384
„Ihr wußtet es?"
„Ha, die Stelle war ja ausgeschrieben, was Wunder, wenn ich vermutete, daß der Herr, der sich in diese Wildnis verirrt, gewisse Gründe hatte, die ihn hierher führen, gewisse Zwecke verfolgt, die-"
„Ihr dachtet also gleich, daß ich mich um die Försterstelle bewerben würde?"
„Das vermutete ich!"
Eine Weile herrschte Schweigen. leise! rauschte der Wind durch die dichten Geäste der Tannen.
Der Förster war aufgestanden und hatte seine Hand auf die Schulter des alten Forstmannes gelegt. „Darf ich Euch vertrauen?" fragte er leise.
„Sie kennen mich nicht lange. Herr Förster und —"
„Kann ick mich auf Euch verlassen? Ein Waidmann auf den andern?" Die Frage klang heftiger, ungeduldiger Die buschigen Braunen des alten Waldhüters zuckten, aber er streckte dem Fragenden seine Hand entgegen und rief: „Sie könnens, können mir vertrauen!"
Die Männer schüttelten sich die Hände.
„Sie kannten den Oberförster Hülster, lieber Ehrhardt?"
Die Frage kam plötzlich, unvermittelt, doch der Alte antwortete ruhig:
„Sehr gut. Herr Oberförster!"
„Was wißt Ihr von seinem Ende?"
„Nicht viel; ein junger Forstgehilfe fand seine Leiche am Hange des Bilsteins, wo der Wald jäh abfäüt zur Eder, der Unglückliche war durch den Kopf geschossen."
„Ihr wäret an den Ort der Thal?"
„Natürlich, sofort, und ich habe mir alle Mühe gegeben, auf alle Einzelheiten geachtet, um des Rätsels Lösung zu finden; denn vor einem Rätsel standen wir alle, jeder liebte den Toten — — doch nicht alle, gegen die Wilddiebe im Revier war er strenge und daß ihm von dieser Seite böses angethan, wurde gleich vermutet, es konnte freilich auch ein Unglücksfall vorliegen, die Büchse des Toten war abgeschossen."
Der Förster schüttelte energisch den Kopf. „Habt Ihr sonst gar nichts entdeckt, am Boden Spuren eines Kampfes?"
„Nichts!"
„Hm, also aus dem Hinterhalt feige erschossen !"
Der Förster hatte sich wieder in den harte» Stuhl gesetzt und malte wieder mit dem Flintenkolben Figuren auf die Erde. Sein Gegenüber ließ den Sinnenden auf einen Augenblick allein und trat ins' Haus, kehrte aber sogleich wieder zurück.
„Hier, nach einigen Tagen habe ich eine Strecke vom Ort der That im grünen Moose diesen Pfeisenkopf gefunden." >
Der Förster griff hastig nach demselben. Doch was er da betrachtete, war ein einfach grüner Pfeifenkopf von einer kurzen Pfeife, wie sie die Jäger zu tragen Pflegen. Enttäuscht drehte er das gefundene Ding in den Händen.
„Der Kopf kann uns nichts helfen, aber von dem Orte aus, auf dem er lag. konnte von da aus-"
wohl noch einmal gehört, daß der junge Mann auf die Forstakademie gegangen ist, doch mag das Leute Gespräch gewesen sein!"
„Und weiter habt Ihr von Mutter und Sohn nichts gehört?"
Der Alte schaute dem Fragenden prüfend in's Angesicht und ließ seinen Blick noch einmal über die ganze Gestalt des Försters Hingleiten. Dann sprach er bestimmt:
„Nichts. Herr, bis in den letzten Tagen, in denen Sie hierher kamen!"
„Was heißt das. in den letzten Tagen —
— in denen ich, ich, herkam?"
» „So meinte ich!"
„Ehrhardt", rief erregt der Förster, „Ehrhardt, wir beide spielen Katze und Maus, heraus mit der Farbe, für wen haltet Ihr mich?"
„Nun, wenn Sie es denn wissen wollen
— für jenen Sohn meines toten Vorgesetzten!"
„Und weshalb kommt Ihr zu der wohl etwas kühnen Behauptung?"
Wieder schaute der Alte den vor ihm Stehenden an vom Kopf bis zu den Füßen, ehe er langsam antwortete:
„Warum? Weil Sie dem Vater ähnlich sehn, in dem Vollbarte an ihm wie aus dem Gesicht geschnitten sind, dann der ganze Wuchs,
die
Haltung — —
(Fortsetzung folgt.)
Zum
25jährigen Jubiläum der Hnzthalöahn!
Dieser Tage, am 8. Juni, waren es 25 Jahre, daß die Enzthalbahn fertiggestellt war. daß eine für die Bewohner des ganzen Enzthals so segensreiche Einrichtung dem Verkehr übergeben wurde. Der Fürsorge unserer Regierung, der Opferwilligkeit des Abgeordnetenhauses verdanken wir diesesEinrichtung, die für das Leben, für Handel und Gewerbe so großen Segen brachte.
Heute schauen wir dankbaren Herzens auf diese verflossenen 25 Jahre zurück. Wir haben uns so an unsere Eisenbahn gewöhnt, daß wir sie um keinen Preis mehr entbehren könnten noch möchten, wir haben uns sogar so sehr daran gewöhnt, daß wir uns heute gar nichts mehr dabei denken, daß wir es überhaupt als etwas ganz Selbstverständliches nehmen. Wir haben aber auch heute keinen Begriff mehr von den Mühen und Arbeiten, von den Kämpfen und Anstrengungen, welche nötig waren, den ursprünglichen Wunsch in ein Projekt zu ver- wandeln, und dieses Projekt zur Ausführung zu bringen.
Lange hatte man dafür gekämpft und nicht zum Mindesten war der Enzthäler Jahre lang bestrebt, in Wort und That dafür einzutrcten. Alle einschlägigen Mitteilungen und Schriftstücke brachte er zum Abdrucke und es ist heute noch interessant, an der Hand dieser Blätter die verschiedenen Stadien zu verfolgen, welche das Projekt durchzumachen hatte. Lange Jahre vorher schon träumte der Enzthäler in einem Neu- lahrsgruß an die Leser von der Verwirklichung dieser Idee.:
Und wenn nun bald noch ein paar Monde schwinden, In Feld und Wald erglänzt ein Blütenmeer,
Wird uns mit lautem Ruf das Dampfroß künden: Uns trennt kein Raum von weiten Fernen mehr.
Ehrhardt verstand. „Von da aus war die schönste Schußlinie, gewiß. Herr Förster!"
„Wir wollen morgen den Platz aufsuchen?"
„Stehe jeder Zeit zu Diensten!"
„Und den Kopf überlaßt Ihr mir? Oder hat er für Euch Wert?"
„Nur den, daß er vielleicht beitragen könnte, den Thäter zu entdecken."
Der Förster nickte und steckte den Kopf in die Tasche. Dann wandte er sich wieder dem Wildhüter zu:
„Und die Familie des Erschossenen?"
„Bestand aus Frau und einem ziemlich erwachsenen Sohne, einem munteren Burschen, der lieber in den Bergen umherstreifte, als hinter den Büchern saß, er sollte gerade fort in die Stadt auf eine Schule, als das Unglück geschah."
„Und weiter?"
„Ja, weiter ist mir nichts bekannt, ich habe
Und als später die Frage wirklich zur Beschlußfassung kam, da that er Alles, was in seinen schwachen Kräften stand, um ihr nach Möglichkeit nützlich und förderlich zu sein.
Am 29. März 1863 erschien, nachdem der Sache auch an maßgebender Stelle näher getreten worden war. der erste größere Aufsatz, die „Herstellung einer Eisenbahn im oberen Enzthal", dem wiederholt größere und kleinere Artikel folgten, bis dann am 12. Mai 1865 die Vorlage zum Bau dieser Eisenbahn bei der Kammer eingebracht und in der Sitzung vom 21. Juni angenommen wurde. Allgemeiner Jubel darüber herrschte im ganzen Enzthal, dem diese segensreiche Einrichtung großen Nutzen zu bringen versprach.
Es konnte nicht ousbleiben. daß bei Fragen von dieser Bedeutung Meinungsverschiedenheiten entstanden, und so entbrannte hier insbesondere ein heißer Kampf über die Lage des Bahnhofs.
Es kann nicht in Abrede gestellt werden, jG die heutige Lage des Bahnhofs für Neuenbüro selbst nicht gerade günstig ist, daß. wenn die Bahn wirklich durch das Tunnel unterm SM. berg einen großen Umrang abschneiden muß,/ ein Bahnhof auf der andern Seite dieses Tininlz für die Einwohner Neuenbürgs günstige legen wäre. Es lag ursprünglich auch ch ^ Absicht der Bahnbauverwaltung, den, Bahndvs diese Lage zu geben, doch stellten sich wieder andere Bedenken und Einwände entgegen, auck sollte die Stadt einen namhaften Beitrag leisteu
Die Arbeiten für die Bahnanlage wurden verhältnismäßig rasch gefördert. Nachdem einmal die Vermessungsarbeiten vorgcnommen. die Platzfragen erledigt waren und die Ausgrabungen begonnen weiden konnten, brachte jeder Tag für die angrenzenden Interessenten neue Ereignisse, die ein lebhaftes Gesprächsthema für j die damalige Zeit abgaben, was sicherlich noch Vielen gut in Erinnerung sein wird. Wenn ^ wir der Erfahrung zustimmcn. daß die Zeitung im Großen und Ganzen stets ein Abbild ihrer Zeit ist, daß die schwebenden Zeitfragen jederzeit in der Zeitung ihren Ausdruck finden, so erkennen wir diese lebhafte Stimmung für die Bahnsroge an den vielen Notizen darüber, an den Verfügungen, Belehrungen und Bekanntmachungen von Postkursen und Fahrplänen re.
Großer Jubel herrschte, als am 26. Febr. 88 die erste Lokomotive im Enzthal eintraf, der ein herzlicher Willkommengruß im Enzthäler dar- gcbracht wurde:
Willkommener Gast! — Kein Fastnachtsschwank! „Eine Lokomotive „Prinz Weimar" ist heute hier eingetroffen, um, angestellt von der Eisenbahnver- waltung, bei dem Materialtransport der Enzthalbahn Dienste zu leisten. Wir begrüßen diesen glückverheißenden Borboten als Frühlingsvogel seltner Art mit Freuden; möge er sichs bei uns recht wohl sein lassen; au Holz und Kohlen für seinen Dampf lassen wir es ihm nicht fehlen!"
Die Bahn selbst wurde am 8. Juni 1868 eröffnet und dem allgemeinen Verkehr übergeben. Man hatte davon Abstand genommen, größere Feierlichkeiten zu veranstalten; der Enzthäler ließ es sich aber nicht nehmen, diesen bedeutungsvollen Tag durch drei schöne Fest-Artikel, die so recht die Stimmung des Tags wiedergebcn, zu feiern.
Seitdem sind 25 Jahre verflossen! Eine Zeit, die für unser deutsches Vaterland jo ereignisreich geworden ist. Die Eisenbahn, in Verbindung mit Post und Telegraphie, der sich nun just in diesen Tagen auch ihr Sproße, die Telephonie zugesellt, hat ihr segensreiches Füllhorn dem Bürger, dem Handel, Gewerbe und öffentlichen Leben zu Teil werden lassen. Wenn wir mehr und mehr mit dem Laufe der Zeit fortschreiten, so werden uns noch vielfach die Segnungen dieser Erfindungen und dieser Einrichtungen zu Teil werden. ^
Auflösung des Silben-Rätsels in Nr. 89. Samum Omen Penelope Homonym Oporto Kaiphos Loreley Eisen Susanne
Sophokles. Mnemosyne.
Am Sonntag den 18. Juni d. I. wird aus Anlaß des in Unterreichenbach stattfindenden Gausängersestes ein außerordentlicher Perssmn- zug von Wildbad nach Pforzheim und Ilnter- reichenbach ausgeführt.
Wildbad ab 7.35 vormittags. Calmbach 7.42, Höfen 7.49, Rothenbach 7.55, Neuenbürg 8.03. Birkenfeld 8.12, Brötzingen 8.18. Pforzheim an 8.24, Pforzheim ad 8.35, Brötzingen 8.43, Weissenstein 8.51, Unterreichenbach an 9.02 vorm.
Der außerordentliche Personenzug führt Wagen II. und III. Klaffe, zu seiner Benützung berechtigen die allgemein giltigen Fahrkarten.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh t» Neuenbürg.