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Wiesbaden. 28. Aug. Der Rh. Kurr. weidet aus Rüdesheim, daß auf dem Schiffe Flora" ein Cholerafall vorgekommen sei.

Montpellier, 28. Aug. Während der Messe in der Kirche Saint Anne erschoß eine 60jährige Dame mit 4 Revolverschüssen den allgemein geachteten Notar Jean. Die Mör­derin verweigert jede Ausklärung, es wird an­genommen, daß der Notar der Mörderin die Herausgabe des Geldes verweigerte, das jene als Eigentum beanspruchte.

London. Nachdem viele der streikenden Arbeiter die Arbeit wieder ausgenommen haben, dürfte nur mehr die Hälfte der Bergleute von Wales ausständig sein.

Palermo, 28. Aug. Bis gestern sind hier 19 Cholera-Erkrankungen und 5 Todesfälle vorgekommen.

Rom. 28. Aug. Nachts 10"/» Uhr platzte eine Bombe am Palast Altieri, woselbst sich der Kassationshof sowie der Klub der päpstlichen Nobelgarde befindet. Ein 19 jähriger Mann, namens Reddine, ist schwer verwundet, so daß ihm ein Bein amputiert wurde. Der Schaden ist nicht bedeutend.

Neapel, 28. Aug. Der gestrige Tag ist ruhig verlaufen.

New-Iork, 28. Aug. Reutermeldung. Ein von Rockaway nach Beach Longisland mit Ausflügler« zurückfahrender Eisenbahnzug stieß auf einen vorangegangenen ebenfalls stark be­setzten Zug und zertrümmerte den letzten Wagen. Es wurden 16 Personen getötet, 50 verwundet.

Washington, 28. Aug. Im Repräsen- tantenhaus wurde die Debatte über die Aufheb­ung des Silberankausgesetzes um Mitternacht geschlossen.

AnterHattender Heit. Verloren und Gewonnen.

Novelle von C. Martin.

(Fortsetzung)

(Nachdruck verboten.)

So verging Tanz auf Tanz der Graf fand es nicht für nötig, sich Melanie noch ein­mal zu nahen. Diese war in keiner rosigen Stimmung: hatte sie doch den Saal mit ganz anderen Erwartungen betreten. Heute, wo alle jungen Männer ihre Schönheit so willig aner­kannten. berührte es sie peinlich, eine so bedeu­tende Erscheinung wie Rodach, nicht fesseln zu können. Weltschmerzliche Empfindungen tauchten in ihr auf. Sie fand plötzlich das Einerlei des Tanzen's unerträglich, sie hätte zu Hause sein mögen, um sich ausweinen zu können!

Doch mußte sie lustig sein mußte lachen, wo es ihr so weh um's Herz war!

Hastig trat Mela an ein Ecktischchen, auf welchen für die Tanzenden Erfrischungen standen. Sie nahm ein Glas mit Wasser und wollte es eben an ihre Lippen setzen, als sie ihre Hand ergriffen fühlte. Mit zornsprühenden Augen sah sie zu Rodach auf.

Sie dürfen sich den Tod nicht trinken", rief er heftig und nahm das Glas aus ihrer Hand.

Mela war so überrascht, daß sie willig los­ließ, glühend, hocharmend stand sie vor ihm. Rasch aber faßte sich das junge Mädchen und sprach kalt:

Ich habe Sie nicht zum Hüter über mich gesetzt, Herr Graf. Wenn Sie es nicht sehen können, daß ich Wasser trinke, so bescheide ich mich. Verstehen Sie mich recht, Graf Rodach ich will jetzt dieses Glas nicht nehmen, wäre es mein Wille noch, niemand dürfte mich daran hindern!"

Ihre Augen sprühten Blitze auf ihn, und Rodach senkte es war unerhört mit leisem Lächeln die seinen tief hinein. Er sagte fast weich:

Ich danke Ihnen, liebes Fräulein, für das Mitleid, welches Sie mit mir haben."

Ehe sie etwas entgegnen konnte, war er zu einigen Herren in der Nähe getreten, Mela stand allein. Schnell mischte sie sich wie­der in den Kreis der Freundinnen, und als der Cotillon kam, war sie die Uebermütigste von allen.

Graf Rodach hatte das Fest schon vor

demselben verlassen.

* *

Einige Stunden Schlaf hatten genügt. Mela wieder frisch und munter erscheinen zu lassen. Ihre energische Natur fühlte kaum noch Ermüdung, als sie am Frühstückstijch erschien. Frau von Rosen nahm ihre Chokolade im Bett, so konnte Melanie mit dem Bruder nach Herzens­lust besprechen, ohne durch ein Nasenrümpfen der Schwägerin in ihren witzigen Bemerkungen gestört zu werden. Als sie später, zum Aus­gehen gerüstet, am Bett derselben stand, um Adieu zu sagen, zeigte sich Frau v. Rosen sehr erstaunt.Wo willst Du so früh hin? Ich bin noch müde von gestern, kann mich gar nicht zum Aufstehcn entschließen."

Nun, du versäumst ja nichts", gab Mela zur Antwort.Ich wollte Dir nur Lebewohl sagen, da ich zur Kirche gehe."

Muß das heute sein, ich dachte mit Dir von der Gesellschaft zu plaudern. Auch wäre Ruhe Dir gut."

O, mir thut das bischen Tanzen nichts", lachte Mela.

Superindendent Werner predigt heut. Du weißt, da fehle ich nicht gern."

So eile Dich, Mela, es ist schon spät. Wenn nur Werner nicht so übertrieben streng wäre! Man kann doch nicht ganz nach der Bibel leben! Wo bleiben da die Verpflichtungen, die die Gesellschaft uns auferlegt."

Mela gieng, Mit großer Hast strebte sie vorwärts, denn ihr Weg war weit, ein Blick auf die Uhr zeigte die vorgerückte stunde. Beim Betreten der Kirche machte sie sich denn aufs Stehen gefaßt. Der Küster hatte bereits alle verwendbaren Stühle herbeigeholt, und noch war es einigen Damen neben ihr nicht gelungen, Plätze zu erhalten. Mela betete still und schaute sich dann um.

Erschreckt gewahrte sie, daß Graf Rodach sich von einem Stuhl in der Nähe erhob, mit einem stummen Gruß ihr Platz machte. Sollte sie ablehen? Nein, sie mußte seiner Aufforder­ung folgen, so unangenehm es war. Leicht dankend ließ sie sich auf dem Lehnsessel nieder Gras Rodach trat hinter sie. Wie zerstreut sie den Worten des Geistlichen zuhörle! Warum war dieser abscheuliche Mensch hinter ihr stehen geblieben? Immer mußte sie ihn treffen, es schien ihr Schicksal! Wie konnte sie ihn nach der Ballnacht in der Kirche vermuten! War er einer von den Gläubigen, die jede Lebens­lust verbannen möchten?

Tausend Rätsel stürmten auf sie ein. Ach, wer löste ihr nur das größte das Rätsel ihres Herzens?

Sie folgte plötzlich der Rede ihres Seel­sorgers mit Andacht. Wie sonderbar, daß der Geistliche für dieselben Worte sprach, wie für ihn, den Fremden, daß ein gemeinsames Gebet ihre Seelen zu Gott führte, derselbe Friedens- spruch für sie ertönte.

Erleichtert atmete Mela auf, als der Ge­sang wieder begann. Ging er nun? Redete er sie an? Sie stand auf und wandte ihr Ge­sicht ihm zu, er grüßte ernst und ging. Aber sie konnte jetzt nicht zürnen, sie hatte ja eben erst gesprochen:Vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigem."

Am andern Tage ward im englischen Kränzchen, welches bei dem Profesforstöchterlein Eva Schmehl stattfand, so viel Deutsch ge­sprochen, daß Melanie, die mit der fremden Sprache gut fortkonnte, schier vergehen wollte vor Ungeduld.

Man hatte >a so viel Stoff zum Plaudern!

Eva, deren Eltern nicht bei Generals ein­geführt waren, mußte doch eine wundervolle

Schilderung des Balles hören. damit sie bischen Neid fühlen konnte! Diese Pracht d>>r Toiletten! Diese eleganten Offiziere! Husaren Dragoner und Kürassiere waren auch daaewek-n! Dieser gottvolle Cotillon! Nein, so schön, wie bei Generals war es doch nirgends!

Nicht wahr, Mela?"

Aber Du bist ja so still?"

Hat Dir Graf Rodach wirklich nicht die Cour gemacht?"

So schwirrten die Stimmen durcheinander

Mela empfand einen schmerzenden Druck im Kopf und konnte nicht antworten.

Ich habe nicht Lust aus einem englischen Kränzchen einen deutschen Kaffeeklatsch zu machen" sagte sie plötzlich aufstehend.

Entschuldige, wenn ich schon nach Hause gehe, liebe Eva. aber heut besuchen wir die Zauberflöte, ich möchte mich vorher noch ein wenig in Stimmung hineinleben, die Mozart's Musik erfordert. Wir sehen uns ja in acht Tagen bei mir und sprechen alsdann kein Wort Deutsch "

Mela. nicht ausreißen!" schrie Sophie Räder.

Wir lesen ja schon. Wo waren wir stehen geblieben? Schnell her mit dem Buch. Du sagt zwar, mein Englisch sei schauderhaft, aber ich glaube doch, Du befindest Dich mir dieser Ansicht völlig im Irrtum."

Wir lesen! Mela bleibt!" schallte der Chor. Mela nahm resigniert ihren Sitz wieder ein. Nach einiger Zeit war die Thür hastig geöffnet, Frau Professor Schmehl trat in das Zimmer ihrer Tochter.

Ratet, wer eben seinen Besuch gemacht

hat."

Der neue Doktor?"

St. Hannenkopf?"

Professor Lorenz!" rief es durcheinander.

Graf Rodach," sagte Mela halblaut. Sie hatte heut noch nichts von ihm gehört, und ihr Schicksal wollte es ja, daß sie täglich an ihn erinnert ward.

Richtig", sagte die Professorin.Ach welch' charmanter Mensch er ist! Wie Gold so treu! Er bedauerte den Papa nicht zu treffen, sie haben Reisen zusammen gemacht! Ich hätte auf seinen Besuch wahrlich nicht gerechnet! Walter machte seine Schularbeiten im Wohn­zimmer. Da ging der Graf gleich zu ihm hinein und fühlte ihm im Lateinischen auf den Zahn, sie lachten zusammen sein Lachen aber klingt wie Musik."

(Fortsetzung fotgt.s

Der 2ljährige Sohn des Millionärs Giuseppe Momiglians wurde von der 7. Abteilung der Turin er Strafkammer wegen Fälschung eines bereits gezogenen und deshalb wertlosen Serienloses, das er für 22 Lire (17,60 Ml) verkauft hatte, zu vierzehn Monaten Gefängnis und zu 1000 Lire Geld­strafe verurteilt Der Prozeß hat in ganz Italien großes Aussehen erregt.

(Aus dem technischen Examen). Professor: Herr Kandidat, was stellen Sie sich unter einer Kettenbrücke vor?" Kandidat:Wasser, Herr Professor!"

(Naiv.) 1. Backfisch:Kennst Du den Lieutenant Schneidig?" 2. Backfisch:Und ob! Der hat mich schon ein ganzes Tagebuch gekostet!"

(Heiratsgesuch.) Ein armer Teufel sucht einen reichen Engel.

(Fettig gewordenes Hutleder zu reinigen.) Schmutziges Hutleder reinigt man mit einer Mischung, welche aus 10 T. Wasser und 1 >

Salmiakgeist besteht. Mittels eines schwammes reibt man das Leder ab. ,

kb- Niemand, der nach Pforzheim kommt.

versäume die bei Ludwig Becker vorm, . Hardt in den Schaufenstern ausgestellten S II mit den unglaublich billigen Preisen anzufty^

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.