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Rückkehr ist auf 12 Uhr 13 Min. angesagt, worauf die höchsten Herrschaften bei dem Prinzen Weimar, die Generalität bei dem Korpskommandeur, General v. Wölckern, ein Frühstück einnehmen werden. Die Kaiserin reist heute abend 9 Uhr 30 Min. mittelst Sonderzugs über Osterburken nach Wilhelmshöhe zu ihren Kindern zurück; der Kaiser um 9 Uhr 46 Min. mittelst Sonderzuges über München nach Güns zu den dortigen Manövern. Die bayerischen Prinzen be- gleiten den Kaiser bis München. Der Kronprinz von Italien reist wahrscheinlich mit dem Nachtschnellzug nach Basel, um den Zug durch den Gotthard nach Mailand zu erreichen.
Zlnterhattender Teil.
Verloren und Gewonnm.
Novelle von C. Martin.
(Fortsetzung)
(Nachdruck verboten.)
Fieberhaft glühte Mela's Gesicht, als sie in das Speisezimmer trat, wo man bereits auf sie wartete.
„Wo bleibst Du denn, Mela?" fragte Rosen streng.
„Du weißt, ich liebe es nicht, wenn Du so lange allein aus bist."
„Ich war in guter Gesellschaft", lachte sie aus.
„Aber entschuldigt mich; ein heftiger Kopfschmerz martert mich, ich muß zu Bett! Bitte, sorgt, daß ich allein bleibe", und schon war sie hinaus.
In ihrem Zimmer fiel sie mit lautem Schrei in die Kissen.
„Vorbei, vorbei auf ewig! Vorbei durch meine Schuld."
Mela hatte auf dem Rückwege Frau Lieutenant von Holder betroffen.
„Sie kommen vom Eise? Ei, dann haben Sie wohl auch das schöne Wunder, die Schwester des Grafen Rodach, gesprochen?"
„Graf Rodach hat keine Schwester!"
„Wie, Sie wußten nicht? Eine Stiefschwester nur, aber er liebte sie zärtlich. Er hat sie ja noch zu Weihnachten in Dresden be- sucht, ich weiß es von meiner Cousine, die mit ihr in Pension war."
Mela sah so totenblaß aus, daß Hauptmann Blumenreich erschrocken fragte:
„Sind Sie unwohl, gnädiges Fräulein?"
Sie schüttelte nur den Kopf, sprechen konnte sie nicht, und Frau von Holder erzählte noch, daß die junge Dame vor ihrer Abreise nach dem Süden hierher gekommen sei, um den Bruder zu sehen. Durch ihre Mutter floß italienisches Blut in ihren Adern, sie zog auch wieder nach Italien, zu ihren zukünftigen Schwiegereltern, die in Mailand lebten.
„Natürlich ein Goldflschchen, liebe Mela!"
Wie sich Mela verabschiedet, wie sie die Treppe hinaufgekommen, davon wußte sie nichts mehr.
Wieder schluchzte sie in die Kissen:
„Auf ewig verloren!"
„Die Liebe glaubet alles, hoffet alles, duldet alles!
Sie läßt sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden."
Auf dem weißen Blatt stand wohl das Bibelwort — in ihrem Herzen nicht! —
Der Wind hatte die Nacht über in den Straßen getobt, der Regen an die Scheiben geschlagen — Mela empfand das Unwetter wie einen körperlichen Schmerz. Spät Abends erst war es Leonie gelungen, Zutritt zu ihr zu erzwingen. Blaß und müde lag sie auf dem Bett, verlangte nur Ruhe. Die Kopfschmerzen würden morgen vorüber sein.
So hatte sich Frau von Rosen zum Schlafengehen entschlossen und nur der Köchin befohlen, acht zu geben und sie zu rufen, wenn das Fräulein etwas verlange.
Als Mela spät zum Frühstück kam, sah sie so vergrämt und abgespannt aus, daß Herr von Rosen ihr besorgt entgegenging.
„Dir ist etwas zugestoben, Mela — Kind?" sprach er, sie zärtlich bei der Hand fassend.
„O sorge Dich nicht um mich, Benno", sagte Mela ruhig. Ich war wieder thöricht wie immer und bin nun gestraft worden.
„Du mußt einer Ballbekanntschaft nicht so große Bedeutung beilegen", erlaubte sich Leonie zu raten.
„Graf Rodach ist wirklich sehr liebenswürdig, aber er hat jedenfalls nicht daran gedacht, Dich zu seiner Gemahlin zu machen. Solche Herren suchen eine sehr reiche oder sehr vornehme Frau!"
Mit großen Augen sah Mela die Schwägerin an, endlich sprach sie mühsam lächelnd:
„Freilich — Du magst recht haben — ich bin ja weder reich noch vornehm! — Aber bitte kein Wort mehr über dieses Thema — es ermüdet mich."
Frau von Rosen war sehr ernst geworden und rührte hastig in ihrer Tasse, sie schielte nach ihrem Manne, der unruhig auf seinem Stuhle hin und herrückte und Leonie gern ein scharfes Wort gesagt hätte.
Mela trank ruhig ihren Kaffee; sie sah nach den schweren Tropfen, die ans Fenster klatschten.
Endlich war das peinliche Frühstück vorüber, und Herr von Rosen ging aufs Amt.
Zärtlich küßte er Mela auf die Stirn, indem er meinte:
„Nimm es nicht so schwer, Mela, wir leben nun einmal in einer unvollkommenen Welt; ein Mädchen wie Du muß das Spiel nicht gleich verloren geben. Du hast noch Anbeter genug, ich weiß sogar einen sehr annehmbaren."
Melanie erwiderte kein Wort, wozu auch?
Man verstand sie wohl kaum. Für sie gab es nur diesen „Einen" auf der Welt — nun er ihr verloren war, hatte nichts mehr Wert für sie.
Tagelang sperrte sich Mela von allem Verkehr ab, tagelang wüteten auch die Elemente. Endlich milderte sich der Orkan in einen frischen Ost und trocknete, vereint mit den Sonnenstrahlen, Felder und Wege. Man empfand den Sonnes- hauch auch in den dumpfen Zimmern, man schüttelte die Wintergedanken ab und ließ sich von der Sonne hinaus ins Freie locken, wo nun bald Lerchenlieder ertönen mußten. Der Auferstehungstag rückte näher.
Mela's müdgeweinten Augen thaten die lichten Strahlen wehe. Als sie sich- doch zum Ausgehen rüstete, sagte Klein-Lenchen, die oft vergebens versucht hatte, die liebe traurige Tante aufzuheitern: „Wo willst Du hin? Nimm mich mit, es ist schön warm draußen, und der Wind schadet mir nicht."
„Ja, Lenchen, bitte Mama, daß sie Dir erlaubt, mitzukommen. Ich will zu Frau Super- intendent Werner, da sind kleine Knaben, mit denen Du spielen kannst."
„O. das ist köstlich", rief das Kind.
„Sie werden Pferdchen spielen — und ich bin die „Dame", welche einsteigt. Mama läßt mich schon!"
Während Lenchen angezogen ward, starrte Mela auf die Straße. Es kam ihr vor, als liefen die Leute heut besonders hastig. Sie lachten so fröhlich und nickten sich zu. Gab es denn kein Elend auf der Welt? Wußte Niemand, daß da oben ein armes Menschenkind vergebens nach Frieden rang?
Frau Werner war eine blasse, stille Dame. Ein Fußleiden bannte sie viel ans Haus und die wilde Knabenschaar sorgte für Abwechslung. Sie liebte Mann und Kinder abgöttisch, vergaß fast in ihrem Kreise, daß draußen auch Leute existieren. Sie hatte nicht gerade jung geheiratet und war rasch verblüht; es lag aber soviel' Hoheit auf ihrem Antlitz, daß sie Jeden betroffen machte. Die seelsorgerische Thätigkeit ihres Mannes ließ ihm nicht viel Zeit, sich seiner Familie zu widmen. Frau Werner leitete die Erziehung der Knaben fast allein.
Sie beklagte sich nie über Unruhe, sie war immer milde, immer maßvoll, niemals ungeduldig oder heftig.
„Ich möchte sein wie sie!" hatte Melanie
oft gerufen, wenn sie auf dem Schemelcben w Füßen der Frau saß und ihre überspiudelnde Lebendigkeit ihr einen kleinen Verweis zuwa „So gut, so liebreich immer das Beste denkend! Wahrlich, der Herr Superintendent weiß qar nicht, welchen Schatz er an Ihnen hat."
„Er weiß es wohl", lächelte die Dame. „Aber er spricht nicht davon. Was ist es auch Großes, gut zu sein, wenn man von Gott so viel empfangen hat? Mein Mann, meine Kinder sind meine Welt! — Das Hasten und Jagen der Menschen nach irdischen Schätzen verstehe ich nicht."
(Fortsetzung folgt.l
Abschaffung der ersten Wagenklaffe. Aus
Ersparungsrücksichten soll ob I. Oktober bei den Personenzügen der preußischen Staatsbahnen die erste Wagenklasse Wegfällen, soweit dadurch nicht berechtigte allgemeine Interessen geschädigt werden. Seit langer Zeit hat es sich herausgestellt. daß bei Personenzügen die erste Klasse wenig benützt wird, ein Bedürfnis daher nicht vorliegt. — Das Koupieren der Eisenbahn Fahrkarten durch die Schaffner kommt vom
1. Okt.an auf der Linie Leipzig-Halle-Magde- burg in Wegfall; es tritt dafür eine einfache Billetkontrolle der Reisenden beim Betreten deS Bahnsteiges ein, wie sie bereits in Berlin im Lokal- und Vorortsverkehr eingeführt ist. Wenn sich diese Maßregel, die außerdem zunächst noch auf der Strecke Braunschweig-Berlin getroffen wird, bewährt, so soll sie auch auf den anderen deutschen Bahnen zur Einführung kommen. In England und Frankreich ist dies längst der Fall.
__(A. d. Reiseonkel.)
Schmackhafte Quitten und Aepfel. Quitten können bekanntlich gerade so eingemacht werden, wie die Aepfel. Einen vortrefflichen Geschmack kann man aber den letzteren geben, wenn man ihnen beim Kochen und Einmachen den vierten Teil oder weniger Quitten zusetzt. Selbst einige Schnitte erfüllen schon diesen Zweck.
Peinlich genau nimmt seine Sache der edle Stephansjünger, der folgende dem „Bahr. V. Bl." eingesandle „Unbestellbarkeits-Erklär- ung" vom Stapel gelassen hat. Sie lautet: „Adressat mit Tode abgegangen, wohin unbekannt. Maier, Postbote."
Auflösung des Silben-Rütsels in Nr. 140.
Darre, Isaak. Edelink, Lawrence, Jssus. Eichel, Blanqui. Ewige Jude, Jstib, Schiras, Taubert, Dieppe. Elias, Schack, Garibaldi, Lauban, Upland.
Die Liebe ist des Glückes liebstes Kind.
Scherz-Rätsel.
Die Aufgabe besteht darin, für die beiden Striche zwei völlig gleich klingende Wörter zu setzen.
1. Dieser Arbeiter wird eingesperrt, weil er
eine Partie — —.
2. Wen will wohl diese junge Dame mit
ihren — —?
3. Der wievielte in der Reihe ist cs?" sing
der Geheimpolizist. „Sie müssen auf den — —," war die Antwort.
4. Dort kommt deine magere Cousine und dort
dein — —.
5. Auf dem Zollamt erst sahen wir, wie ver
dorben die — —
6. „Es ist erstaunlich." rief ein Mcnageriebe-
sucher, „wieviel solch ein Elefant in kurzer —
7. So oft ich ihn lese, wird mir Göthes —
8. Auf einer Reise in Norwegen sah ich ein
mal Fischer eine Masse Fische bei —
9. Auf dem Rigi stehend entzückte mich das
Glänzen — —- ,
10. „Wo wollen Sie promovieren?" „Ich mochte den Doktorgrad in-^,
Mindestens Mk. 50
>ch mehr, spart Jedermann, der -oe lussteuer die Bettfedern, Bettbarchent, Kölsch. Tischtücher, Handtücher. Mwer
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.