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Amts- und AuzeigeökatL für dm Bezirk Kalw.

76. Jahrgang.

Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. i Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg. ^

Donnerstag» -en 4. April 1901.

Vierteljährlicher Abonnementspreis in der Stadt Me. 1.10 ins HauS gebracht, Mk. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

Der Vorstand

der

Versicherungsanstalt Württemberg

an

die K. Stadtdirektion Stuttgart und die K. Oberämter.

Nachdem der BundeSrat am 21. Febr. 1901 auf Grund des 8 4 Abs. 2 Satz 1 des Jnvalidenver- sicherungsgesetzes vom 13. Juli 1899 beschlossen hat, daß polnische Arbeiter russischer und österreichischer Staatsangehörigkeit, welchen der Aufenthalt im Inland nur für eine bestimmte Dauer behördlich gestattet ist und welche nach Ablauf dieser Zeit in das Ausland zurückkehren müssen, der Versiche­rungspflicht nach dem Jnvalidenversicherungs- gesetze nicht unterliegen sollen, sofern diese Arbeiter in inländischen land- und forstwirt­schaftlichen Betrieben oder in deren Nebcn- bctrieben beschäftigt werden, und daß diese Bestimmung vom 1. April 1901 ab in Kraft treten soll",

hat das Reichs-Vcrsicherungsamt aus Grund des 8 4 Abs. 2 Satz 2 des angeführten Gesetzes laut Bekanntmachung vom 23. März 1901 folgende Be­stimmungen erlassen:

1. Jeder Arbeitgeber, -er Ausländer beschäftigt, welche nach dem vorbezeichneten Beschluß von der Versichcrungspflicht befreit sind, hat dies binnen drei Tagen, vom Inkrafttreten des Beschlusses oder von dem späteren Beginn der Beschäftigung ab gerechnet, dem Borstan-e der Versicherungsanstalt anzuzeigcn.

2. Der Vorstand übersendet dem Arbeitgeber ein Muster für eine pon diesem aufzustellende Nach- wcisung, in deren Spalten folgende Eintragungen vorgesehen sein müssen:

3.) Vor- und Familienname des Arbeiters;

d) falls der Arbeiter noch nicht 16 Jahre alt ist, Jahr und Tag der Geburt;

e) Beginn und Dauer der Beschäftigung;

ä) falls der Arbeiter Zwangsmitglied einer Kranken­kasse ist, der für die Krankenkassenbeiträge maß­gebende Lohnsatz.

Das Muster soll ferner an geeigneter Stelle einen Hinweis auf die Strafbestimmungen des 8 176 Absatz 1 und 2 des Jnvalidenversicherungs- gesctzes enthalten.

3. Ter Arbeitgeber hat dieses Muster für das laufende Vierteljahr auszusüllen

und bis zum 15. des ersten Monats des nächst­folgenden Vierteljahrs (15. Januar, 15. April u. s. w.) dem Vorstände der Versicherungs­anstalt einzusenden, hierbei auch, soweit die Ausfüllung des Musters darüber keinen Aufschluß giebt, anzuzeigen, ob die Beschäftigung der Ausländer sich über den Beginn des letzteren Vierteljahrs hinaus erstreckt hat.

4. Der Vorstand prüft die Nachweisung, stellt den danach zu entrichtenden Betrag fest und sendet eine Abschrift der Nachweisung an den Arbeitgeber zurück mit der Aufforderung, den auf Grund der Nachweisung festgestelltcn Betrag an die Versiche­rungsanstalt aus deren Kosten einzusenden. Die Verwendung von Beitragsmarken zum Zweck der Zahlung ist unzulässig.

Die nächste Nrrrnmer erscheint Sam

5. Bei Fortdauer der Beschäftigung finden Ziffer 2 und 3 entsprechende Anwendung. Stuttgart, den 29. März 1901.

M a g i n o t.

Die Ortsbchörden für die Arbeitcrversicherung werden angewiesen, darüber zu Wachen, daß da, wo Arbeiter der in Rede stehenden Art beschäftigt werden, von den Arbeitgebern die vorgeschriebene Anzeige hieher erstattet werde.

Lalw, den 1. April 1901.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Tagesneuigkeiien.

* Calw, 3. April. Am Montag abend fand im Georgenäum die Schlußfeier der gewerblichen Fortbildungsschule des Winterkurfes 1900/1901 statt. Der Schulvorstand, Hr. Professor Haug, behandelte in einer treff­lichen, gedankenreichen Rede den Wert und Zweck des geometrischen Zeichnens, referierre über den Verlauf des Schuljahrs und sprach zum Schluß die ernst­liche Mahnung an die Schüler aus, sie möchten nicht nur im Handwerk sondern auch in den Schul­fächern sich weiter ausbilden und das Ende der Lehrzeit nicht auch als das Ende der Lernzeit an- sehen. Hr. Seifensieder Schlatterer, Vorstand des Gewerbevereins, ermahnte ebenfalls die Schüler, sich zu tüchtigen Handwerkern und zu brauchbaren Menschen auszubilden. In ähnlichem Sinne sprach sich auch der Vorstand des Gewerbeschulrats, Hr. Fabrikant Hermann Wagner, aus. Er äußerte seine Befriedigung über die günstigen Resultate, dankte den Lehrern für ihre treue Arbeit und rich­tete aufmunternde und ermutigende Worte an die Fortbildungsschüler. Hierauf fand die Verteilung von Auszeichnungen an fleißige Schüler statt und zwar wurden im Zeichnen 14 und in den wissen­schaftlichen Fächern 17 Preise verliehen. Im Zeichnen wurden 8 und in den wissenschaftlichen Fächern 22 Schüler mit Belobungen bedacht. Tie Schülcrzahl betrug im Sommerhalbjahr 70 und im Winterhalbjahr 131. Hievon besuchten das Frei­handzeichnen 44, das geometrische Zeichnen 13, das technische Zeichnen 24, Deutsch und Rechnen 83, geometrisches Rechnen 5, Französisch und Englisch 10 und Buchführung 43 Schüler. Ter Unterricht wurde von 8 Lehrern erteilt.

Calw. Ter frühere Badbesitzer in Tcinach, Ludw. Bauer, jetzt Institutsleiter, ist von der Anklage des betrügerischen Bankerutts seitens der K. Staatsanwaltschaft außer Verfolgung gesetzt.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.^ Infolge der an den Seminaren Eßlingen, Nagold und Nürtingen vorgenommenen Tienstprüfung sind nachstehende Lehramtskandidaten für befähigt zur Versehung von unständigen Lehrstellen an Volks­schulen erklärt worden Gulde, Heinrich, von Teckenpfronn, Kl ein bub, Friedrich, von Calw, Roth fuß, Heinrich, von Calw.

Leonberg, 31. März. Infolge eines be­dauerlichen Unglücksfalles kam vorgestern nacht der

tag vormittag-. Et«se«du»ge» werde»

38jährige Bierführer Ratsch von Eltingen, Vater von 4 Kindern, ums Leben. Auf der Heimfahrt von Pforzheim fiel er auf bis jetzt unaufgeklärte Weise von seinem Wagen. Das Fuhrwerk kam ohne Führer in Eltingen an. Den Vermißten fand man tot zwischen Rutesheim und Perouse.

München, 2. April. Wie aus Ingolstadt gemeldet wird, sind bei der 6. Kompagnie des dor­tigen 13. Infanterie-Regiments am Freitag nach dem Genuß von Wurst und Kartoffel-Salat, der in einem kupfernen Kessel zubereitet worden war, 57 Mann an Brechdurchfall, darunter 9 Mann schwer erkrankt.

Lüneburg, 30. März. Frau Rittmeister von Tungeln, die Tochter Heinrich v. Treitschke's, tötete gestern mittag in Abwesenheit ihres Gemahls in einem Anfall von Schwermut ihre drei kleinen Mädchen im Alter von 3, 5 und 7 Jahren mittels Gift und nahm dann selbst Gift. Ueber die näheren Umstände erfährt dieFranks. Ztg." folgendes: Frau von Tungeln, geb. v. Treitschke, Gattin eines Rittmeisters im 2. hannöverschen Tragonerregiment, war etwa 34 Jahre alt und Mutter dreier Mädchen von 39 Jahren. Vor wenigen Wochen erkrankte das älteste Kind an epileptischen Anfällen. Die Mutter der Frau v. Tungeln ist schon im Beginn ihrer Ehe mit Treitschke in trüben Gemütszustand verfallen und hat seitdem viel in Heilanstalten gelebt. Ties in Verbindung mit der Erkrankung des Kindes versetzte die Frau in hochgradige Erregung. Sie bekam die fixe Idee, daß sie geistig belastet sei und daß ihre Kinder einem unglücklichen Lose entgegen­gingen. Ihre Idee fand Nahrung durch die Lektüre medizinischer Bücher, die die sehr gebildete Dame eifrig las. So kam sie, um ihre Kinder zu retten, auf den Gedanken, sich mit ihnen aus der Welt zu schaffen. Sie wußte sich Morphium zu verschaffen und gab es den Mädchen in der Nacht zum Samstag ein, während ihr Mann wegen einer Uebung ab­wesend war. Tie Kinder sind nicht mehr erwacht, Frau von Tungeln wurde, als man Samstag mittag ihr Schlafzimmer öffnete, ins Krankenhaus gebracht und noch einmal ins Leben gerufen. Sie starb aber schon am Abend. Ter Rittmeister v. Tungeln ist in völlig verzweifelter Verfassung und muß ständig von Kameraden bewacht werden. Weiter wird noch erzählt, daß Frau v. Tungeln von jeher exzentrisch war. Seit der Erkrankung ihres ältesten Kindes war sie fast unzugänglich. Zu ihrer Beruhigung war ihr vom Arzt seit einiger Zeit Morphium vor­geschrieben; sie ließ das Rezept, indem sic es ver­vielfältigte, in verschiedenen Apotheken anfertigen, und bekam so eine größere Menge Morphium. Sie hatte Befehl gegeben, sie vor mittag nicht zu wecken; als dann ein Besuch kam wurde angeklopft und jetzt das Unglück entdeckt. Tie Beweggründe hat die Verstorbene in einem hintcrlassenen Schreiben an­gegeben.

Berlin, 1. April. Ueber den Empfang des Herrenhaus-Präsidiums beim Kaiser bringt dasKleine Journal" einen ausführlichen Bericht. Danach hielt der erste Vizepräsident Freiherr von

biß GründormerStag ade«d erdete».