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-^Anbetracht des Umstandes, daß die Bor- aiMe in Aigues-Mortes nicht nur internationale, sondern auch sozial-revolutionäre Bedeutung haben, scheint es im entschiedenen Interesse der französischen Regierung zu liegen, mit allen Kräften auf eine gerechte Beilegung hinzu­arbeiten.

Berlin, 21. Aug. DerReichsanzeiger" veröffentlicht die von den Ministern des Innern, hes Handels, der Arbeit und des Kultus ge­troffenen Anordnungen, betr. die Maßnahmen aeqen die Cholera.

Berlin. 20. Aug. Ueber Soldaten- niißtiandlungen soll, wie denM. N. N." M Berlin gemeldet wird, Prinz Heinrich kürzlich folgenden Ausspruch getban haben: In manchen Unteroffizieren steckt ein Gift, das verdirbt uns die Mannschaften. Doch ich werde es austreidcn. Meine Macht reicht weit."

DerReichsanzeiger" berichtet über die Ernteausjichten in Rußland folgendes: Die Mitteilungen über den Saatenstand im zentralen, östlichen und südöstlichen Rußland stimmen darin überein, daß die Ernteaussichten im allgemeinen sehr gute sind und daß der Saatenstand sich fortdauernd gegen das Früh- fahr gebessert hat; und zwar trifft dies besonders bei den in landwirtschaftlicher Beziehung wich­tigen Gouvernements im Schwarzerder-Gebiet zu, während in den Fabrikbezirken stellenweise die Ernteaussichten weniger günstig sind.

Fürst Bismarck in Kissingen. Der MännergesangvereinOrpheus" aus Barmen fang am 18. ds Mts. vor dem Fürsten Bismarck, den Professor Hörter aus Barmen begrüßte. Nach derAllg. Zlg." erwiderte der Fürst, er zähle das deutsche Lied zu den Imponderabilien, dir den Einigkeitsbestrebungen den Erfolg ver­schafften. Ec erinnerte an die Wirkung von BeckersRheinlied" 1841 und an dieWacht am Rhein" 1870. Das deutsche Lied trage den Einheilsgedanken. Die Deutschen seien wie ein Ehepaar, das sich wohl im Frieden zanke; mische sich aber ein dritter darein, dann fielen Mann und Frau einig über den dritten her. Bei den Volksliedern erwähnte der Fürst, diese gingen meist aufs Sterben hinaus;damit wollen wir aber noch nicht so schnell bei der Hand sein." Wieviel Lebenslust und Lebenskraft spricht aus den letzten Worten des Alt-Reichskanzlers!

Fürst Bismarck nahm am Sonntag Nach­mittag die Huldigung von 1000 Thüringern in Kissingen entgegen, die er im Hose der oberen Zaline empfing. Auf die Begrüßungsansprache des Herrn Fritze-Meiningen dankte der Alt-Reichs­kanzler bewegt und hielt er dann eine längere Rede, in welcher er an historische Erinnerungen vom August 1870 anknüpfte und sich weiter über die Reichsverfassung, sowie über alten und neuen Kurs eingehend verbreitete. Zum Schlüsse brachte Fürst Bismarck ein Hoch aus die deutschen Dynastien und speziell auf die Thüringer Fürsten aus. Die Abreise des Fürsten und seiner Gemahlin von Kissingen nach Barzin ist auf den 28. August festgesetzt; von dem projektierten -oejuche Bismarcks in Leipzig von Kissingen aus Hort man nichts mehr.

Lübeck, 21. Aug. Der Dom in Ratzeburg, me älteste größte und Kirche Lauenburgs, ist durch emen Blitzschlag in Brand gesetzt worden. Die Dhürme und der Dachstuhl find niedergebrannt, die Glocken herabgestürzt. Das Innere der Kirche mit vielen Kunstschätzen und Altertümern m erhalten.

Speyer, 22. August. Gestern Abend er­dete der Protest. Arbeiterverein mir einem Überaus stark besuchtenFamilienabende" die me,he der Verhandlungen und Festlichkeiten. Mf. Hümbel feierte nach Begrüßung der Ver­sammlung den Prinzregenten Luitpold, von dem u»r wissen, daß er allen auf Bolkswohkfahrt ^chirlen Bestrebungen wohlwollend zugeneigt

Pastor Werth-Schalke brachte ein Hoch auf b" Kaiser aus, der am inneren Ausbaue des ach Außen stark dastehenden Reiches, treulich "e. prächtiger Rede sprach Licentiat G ^ "'Madbach über dierechte Arbeiterfrau"; ,ra> Wintzingerode betonte das im idealen rebcn der eoangel. Arbeitervereine gegebene

" gegenüber dem Hauptstreben der Sozial­

demokratie, Unzufriedenheit zu erzeugen, und hebt hervor, unter Bezugnahme auf eine im Ausschüsse gefallene Aeußerung, daß gewissen­haftes Handeln auch sparsames Wirtschaften als eine Gewissenspflicht erfordere, vom Arbeiter, wie von jedem Andern, llebrigens ist es Grund­satz, den Menschenwerl nicht nach dem Besitze zu schätzen. Jagdstein-Wiesbaden kenn­zeichnet die Hauptlinien der sozialen Wirksamkeit der Arbeitervereine, Meichelt-Pforzheim bringt einen herrlichen Hymnus auf die Arbeit zum Vortrage, Wagner-Darm st adt empfiehlt die rednerische Ausrüstung von Arbeitern. Im­in erhof Westfalen preist die Hüter der Prote- station, Hümbel-Speyer schließt mir dem Ausdrucke der Freude über die Einigkeit aller Protestanten in den Hauptfragen des mensch­lichen Lebens.

Metz, 21. Aug. Heute begann hier die 22. Versammlung deutscher Forstmänner; die­selbe zählte über 250 Teilnehmer, besonders aus dem Reichslande und Bayern. Zum ersten Vorsitzenden ist Ministerialdirektor v. Ganghoser- München, zum zweiten der Oberforstmeister Carl-Metz gewählt.

Rodern i. Elf, 21. Aug. Der Rebmann Hern besitzt hier einen Rebstock, der bis 2000 gesunde Trauben aufweist. Seit 13 Jahren hat der Stock keine einzige Frucht geliefert, obwohl derselbe immer gehörig besorgt wurde; dieses Jahr wurde er nicht bebaut und beschnitten.

Aus Baden, 21. Aug. In verschiedenen Teilen des Landes, so in Müllheim und bei Bruchsal, sind die Weinberge wegen der nahen Traubenernte bereits geschlossen. In einzelnen Gegenden wird die Weinlese in diesem Jahre nahezu drei Wochen früher vorgenommen werden können, als in gewöhnlichen Jahren.

Karlsruhe, 19. August. Wegen der Fertigung des Projekts einer Nebenbahn von Karlsruhe nach Herrenalb wurde von der Stadt mit der Firma Sönderop und Cie. in Berlin ein Vertrag abgeschlossen. Dieselbe Firma hat bekanntlich auch das Projekt der Kraich- gau- und der Pforzheim-Ettling er-Bahn übernommen.

Mannheim, 17. Aug. Ein hies. Rechts­anwalt ist dieser Tage einem Schwindler zum Opfer gefallen. Zu demselben kam ein Herr und stellte sich als Möbelhändler aus Karlsruhe vor. Er habe bei einem hiesigen Möbelhändler eine Forderung von 1500 Mk., die er einklagen müsse. Der Anwalt versprach die Eintreibung des Betrages zu übernehmen, worauf sich nach Abschluß der nötigen Formali­täten der angebliche Karlsruher Möbelhändler entfernte, kurze Zeit darauf aber wieder erschien, um nach seinem Portemonaie zu fragen, das ihm in Verlust geraten sei. Da sich dasselbe nicht vorfand, war der Karlsruher ganz un- tröstlisch. Er wisse nun nicht, wie er nach Karlsruhe zurückkomme, da außer seinem Geld auch sein Eisenbahnbillet fort sei. Der Anwalt erbot sich als Retter in der Not und übergab dem Fremden leihweise 20 Mk.. mit welchen der Letztere, Dankesworte stammelnd, davon trollte. Der Anwalt ließ dem hies. Möbel­händler einen Zahlungsauftrag zugehen, den dieser aber nicht anerkannte, da er Nachweisen konnte, daß er dem Möbelhändler in Karlsruhe nichts schulde. Dieser Umstand machte dem Anwalt klar, daß er einem Schwindler 20 Mk. geliehen hatte.

Württemberg.

Wie im Mai, Juni und Juli bringen wir nachstehend die Ergebnisse der amtlichen Erhebungen des K. Statistischen Landesamts über den Saaten st andimMonatAugu st, welche der Staatsanz. mitzuteilen in der Lage ist. Nach den von den Vertrauensmännern der landwirtschaftlichen Bezirksvereine erstatteten Be­richten standen um die Mitte des Monats im Gesamtdurchschnitt des Landes: Winter­weizen: gut bis mittel mit Annäherung an mittel; Sommerweizen: mittel; Winter- dinkel: gut bis mittel; Winterroggen: gut bis mittel; Sommerroggen: gut bis mittel mit Annäherung an mittel; Sommergerste: gleichfalls gut bis Mittel mit Annäherung an

mittel; Haber: mittel bis gering; Kartoffeln: gut; Hopfen: gering; Kl ee (auch Luzerne): mittel bis gering; Wiesen: mittel bis gering mit einiger Annäherung an mittel; Aepfel: gut bis mittel; Birnen: gut bis mittel. Hieran reihen wir noch einige allgemeine Bemerkungen über die Gesamtlage, wie sie sich aus den Berichten für die Mitte des Monats ergibt: Der in der letzten Juli-Woche niedergegangene mehrtägige Landregen hat eine gründliche Durch­feuchtung der oberen Bodenschichten und damit fast allerorten eine überaus günstige Wendung in der Gesamtlage der Pflanzenproduktion be­wirkt. Andererseits wurde durch den Regen das in milderen Landcsgegcnden, insbesondere im Neckarkreis, bereits in vollem Gang befind­liche Erntegeschäft unangenehm unterbrochen und ist vielfach ein Teil der Frucht ausgewachsen. Wo dagegen mit der Ernte erst Anfangs August begonnen wurde, konnte das Erntegcschaft unter außerordentlich günstigen Umständen fortgeführt werden und um die Mitte des Berichtsmonats darf die Ernte von einigen höher gelegenen und rauheren Landesteilen sowie von einem Teil des Habers abgesehen in der Hauptsache als beendet betrachtet werden. Von besonders günstigem Einflüsse waren die Niederschläge auf das Wachstum sämtlicher Futterpflanzen. Jedoch erheben sich bei der seit zwei Wochen wiederum herrschenden großen Hitze und Trockenheit er­neute Besorgnisse, besonders hinsichtlich des Ge­deihens der außerordentlich zahlreich vorge­nommenen Nachsaaten von Wickfutter, Mais, Senf, Buchweizen, Stoppelrüben re., sowie der jungen Klee- und Luzernesaalen. Namentlich in denjenigen Bezirken des Jagstkreises, welche unter der diesjährigen Trockenheit vor allen andern notleiden (Aalen, Neresheim, Ellwangen, Heidenheim, Crailsheim), wird über die täglich schwindenden Aussichten auf Hervftsutler geklagt, wie auch dort die Fruchternle verhältnismäßig am geringsten ausgefallen ist. Ueber Hagelschlag wird nur aus 3 Gemeinden des Bezirks Böb­lingen berichtet. Bei den Winterhalmfrüchten wird ausgenommen dort, wo der Regen in die Ernte fiel und teils Auswachsen teils Min­derwertigkeit verursachte allgemein die vor­treffliche Qualität der Körner und vielfach auch das gute DruschergebniS gerühmt. Die Garben sind schwer, aber die Garbenzahl ist meist eine geringe, das Stroh kurz. Das Ergebnis des Dinkels an Kernen erscheint befriedigend. Unter den Sommerhalmfrüchten befriedigt im allgemeinen die Gerste, wo sie nicht durch reg­nerische Erntewitterung notgelitten hat, am meisten und es wird ein nicht ungünstiges DruschergebniS erwartet. Mehrfach ist jedoch in den Berichten ungleiche Reife der Körner erwähnt. Aus dem Bezirk Hall wird berichtet, daß die Gerste bei Maschinenfaat durchweg einen guten Stand zeige, was bei Handfaal nur für einen kleinen Teil zutreffe. Sommerweizen und Sommerroggen haben sich seit dem letzten Berichte noch etwas gebessert, was beim Haber nur vereinzelt der Fall rst. Mancher Haber­acker mußte zu Grünfulter oder Heu gemäht werden. Der Donaukreis allein verspricht eine mittlere Haberernte. Der Stroherlrag der Sommerfrüchle ist im Durchschnitt ein geringer. Erfreulich ist zur Zeit fast überall der Stand der Kartoffeln. Nach schön verlaufener Blüte zeigt das Kraut meist ein überaus gesundes Aussehen. Nur aus zwei Bezirken des Jagst­kreises (Crailsheim und Heidenheim) wird von schädlicher Wirkung der wiederholt herrschenden Trockenheit auf die Entwicklung der Kartoffeln und aus einem Bezirk des Schwarzwaldkreises (Urach) über Krankheit eines großen Teils der Pflanze berichtet. Der Hopfen hat zwar in einigen Hauptproduklionsgegenden infolge der Niederschläge sich einigermaßen erholt, und es konnte ein Nachwuchs von -Leitentrieben erfolgen. Im allgemeinen ist nur eine geringe Ernte zu erwarten. Der zweite Kleeschnitt fällt dank den stattgefundenen Niederschlägen meist wesentlich besser aus als der erste; gut be­standene Luzernfelder geben einen guten dritten Schnitt. Die Oehmdernte ist da und dort, besonders in einem Teile des Neckarkreises, bei durchaus günstigem Wetter nahezu beendet,