318
Male brach ein Ast und . . . Großer Gott, daß ich das auf meine alten Tage erleben muß!"
— Die beiden Männer waren der Unglücksstätte zugestürmt und dort, unter einer schlanken Tanne lag das Kind, stumm und still, der Sturz war absolut tödlich gewesen. — So groß der Schreck, das Entsetzen und der Schmerz des Vaters war
— Schlimmeres stand ihm bevor und er machte sich aus Alles gefaßt. Schon am Abend traf Clcmentine, telegraphisch herbeigerufen, auf Grünau ein. Sie jammerte nicht, sie klagte nicht. Aber bei dem Anblick der kleinen Leiche stürzte sie wie vom Blitz getroffen nieder und verhüllte ihr Angesicht. Als sie es wieder erhob, war es wachsbleich und ihre Augen brann- ten. Starr sah sie Hellmuth in's Auge. „Du, Du hast ihn gemordet." sagte sie dann mit klangloser Stimme, „nun ist es aus mit uns." Sie wandte sich und würdigte ihn keines Blickes mehr. Den Trostesworten ihres Vaters, wie dem Zuspruch des würdigen Geistlichen verschloß sie ihr Herz. Aber als es Nacht geworden war, schlich sie in das stille Kämmerlein ihres Einzigen, benetzte sein kaltes Gesicht mit ihren glühenden Thronen und rief: „Er. Dein Vater hat Dich gelötet! Er liebte seinen eitlen Zeitvertreib mehr als Dich und ließ Dich elend umkommen! Aber wie er Dir gethan, so will ich ihm thun. Die Wurzeln der Liebe riß er aus meinem Herzen. So sei es denn kalt für ihn und tot
— bis an das Grab. Das fei die Sühne für die Schuld, die er an Dir verübt!" Da zogen finstre Wolken über den Mond und der Nachtwind strich klagend durch die Wipfel der Bäume.
— Als die Pfingstglocken läuteten und alle Welt jauchzte in Festfreude und Lebenslust, da bestattete man ihn in der Gruft der Familie Berkwitz auf dem Kirchhofe zu Grünau, den kleinen Philipp. — Es war ein trauriges Pfingstfest. —
Frau Clementine war ernsthaft willens, sich von ihrem Manne scheiden zu lassen. So glücklich sie in ihrem Ehestande bisher gewesen war — jetzt schien es ihr unmöglich, mit Demjenigen noch ferner zusammen zu leben, der nach ihrer Ansicht einzig und allein den Tod ihres Kindes verschuldete. Trotz aller Vorstellungen ihres Vaters setzte sie sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung, der das erforderliche vorbereiten sollte. Da traten Ereignisse ein, welche ihre Bemühungen — wenigstens einstweilen — überflüssig machten. Frankreich hatte Preußen den Krieg erklärt und Hellmuth folgte der Trommel, die ihn zum Kampfe für's Vaterland rief. Vor seinem Scheiden unternahm er noch einen Versöhnungsversuch. Ihm war sehr weh um's Herz. Nicht nur sein Kind, das er doch nicht weniger liebte als sie, hatte er verloren, sondern auch das Herz seines Weibes war ihm gestorben. Sollte sie jetzt, da cs Abschied zu nehmen galt vielleicht für immer, sollte sie jetzt nicht ihren ungerechten Vorwurf fallen lassen, sich auch jetzt noch kalt und hart seinen Worten verschließen? Doch seine Hoffnung war eitel. „Ich vergebe Dir, geh' mit Gott und wenn wir uns nicht Wiedersehen sollten — lebe wohl." Damit wandte sie sich von ihm ab. Weiter also hatte sie ihm nichts mehr zu sagen in einer Stunde, die ihn vielleicht einem nicht mehr fernen Tode entgegen führte. Er dachte an sein verlorenes Glück und die Thränen traten ihm in die Augen. Aber er kämpfte seinen Schmerz mutig hinunter. Es schickte sich nicht für einen königlich preußischen Offizier, Thränen zu vergießen, auch wenn es Niemand sah. Er biß die Zähne zusammen und starrer Trotz, düstere Entschlossenheit lag auf seinen Zügen, als er sein Haus verließ. Clementine blickte ihm durch'S Fenster nach, — er sah sich nicht um. Als sein Regiment unter den rauschenden Klängen der „Wacht am Rhein" durch die Straße zog stand sie wieder am Fenster. Sie sah ihn kommen, sah ihn vorüberziehen, und keinen letzten Blick warf er hinauf zu ihr — sie hatte es ja so gewollt. Aber als die Klänge der Musik verhallten, da warf sie sich mit einem Schrei nieder, verhüllte ihr Gesicht und weinte heiße Thränen. Und dann hob sie ihre Hände zum Himmel empor und schluchzte: „Herr im
Himmel, wenn ich an ihm gesündigt habe, so rechne es mir nicht an. ich konnte nicht anders."
Nun war es traurig, einsam und öde in ihr und um sie her. Was sie so eifrig erstrebte
— die Trennung von dem Gatten — nun war es erreicht, ohne ihr Zuthun. Aber sie ward dieser Trennung nicht froh und in langen Nächten, wenn der ersehnte Schlummer sie floh, dann durchflog ihr Geist weite Fernen und weilte auf Frankreichs Schlachtgefilden an der Seite des Gatten, den sie von sich gestoßen.
Sie bangte um ihn und zitterte für sein Leben. Wie gern hätte sie ihm geschrieben, aber ihr Stolz litt es nicht. Ja, wenn er ihr eine Nachricht hätte zukommen lassen! Doch er ließ nichts von sich hören. — sie halte es ja so gewollt. Wie? Das hätte sie wirklich? Hätte ihm verboten, ihr zu schreiben? Konnte ein Weib so übermenschlich hart und grausam, so ganz und gar verstockt und fühllos sein? Ach nein, gewiß nicht. Aber sie hatte sich absichtlich hart gemacht und ihm Lebewohl gesagt — für immer. Sie wollte ja getrennt sein von ihm,
— nun war sie es. Der Himmel selbst hatte es so gefügt, mochte denn das Schicksal feinen Lauf nehmen.
(Schluß folgt.!
Weltausstellung in Chicago. Die Weltausstellung in Chicago hat bei vielen Touristen, die bereits Europa und die Länder des Orients gesehen haben, den Wunsch angeregt. neben der Weltausstellung selbst auch die Vereinigten Staaten etwas näher kennen zu lernen. New-Iork mit seinem Welthafen und großartigem Verkehr, das Capitol in Washington, die Niagarafälle, die Felsengebirge, Colorado, der Salzsee, San Franzisko, das Josemite-Thal, die Riesenbäume, der Jellowstone-Park u. s. w. sind Punkte, welche auch dem Vielgereisten Neues zu bieten vermögen. Der Norddeutsche Lloyd in Bremen, dessen Dampfer wegen des sicheren Verkehrs, des hervorragenden Comsorts und der ausgezeichneten Küche hinlänglich wohl bekannt sind, hat neben seiner bereits erschienenen Brochure „Lloyds Touren" eine neue herausgegeben , welche sich auf Gesellschaftsreisen in Amerika bezieht und mit Karl Stangen's Reise- Bureau. Berlin W., Mohrenstraße 10, das durch seine reichen, langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiete des Reifens und durch seine allgemeine Reellität der Touristenwelt thatsächlich nützlich ist, ein zweckentsprechendes Abkommen getroffen. Hierüber giebt die neu erschienene Brochure, die bei allen Agenten des Norddeutschen Lloyd, sowie in dem obengenannten Reisebureau gratis verteilt wird, Auskunft.
Antwerpen, 13. Mai. Ueber den lenkbaren Luftballon, der während der Weltausstellung des Jahres 1894 Hierselbst zu sehen sein wird, sind in den letzten Tagen verschiedene Einzelheiten bekannt geworden. Hiernach wird der Ballon etwa 40 Personen zu gleicher Zeit ausnehmen können, mit denen er in einer Höhe von 3—400 Metern über die ganze Stadt, sowie einen Teil der Schelde dahinfahren wird. Die treibende Kraft wird auf elektrischem Wege hergestellt werden, doch hat der Erfinder des lenkbaren Luftschiffes, ein hiesiger Genie-Offizier, bis dahin noch nichts Näheres über seine Maschine veröffentlicht. Die Luftschifferabteilung des hiesigen Geniekorps wird bereits in diesem Jahre einen lenkbaren Luftballon besitzen, der augenblicklich nach dem neu erfundenen System erbaut wird, aber derselbe kann sich hinsichtlich der Größe mit dem für die Ausstellung bestimmten Kolosse überhaupt nicht vergleichen, und erst der letztere ist nach Ansicht der hiesigen Genie-Offiziere dazu berufen, der neuen Erfindung zu ihrem endgültigen Triumphe zu verhelfen. Dieses lenkbare Riesen-Luftschiff wird zweifellos ein ganz gewaltiges Zugmittel für die nächstjährige Ausstellung bilden.
Auf Anregung des Kaisers wird gegenwärtig in der Nähe des Neuen Palais in dem abgesperrten Teil des Park von Sanssouci gegenüber dem Drachenbrege für die kaiserlichen Prinzen ein Festungssort erbaut. Ein
Ingenieur der Kruppschen Fabrik in Essen Kat die Pläne und Voranschläge zu dieser kleinen Festung ausgeführt. Diese wird indessen nicht allzu klein ausfallen, denn die Baufläche ist so groß, daß auf ihr ganz gut eine mittlere Kirche erbaut werden könnte. Die kleine Festung soll mit allen möglichen Rüstwerkzeugen des modernen Festungsbaues ausgerüstet werden; es sollen u. a. drehbare Türme. Wassergräben mit Zugbrücken u. s. w. geplant sein, auch soll die Fest, ung mit Kruppschen Kanonen ausgerüstet werden. Die Arbeiten sollen derart beschleunigt werden daß die kaiserlichen Prinzen die Festung noch in diesem Sommer benutzen können. Das Mauerwerk ist schon bis über den Erdboden fertia- gestelll.
In Nürtingen wurde dieser Tage das neue Schlachthauseingeweiht. Dabei de- grüßte am Eingang in die Räumlichkeiten folg. Vers den Eintretenden: „Matte Muskeln, schlapper Bauch, — Ist bei Vegetarianern Brauch, — Aber Fleisch und Gerstensaft — Giebt dem Manne Mut und Kraft. — Laßt uns Fleisch und Wurst genießen — Glaubet mir, daß unsere Riesen — Sicher ihre Kräfte haben — Nicht von Wirsing und Kohlraben.
Der Roman eines deutschen Dienstmädchens. Ueber den Roman eines deutschen Dienstmädchens berichten amerikanische Blätter: „Großes Aufsehen erregt in Denner die Scheidung des Ehepaares Hermann und Laura Schweich- heimer. Frau Schweichheimer war in einem kleinen Neste von Colorado als junges deutsches Dienstmädchen beschäftigt, als sie im Jahre 1884 ihren Galten, einen Silberbergwerksarbeiter. kennen lernte. Beide waren arm wie Kirchenmäuse, als sie sich am Weihnachlstage jenes Jahres heirateten. Sie zogen nach Rico. Cal., wo die Frau einen kleinen Laden eröffnet?, während ihr Gatte lohnende Beschäftigung fand. Ihre sich immer mehr vergrößernden Ersparnisse legten sie in Enterprise-Minenaktien an, die damals sehr niedrig standen. Gerade sollte die Grube aufgegeben werden, als Frau Schweich heimer 5000 Dollars in der Louisiana Lotterie gewann. Mit diesem Gelbe wurden die Grubenarbeiten fortgesetzt. Nach vierzehn Tagen stieß man auf eine reiche Silberader, und dann wurde Schweichheimers Anteil von östlichen Spekulanten um drei Millionen Dollars angckauft. Mit dem Gelbe kam das Paar nach Denner und dort brach der erste Zwist aus, da die Frau jetzt ein besseres Leben führen wollte. Im Oktober letzten Jahres verließ Schweichheimer seine Frau und zog nach New Jork, wo er jetzt noch wohnt. Die Scheidung wurde bewilligt und Schweichheimer zahlte seiner Frau eine Abfindungssumme von einer Million Dollars.
Die Maikäferplage ist, wie dem Hann. Kur. unterm 14. ds. geschrieben wird, in dem hannoverischen Kreise Neustadt a. R. derart, daß die Zweige der Bäume unter der Last der gefräßigen Kerbtiere sich biegen. Besonders auf der Landstraße von Neustadt nach Hannover hängen die Bäume zum Brechen voll und smd teilweise ihres jungen Grüns völlig beraubt.
(Sonderbar.) Herr Bämann, der eine etwas böse Frau hat, wird eines Tages von einem Freunde mit den Worten angeredet. „Aber wie siehst Du denn aus? Du hast ein ganz geschwollenes Gesicht!" — tt-tcy, meint Bämann, „ich war gestern auf der Jag
— da hat mich mein Gewehr etwas geschlagen.
— „Sonderbar," meint sein Freund, „und sieht man heute noch — alle fünf Finge davon!"
(Aha!) „Gestern Abend hatten wir >m Hotel „Zum lustigen Seehund« einen famo-u Hasenschmaus!" — „Gut nur, daß Ich uiG dabei war!" — „Weßhalb denn?" diesem Hotel sind in der Regel bei ^n H I die Schwänze etwas zu lang und die --)y etwas zu kurz!"
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meetz in Neuenbürg.