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schwester nach Italien begleitet und war nur noch einige Zeit nach B. gekommen, um seine Häuslichkeit aufzulösen und Abschiedsbesuche zu machen. Als er zu Rosen's kam, war Mela im Institut.
Leonie fand den Grafen ernster, doch plauderte er noch ganz reizend mit Klein-Lenchen.
Als sie in Klagen ausbrach über die Marotte der Schwägerin, Stunden zu geben, wie eine gewöhnliche Lehrerin, als sie erwähnte, daß Mela ihren Wünschen zum Trotz den Antrag Blumenreichs ausgeschlagen, ward seine Stirn noch finsterer.
„Fräulein von Rosen thut sehr wohl daran, ihrer ungezügelten Phantasie durch diesen realen Lebensplan Fesseln anzulegen. Leider steht nur zu befürchten, daß die alte Launenhaftigkeit auch hier Unheil stiftet", sprach er ernst.
„So glauben Sie wie mein Mann, Mela könnte sich besinnen, könnte später ihre langweiligen Studien aufgeben und dennoch die Hand des Hauptmanns annehmen? Es ist mein innigster Wunsch!"
„Melanie ist völlig mittellos. Sollten sich die Verhältnisse bei uns einmal ändern, so stände es schlimmer mit ihr. Wie gern möchte ich sie darum versorgt sehen."
„Fräulein von Rosen ist leider unberechenbar", fiel Rodach ein. „Ich kann ein Urteil über sie nicht abgeben." — er lenkte das Gespräch auf andere Dinge.
Leonie hatte nichts Eiligeres zu thun, als diese Unterhaltung ihrer Schwägerin mitzuteilen. Mela ward blutrot und ihre Hände ballten sich.
„Also aufgegeben — ganz aufgegebcn so rasch!"
Trotzig warf sie den Kopf in die Höhe und rief: „Leonie! Die Welt hat mich wieder! Morgen schon feiere ich Kali's Geburtstag in Janowitz! O unser Waldfest soll prachtvoll werden!"
(Fortsetzung folgt.)
Der Honig non 1893
ist ebenfalls, wie andere Erzeugnisse des Jahres, von der langanhaltenden Trockenheit und Dürre beeinflußt. Nicht blos, daß in einigen vom Regen besonders übersprungenen Landestellen die Pflanzen schlecht honigen, während in anderen Gegenden, die mehr beregnet worden sind, der Honig in Masse fließt, so hat die abnorme Witterung einen wesentlichen Einfluß auf die Farbe desselben ausgeübt. Die Farbe ist nicht weiß oder gelb oder rosa, sondern ganz dunkelbraun bis zu schwarz. Die Linden, die Heuer stark honigten, ergaben einen Saft, der in seiner Schwärze blos durch einen grünen Anstrich, mit welchem er sich im Glas zeigt, gemildert ist. Diese Farbe gereicht dem Honig und seinem Verkauf zum Nachteil. Das Publikum will fast ausnahmslos hellgelben Honig, gegen den dunkeln Saft hat es ein Aber. Der Honig erscheint ihm in dieser Farbe entweder als ungut oder nicht als Blütenhonig, sondern als Blatthonig (Honigtau) oder gar als Blattlaushonig.
Dies entspricht aber dem wirklichen That- bestand nicht. Die Soge vom Blattlaushonig dürfte nachgerade zu den verklungenen gehören; sie hat sich eingebürgert durch den Umstand, daß wo Saft Ausschwitzungen an den Blättern sich finden, auch Blattläuse in rasender Vermehrung sich einstellen, um den Saft sich anzueignen.
Es ist aber nachgewiesen, daß da, wo die Blattläuse fischen, die Bienen nicht krebsen wollen; sie halten sich davon ferne. Der sogenannte Honigtau kommt also nicht von den Blattläusen, sondern die Blattläuse kommen zum Honigtau. Honigtau ist übrigens eine unrichtige Bezeichnung. Man sollte richtiger setzen: Blatthonig. Er ist eine durch schnelle Aenderung der Witterungsverhältnisse (schneller Uebergang von kalt zu warm oder umgekehrt) bewirkte starke Anströmung des Saftes, der zuletzt durch die Poren der Blätter dringt. Die Bienen holen diesen Saft nur, wenn er von Blattläusen rein ist und wenn es sonst Honig aus den Blüten nicht gibt.
Der Tannenhonig, nicht zu verwechseln mit den Honigtropfen der Fichten, wird allerdings nicht selten von den Bienen geholt, weil andere Necktarquellen um die Zeit versiegen, zu welcher die Tannen honigen. Es ist dies erst später im Jahr der Fall und Heuer hat Einsender zum erstenmal am 23. Juli den Tannensaft bemerkt. Er war umflogen von Wespen aller Art, Bienen waren keine da; sie kommen aber wohl nach, da nicht mehr viel Blüten draußen stehen. Die Fichten schwitzen früher im Jahr, schon im Mai, wenn sie neue Zweige treiben, süßen Saft aus, von dem aber die Bienen Heuer kaum Gebrauch machten, wohl aber die Blattläuse. Bei solchen Blattausschwitzungen geben gewöhnlich auch die Blüten Honig, und die Bienen holen in erster Linie ihren Saft von den Blüten und erst in zweiter Linie von den Blättern.
Das hat man Heuer sehen können an den Linden. Dieselben hatten eine Masse Blüten angesetzt, die besonders nach einem erfrischenden Gewitterregen überlaut dufteten. Die Blüten gaben Honig, aber auch die Blätter haben mehrere Tage lang morgens von Fett getrieft und waren wie mit Firnis überzogen. Die Bienen flogen, da der Lack in der Sonne vertrocknet, schon frühmorgens von 5 Uhr an. Sie beflogen aber noch viel reichlicher die Lindenblüten, dir ebenfalls Honig geben. Denn wenn der Saft in die Blätter schießt, dann auch in die Blüten. Dieser und der andere Honig ist nun intensiv dunkel und das schreckt die Honigliebhaber ab. Ganz mit Unrecht, denn die Farbe bedingt die Güte des Honigs nicht. Der heurige dunkle Honig ist sehr aromatisch; der Lindenhonig duftet, wie gesagt, überlaut und hat eine geradezu überwältigende Süße.
Es mögen sich daher die Honigkäufer an der Farbe nicht stoßen; der Jahrgang bringt dies mit sich. Wie die Körnerfrucht, wie zweifelsohne die Trauben in der heißen Trockenheit zu einer überaus guten Qualität heranreifcn, so kann auch der heurige Honig seiner Güte nach den steten Sonnenschein nicht verleugnen. Er hat eben viel Farbe, wie schwarze Trauben, im heißen Sommer gewachsen. Hellen, nur Hellen Honig erzeugen jahraus jahrein, bei Sonnenschein und Regen die Honigfabrikanten.
(Landw. Wochenbl.)
Berlin, 28. Aug. In Nummer 32 der „Straßenbahn" (Berlin, Poststraße 29) finden wir einen beachtenswerten Hinweis auf „Hufbeschläge von Papier." Die Erfindung rührt von dem Tierarzt Goldberg her und hat sich seit 1888, während welcher Zeit sie mannigfachen Prüfungen unterworfen wurde, in jeder Hinsicht bewährt. Es hat sich herausgestellt, daß die papierenen Hufbeschläge in Folge des Auftretens der unteren Fläche das Gleiten verhindern, daß ein Drücken der Hufe durch den Beschlag nicht mehr vorkommt, da der Beschlag sich dem Hufe anschmiegt, daß infolge dessen zahlreiche Unbequemlichkeiten und Krankheiten der Hufe vermieden werden u. s. w. Diese Husbeschläge aus Papier (Patent Goldberg) werben in der allernächsten Zeit durch die Firma Benedix u. Co.. Burgstraße 23—26, Berlin, zum Betrieb gelangen.
Aus Rom wird berichtet: Ein zehnjähriges Mädchen ging dieser Tage nach der Arbeitsstelle seines Vaters, um ihm das Essen zu bringen. Ueber die Margheritabrücke kommend, kletterte es aus Spielerei auf das Geländer und versuchte darauf weiter zu gehen. Nach wenigen Schritten verlor es das Gleichgewicht und stürzte in den Tiber. Während die Menschen ratlos hin und her liefen und niemand sich zu einer rettenden That entschließen konnte, sprang ein starker Hund dem Kinde nach, faßte es am Kleid und zog es nach dem Ufer, wo es sich rasch wieder erholte. Dieser Hund hatte das Kind auf seinen Gängen zum Vater kennen gelernt und seine Zueignung dadurch gewonnen, daß es dem schlecht gehaltenen Tiere jedesmal etwas zu fressen gab. Nun hatte der Hund seine Dankesschuld abgetragen.
(Vorläufiger Ersatz für Blut.) Professor v. Bardeleben in Berlin stellte kürzlich in der Gesellschaft der Charitee-Aerzte folgenden Fall vor: Einem 35jähr. Manne wurden durch Ueber- fahren mit einem Eisenbahnwagen beide Beine das eine bis nahezu zum Knie, das andere noch darüber hinaus, völlig zermalmt. Er hatte außerordentlich viel Blut verloren und war bei seiner Ankunft im Krankenhaus puls- und bewußtlos, die Atmung unregelmäßig und sehr schwach, kurz man hatte den Eindruck eines Sterbenden. Man machte ihm sofort langsam und vorsichtig in den Armvenen eine Injektion von ca. 2 Liter Kochsalzlösung (6 Gramm Kochsalz auf einen Liter Wasser), worauf Puls und Atmung alsbald wiederkehrten. Doch befand er sich in einem schwachsinnigen halbdelierenden Zustande, der noch längere Zeit währte und erst allmählich schwand, als sich das Blut ersetzt hatte. Am folgenden Tage wurden die Beine amputiert und später konnte der Patient als geheilt entlassen werden. Das Leben war also durch Jnjiciren von Salzwasser in großer Menge erhalten worden, ohne daß eine dauernde Störung eintrat. Die vorher erwähnten Erscheinungen waren die eines beinahe verhungerten Menschen, desfin Organe und insbesondere dessen Gehirn mangelhaft ernährt sind, sie würden sich zweifellos bei jedem zeigen, der statt Blut eine solche Masse von Kochsalzlösung in de» Adern hat.
Neue Trommel. Bei den neu zu errichtenden vierten Bataillonen wird eine neue Trommel zur einheitlichen Einführung gelangen. Sie hat einen etwas breiteren Kessel und schmälere Reifen, als die bisherige, hat an Stelle der Stellschrauben verzinnte, nicht rostende Schrauben, die sich mit der Hand leicht anziehen lassen, und einen breiten, aus starkem Blech gefertigten Aufleger. Ihr Gewicht beträgt 1 Kgr. weniger als das der alten Trommel, die allmählich durch die neue ersetzt werden soll.
Obst am Stamme für die Tafel. Man schreibt aus Berlin: In vielen Blumengeschäften Berlins, deren Schaufenster nur die liebsten und seltensten Gaben der Flora in entzückender und geschmackvollster Form vereint zu bieten pflegen, hat jetzt beim Nahen des Herbstes ein neuer Gast seinen Einzug gehalten — frisches Obst. Frisches Obst — fragt man erstaunt — in der Blumenhalle? Es ist wirklich so und gehört auch einzig und allein dahin, nicht in die Delikateß- und Obsthandlungen, dieses Obst Noch am Mutterstamme sitzen die herrlichen Aepfel, und an der Mutterrebe noch hängen die köstlichen Trauben, die hier zum Kauf geboten werden. Was früher nur selten in großen Gartenbau.Ausstellungen zu finden war, beginnt, dank dem Geschäftssinn und der Kunst der Gärtner, immer mehr Gemeingut zu werden. Aus kleinen Töpfen wachsen die kaum '/r bis 1 Meter hohen Stämmchen empor und sind bedeckt mit Früchten, daß die Neste sich niederneigen. Noch schöner ist der Anblick der wohl mit großer Mühe gezogenen Weinstöcke. An einem dünnen Stabe rankt die Rebe sich empor und breitet sich dann schirmartig aus, um ringsherum Traube an Traube zu zeigen. Wir sahen derartige Weinstöcke oder richtiger Weinstöckchen, an denen 10—12 dunkelblaue, überreife Trauben von je mindestens ein Pfund Gewicht das Auge erfreuten und den Genuß einluden, lind eine Probe ergab, daß alle die italienischen, tiroler und ungarischen Trauben, die jetzt schon überall zum Verkauf ausstehen, nicht so viel Wohlgeschmack und Süßigkeit besitzen wie ;ene, die in unserem kalten Norden und im märkischen Sande herangezogen wurden. Gleichwohl übersteigt der Preis kaum den von anderen südlichen Früchten, denn er richtet sich nach dem Gewichte der Trauben, die allerdings mit 1.50—2 vfL berechnet werden. In der Hingegen Berlins sind es hauptsächlich einige große Gärtnereien in Steglitz und Südende, die sich mit dieser Obstzucht beschäftigen und schon einen Ruf erworben haben.
Redaltwn, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.