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Geschäfte durch eine reichlichere Versorgung von Saigun.

Bon der Cholera, 25. Juli. Aus Wien wird berichtet: Der oberste Sanitätsrat stellte fest, daß die Gefahr einer Cholera-Einschleppung insbesondere bezüglich der südlichen Reichsländer ernster geworden sei und empfiehlt Ueberwach- ung des Fremdenverkehrs, sowie vorbeugende Maßregeln. In Marseille hat sich der Ge­sundheitszustand bedeutend gebessert. Cholera­todesfälle werden noch fortwährend eingeschrieben; sie treten aber nur vereinzelt auf. Wenn deren Zahl immer eine verhältnismäßig starke ist, so ist solches auf den Umstand zurückzuführen, daß alle choleraähnlichen Todesfälle von den Aerzten als Cholera angezeigt werden, um das sofortige Begräbnis der Leichen herbeizuführen.

Der norwegische Landtag bethätigt immer mehr seine schweden- und königsfeind­lichen Gesinnungen. Er besteht darauf, daß am 1. Jan. 1895 die sogen. Konsulatsgemein­schaft mit Schweden gelöst sein müsse, hat den Beitrag Norwegens zur Zivilliste des Königs Oskar um jährlich 80000 Kronen, den Bei­trag Norwegens zur Apanage des schwedischen Kronprinzen um jährlich 50 000 Kronen herab­gesetzt und den schwedischen Ministern die sogen. Tischgelder mit jährlich 25 000 Kronen völlig gestrichen.

Rom, 26. Juli. Wie eine Depesche aus Berlin von gestern hierher meldet, wird Prinz Heinrich von Preußen auf Einladung des Königs Humbert den großen italienischen Seemanövern beiwohnen, und zwar mit dem Admiral Herzog von Genua an Bord desLepanto". Der Kronprinz von Italien wird im September den deutschen Manövern beiwohnen und teils Gast des Kaisers, teils des Großherzogs von Baden und des Königs von Württembergs sein.

Lugano, 24. Juli. Gestern Abend fand in der Kathedrale San Lorenzo der Geistliche auf den Stufen des Altars ein kleines, wohl versiegeltes Paketchen. Nach Beendigung des Gottesdienstes wurde der Gegenstand in die Sakristei gebracht und einer Untersuchung unter­worfen. Das Paketchen trug keine Adresse, da­gegen in zierlicher Handschrift und in italienischer Sprache die Aufschrift:Zu deinen Füßen O mein Gott lege ich nieder Jeglichen Haß". 16. 7. 92. Der Inhalt des Pakelchens: Ein prächtig gearbeiteter Dolch, mit Elfenbein­griff und feinsten Ziselierungen versehen, von hohem Wert. Der rätselhafte Geber ist unbe- bekannt. Man hat es hier jedenfalls mit jemand zu thun, der irgend welche böse Absichten trug, aber aus religiösem Gefühl zu Füßen des Altars Haß und Rache fahren ließ.

Schiffsunfall der russischen Kaiser­familie. Nach einer derPol. Korresp." auf Helsingfors zugehenden Meldung war die Kaiserliche JachtTsaröwna", auf welcher sich der Kaiser und die Kaiserin von Rußland be­fanden, während der Fahrt im Alandsmeere auf den Grund geraten. Durch Assistenz mehrerer Lotsendampfer gelang es jedoch, die Jacht wieder flott zu machen.

London, 26. Juli. DemStandard" wird aus New-Jork gemeldet, daß das rus­sische SchiffNicolaus I." und zwei andere russische Kriegsschiffe den Befehl erhalten hätten, nach Toulon zu gehen, um in Verbindung mit der französischen Flotte zu manövrieren.

Die Stimmung der Engländer scheint der Verzweiflung ziemlich nahe zu sein. Die gladstonianische Presse spricht bereits von der Einberufung eines europäischen Kongresses zur Regelung der siamesischen und der ägyptischen Frage. Dabei beschwört sie die Franzosen auf England doch gütigst noch einige Rücksicht zu nehmen, da andernfalls nur noch Deutschland und Rußland sich darüber auseinanderzusetzen hätten, welchen von beiden Reichen die Welt­herrschaft gehören soll. Die Königin Viktoria scheint mit dieser Waschlappenpolitik Gladstone's nicht einverstanden zu sein, wenigstens hat sie den früheren Ministerpräsidenten Marquis Salis­bury an ihr Hoflager nach Osborne berufen.

Antwerpen, 20. Juli. (Originalbericht.) Vor einigen Tagen hatte ich Gelegenheit, die

genauen Pläne zu verschiedenen der merkwürdigen Projekte einzusehen, welche für die Weltaus­stellung in Aussicht genommen sind, und ich muß gestehen, daß mich dieselben mit aufrichtiger Bewunderung erfüllten. Wie ein wahres Wunder­werk nimmt sich z. B. das überaus zierliche fliegende Restaurant mit dem ungeheuren ovalen Ballon aus, in dem 150 Personen zu gleicher Zeit Platz nehmen können. Was mir jedoch eine noch größere Hochachtung abnötigte, das war der Plan zu dem zu erbauenden alten Antwerpen aus dem 16. Jahrhundert. Dieses Bauwerk verspricht ganz allerliebst zu werden. Dasselbe wird den großen Markt mit dem Rathause zum Mittelpunkt haben, an welchen sich dann noch eine Anzahl Straßen anschließen, die sich insge- samt über einen Flächenraum von l'/s Hektaren erstrecken. Die hierauf zu erbauenden Häuser sind bereits sämtlich ganz genau entworfen und gezeichnet und sie werden, einmal fertig gestellt, ein noch weit eindruckvolleres und schöneres Gesamtbild abgeben als das seiner Zeit so viel bewunderte alte Amsterdam auf der Amsterdamer Ausstellung im Jahr 1887. In den reizenden, zwei- und auch dreistöckigen Häusern mit den vorspringenden Giebeln, Balkonen und Erkern und den gemalten Fensterchen wird sich vor den Augen der Ausstellungsbesucher dasselbe Leben und Treiben entfalten, wie es im 16. Jahr­hundert Hierselbst bestand. Krämer. Handwerker, Künstler u. s. w. in der malerischen damaligen Tracht werden bei offenen Fenstern und Thüren ihre Thätigkeit entwickeln, und in den Schenken und Herbergen werden den durstigen Gast züch­tige Jungfrauen in mittelalterlichem Kostüme den kühlenden Labetrunk kredenzen. Um aber diesem Teile der Ausstellung eine noch größere Anziehungskraft zu verleihen, hat das Komite beschlossen, in demselben eine ununterbrochene Reihe von Festlichkeiten zu veranstalten und so dasAntwerpen des 16. Jahrhunderts in Festen" darzustellen. Circa 100 verschiedene Scenen und Feste sollen während der Dauer der Aus­stellung Tag für Tag dort aufgeführt werden, wie z. B. Aufzüge von Kriegern und von Bürgern, der Einzug Karls V. und Aehnliches, und da die reiche Bürgerschaft Antwerpens es sich zur Ehre rechnet hiebei mitzuwirken, so darf man, ebenso wie bei dem Landjuweel, die Ent­faltung einer wahrhaft großartigen Pracht in Bezug auf die Kostüme als ganz sicher annehmen und ein in dieser Art vielleicht noch nie ge­sehenes Schauspiel erwarten.

Hlnteryattender Heit.

Ratatam-Ratatam!

Humoreske von Jean Richepin.

(Nachdruck verboten.)

(Schluß.)

Nun, wollt ihr einmal unter meiner Fahne dienen? Ich will nämlich gerade im Sturme ein Frühstück hier in der Gegend er­obern. Führt mich also in's nächste Wirtshaus, Grenadiere, und ihr kriegt einen guten Tropfen!"

Toto's Gesicht spiegelt zwei widerstrebende Gefühle deutlich wieder. Die Aussicht auf den Tropfen" klingt zu verlockend aber, wo bleiben dann unsere Heldenthaten?

Wollt ihr nicht?" fragt der Offizier. Warum so schüchtern? Nun, was meinst Du. mein kleiner, hübscher General?"

Er klopfte mir lächelnd auf die Backe. Er ist sehr freundlich und gefällt mir immer besser, je mehr ich ihn betrachte. Er ist groß, schlank, jung, hat ein hübsches Gesicht und sein großer soldatischer Schnurrbart steht ihm prächtig. Während Toto noch zaudert, kommt mir ein ausgezeichneter Gedanke.

Ja," sage ich,ich weiß ein Wirtshaus und will Sie hinführen."

Wo denn?" fragt Toto.

Bei uns natürlich!"

Toto ruft vergnügt:

Donnerwetter, das wird hübsch!"

Der Offizier hält mich nunmehr, trotz meiner vornehmen Kleidung für einen Gastwirts­sohn und frägt weiter, indem wir fortmarschieren:

Ißt man denn gut bei Euch?"

?So ziemlich, Jung." bemerkte Toto, dn nun anfängt, diesen unseren Feind, den wir std. beinahe wie einen Gefangenen durch das Dorf führen, vertraulich zu behandeln.

Bald sind wir an unserem Hause und in, Garten, wo Mama noch im Morgenkleide gerade spazieren geht.

Nun bemerkte der Lieutenant die Villa, die lustwandelnde Dame, die ihn und uns erstaun! anblickt und erkennt seinen Irrtum. Mit tiefer Verbeugung tritt er auf Mama zu.

Gnädige Frau entschuldigen aus dem Marsche nach Sathonay noch drei Stunden von hier Kartenaufzeichnungen kommen die Jungen führen mich nach einem Wirts- Hause"

Er entschuldigte sich auf's beste, ein wenig verlegen, aber gewandt und mit feiner Höflichkeit.

Ich sehe schon, daß er der Mama ebenso gut gefällt wie mir.Dieser allerliebste Schlingel, gnädige Frau" er kneift mich in die Backen ist Schuld an meinem Irrtum. Ich bitte gehorsamst um Verzeihung.

Aber, da ist ja nichts zu entschuldigen, Herr Lieutenant, ich nehme Ihnen und ihm das gar nicht übel" und sie fügt hinzu, so offen und ehrlich wie sie immer warganz im Gegenteile!"

Und unser Lieutenant bleibt einfach zum Frühstücke bei uns und er bleibt auch noch Nachmittags da. Mama ist offenbar ganz ent­zückt vor ihm. ich natürlich auch. Er ist so lustig, so spaßhaft und geistvoll. Nie vergesse ich, wie er uns die schöne Geschichte von General Schloßmann erzählte. Der hatte eine solche Menge Orden, daß er die eine Hälfte immer an der Innenseite der Uniform trug, mit dem größten, einem russischen Ordenssterne sich schlafen legte und selbst im Bade seinen Generalshut mit dem Federbusche trug.

Wahrscheinlich war unser Haus und unser Garten ein strategisch sehr wichtiger Punkt der Gegend, denn der Herr Lieutenant hatte in der Nähe mehrere Kartenaufnahmen zu machen, Jedenfalls ist unser Garten auf der General­stabskarte ganz genau verzeichnet, unser Lieute­nant besuchte ihn schließlich fast alle Tage einmal,

Mir war das ganz recht. Es war bei uns gar nicht mehr so langweilig wie früher. Mama war munter und manchmal hörte ich sie lachen. Ihre vergnügte Stimmung hielt an und eines schönen Tages bekam ich einen neuen Papa. Das war aber nicht der Seiden­kaufmann aus Lyon, der von der Verwandt­schaft für Mama ausgesucht worden war, son­dern war eben mein geliebter Lieutenant,

Die Verwandtschaft war wütend über unseren Verrat an den Grundsätzen des Hauses. Das Geschäft mußte verkauft werden, Mama Fran eines Offiziers! Ich wandte mich ebenfalls dem Waffenhandwerke zu und anstatt Soll u. Haben zu erwägen und mich mit langen Zahlenkolonnen abzugeben, lernte ich Fechten, Reiten u. Heeres- kolonnen aufstellen und befehligen. Und so bin ich denn nun, Dank sei Toto und Mama, Ge­neral! Ratatamü Von meinen Vorfahren, den Seidenhändlern, habe ich nur eine einzige Eigenschaft übrig behalten: ich halte die Seide hoch die Seide unserer Fahnen!"

(Im Restaurant.) Gast (zum Kellner): Bringen Sie mir also Dörrfleisch! Ungar: Dummer Schwöb! Kennt nit einmal seinen aigenen Muttersprach. Haißt ja doch dos Fleisch!" ___

(Die schlaue Tochter.) Marie:Dari ich dieses Buch lesen, Papa?" Papa:Ja, mein Kind, das darfst Du lesen." Marie (sür M- Dann les' ich's nicht."

(Durch die Blume.) Mutter:Nun, me ist Dir denn gestern das erste Mittagessen g '

raten?« Tochter:O . . mein Mann konn °

diesen Morgen schon wieder zum Komp gehen!" -

ikS" Niemand, der nach PsorzhelM kom >

versäume die bei Ludwig Becker vorm, Eyv Hardt in den Schaufenstern ausgestellten « n mit den unglaublich billigen Preisen anzui^,'

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.