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d-r Stadt Reutlingen den Rechtsanwalt Bayer in Stuttgart. Reichstagsabgeordneten

6. Wahlkreises, aufstellen.

Eßlingen, 19. Juli. Das Landes- Schützensest nahm gestern abend mit einem Vall im Württemberger Hos sein Ende. Die -rsten Preise erhielten: Feldfestscheibe Würt­temberg. 1) I- Schlegel. Oberndorf. Pokal Sr. Maj. des Königs. 2) C. Stiefelmayer hier. Pokal I. M- der Königin. 3) Emil Köhler. Gmünd. Vase der Herzogin Wera. 4) H. Beutelspachcr. Stuttgart. 5) Jos. Krauß, Gmünd, g) F. Kentner, Heidenheim. 7) Karl Käß, Back- naug. 8) Karl Doderer, Mannheim. 9) P. Bergmann. Bregenz. 10) R. Bertscher Obern­dorf. Standfestscheibe Eßlingen. 1) R. Käß, Backnang. 2) Herm. Faser. Hall. 3) Schwenk. Langenau. 4) R. Eberle, Schwabmünster. (Pokal von Herzog Albrccht.) 5) Linsenmeyer. Hell­bronn. 6) Zweifel. Stuttgart. 7) Kübel, Haupt- niann a. D., Stuttgart. 8) A. Stotz, Heilbronn. 8) Kentner, Heidenheim. 10) Reitz, jun. Hall. - Standmeisterscheibe. Ritzel, Zell (Tirol.) Feldmcisterscheibe. P. Bergmann, Bregenz. Jagdlcheibe. Hermann. Dillingen.

Am Sonntag abend kam es in Tübingen za einem förmlichen Gefecht zwischen Soldaten md Weingärtnerssöhnen. Die Loldaten (ca. U) zogen blank, die Zivilisten schlugen mit Stühlen, Stuhlfüßen aus demAdler" drein. Ein Soldat wurde tot vom Platz getragen, einer hatte einen Stich in den Fuß erhalten. Auch ein Weingärtner soll an den Folgen der Schlägerei gestorben sein.

Ehingen, 19. Juli. In Allmendingen, hiesigen Oberamts, hat gestern abend ein Schuh­macher seinen Schwiegervater totgeschlagen. Der Anlaß zu dieser That sollen Händel gewesen sein.

Ebingen, 16. Juli. In Jungingen im Killerthal stieß ein 22jähriger junger Mann auf dem Bodenraum eines Nachbarhauses, wie er wähnte, auf eine leckere Speise. Er fand nämlich daselbst getrocknete Beeren aufgeschüttet, die er für Kirschen hielt, und verspeiste gegen 20 Stück derselben. Es waren dies aber ge­dörrte Tollkirschen, und bald stellten sich bei demselben die Folgen der Vergiftung ein, so daß sofort telegraphisch ärztliche Hilfe ange- rusen werden mußte.

In Neckargmünd soll ein Winterhafen sür die Neckarschiffer errichtet werden. Als ge­eignetster Platz hiefür ist das untere Elscnzbett ins Auge gefaßt worden.

Vom hintern Wald, 15. Juli. Bei uns ist die Futternot weniger von nachteiligen Folgen sür die Viehzucht als in andern Gegenden In Aichelberg z. B. wurde wegen Futtermangel noch nicht ein einziges Stück Vieh verkauft oder geschlachtet und hoffen die Viehbesitzer auch all ihr Vieh durch den Winter zu bringen, was selbstverständlich für die ganze Gemeinde großen Wert hätte. Die Forstverwaltung hatte gleich anfangs die Erlaubnis gegeben, in alle gras­reichen Hochbestände mit dem Vieh ausfahren zu dürfen und von dieser Erlaubnis wurde all­gemein Gebrauch gemacht. Anfangs wurden die Tiere bei dem Waldfntter recht mager, aber sie wurden das Weiden gewohnt und nahmen rasch wieder an Fleisch zu. Durch die Ernähr­ung der Tiere im Wald konnte der Bauer all sein Grünfutter dürr machen und wenn nun der Oehmdertrag noch ergiebig ist, wie man allge­mein hoffen kann, so wird der Bauer mit einiger Sparsamkeit und unter Anwendung von Kraft- Mtermitteln sein Vieh ordentlich überwintern können.

Altensteig. 18. Juli. In einer der letzten Nächte wurde wiederholt versucht, einen Zug auf unserer Bahn zur Entgleisung zu bringen. Ein Straßenwärter, der Nachts zwischen Mhausen und Berneck auf der Straße neben Sem Geleise herschritt, entdeckte, daß von böser Hand 2 Bretterstücke quer über die Schienen gelegt waren. Er entfernte dieselben und kurz arauf brauste der Zug über die gefährdete stelle. Die Brettstücke waren von einer nicht ,,/^lveg befindlichen Holzbrücke gerissen. Es , ?lbs jetzt seit l'/r Jahren schon der 4. Ver- !Uch, auf unserer Bahn einen Zug entgleisen

zu machen. Es wäre zu wünschen, daß man den Thätcrn endlich auf die Spur käme.

Nach einer alten Regel sollen die Trauben an Jakobi so stark geworden sein, daß sie am Stocke nicht mehr stehen, sondern vermöge ihres eigenen Gewichtes hängen. Heute hangen die Trauben pfnndschwer am Stocke und sind stellen­weise so reichlich, wie es seit 1868 und 1877 nicht mehr gesehen.

Der Württ. Schutzverein sür Handel und Gewerbe mahnt zur Vorsicht beim Unterschreiben. Seit ca. l'/r Jahren suchen Firmen aus Berlin, Leipzig und Dresden namentlich kleinere Ladenhalter auch in den ent­legensten Straßen und in den unbedeutendsten Städtchen in folgender Weise zu beschwindeln. Ein gewandter Reisender erscheint bei den Laden­besitzern mit der Bemerkung, daß ihr Geschäft ihm empfohlen worden sei als geeignet, um den Alleinverkauf seiner bestrenommierten Seifen und Parfümerien zu übernehmen. Seine Firma würde die Reklamekosten (Annoncen) allein tragen und da er 50°/o Rabatt gewähre, sei ein sehr schöner Verdienst für den Besteller sicher. Zuerst ist eigentlich die Rede blos von Seifen und erst wenn der Besucher sich zu einem kleinen Versuch" bereit erklärt hat, wird darauf gedrungen, auchversuchsweise" eine Kleinigkeit" in denso viel begehrten" Par­fümerien mit aufzugeben, deren Umtausch gegen Seife zugestanden wird. Der Reisende hat ge­druckte mitSchlußnota" überschriebene Zettel, auf denen seine Artikel alle verzeichnet sind und auf denen er rasch eine ihm beliebige Zahl vor jeden Artikel setzt und den Besteller bittet,er möge nun, damit es wegen des Annoncierens keinen Irrtum gebe, seine Firma selbst darauf schreiben." Ist dies geschehen, so verläßt der Reisende unter Hinterlassung einer Kommissions-Kopie so schnell wie möglich das Lokal und den Ort selbst. Wenn nachher der Besteller die Kommissions-Kopie näher ansieht, so findet er, daß er nicht für 20. bis 30, Seife, das Dzd. ü 50 oder 60 bestellt hat, wie er meint, sondern daß als dritter Artikel 1015 Dzd. Seifen ü olL 6., dann 610 Dzd. Parfume-Flaschen L ^ 12 und 18. notiert sind, alles im Betrage von 225. bis v-L 350.. Alle Versuche, den Auftrag zu annullieren, sind vergeblich, das Haus besteht auf der Lieferung und der Be­steller muß innerhalb 3 Monaten bezahlen, sonst wird er gerichtlich dazu gezwungen. Will er strafrechtlich Vorgehen, so kann er nur gegen den Reisenden als Betrüger, nicht gegen das Haus, dessen Schlußnota er unterschrieben hat, den Strafantrag stellen. Also Vorsicht im Unterschreiben von Aufträgen!!

Ausland.

Die Franzosen haben mit den Siamesen Händel bekommen und letzteren ein Ultimatum geschickt, das die Siamesen binnen 24 Stunden beantworten sollen. Die Franzosen können in Tonkin mit den sogen. Schwarzflaggen nicht fertig werden und beanspruchen deswegen den Mekongfluß, der aber zu Siam gehört. Die Siamesen wollen den Franzosen eine neutrale Zone an dem Mekongfluß gewähren, aber Frank- reich hat offenbar die Absicht, Siam vollständig zu unterwerfen, französische Torpedoboote drangen entgegen dem gegebenen Versprechen den Menam- fluß hinauf, wobei sie von siamesischen Forts beschossen wurden. Nun liegen 2 französische Torpedoboote vor der Hauptstadt Bangkok und drohen dieselbe zu beschießen. Hiedurch sind die Engländer in nicht geringe Verlegenheit versetzt. Sie können die Siamesen unmöglich schutzlos den Franzosen überlassen und wollen doch Siams wegen mit Frankreich keinen Krieg anfangen. Lord Rosebery hofft noch immer auf dem Wege gütlicher Verhandlungen die siame­sische Geschichte in's Reine zu bringen. Allem Anschein nach aber sind die Franzosen zum Aeußersten entschlossen, und es wird einer großen Staalskunst Rofebery's bedürfen, um glücklich zwischen den genannten zwei Klippen durchzu­kommen.

Die Russen sehen mit Behagen einen französisch-englischen Konflikt sich entwickeln und

wollen offenbar im Falle einer ernsten Ver­wicklung zwischen den beiden Mächten in Af, ghanistan wieder einmal ein Schäfchen für sich ins Trockene bringen. Unter solchen Umständen gewinnt der Dreibund in England immer mehr Freunde und Anhänger und sogar solche eng­lische Blätter, die seither immer für die freie Hand Englands eingetreten sind, meinen jetzt, England soll so rasch als möglich sich formell an den Dreibund anfchließen und so aus dem­selben einen Vierbund machen, der dann nicht nur in Europa sondern in der ganzen Welt den bisherigen Zustand der Dinge zu garantieren hätte. Ob sich aber dazu der Dreibund herbei­läßt, auch für die überseeischen und außereuro­päischen Interessen Englands, von Aegypten etwa abgesehen, einzustehen, ist eine andere Frage.

Paris, 18. Juli. Den treffendsten Grund, weshalb Siam annektiert werden muß, hat ein Schüler eines hiesigen Collöge entdeckt. Wie heißt der König von Siam?"' fragt der Professor einen jungen Schlingel, den Sohn eines unserer bekanntesten Abgeordneten. Der Gefragte schweigt verlegen.Somdetsch Phra Paramindehr Maha Kulaulonkorn Phra Kula Kom Klaoh heißt er. Sie sollten sich schämen, das nicht zu wissen!", donnert der Professor. Höchste Zeit, Siam zu annektieren, wer kann solche Namen behalten?", giebt der junge Thunichtgul zur Antwort, und die ganze Klasse, einschließlich des Professors, bricht in ein schallendes Gelächter aus. Abends im Cafä er­zählte der Lehrer uns das Geschichtchen und wir haben ebenfalls gelacht, daß uns die Bäuche wackelten.

In Italien herrscht z. Z. so großer Mangel an gemünztem Geld, daß einzelne Fa­briken die Arbeitslöhne mit sogenannten BonS auszahlen mußten.

Der türkische Sultan hat bei den Eng­ländern bereits neue Unterhandlungen wegen der Räumung Aegyptens angeregt, dabei aller­dings die wohlwollendsten u. freundschaftlichsten Versicherungen für die Engländer abgegeben. Letztere werden sich durch schöne Worte nicht täuschen und aus Aegypten weder mit freund­lichem Zureden noch mit Gewalt entfernen lassen.

Konstantinopel, 19. Juli. Von der Waffenfabrik Mauser ist vorgestern der Liefer­ungsvertrag über 154000 Gewehre (Kaliber 7,65 nun) mit der türkischen Regierung unter­zeichnet worden. Die Gewehre haben dasselbe Kaliber, wie diejenigen der früheren Bestellung von ungefähr 600000 Stück und sollen nach dem Vertrag mit dem Rest der früher bestellten Gewehre Ende Februar 1895 abgeliefert wer­den. Der Sultan ließ Mauser seine Zufrieden­heit über den guten Abschluß der Angelegen­heit ausdrücken. Wie dieAgence de Constan- tinople" hervsrhebt, beweise die neue Bestellung, daß die Regierung entschlossen sei, entgegen den von anderer Seite gemachten Anstrengungen, ein einheitliches Gewehr in dem türkischen Heere einzuführen.

Aus Brasilien, 19. Juli. Das Reuter- Bureau meldet, daß in Santos Tausende von Menschen am gelben Fieber gestorben sind. Es herrschte allgemeine Geschäftsstockung; 45 Schiffe im Hafen seien ohne Besatzung, 20 ohne Kapitän. Während des Monats Juni belief sich die tägliche Durchschnittsziffer der am gelben Fieber Gestorbenen auf 200. Hunderte von ver­wesenden Leichen schwimmen den Fluß hinab.

Unterhaltender Teil.

- Aus dem Kriegsjahre 1796.

(Nachdruck verboten.)

Es liegt uns ein Militärkalender vor, in dem die Kriegsereignisse in Süddeutschland zur Zeit des Einsalls der Franzosen unter General Moreau im Jahr 1796 erzählt sind. Vielleicht interessiert es unsere Leser Ein und das Andere aus dieser Darstellung, soweit sie unsere Schwarz­waldgegend betrifft, zu vernehmen.

Von 1792 an waren die Heere der fran­zösischen Republik mehrfach in Deutschland ein­gefallen, die deutschen Landesteile am Oberrhein hatten aber das Glück gehabt, bis zum Jahr 179S