klar geworden, seitdem Baron von Hohenwald ein gern gesehener Gast im Hause war.
Sie stand vor dem großen Spiegel, der ihre ganze liebliche Gestalt wicderstrahlte, und schmückte ihr Haar mit Blumen. Auf dem Antlitz blüte rosige Freude, und die lächelnden Lippen schienen fragen zu wollen: Bin ich nicht hübsch?
Sie träumte den goldenen Traum der Liebe. Der Baron oder ihr „Karl", wie sie ihn in Gedanken vertraulich nannte, wollte heute um ihre Hand bei den Eltern werben, und sie hatte, wenn auch mit scheinbarem Widerstreben, darein gewilligt. Ihr Herz pochte ungeduldig einem Glück entgegen, das sie schon in dem bloßen Gedanken der Erde entrückte. Sie ahnte nicht, daß alle ihre Träume sich in Thränen auf- lösen sollten.
Eine Zofe trat ein.
„Was hast Du, Anna?" fragte sie dieselbe. „Ah. eine Karte! Herr Assessor von Bergen! Willkommen!"
Gleich darauf erschien der Genannte. Ueber- rascht blieb er einen Augenblick stehen, während seine Augen die schöne Gestalt der Komteß in sich trinken zu wollen schienen. Erst ihre Worte erinnerten ihn an den traurigen Zweck seiner Anwesenheit.
„Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Herr von Bergen?" fragte sie mit bezauberndem Lächeln.
Der Assessor war sehr ernst geworden, und mit Blicken voll Trauer sah er sie an.
Ein Gefühl, das sie nicht verstand, aber mit Bangen erfüllte, ergriff sie.
„Was ist es, Herr Assessor?" rief sie aus. „Ihre ernste Miene, Ihre Niedergeschlagenheit läßt mich Schlimmes befürchten. Sprechen Sie!"
„Ich komme von dem Herrn Baron von Hohenwald," sagte er. „Er sendet Ihnen einen Gruß — —"
„O. ich danke Ihnen!" rief sie fast jubelnd aus, „ich fürchtete schon, Sie hätten mir über ihn eine unangenehme Nachricht mitzuteilen. Er befindet sich doch wohl?" setzte sie besorgt hinzu.
„Ja," erwiderte der Assessor in müdem Tone, „ihm ist so wohl, wie es keinem Lebenden beschieden ist —
Sie sah ihn mit großen Augen an wie eine
fremde Erscheinung und wiederholte in Gedanken seine Worte, als bemühe sie sich vergebens, den Sinn derselben zu ergründen.
„Fassen Sie sich, gnädiges Fräulein," fuhr der Assessor mit umflorter Stimme fort, „denken Sie daran, daß die Hand des Schicksals oft unerwartet verheerend in unser Leben greift seine schönsten Blumen bricht. Tragen Sie mit mutigem Herzen das Leid, das der Himmel über Sie verhängt hat! Versprechen Sie mir das?"
Geisterstarr — mit bleichem Antlitz stand sie vor ihm. und als er ihre Hand ergriff und sie an die Lippen führte, fühlte er, daß sie eiskalt war.
„Nicht so. gnädiges Fräulein!" bat er. „Sie ahnen erst das, was ich Ihnen sagen muß. nicht verheimlichen kann — wie werden Sie erst die volle Wahrheit ertragen können?!"
„Sprechen Sie!" sagte sie mit bebenden Lippen. „Ich ahne das Schreckliche — er ist
tot — tot-"
(Fortsetzung folgt.l
Gesucht wird der glückliche Gewinner des ersten Hauptgewinns der Frankfurter Equipagen- und Pfcrde-Lotterie. deren Ziehung am 11. d. M. stattfand. Der Hauptgewinn ist auf Nummer 73 330 gefallen und besteht in einer mit 4 Pferden bespannten Equipage. Der Inhaber dieser Losnummer hat sich bis setzt noch nicht gemeldet.
Wie es bei dem russischen Verbrüderungskarneval in Paris zugeht, läßt die folgende kleine Erzählung des Figaro ahnen. Während des Einzugs der russischen Offiziere fällt ein von Begeisterung trunkener Jüngling einem neben ihm stehenden hübschen Mädchen um den Hals und küßt es auf die Wange. Entrüstet reißt die Dame sich los: „Aber mein Herr, das ist denn doch zu stark!" Er aber ruft: „Es lebe Rußland!" und sie — lächelt und bietet ihm zum Kuß auch die andere Wange. Vielleicht ist die Sache nicht wahr, aber sie hätte nicht besser aus der Stimmung der letzten Pariser Tage heraus erfunden werden können.
(Das erste Mittagessen.) Junger Ehemann: „Aber sage mir doch, mein Herzchen, was hat denn dieser Rostbraten für einen eigentümlichen Geruch?" — Junge Frau (ängstlich): „Das begreif ich' wirklich nicht, ich habe doch selbst die Zwiebeln, um ihnen den widerwärtigen Geruch zu nehmen, mit Lau äo LoIoZuo abgebrüht!"
(In der Buchhandlung.) Parvenüs-Gattin: „Sagen Sie, hat Schiller nicht auch Werke in rotem Einband geschrieben?"
Logogryph.
Bei Tanz und Festaufzügen,
Bei ländlichen Vergnügen,
Bei Wachtparaden auch Bin ich nach allem Brauch.
Doch bin ich — Schusterjunge Begabt mit kräft'ger Lunge,
Dann wünscht dein ganzer sinn In jenes Land mich hin,
Wo ich ersproßt zu kurzem Leben Wenn mir ein andres Herz gegeben.
Bestellungen
für die Monate November u. Dezember auf den
„Eilflhäler"
werden von den Postanstalten und Postboten schon jetzt entgegengenommen.
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Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.