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Nach diesen Worten des Kaisers antwortete der Sprecher sofort:Sel Han i schon im Sack!" griff in die Brusttasche und überreichte das in Vorbereitung gehaltene Bittgesuch.

In Rußland ist man auf die lächerliche Idee verfallen, dem russisch-französischen Ver­brüderungsfest dadurch die Spitze abzubrechcn. daß man seinen offiziellen Charakter abzu­leugnen suchi. So sind doch nur alle ver­meintlichen sog. Kaltwasferstrahlen aufzu­fassen, die von Petersburg erfolgten. Bei uns war man naiv genug, sie für wirklich kaltes Wasser zu halten. Schrieb doch kürzlich ein hiesiges Blatt wörtlich:Wie sich die Dinge jetzt darstellen, hat der bevorstehende Besuch der russischen Flotte in Toulon seinen demonstrativen Karakter fast gänzlich verloren und er­scheint wirklich nur noch als ein Hölflich- keitsaustausch u. s. w." Jedem, der nur mit offenen Augen sehen will, muß doch klar sein, wie cs sich mit jenem Dementi des Peters­burgerHerold" verhält, die Sachlage ist wobl folgende: Das Festkomitee der Pariser Presse hat die Petersburger Presse oder ihre Vertreter zur Teilnahme an den Festlichkeiten in Frank­reich eingeladen. Man ist sich in Rußland vollständig klar darüber, daß die Annahme einer derartigen Einladung nicht abgelehnt werden kann und man hat auch gar nicht die Absicht, das zu thun. Aber man ist sich auch über die internationale Bedeutung dieses Höflichkeitsaktes volländig klar und weiß, daß das Spiel von Toulon auch der Kritik der ganzen gebildeten Welt unterliegen wird, man schämt sich seiner selbst, Man hat vielleicht auch so viel Ehrgefühl, daß man es lür unthunlich hält, während der Berliner Zollverhandlungen das völker­verhetzende Schauspiel von Toulon aus zu führen. Was geschieht daher: Die russische Oberpreßverwaltung verbietet den Petersburger Redakteuren, an den Festlichkeiten in Frankreich teilzunehmen. Zum Ueberfluß lehnt eine Veriainmlnng dieser Redakteure die Teil­nahme noch mit 21 gegen 2 Stimmen ab. Und nun hat man sich den Rücken gedeckt hinsichtlich der offiziellen Beteiligung der Petersburger Presse. Aber privatim kann ja ein jeder nach Paris reisen, warum also nicht 3 oder 4 Re­dakteure der Petersburger Zeitungen? Es muß uns nochmals klargelegt werden, daß sie nicht offiziell da sind. Und der deutsche Redakteur Dr. Gesellius vom PetersburgerHerold" giebt sich zum Handlanger dieser Komödie her und erläßt die bekannte Erklärung. Er sagt:die Herren Petersburger Redakteure halten sich zu ihrem Privatvergnügen zur Zeit in Paris auf". Damit soll aber doch wohl nicht behauptet werden, daß diesesPrivatvergnügen" in keinem Zusammenhänge mit dem russisch-französischen Verbrüderungsfest steht. Es wäre auch zu merkwürdig, wenn gerade die Redakteure dreier panslavischer Zeitungen, die stets gegen Deutsch­land gehetzt und für eine Bundesgenoffenschafl mit Frankreich ins Zeug gegangen sind, die Herren Suworin, Komarow und Awsfejenko, zufällig gerade jetzt in Paris sein sollten. Diese letzte Komödie beweist am besten Ruß­lands Doppelsspiel in Bezug auf Toulon.

Wie aus New-Jork gemeldet wird, sind nach den letzten Nachrichten aus Bayon Cook, Grand Island und Choniöre bei der letzten großen Flutwelle fast 2500 Menschen umge­kommen. Viele Leichen sollen von den Fischern an der Küste ausgeplündert worden sein. Bei einigen der Gelöteten habe man Summen im Betrage von 500010 000 Dollars gefunden.

Spanien rüstet sich, um unter Umständen sogar einen förmlichen Feldzug gegen die feind­lichen Kabylenstämme an der Nordküste Marokkos führen zu können. Etwa 6000 Mann befinden sich bereits unterwegs, um die von den wilden und fanatischen Gegnern hart bedrängte spanische Besatzung von Melitta zunächst zu entsetzen, 3000 bis 4000 Mann werden folgen und weitere Verstärkungen werden in Malaga und Cadix zusammengezogen. ES wird ver­sichert, die spanische Regierung gedenke von der marokkanischen Regierung die Abtretung eines großen Gebietsstreffens im Süden Melittas zu

verlangen, um sich hierdurch gegen etwaige fernere Ueberfälle der spanischen Besitzungen seitens der Kabylen besser zu schützen. Die nord­marokkanischen Kabylen scheinen in der That sehr unternehmende Bursche zu sein. So hatten sie die Kühnheit, das spanische Kanonenboot Cuerro" in der Nähe von Melitta durch Flintenschüsse anzugreifen, allerdings von ge­deckter Stellung aus.

Telegramme an den Enzthäler.

Würzburg, I l.Okt. Das Militärgericht sprach den Lieutenant Hoffmeister betr. der An­klage sozialistischer Umtriebe frei. Die Ver­handlung schloß erst gegen Mitternacht.

Charleroi, 1l. Okt. Das Exekutier- komite der Arbeiter beschloß nach stürmisch ver­laufener Sitzung morgen die Arbeit in den Kohlenbecken von Charleroi wieder anfzunehmen.

Madrid, II. Okt. Die telegraph. Ver­bindung mit Melilla ist wiederum unterbrochen. Die Lage ist unverändert, der Kreuzer Conto Synadico ist nach Melilla abgegangen, um sich daselbst den Gouverneur zur Verfügung zu stellen.

London, II. Okt. Daily News meldet die Zahlungseinstellung der Rhederfirma Stru- more u. Cie. Die Passiva betragen 100000 Pfd. Sterling. Die Blätter führen den Zu­sammenbruch auf Börsenspekulationen eines Mitgliedes der Firma zurück.

Vermischtes.

Auch ein Beitrag zur Frauensrage.

Die unter Redaktion von Friedrich Gutsch erscheinendenKarlsruher Nachrichten" ver­öffentlichen folgenden Scherzartikel zur Erricht­ung des Mädchengymnasiums in der badischen Hauptstadt:Geehrter Herr Gutsch! Also jetz sich das Mädchengymenasium wirklich hier errichtet worre; wo hätt-mee frieher an so was denkt! Sie werre sich vielleicht noch erinnere, daß ich mich seiner Zeit auch quasi dergege ausg'schproche Hab; weil die Sach awer jetz von d'r Schladt aus so Unterschicht worren sich, so will ich nix weiters g'saagt hawe in dere Beziehung; auch soll sich d'Regierung sehr wohlwollend daderzu verhalte, was iwrichens mit keine weitere Unkoschte verbunden sich, indem deß ja ein Privatenschtitut sein soll. G'wundert hat mich's awer doch e Bißle, daß mer hier un in Berlin die Errichtung durchg'setzt hat, wo sich erscht kürzlich der preußisch Kultusminischter sein Name fallt mer jetz ner grad ein, weil so oft ein Wechsel isch an dere Schielt ganz entschiede geger diese Art von Anschalte aus­g'schproche hat; doch, ich sag's ja immer, wann die Frauezimmer sich emal was in Kopf g'setzt hawe, so dricke se'S ah durich, da kann kein Eh- mann und kein Kulrusminister was dergege mache. Und dann hawe ja. wie mer g'lese hat, auch die Schtudente b'schlosse, alle Uneversidäte in Verruf z' erkläre, wo junge Dame zum Schludium zug'laffe Werre; doch daß sinn halt so Schtudenleboffe, wo mer net so ernscht nemme derf, denn die Herre glauwe wahrscheinlich, daß Eins nicht zum Uneversidätsschtudium befähicht wär, wann sich's net aufs Kneipe un Pauke verschteht. Außerdem sollen awer auch viele beriehmte G'heunräl un sonschliche Professore ganz prencipiell dergege sein, destzweg werd's noch was absetze, glauw-ich als, bis die junge Dame, wann se ihr Gymenasium absolvirt henn, irgendwo in Deutschland in e Hochschul nein- g'lasse werre. Ich nemm's ja denne Herre auch gar net in Jwel, denn ich war ja frieher ah ganz dergege; ich Hab mich awer belehre lasse, daß so en Anschtalt z, B. jetz grad hier for d'G'schäftsleut un for die Familie, wo Zimmer vermiethe odder so junge Dame in Pension nemme, ein großer Vordail isch. Un dann scheint mir deß neu Gymenasium iwerhaupt gar nicht so iwel z' sein, denn mein Enkel z. B. (meinere ältschte Dochder, wo hier verheirath

isch, ihr Gröschter nämlich), der hat ganz ernscht- hast g'saagt. er gingt jetz viel liewer in deß Mädlesgymenasium", denn da hätte-se als Morjcns g'wehnlich nor drei Schtund Schul sie dähte sascht gar nix aufkriege un briechte ah net so viel unneedichs Zeigs auswendich z' lerne; un dann sollt ja, wie jelwicher Tirekter g'saagt hält, d'r ganz Unterricht in aller Freundlichkeit un Gemiethlichkeit g'halte werre' so was däht denne Buwe nadierlich besser g'salle' als wie mann's so schtreng un präzis hergehy Wer weiß, vielleicht isch deß am End d'r Gaischt von ere neue Zeit, wo jetzt in dem Mädchen- gymenasium zum Dorchbruch kommt, denn ich saag's ja immer, die Frauenzimmer sinn oft viel praktischer und vernünfticher in so Sache, als wir Mannsleit, wo sich oft nor mit iwerflissiche Formalidäde 's Lewe sauer mache. Un dann, mag die Sach jetzt naturgemäß sein odder nicht, so muußt mer doch als Reschpekt hawwe vor so junge Dame, wo auch' an ihr Zukunft denke un d'r Kopf annschlrenge, un net nor Bergniege un Unterhaltung hawe wolle. Denn so Ladeinisch un Griechisch z' lerne, deß isch meinersex kein Kleinichkeit, un bei wöchentlich vier bis sechs Schlund Mathemadik, da kam-mer's Lache halte, glauw-ich als. Destzweg isch ah net z' befürchte, daß in dere Annschtalt gleich so en Jwersüllung einntrctte duht, wie z. B. bei de Lehrerinne un Klavierlehrerinne odder bei denne Malerinne un sonschliche kunschtgewerbliche Dame, wo so oft klagt werd, daß die Aussichte auf eine lohnende Exischtenz sehr g'ring wäre. S' isch ewen als ah mehr Modesach, als wie ein Be- dürfniß, wann Alles auf so Berufsarte sich hinndrängt; nor 's Heirathe, wo eigentlich die bassendschte Versorgung wär, kommt bei unsere junge Herre immer mehr aus d'r Mode. Sie glauwen nicht, wie froh daß mir destzweg sinn, daß unser Elsa wenigschtenS so e gute Bardie g'macht hat, obwohl auch manches anderscht un nicht so itheal ausg'fallen isch, wie sie sich's als träumt hat. Sie siehl's jetz auch einn, d' Elsa, daß ich als Recht g'habt Hab, wann ich ere so oft von Einnfachheit und Sparsamkeit predicht Hab, denn, e Familie mit eme Kind un eme Dienstbotte, deß isch en Aufgab heutzudag for so e junge Frau. Ergewenscht C. Bier­maier. Part, Rent. u. Priv."

Frühzeitige Weinlesen kamen in Burgund öfters vor. Im Jahre des Heils 1420 begann die Weinlese zu Nuits am 25. Aug., anno 1422 am 29. Aug., im Jahre 1434 am 1. Sept. Aus dem 16. Jahrhundert sind eben­falls zwei sehr frühe Herbsttermine überliefert. In der Gemarkung Dijon begann im Jahre 1523 die Weinlese am 26. August, im Jahre 1559 am 4. Sept., wie Heuer. In unserem Jahrhundert fand die früheste Weinlese im Jahre 1822 statt, am 2. Sept., die späteste im Hunger- jahr 1816, am 28. Oktober, Im Komelenjahr 1811 herbsteken die burgundischen Bauern am 16. September.

(Verfängliche Wendung.) Vater:Wie sind Sie mit meinem Hans zufrieden?" Lehrer:Fast garnicht, er ist faul und nach­lässig." Vater:So? Nun, wenn er dies wieder einmal ist, so hauen Sie ihn, ich bitte, tüchtig durch. Zu Gegendiensten bin ich stets gern bereit."

Blätterfall.

Leise, windverwehte Lieder,

Mögt ihr fallen in den Sand!

. Blätter seit ihr eines Baumes,

Welcher nie in Blüte stand.

Welke windverwehie Blätter,

Boten naher Winlerruh,

Faller sacht! ... ihr deckt die Gräber, Mancher toten Hoffnung zu. ,

Unglaublich aber wahr ist es, daß man

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Versäume Niemand sich diese Gelegenye zu Nutzen zu machen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neueubürg.