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und da seine Ehe lange kinderlos blieb, verzog seine Frau, eine reiche Kaufmannstochter aus Bern, dieselbe in jeder Weise.

So wurde Melanie in Ansprüchen groß, welche besser niemals an sie herangetreten wären, denn als nach zehnjährigem vergeblichem Hoffen dem Rosen'schen Ehepaar ein Mädchen geboren ward trat ein merklicher Wechsel in der Gunst der Schwägerin für die nun beinahe erwachsene Melanie ein. Frau von Rosen mußte immer Jemanden haben, den sie bewundern konnte. das kleine, rosige Ding, welches nun die Aerm- chen nach ihr ausstreckte, sobald sie in seinen Gesichtskreis trat, erschien ihr doppelt liebens­wert neben der trotzigen, heftigen Mela, die gänzlich umgewandelt war.

Mela selbst fühlte und bereute oft bitter diesen Trotz, aber sie traf das rechte Wort nicht ihre Schwägerin günstiger für sich zu stimmen. Sie befand sich in dem Uebergangstadium, in welchem junge Mädchen weder hübsch noch liebenswürdig sind und vielleicht grade deshalb die allergrößte Sehnsucht haben, liebevoll und verständig behandelt zu werden. Frau von Rosen war nicht unfreundlich zu Melanie, aber sie wußte fortwährend an ihr zu tadeln und ging ganz auf in Entzücken über daswunder­niedliche" Töchterchen, für welches sie jetzt schon die schönsten Lebensschicksale weissagte. Ihr Mann nahm an dieser Vergötterung Teil, und so nannte Mela im Geheimen die kleine Nichte nur nochden häßlichen Kobold", ja, lebte sich in eine Stimmung ein, die ewig zwischen Trotz und Weltschmerz schwankte.

Die Häuslichkeit des Bruders war ihr verleidet, sie fand nur noch in der Schule Be­friedigung für ihren Ehrgeiz, überall die Erste zu sein. Ihre glänzenden Gaben gestatteten es leicht, die Mitschülerinnen zu überflügeln, und so machte sie, entgegen dem Wunsch des Bruders, den Kursus im Seminar spielend durch. Nach ruhmvoll abgelegtem Examen kam eine mildere Stimmung über Melanie. Sie war nun 18 Jahre alt und berechtigt in die Gesellschaft ein­geführt zu werden. Sie freute sich auf die Triumphe, die sie in derselben, vermöge ihres Geistes, feiern würde und war dem Bruder von Herzen dankbar, daß er ihr nicht erlaubte sein Haus zu verlassen, um eine Stelle als Erzieherin anzunehmen, wie sie anfangs gewollt.

Die Nerven der Schwägerin verlangten eine Auffrischung im Seebade, auch fand der Arzt Mela's Aussehen, nach den erregten Wochen vor dem Examen, nicht gut. Die Damen gingen also für den ganzen Sommer nach Colberg, wo Mela's unberührte Schönheit und Natürlichkeit manches Herz entzündete. Sie selbst blieb kalt bei jeder Huldigung, sie wollte die goldene Freiheit, die sie sich endlich errungen, auch aus­kosten.Warum sich binden, eine langweilige Ehe schließen?" Die Welt war so schön, der Spiegel sagte Mela, daß man mit solchen Augen, wie sie sie besaß, getrost ein wenig auf den Rechten warten könne.

Einmal mußte er ja kommen sehen siegen! Und sie wollte ihm den Sieg schwer machen!

* *

Ein Jahr später treffen wir die junge Dame in der Milte des Oktobers auf ihrem Zimmerchen in B. Müde von einer durchtanzten Nacht lag Mela auf dem Sopha und blätterte in EbersUarda".

Mela war nun kein Neuling mehr in der Gesellschaft, sie hatte auf dem ersten Ball im vergangenen Winter Sensation erregt, und ihr eigenartiges Wesen, ihre Freimütigkeit gefiel den Herren entschieden besser als den Damen, die sie gern dieEmancipierke" nannten. Was kümmerte sie dies? Sie wollte gar nicht mit dem Maße gemessen werden, womit man ihre Gespielinnen maß. Wie sie in der Schule die Bevorzugte gewesen, so wollte sie es auch in der Gesellschaft sein! Freilich gab cs dabei genug Hindernisse zu überspringen.

Die reichen Kaufmannstöchter machten sich oft sehr breit in den Salons, manche Baronesse blickte ein wenig spöttisch auf das kecke Fräulein, welches sichder Gnädigen" gleichberechtigt

glaubte und doch weder Titel noch Vermögen, nur ein bischen Schönheit aufzuweisen hatte.

Aber solcher Kampf um die Herrschaft sagte ihrem übermütigen Sinn gerade zu. Der Bru­der. der in diesen Kreisen doch auch etwas galt, nahm sich lebhaft ihrer an, denn auch ihn be­zauberte sie wieder, zum Aerger seiner Frau, die wohl mit Recht Mela's launisches Wesen schalt.

Ein leises Klopfen an der Thür ließ Me­lanie aus ihren Träumereien auffahren. Die Schneiderin brachte das Kostüm zu einem Balle bei dem Kommandanten, der schon am nächsten Abend stattfinden sollte. Mit leuchtenden Augen ließ Mela sich schmücken. Köstlich kleidet sie dieser silberglänzende Stoff, diese duftigen, zarten Theerofen! Wie mußte das alles flimmern im Schein der Kerzen!

Wie würde er ihr gefallen, dieser Graf Rodach, von dem seit Wochen schon die jungen Mädchen flüsterten und - wie würde sie ihm gefallen? Morgen sollte sie ihn sehen, den Unnahbaren, Frauenscheuen, dessen Lob von so vielen Lippen klang! Komtesse Marie hatte vor drei Jahren geglaubt, große Macht über ihn zu besitzen, aber eine einzige kleine Koketterie mit dem Lieutenant v. Zernow hatte den Stolzen auf immer von ihr entfernt.

Pah! Komtesse Marie war eben unge­schickt gewesen, sie hätte sich nicht einschüchtern lassen sollen, ihr könnte so etwas nicht geschehen o sie wollte ihn anblicken mit ihren sieg­haften Augen, wenn er ja wagen sollte, nicht gut zu heißen, was ihr zu thun beliebte!

Aber der Federfächer, der neulich sogar einen argen Stoß erlitten hatte, paßte entschieden nicht zu dem entzückenden Kleide!

So machte sich Mela trotz des Regenwetters, trotz der abmahnenden Worte der Schwägerin auf, um ein würdiges Exemplar dieser unent­behrlichen Frauenwaffe aufzutreiben.

Es dunkelte bereits stark als Melanie miß­mutig aus dem eleganten Laden trat, dessen Vorräte sie vergeblich gemustert. Wenn Besas nichts passendes hatte, wo war denn noch etwas zu finden? Doch sie versuchte in verschiedenen Geschäften ihr Glück und fand endlich in einem kleinen, ihr von früher bekannten Laden, einer vom Ringe weiter entfernten Straße das Ge­wünschte.

Aber o weh! Der Nebel, welcher bislang geherrscht, hatte einem heftigen Regenschauer Platz gemacht, Mela bemerkte mit Schrecken, daß sie ihren Schirm (ach zum wievielten Male!) in jenem Geschäft stehen ließ. In der Dunkel­heit bewegten sich auch kleine Laternen auf sie zu, welche ihr eine nahende Droschke verkündet hätten, so hob sie denn entschlossen ihr Kleid von den schlüpfrigen Stufen und gab ihr feines Filzhütchen mit der langen Straußenfeder dem Regen Preis.

(Fortsetzung folgt.)

Ein schweres Verbrechen wurde in St. Andreasberg verübt; am vergangenen Samstag starb ein Kind des H.schen Ehepaares. Die Polizeibehörde hatte Grund, anzunehmen, daß dasselbe keines natürlichen Todes gestorben war, und wurde deshalb die kleine Leiche poli­zeilich beschlagnahmt. Nachdem am Dienstag die Leiche seziert und es sich herausgestellt hatte, daß das Kind keines natürlichen Todes gestorben sein konnte, sondern allmählich verhungert war, wurde das saubere Ehepaar verhaftet. Eine Volksmenge hatte sich angesammelt, welche die Verhafteten bis zum Gefängnis unter Schimpf­reden verfolgte. Es soll überhaupt schon das vierte oder fünfte Kind dieser Leute unter verdächtigen Erscheinungen plötzlich gestorben sein.

(Das erschossene Gespenst.) In Groß-To- polya in Ungarn machte sich der Insasse Johann Mumber wiederholt denSpaß", zu Mitternacht, mit einem weißen Leintuche angethan, in den Gassen des Dorfes alsGespenst" herumzu­schleichen und die nächtlichen Passanten zu schrecken. Die Bevölkerung war durch diesen Geisterspunkt" in heillose Angst versetzt, und nur einige von den Aufgeklärten argwöhnten,

daß Mumber seine Hand dabei im Spiele habe. Einer der letzteren, in dessen Familie ein Mädchen vor Schreck schwer erkrankt war, Peter Rempei beschloß dem Gespenst heimzuleuchten. Derselbe stellte sich auf die Lauer, und als richtig 12 Uhr hinter dem Kruzifix auf dem Dorfplatze dasGespenst" hervorkam. feuerte er dagegen aus seiner Pistole einen Schuß ab. Mit mark­erschütterndem Aufschrei fiel der Angeschossene zu Boden, und die herbeieilenden Leute fanden nur mehr die in einem blutgetränkten Leintuchs daliegende Leiche des Johann Mumber.

Hineingefallen. Einenkünstlerisch vollendet schönen Stahlstich" versendet wie die Post meldet, ein geriebener Amerikaner wie er in Zirkularen und Zeitungsanzeigen kundgiebt, für den geringen Preis von 1 Doll. Ein Berliner Bäckermeister, welcher seiner Gattin zum Geburtstag etwas schenken wollte, wandte sich unter Einsendung des geforderten Obolus an die angegebene Stelle in Boston und erhielt postwendend ein großes Couvert, aus dem er nach und nach eine sauber verpackte Kolumbus- Marke von 2 Cents herausschälte. Das war der Stahlstich. Wer den Schaden hat braucht für den Spott nicht zu sorgen. Dem Bäcker­meister hat derStahlstich" den Beinamen Kolumbus eingetragen.

Zum Kapitel derTitel" noch einige kleine Beiträge: In Wien lebt laut des dortigen Adreßbuches eineSalamiwursterzeugersgattin". Von einem Leser erhalten dieM. N. N." eine der jüngst erschienenen Fremdenlisten von Tegernsee. Darin findet sich ein Herr Josef S.Betthandlung mit zwei Kinder"!

Auflösung des Silben-Rätsels in Nr. 128.

Telemach, Regatta, Algäu, Ulanow, Sonnen­wende. Colosseum.

Trau schau wem.

Silven-Rätsel.

Aus nachstehenden 35 Silben sind 13 Wörter zu bilden, deren Anfangs- und Endbuchstaben, von oben nach unten gelesen, einen geschätzten Artikel des deutschen Buchhandels ergeben.

den, bo, ci, ckev, e, e, e, ei, ke!, §a, but, je, Kar, la, lau, Ii8, ma, me, mo, llix, o, o, ra, rek, ro, ru, sa, 8a, sen, 8i, ti, to, tot, vin, M

Die Wörter bezeichnen: 1. eine Handels­stadt in Spanien; 2. eine Giftpflanze; 3. eine nordamerikanische Fabrikstadt im Staate Michigan; 4. eine Muse; 5. eine Person aus dem alten Testamente; 6. einen deutschen Dichter; 7. eine nützliche Pflanze; 8. ein Musikinstrument; S. ein männliches märchenhaftes Wesen; IO. einen weltberühmten italienischen Maler; 11. einen Ritter der Tafelrunde; 12. einen Held eines Dramas von Shakespeare; 13 einen asiatischen Volksstamm.

8L* Niemand, der nach Pforzheim kommt versäume die bei Ludwig Becker vorm. Chr. Er, Hardt in den Schaufenstern ausgestellten Stoffe mit den unglaublich billigen Preisen anzuschen.

Sriefkasten der Red. - N. Start des Inhalts anonymerweise gesandten Bahn-Postkarte Ham rs gefreut, wenn sie als offenbarer Zeuge me Sache einfach richtig gestellt hätten. So muhen ies auf Grund genau eingezogener Erkundigung thun, wie Sie dies im redakt. Teile der vorlieg. rrden. Die betr. Notiz ist uns von einer Sem äugen, die uns bislang zuverlässig bedient, Wem :m eine irrtümliche Auffassung des Vorfalls uiM - r ist. so kann es sich nur um eine nachtragmm gstellung handeln. Den Borwurf einermramen ' lassen wir uns für unfern Teil nicht biet > letreffende Notiz hat auch ihren Weg m m er gefunden. Wir aber haben uns bemüht, hrscheinliche,daß das teilweise zuruckgeM personal in Höfen übernachten mußte, am Sch l! er Korresp. wegzulaffen und haben nun un Z der Wahrheit und ebenso im Jntereffe n s es, um das es Ihnen angeblich zu thun i,

^ richtig gestellt. In Ihrem Interesse rat n mr r aber, sich im Verkehr mit uns eines

Redaktion, Druck und Perlag von Lhrn. Meeh in Neuenbürg.