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zur Fütterung benützt wird, ist gut, nur sollten die Disteln mit anderem Futter gemischt werden, damit die Tieredas Maul nicht verschlagen/' Würde der Futtermangel noch größer werden, so müßte man außer zu dem Waldgras (See­gras) auch zum Laub und zu den jungen Zweigen der Waldbäume greifen, die auch in jungem Zustand ein viel besseres Futter geben als später, wenn sich die Nährstoffe schon im Holz abgelagert haben. Den größten Nährwert sollen nach ihrer chemischen Zusammensetzung die Blätter von Ulmen u. Eichen haben ( dem Klee); sodann kommen Ahorn, Hainbuchen, Eichen und auch Pappeln ( dem Wiesenheu); weniger wertvoll ist das Laub von Rotbuchen, Erlen. Birken und Haselnuß. Am besten wer­den auch diese Futtermittel miteinander und mit Schabgras" gemischt und mit ihnen möglichst viel abgewechselt, da sie doch eigentlich unnatür­lich sind. Vielfach wird jetzt auch Getreide ge­füttert. Die ganzen Körner können jedoch von Wiederkäuern nicht gut verdaut werden, weil die Magensäure nicht in dieselben eindringen kann. Man sollte die Körner vorher mindestens einmal über einen Mahlgang laufen lassen. Dr. Wiedersheim schloß seinen sehr klaren Vor­trag mit den Bitten: I. den Wald nur mit Maß und Ziel zu benützen und 2. alles zu thun, um die Tiere möglichst gut über die schwere Zeit hinüberzubringen.

^ Ebershardt OA. Nagold, 26. Mai. Zwei hiesige Bürger, ein Bauer und ein Metzger, die schon lange wöchentlich Schlachtvieh ins Wild­bad liefern, wurden am Pfingstmontag abend auf dem Heimweg von 3 Strolchen im Wald überfallen. Obwohl das Fuhrwerk bergauf ging, erzwangen sich die 3 Burschen Sitze auf dem­selben , schlugen den Bauern in Ohnmacht und behandelten den Metzger mit dem Messer der­art, daß er noch am Abend sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Die 3 Verbrecher, welche in der Gegend nicht unbekannt sind, wurden noch in der Nacht und am Dienstag, verhaftet.

Pforzheim, 29. Mai. Dass. Kinder­fest des hiesigen Gartenbauvereins nahm gestern, vom Wetter bestens begünstigt, einen glänzenden Verlauf. Es bestand in einem groß­artigen Festzug, Aufführungen und Spielen im Stadtgarten unter Leitung des Reallehrers C. Grüner und in einem Doppelkonzert, ausgeführt von der Feuerwehrkapelle, unter Leitung des Musikdirektors Th. Mohr und der Jugendkapelle unter Leitung des Herrn Asch. An der Spitze des Festzuges befanden sich drei schmucke Fest­reiter. Ihnen folgten Stondartenträger, die Fcuerwehrkapelle und über lOO weißgekleidete, mit rosa- und blauen Schärpen geschmückte Mädchen, welche unter 50 Blumenbögen mar­schierten, die von Knaben in einfachen, aber kleidsamen Kostümen getragen wurden. An diese Abteilung reihte sich der sogenannte Königs­wagen, ein Meisterwerk dekorativer Kunst des Herrn Handelsgärtners S. Klein, mit dem bril­lanten Königspaar nebst Gefolge. Hinter dem Königswagen befanden sich stramme Armbrust­schützen, die sich in ihrem Tyrolerkostüm aller­liebst ausnahmen. Dann kam eine Gruppe mit kostümierten Kindern, diesen folgten reizend ge­kleidete Mädchen und Knaben und prächtig ge­schmückte, mit Kindern beladene Wagen, worunter einer mit einem riesigen Klopperstorch und einer größeren Anzahl allerliebsten Kinder allgemeines Aufsehen erregte. Hinter dem Königswagen befand sich die Jugendkapclle. Der ganze Zug bot mit den freudestrahlenden Kindern und den 25 dekorierten Wagen einen herzerquickenden Anblick. In allen Straßen befanden sich un­zählige Zuschauer; die Häuser waren reich be­flaggt und die Kinder wurden mit Blumen und Bonbons förmlich überschüttet Im Stadtgarien brachten dann die Mädchen in ihren Festkostümen Tanzreigen, die Knaben Stabreigen zur Auf­führung, die in ihrer tadellosen, eleganten Aus­führung allgemeine Bewunderung erregten. Während des folgenden Konzertes belustigten sich die Kinder mit Spielen, Ballwerfen, Arm- brustschießen, Rundloufen. Im Stadtgarten mögen über 2000 Personen gewesen sein.

Deutsches Weich.

Der Beginn der diesjährigen Nordlandfahrt des Kaisers ist zwar noch nicht endgiltig, aber bis auf weiteres auf den 29. Juni festgesetzt. Da ober der Kaiser die feste Absicht Hat , den neuen Reichstag persönlich zu eröffnen, so er- giebt sich auch aus diesem vorläufigen Reiseplan, daß nach wie vor als Tag des Wiederzusammen­tritts des neuen Parlaments der 28. Juni in Aussicht genommen ist.

Wie verlautet, wird abermals eine Berat­ung der bundesstaatlichen Finanzminister über die schwebenden Steuerfragen stattfinden. Doch wird dieselbe nicht eher unternommen werden, als bis das Schicksal der Militärvorlage im neuen Reichstag sich entschieden hat. Ein brieflicher Meinungsaustausch zwischen dem Staatssekretär des Reichsschatzamtes und den einzelnen Finanzministers findet, nach derB. B. Z.", jetzt schon statt, denn es ist wahrschein­lich , daß ein neuer Weg zur Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reiches eingejchlagen werden wird, worauf ja schon die Auslastung imReichsanzeiger" hindeutete.

Den Verneinern gegenüber, die sich im Wahlkampf auf die angebliche Volksstimmung gegen die Militärvorlage berufen, erinnert die Nordd. Allg. Ztg. daran, daß dem Reichs­tage insgesamt 1003 Petitionen für und nur 248 Petitionen gegen die Militärvorlage zu­gegangen waren.

Der Abfall des Herrn v. Schorlemer- Alst und seiner politischen Gesinnungsgenossen von der Zentrumsparlei bildet noch immer das hervorstechendste Ereignis der Wahlbewegung aus jüngster Zeit. Darüber indessen, welcher Art die Wirkungen dieses Vorganges auf den Bestand des Zentrums sein werden, gehen die Meinungen erheblich auseinander. Während man auf der einen Seite die Ansicht bekundet, die Fronde des westfälischenBauernkönigs" gegen die neue Leitung der Zenkrumspartei werde letztere auf's Tiefste erschüttern und deren baldigen Zerfall mit herbeiführen, äußert man auf anderen Seiten die Anschauung, daß das Zentrum auch fernerhin im Großen und Ganzen intact bleiben und daß daher die Absplitterung der von Schorleiner-Alst geführten Gruppe keine tiefergreifenderen Folgen nach sich ziehen werde. Letztere Meinung dürfte anscheinend das Richtige treffen, wofür schon der Umstand spricht, daß in Westfalen selbst, der Heimat der neuesten Session innerhalb der Zentrumspartei, das Gros der Zentrumsleute offenbar auf dem Stand­punkte der Parteileitung steht.

Als Vertreter des Reichskanzlers empfieng am Samstag der Staatssekretär v. Boetticher eine Abordnung verschiedener Verbände des deutschen Tabak- und Zigarrengewerbes, die um Verlängerung der Geschäftszeit an Sonn- und Feiertagen baten. Wenngleich der Minister nicht in der Lage war, Aussicht auf eine in ab­sehbarer Zeit zu erwartende Aenderung des Ge­setzes zu machen, so nahm er doch Gelegenheit zu versichern, daß die Frage zur Zeit einer ein­gehenden Prüfung unterzogen wird und daß, wenn diese Prüfung, wie nach den Darlegungen der Herren zu erwarten stände, im Sinne ihrer Petition ausfiele, eine möglichst gleichmäßige Auslegung des Gesetzes zu Gunsten der Ver­längerung der Verkaufszeit, etwa wie in Bayern, Württemberg und Bremen, auch in den übrigen Bundesstaaten hcrbeigeführt würde. In der Petition bitten die Verbände um eine Ver­längerung der Verkaufszeit bis 5 Uhr nach­mittags.

Berlin, 18. Mai. Nach einem ergangenen Aufruf sollen sich die Inhaber des eisernen Kreuzes zu Vereinigungen zusammenthun, um durch wiederholte Anregungen beim Reichstage die Bewilligung eines Ehrensoldes durchzu« setzen, was man auch durchzusetzen glaubt, da die Zahl der Besitzer von Jahr zu Jahr zusammen­schmilzt. Es giebt nun eine ganze Anzahl solcher Besitzer, die mit einem derartigen Vorgehen nicht einverstanden sind, weil sie in der Be­willigung eines Ehrensoldes an die Inhaber des eisernen Kreuzes eine ungerechte Benachteiligung

der übrigen noch lebenden Mitkämpfer von 187071, deren Zahl denn doch nicht so lhj. ist. erblicken. Diese haben ohne Zweifel ihr,

Pflicht und Schuldigkeit in demselben Maße

than, wie ihre mehr von Glück begünstigten Kameraden, denen durch die Beleihung mit eisernen Kreuze eine Auszeichnung zu teil wurde, diese Auszeichnung konnten naturgemäß M alle erhalten, und es wurden daher diejenigen dazu bestimmt, die sich in irgend einer Weise besonders hervorgethan hatten. Es ist aber wohl damals keinem der mit dem Kreuze Beliehenen in den Sinn gekommen, daß er mehr als seine Pflicht und Schuldigkeit gethan hat, zumal eS doch sehr schwer festzustellen ist, wo dieses Mehr anfängt. Wenn also jemand für die Erfüllung seiner Staatsbürgerpflicht, für welche er doch schon durch ein äußeres Ehrenzeichen reichlich belohnt wurde, zumal das in Rede stehende nicht allen geqebcn werden konnte, nun noch eine Geldentschädigung, für die der besser klingende AusdruckEhrensold" gewählt wird, in Anspruch nehmen will, so erscheint dies doch etwas zu weit gegangen. Wie sollte dabei aber auch die Zu­ständigkeit des Ehrensoldes entschieden werden? Sollen ihn nur die Streitbaren erhalten oder auch die nicht Streitbaren, wie Sanitätsoffiziere, Militärbeamte u.s.w,, die das eiserne Kreuz ani weißen Bande erhielten? Oder sollen ihn nur die Unteroffiziere und Mannschaften erhalten? Wo würde da die Gerechtigkeit bleiben, ganz abgesehen von den ungezählten Inhabern der Kriegsdenkmünze für 1870/71, die nichts er­halten würden, trotzdem sie auch voll und ganz ihre Schuldigkeit gethan und ihr Leben hundert­mal mehr in die Schanze geschlagen haben, als mancher Besitzer des eisernen Kreuzes, der dieses vielleicht nur fürallgemeine" Verdienste er­halten hat. Wenn der Reichstag die Bewillig­ung derartiger Ehrensolde, die sür die Mehrzahl der Mitkämpfer mindestens eine Zurücksetzung bedeuten muß, ablehnt, so wird er zweifelsohne auch eine erhebliche Menge von Inhabern des eisernen Kreuzes auf seiner Seile haben, die in dem Besitze ihres Ehrenzeichens eine hinreichende Anerkennung des Königs und des Vaterlandes für geleistete Kriegsdienste erblicken.

Hamburg, 29. Mai. Die Cholerakoni­mission des Senats teilt mit: Ein Comptoir- bote der Neustadt, welcher seit acht Tagen an leichten Durchfällen litt, begab sich am 27. Mai wegen Choleraerscheinungen in ärztliche Behand­lung und starb am 27. Mai mittags. Die bakteriologische Untersuchung ergab gestern Cholera.

Dorlisheim i. Elf, 29. Mai. Gestern Nachmittag starb hier nach längerem Kranksein der General a. D. Frhr. Hermann von Hügel in hohem Alter von 83 Jahren. Der Verstorbene hatte sich gleich nach dem Kriege 1870/71, den er als Kommandeur einer württembergischen Brigade mit Auszeich­nung mitgemacht hatte, hier niedergelassen. Durch seine Anieilnahme an allen öffentlichen Ange­legenheiten war er weit und breit bekannt und erfreute sich in allen Kreisen der höchste» Ver­ehrung und Wertschätzung. Er bekleidete hier mehrere Ehrenämter, war Mitbegründer der hiesigen Spar- und Darlehenskasse und Ehren­präsident des Kriegervereins in Mölsheim, Viele hohe Orden schmückten seine Brust. Seine reichen Erfahrungen und Menschenkenntnisse suchte er zum Nutzen und im Interesse unseres Dorfes und seiner Bewohner zu verwenden und wer nur irgendwie ein Anliegen halte, fand bei ihm stets williges Gehör, Rat und Hilfe. Wrr Patriotismus für unser junges deutsches oteich beseelte den Verstorbenen, und überall bn fest­lichen Anlässen suchte er in begeisterten Worten die Liebe zu Kaiser und Reich zu pflegen und zu stärken.

A mb er g. DieN. Nachr." .^^sN' Ein Wähler, den Stadtherren für die Aeich»- tagswahl bearbeiteten, gab auf die Frage, ob er den Kandidatenunterstützen" wolle, zur An- wort:I kann den Herrn, den Ihr nach Ben schickt, net besonders unterstützen, i hob st Weib und Kinder z'Haus, doch kommt s ma wöchentlich an Laib Brot net

Mit einer Deik-e.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.