576
London. Reutter meldet: In Wakesield sind 600 Soldaten von Aldersaot und 200 Polizisten aus London eingetroffen. Aus Chol- cester werden weitere Truppenabteilungen nach den unruhigen Gebieten von Jorkschire geschickt.
London, 9. Sept. Nach Meldungen aus Pontebryde versuchte eine Anzahl Ausständiger in den Kohlengruben von Akcon mehrere Wagen anzuzünden, sie wurden von den Soldaten zerstreut. Die Behörden ersuchten den Minister des Innern. 600 Soldaten nach Derbyschire zu entsenden. Die Bergleute von Nordschassordsaire nahmen die Arbeit zu den früheren Löhnen wieder auf.
London. 8. Sept. Der „Standart" schreibt: Die Ermordung Emin Paschas am Ufer des Viktoria-Nyanza-Sees ist bestätigt durch in England eingegangene Briefe, welche ein Offizier einer Expedition an seinen Vater, einen hiesigen Offizier, gesandt hat. Der Briefschreiber teilt mit, er habe in Nyanza in einer Zinnbüchse Briefe und Depeschen Emins gesunden. welche am Tage vor seiner Ermordung in deutscher Sprache geschrieben waren. Die Briefe berichten eingehend über mehrere Kämpfe mit den Arabern, welche in denselben 800 Mann verloren, wobei zwei oder drei Europäer getötet wurden.
Anteryattender Teil.
Verloren und Gewonnen.
Novelle von C. Martin.
(Fortsetzung)
(Nachdruck verboten.)
Als Mela tiefbewegt die Kirche verließ, stand Rodach bereits draußen, er hatte auf sie gewartet.
„Fräulein Mela", sprach er, ihr die Hand reichend, „wir wollen vergessen, daß wir uns den gestrigen Abend durch eigene Schuld zu einer unfreundlichen Erinnerung gemacht haben!"
„Ja", sagte Mela weich, ich war recht kindisch gestern, ich hatte mich so sehr auf den Abend gefreut. Leider geht es im Leben oft so!"
„Doch nur dann, Mela. wenn wir nicht langmütig, nicht freundlich sind! Wir wollen in allen Lebensstürmen des Spruches eingedenk sein, den wir heute gemeinsam gehört: „Die Liebe verträgt alles, sie glaubt alles, sie hoffet alles, sie duldet alles!"
Ein Gruß noch, ein inniger Blick seiner Augen, und Mela ging beflügelten Schrittes und klopfenden Herzens ihrer Wohnung zu.
Rodach sah ihr mit leuchtenden Blicken nach.
„Alles wird noch gut werden, nur Geduld, Du unruhiges Herz — Geduld noch eine kleine Weile."
-r- *
Lenchen war krank. Man hatte sie, nachdem sie einige Regentage im Zimmer verbracht, an einem naßkalten Novembermorgen ins Freie geschickt. Sie klagte schon in nächster Nacht über Kopfweh und heftiges Fieber.
„Die Kleine bekommt die Masern", lautete der Ausspruch des Arztes.
„Aengstigen Sie sich nicht", beruhigte er Leonie, „sie herrschen sehr in der Stadt, verlaufen aber gutartig. Unnötige Sorge würde nur Ihnen und Lenchen schaden."
Er predigte tauben Ohren. Leonie war stolz auf ihr gesundes Kind. Sie faßte diese Krankheit wie ein unverdientes Unglück auf. Tag und Nacht wich sie nicht von Lenchens Lager, ja. wies Mela's Unterstützung heftig zurück. Die Folge davon war, daß Frau von Rosen auch an den Masern lag, als Lenchen bereits die ersten schlimmen Tage hinter sich hatte.
Herr von Rosen schlich kummervoll umher, denn die Angst, man könne bei Lenchens Pflege etwas versäumen, regte Leonie so auf, daß sie in ernste Gefahr kam. Eine Diakonissin mußte die Schwerkranke besorgen, während Mela sich selbst vergaß in der Pflege der kleinen Helene. Nach traurigen Stunden sah sie ihr Thun belohnt. Das Kind überstand die Masern schnell, doch blieben ihre Augen reizbar und erforderten große Achtsamkeit.
So saß Mela im verdunkelten Zimmer bei
dem kleinen Mädchen, erzählend von dem lieblichsten aller Feste, welches immer näher rückte.
Wie wußte sie alles Sehnen des eigenen Herzens zu verbinden mit dem Sehnen der ganzen Menschheit nach Erlösung von allem Erdenweh!
Als der Weihnachtsabend kam, und sie den Bruder von dem Lager der langsam genesenden Gattin zu Lenchens Einbescheerung holte, schalt derselbe nicht, weil sie, entgegen dem Gebot des Arztes, ein winziges Tannenbäumchen geschmückt hatte. Schluchzend im Uebermaß der Freude hing sich das erregte Kind an den Hals des Vaters; dieser faßte mit herzlichem Drucke Mela's Hand und sprach bewegt:
„Du treue Schwester! Wie soll ich Dir danken, daß Du unser Liebstes so sorgsam behütet? Wenn Du einmal einen Wunsch hast, dessen Erfüllung von mir abhängt, so erinnere mich getrost an diese Stunde — er soll Dir alsdann gewährt sein."
Melanie lehnte ihren Kopf an des Bruders Brust, es war ihr so weh zu Mute bei des Kindes Freude.
Wochenlang hatte sie nur für andere gesorgt und gedacht, nun schien eine Ewigkeit vergangen, seit sie den Geliebten nicht gesehen!
Besorgt schaute Herr von Rosen in das von Nachtwachen ein wenig bleiche Gesicht des Mädchens.
„Wie? heute Thränen in den Augen? Nein lieb' Schwesterchen, wir wollen uns nicht weich machen! Wir haben eine schwere Zeit durchlebt, aber Leonie ist außer Gefahr! In kurzer Zeit will sie die Diakonissin, die ihr nicht-sympatisch ist, entlassen, ich möchte Dich bitten, nun noch ein Opfer zu bringen und ihr ein Trost zu sein, wie Du dem Kinde ein Trost warst. Willst Du?"
„Gewiß, Benno! Lenchen und ich wollen Leonie täglich Gesellschaft leisten, nicht wahr, Lenchen? Du freust Dich, daß Du bald zu Mama darfst?"
„O wie sehr", rief die Kleine, ihre Puppen verlassend, indem sie Mela umschlang.
„Aber Du mußt mir auch jetzt noch Geschichten erzählen, Du mußt nicht wieder unfreundlich sein, wenn ich gesund bin. Ich habe Dich ja so unbeschreiblich lieb, Tantchen!"
Glühend rot.beugte sich Mela zu dem Kinde nieder.
Er hatte Recht gehabt, sie war reicher geworden in den letzten Wochen, — sie hatte so achtlos früher den Schatz übersehen, der für sie zu haben war.
An der Thür ertönte leises Klopfen, Herr von Rosen öffnete. Mit einem Karton trat er auf Mela zu.
„Für Dich, mit dem Poststempel „Dresden".
„Wen hast Du dort?"
Mit zitternden Händen löste Mela die Fäden, ein süßer Duft strömte ihr entgegen.
„Veilchen sind drinnen", rief das Kind. „Wie schön! Zu Weinachten Veilchen!"
Das letzte Seidenpapier fiel: Mela's bebende Hände hielten einen prachtvollen Strauß von Veilchen und Theerofen.
Sie drückte ihr Gesicht hinein — zwei glättende Tropfen fielen auf die Blumen.
Draußen Sturm und Regen, innen Heller Sonnenschein, Lenchen's Stimme klang wieder durch die Räume, und Leonie's Krankheit besserte sich zusehends bei Mela's Pflege. Sie empfand die frohe Stimmung des Mädchens mit Behagen ohne nach der Ursache zu forschen.
„Vielleicht hat Blumenreich ihr von seiner Liebe gesprochen und sie fühlte ein menschliches Rühren!"
Herr von Rosen betrachtete alle Abende kopfschüttelnd seine Schwester, die bei der anstrengenden Pflege der Frau noch Zeit für Wirtschaftsfragen hatte, deren Munterkeit die Abende für ihn zu so genußreichen zu machen verstand.
Mela, die nach jenem Kirchenbesuch nichts Eiligeres za thun gehabt, als mit ihrer festen, charaktervollen Handschrift das Bibelwort, welches Graf Rodach ihr wiederholt, niederzuschreiben, beherzigte dasselbe wohl.
Wie nahe schien ihr das Glück! Er liebt- sie ja!
In Tagen, in Stunden schon, konnte das Wort gesprochen werden, welches sie in den Himmel hob! —
Würde es anders kommen? Nein, das war nicht auszudenken! Er mußte wissen, daß unter seinen Blicken alle edlen Regungen ihres Herzens mächtig aufstrebten, daß es leicht für sie sei, gut zu sein, wenn er ihr nahe!
So sah sie mit Behagen den Aufruhr der Elemente, und schloß lächelnd die Augen, auch wenn ihr der Sturm ein Schlummerlied sang.
„So tobte es noch vor wenigen Wochen in mir", dachte sie. „Nun ist's still, ganz still! Bald sprossen die Frühlingsblumen, bald ist der Winter dahin — und dann — dann? Kann ich dann glücklicher werden?"
(Fortsetzung folgt.;
Metz, 7. Sept. Den „Münch. N. Nachr." wird von hier geschrieben: Am Montag kam gegen 1 Uhr ein junger Herr in eine hiesige Druckerei und wollte Visitenkarten bestellen. Der grade anwesende Angestellte erwiderte in etwas unwilligem Tone, daß man jetzt keine Bestellungen annehme, er solle eine halbe Stunde später kommen. Der Fremde entschuldigte sich, kam nach einer halben Stunde wirklich wieder und suchte sich Karten aus. Der Geschäftsführer fragte: „Ja was soll man denn darauf drucken?" Die Antwort lautete: „Prinz Rup- precht von Bayern!"
Die Straßb. Post giebt bekannt: Achtung! Vor Taschendieben wird gewarnt! In Metz sind nicht weniger wie 40 Taschendiebstähle der Polizei gemeldet worden. Von denselben sind die meisten während der Kaiserparadc verübt worden. Hütet eure Taschen, ihr Paradebesucher!
Laßt das Obst reif werden! Fürs erste hat das allzufrüh abgenommene Obst nur geringen Wert und fürs zweite werden die Obstbäume stark beschädigt. Im halbreifen Zustande geerntes Obst wird nie guten Most geben und das erhaltene Getränk ist nicht haltbar. Aufbewahren und später auf dem Markt verkaufen, läßt sich vorzeitig abgeAommenes Obst ebenfalls nicht; es ist nicht haltbar, zu wenig süß, nicht schmackhaft, wird runzelig, welk und unansehnlich. Bedeutend nachteiliger wird das vorzeitige Abnehmen des Obstes aber für den Baum selbst. Welchem Obstbaumfreunde möchte nicht das Herz bluten, wenn er sieht und gewahr werden muß. wie schon Anfang oder Mitte September die Obstbäume ihrer halbreifen Früchte beraubt und zum Dank für die Fruchtbarkeit ganz zusammengeschlagen werden! Da liegen kleine Neste, Zweige, Fruchtspieße, Fruchtruten, Fruchtaugen und für die Ausbildung der nächstjährigen Laub- und Fruchtknospen so notwendigen Blätter haufenweise auf dem Boden herum. Darum: lieber erst ernten, wenn das Obst reif ist. (Würde nicht auch einer Gemeindekasse der Mehraufwand für längeres Obsthüten bei späterem Verkauf (Ende September) dadurch doppelt und dreifach ersetzt, daß dann bei der Obsternte unzählige künftig fruchttragende Zweige an den Bäumen bleiben, die bei frühzeitigem Verkauf bekanntlich von vielen Käufern schonungslos bei der Obsternte abgeschlagen werden. Zugleich aber hätte dann das Gemeindeobst einen höheren Wert, weil es dann erst ganz reif wäre.
(Indirekt.) Führer: „Sehen Sie 'mal ganz scharf nach dieser Richtung: in der Fern müssen Sie einen Kirchturm bemerken.' Tourist: „Ich sehe nichts!" - Führer: „HM. schade, ich bin leider heute auch nicht ga z nüchtern. ^
Mindestens Mk. 50
mehr, spart Jedermann, der bet Bedarf -steuer die Bettfedern, Bettbarchent,
ölsch, Tischtücher, Handtücher K - -
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.