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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Pforzheim. 26. Mai. Zu Ehren des Reichskommissars Dr. Karl Peters, der einer Einladung folgend von Baden-Baden, woselbst er nur W weilt, Pforzheim einen Besuch machte, fand gestern abend ein Fest-Bankett statt, welches ungemein zahlreich besucht war und in seinem ganzen Verlaufe eine großartige Huldigung für den kühnen Forscher und schneidigen Vertreter der Reichsinteressen im fernen Afrika bildete. Zwei junge Damen überreichten einen Lorbeer­kranz und eine goldene mit Brillanten besetzte Mer, Aufmerksamkeiten, für welche Dr. Peters u, verbindlichster Weise dankte. ebenso für den herzl. Empfang. der ihm bereitet wurde. In feiner Rede machte er Andeutungen. daß sein jüngster Aufenthalt am Kilimandscharo von be­sonderem Interesse für das Reich gewesen sei; er könne sich naturgemäß über die getroffenen Vereinbarungen jetzt noch nicht näher äußern, in einigen Wochen aber würden die Ergebnisse bekannt werden.

Deutsches Weich.

Berlien, 25. Mai. Bezüglich der zur Deckung der Militärvorlage bestimmten Steuer- gesetze wird seitens der Regierung bisher kein weiterer Schritt unternommen, cs wird zunächst das Schicksal der Militär-Borlage im neuen Reichstage abgewartet. Erst dann soll entschie­den werden, ob die abermalige Einbringung der g Steuervorlagen erfolgen oder ein neuer Weg zur Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs eingeschlagen werden soll. Weitere Be­ratungen der einzelstaatlichen Finanzminister erfolgen erst dann, wenn etwa neuen Stcuer- planen näher zu treten ist.

Berlin, 26. Mai. In der Sitzung der neuen Fraktion des Herrenhauses, welche über den Fall Baumbach-Herbette beriet, wurde der Vorstand beauftragt, an Baumbach ein Schreiben zu richten, in dem cs heißt, daß sein Verbleiben in der Fraktion den Bestand derselben gefährde und ihm anheim gegeben werde, auszuscheiden. Der Vorstand sandte das schreiben ab.

Berlin. 26. Mai. Der Kriegsminister teilt imReichsanzeiger" mit: Das gegen den Hauptmann Prey in Frankfurt a. d. Oder infolge der Behauptungen Bebels im Reichs­tage wegen Soldatenmißhandlung einge­leitete Strafverfahren sei wegen Mangels jeg­lichen Beweises eingestellt. Bebel habe sowohl in einem Schreiben an den Kriegsminister als auch in seiner Zeugenaussage zu gerichtlichem Protokoll erklärt, er habe die Briefe, auf Grund deren er die Behauptung aufgestellt, vernichtet, und könne daher den Gewährsmann nicht nennen. Der Kriegsminister fügt noch hinzu, da Bebel als Abgeordneter vor der Verfolgung geschützt üb so bleibe zur Rechtfertigung des Hauptmanns Prey nur die Veröffentlichung des Sachverhalts übrig.

-öer l l n, 26. Mai. Dem Berliner blatt wird aus London mitgeteilt: Neu Meldungen besagen, der Kongreß wüi Mi emberufen werden, um über die Absck m Mac Kinleh Bill zu beraten.

Aus Friedrichsruh. 25. Mai. ^lachm. brachten 800 Oldenburger dem f «rsmarck eine Huldigung dar. Prof, wann hielt eine Ansprache an den F junge Damen Oldenburgs trugen, die Hos >e Lllue und die Liebe symbolisierend, °°r und überreichten Blumenspenden. De: an wartete dankend für die Ovation und ""bm Hoch auf den Großherzog von 8- Die Tagespolitik wurde in seine dort nicht berührt.

Baden. 25. Mai. Schwei g über das badische Oberland.

niedergegangen kirck ^biburg, Nonnenweiler und deii-n ^ Blitz ein und es wurden Mn mehrere Gebäude ein Raub der Fla 2 S-rmtz schlug der Blitz in eine? den E Pionen standen. Dieselbe, mit ^Eubt. kamen aber glücklich

an vii>l davon. Das Unwetter bwlen Orten großen Schaden an.

Mannheim, 23. Mai. Von dem Er­finder derkugelsicheren Uniform" Dowe wird berichtet: Dieser Tage sind Domes Einrichtung, Möbel, Kleider u. dergl. im Versteigerungslokale zwangsweise unter den Hammer gekommen. Der Besitzer einer Kleiderhandlung hatte für Dowe die Hausmicte bestritten und, um wieder zu seinem Gelde zu kommen, die Einrichtung ver­steigern lassen. Die Voraussagungen der Blätter, daß Dowe in allernächster Zeit es zum Millionär bringen werde, sind durch vorstehende Nachricht schnell widerlegt worden.

Zur Militärvorlage.

I.

Der Reformplan. Das junge deutsche Reich hat sich seit seinem Bestehen durch die kriegerischen Anstrengungen seiner Nachbarn, namentlich Frankreichs, und im Hinblick auf seine geographische Lage, immer von Neuem genötigt gesehen, seine Hecresmacht zu verstärken. Die Stärke des Friedensheeres an Mannschaften und Unteroffizieren beträgt seit dem 1. Oktober 1890 486 983 Mann; jedoch schreibt das Ge­setz diese Stärke als höchstes Maß vor, das an keinem Tage des Jahres überschritten werden soll. Da nun eine größere Anzahl von Mannschaften während ihrer Dienstzeit durch Tod, Krankheit rc. wieder ausscheiden. so beträgt die Friedens­stärke nur etwa 466 000 Mann durchschnittlich im Jahre. Die Vorschrift über die Höhe der Präsenzstärke gilt noch dis zum I. April 1894. Daß die verbündeten Regierungen schon jetzt die Frage der künftigen Friedensstärke, und zwar vom I. Oktober 1893 ab bis zum 31. März 1899, neu geregelt wissen wollen, war durch Gründe der Zahl wie der Organisation geboten.

Frankreich hat mit dem Gesetze vom 15. Juli 1889 das System der allgemeinen Wehrpflicht

der Ausbildung aller tauglichen Leute rücksichtslos durchgeführt. Die franz. Friedens­präsenzstärke betrug in den letzten Jahren durch­schnittlich 519 000 Mann. Frankreich hebt jähr­lich 230 000 Mann zum vollen Dienst aus. Im vorigen Jahre ist diese Zahl nicht erreicht worden, weil der Jahrgang 1871 wegen der in Folge des Krieges geringeren Zahl von Ge­burten schwächer an Zahl war; der Jahrgang 1872 übertrifft ihn um ein Viertel der Wehr­pflichtigen, es wird also mindestens die Zahl 230 000 bei der Rekruten-Aushebung erreicht werden. Fünfundzwanzig Jahrgänge ergeben mithin nach Abzug von 25 Proz. Ausfall

eine Kriegsstärke von rund 4 053 000 Mann. Da wir nur 186188 000 Mann (ohne Ein­jährig-Freiwillige) jährlich ausheben, so muß das französische Kriegsheer mit seinen viel stär­keren Jahrgängen dem unsrigen in gemessener Zeit um Hunderttausende ausgebildeter Soldaten überlegen sein.

Ebenso ist auch in der Zahl der Formationen Frankreich voran. Während die Deutschen im Jahre 1870 an Feldtruppen 104 Bataillone, 400 Geschütze und 130 Schwadronen stärker waren als die Franzosen, ist es heutzutage um­gekehrt. Die Deutsche Armee zählt jetzt 72 Bataillone, 276 Geschütze weniger als die Französische Armee, während die Zahl der Schwadronen ziemlich gleich ist. Ebenso rastlos ar­beitet Rußland, dessen Friedenspräsenzstärke 1889 rund 926 000. 1892 bereits 987 000 Mann be­trug. Nur etwa 100 000 Mann der Sollstärke stehen in Asien. Die Rekrutenquote 1891 be­trägt rund 281 000 Mann, von denen etwa 24 000 auf Asien fallen. Die Zahl der aus­gebildeten Mannschaften beträgt in 23 Jahr­gängen mit 25 Prozent Ausfall rund 4 556 000 Mann. Weder Mißernten u. Hungers­not, noch Cholera haben die Militärreorganisation Rußlands, die 1893 fertig sein sollte, im Min­desten aufgehalten. Indessen die Ueberlegenheit Frankreichs allein beweist genug, zumal da wir in einem Revanchekriege, an dem Rußland nicht teilnähme, auch keine Unterstützung von Bundesge­nossen zu erwarten hätten. Also: Wir müssen unsere Wehrkraft der Zahl nach ver­stärken.

Die Dinge liegen nun nicht nur in der Zahl, sondern auch in der mindestens ebenso wichtigen Organisation des Heeres für uns un­

günstig. Die empfindlichste Schwäche unserer Einrichtungen ist der Mangel an Friedens­stämmen für die Kriegsformationen und die daraus folgende Zersetzung des stehenden Heeres im Mobilmachungsfalle. Die Mobilmachung, von deren Schnelligkeit es abhängt, ob wir uns wieder die Vorteile der Offensive sichern können, vollzieht sich jetzt wie folgt: Das feste Gerüst für die Feldarmee bildet das Friedensheer, die Mannschaft, die, wenn ein Krieg ausbricht, ge­rade bei den Fahnen dient. Die einzelnen Truppenkörper rc. werden auf Kriegsstärke ge­bracht, die z. B. bei einer Kompagnie Infanterie 250 gegen 140150 Mann im Frieden beträgt. Außerdem werden aus den Einberufenen Reserve- und Landwehrbataillone gebildet, die zum Teil gleich mit ausrücken, zum Teil einstweilen als Ersatz daheim bleiben und erst später nachge­schoben werden. Für sie müssen aber Berufs­offiziere. Majore, Hauptleute, Lieutenants, ferner Unteroffiziere und Mannschaften der Linie da sein, die den Stamm für die neu aus dem Zivilstande Hinzutretenden abgeben. In Folge dessen zerstreuen sich die Offiziere und Mann­schaften einer Friedenskompagme überall hin in neue Formationen und dieser Neuformationen sind so viele, daß bei jeder Kompagnie nur eia kleiner Teil der Chargen und Mannschaften verbleibt. Bon den Formationen der ganzen Armee, wie wir sie im Kriege aufstellen, werden sechs Siebentel Neuformationen sein. Man kann sich da leicht denken, wie viel Leute von den Friedenskompagnien und Friedensbatterien ab­gegeben werden müssen, wle groß die Zersetzung der Truppen nach der Mobilmachung fein wird. Je größer aber die Zersetzung ist, um so mehr nehmen auch die schon vorhandenen Formationen den Charakter von Neubildungen an und um so ungünstiger ist es für die Schlagfertigkeit. Es werden 30, 40, auch 50 Mann bei einer Friedenskompagnie verbleiben, die übrigen 220, 210 oder 200 Leute treten aus dem Beurlaub­tenstande neu hinzu, müssen sich also auch erst in die Truppe wieder einleben.

Frankreich war uns 1870/71 in der Zahl der ausgebildeten Feldtruppen unterlegen. Aber es besaß zahlreiche Friedensstämme, die es der provisorischen Regierung ermöglichten, Armeen aus der Erde zu stampfen und den Krieg noch so lange hinzuziehen. Diese Friedensformationeu für den Krieg hießen Depots und unterschieden sich von unseren Ersatzbataillonen dadurch, daß sie nicht erst beim Uebergange aus der Friedens- zur Kriegsformation vollkommen neu geschaffen werden mußten, wie in Deutschland, sondern schon im Frieden bestanden und deshalb auch den Wert einer gut ausgebiloeten und festge­fügten Truppe besaßen.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten hat letzten Dienstag ihre Beratungen wieder ausge­nommen und zunächst den Bau einer Umgehungs­bahn von Untertürkheim nach Kornwestheim zur Entlastung des Stuttgarter Güterbahnhofs ge­nehmigt, ebenso eine ganze Reihe von Kredit­forderungen für weitere Geleise, Bahnhoferweiter­ungen, Verstärkung der Betriebsmittel u. s. w. In der 45. Sitzung am Mittwoch den 24. wurden die Beratungen auf diesem Gebiet fort­gesetzt. Unter Art. 7, wonach für Zwecke der Post- und Telegraphenverwaltungen 673000 »iL verlangt werden, befindet sich die Forderung von 70 000 olL für Herstellung eines Postgebäudes in Wildbad. Der Berichterstatter v. Leib­brand sagte hiezu einleitend, es werde sich wohl kein Einwand erheben lassen gegen solche Er­werbungen, da sie dringenden Bedürfnissen ent­sprechen; es lasse sich nur vielleicht streiten über das Tempo, das man dabei einhalten wolle. Es seien auch schon Meinungsverschiedenheiten da­rüber entstanden, ob es zweckmäßiger sei, die Postgebäude in der Stadt oder an der Station zu erwerben oder zu errichten. Min.-Präs. Dr. Frhr. v. Mitt nacht: Es sei nicht zu ver­kennen, daß überall die bauliche Entwicklung der Städte den Bahnhöfen als den Mittelpunkten des Verkehrs zustrebe. Da sei es doch natürlich, daß die Postanstalten diesem Trieb auch folgen. Wenn eine Postanstalt am Bahnhof liege, so