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Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg. 27. April. (Einges.) Mit crreude wird man aus der letzten Nummer des Enzthälers" Kenntnis davon genommen haben, dak der allbekannte und immer wieder gern aehörle Sänger Karl Diezel am nächsten Sonntag hier wieder einmal ein Konzert ver­anstalten will. Und zwar soll es diesmal ein Kirchenkonzert sein, in welchem er sich hören M' es wird vielen besonders interessant sein. Herrn Diezel. den wir bisher hier immer nur ch, Konzertsaal bewundert haben, auch einmal eine kirchlichen Lieder vortragen zu hören, mit welchen er anderwärts schon oft seine Zuhörer ergriffen und erhoben hat. Was er am nächsten Sonntag singt, sind wahre Perlen kirchlicher Musik; sie zusammen mit der Meisterschaft Diezeis bürgen für einen außerordentlichen Ge- nnß. Es sei auch an dieser Stelle besonders hingewiesen auf den überaus niedrigen Eintritts­preis von 40 welchen der Konzertgeber für den größten Teil der Plätze anzusetzen die Güte hatte, um einem möglichst weiten Kreis den Be­such zu ermöglichen. Wie wir erfahren, wird Hr. Diezel am Sonntag abend für die Konzert­besucher eine gesellige Vereinigung im Bärensaal folgen lassen, um auch noch eine Anzahl seiner besten weltlichen Lieder zu Gehör zu bringen.

Wildbad, 26. Apr. Der hies. Schützen- Verein begeht in diesen Tagen (am Sonntag den 80. April und am 1. und 2. Mai) die Feier seines 50jährigen Bestehens durch ein Jubiläums-Fest-Schießen. Die Feier soll sich in bescheidenem Rahmen vollziehen; sie fällt zu­sammen mit der offiziellen Eröffnung der Bade- saisou. Der Verein hofft auf rege Teilnahme seitens der Schützenbrüder und auf zahlreichen Besuch von Freunden der Sache. Die Vor­bereitungen für einen würdigen Empfang auch seitens der Stadt und Bürgerschaft sind in vollem Gange. Wir wollen nur noch auf das im In­seratenteil ds. Bl. veröffentlichte Programm hin- Misen.

Wildbad, 26. April. Die in der letzten Nr. dS. Bl. gebrachte, von Stuttgart aus mil­geteilte Notiz, wonach ein Besuch des Kaisers, bezw. ein längerer Aufenthalt der kaiserlichen Prinzen in diesem Sommer hier beabsichtigt sein soll, ist mindestens sehr versrüht; denn nach unseren Erkundigungen ist an zutreffender Stelle zur Zeit nichts bekannt. (Wir haben von der Notiz Gebrauch gemacht, solche aber ausdrücklich alsGerücht" bezeichnet. Die Red.)

Neuenbürg, 26. April. Die für die Monate Mrz und April ganz außergewöhnliche, trockene Witterung währt nun schon völlig 6 Wochen, ja sie hat seit Falbskritischtem Tage" (16. April) einen geradezu hochsommerlichen Charakter an­genommen. Ein solchesAprilwetter" ist seit dem guten Weinjahc 1865, wo cs den ganzen April hindurch ausnehmend schön nnd warm war, nicht dagewesen. Ein bewölkter Himmel, der Aussicht auf einen guten Regen bringen würde, gehört bald zu einer merkwürdigen Erscheinung. Nachdem die Kirschbäume ziemlich überall verblüht haben, stehen setzt alle anderen Sorten in vollkommener Blüte, und nun hat auch der Tannenwald wieder seinen reizenden Schmuck durch das herrliche, saftige Grün der Lärchen, Birken und Buchen erhalten. An Stelle der anhaltend trockenen Witterung macht sich nun aber der Wunsch nach eurem erfrischenden Regen mehr und mehr geltend, denn die junge Saat und das bestaubte Gras der nicht bewässerten Wiesen dürstet da­nach. Nur ist bei eintrctendem Regen Frost zu befürchten; einige warme Regentage müßten aber Wunder wirken.

Neu enbürg, 27. April. In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom Mitt- woch den 26. ds., wo die Beratung des Etats des Departement des Innern fortgesetzt wurde, mm bei Kapitel 42: Flußbaufonds zu Tit. 2 (Unterhaltung der Floßstraßen und Floß­gassen) die Aufhebung der Flößerei wieder zur prache. Der Abg. Stadtschultheiß Haffner von Calw führte aus: Die Eisenbahn Nagold- » !oi nun seit mehr als einem Jahr fertig; uch sei das Straßennetz bedeutend ausgedehnt

worden. Es möge von der Regierung eine Be­stimmung getroffen werden, nach welcher der Staat die Beiträge zu den Floßwehren u. s. w. zurückziehe. Die Gründe, weshalb man den Floßbetrieb cingeführt habe, seien jetzt wegge- iallen. Den Sägewerken verdanke der Staat, die Gemeinden und die Privaten die seit Jahren sehr gestiegenen Holzpreise. Die Schädigung, welche die Sägwerke durch die Flößerei erleiden, sei eine außerordentliche. Der Nutzen der Flößerei sei nur in ganz besonderen Fällen nach­weisbar. Jedenfalls verhalte sich der Nutzen zum Schaden im besten Falle wie 1 : 10. Die Arbeiten zur Aufhebung der Stammholz-Flößerei mögen beschleunigt werden. Darauf nahm der Abgeordnete des Bezirks, Commerell, mit folgenden Worten Stellung zu der schon länger schwebenden Frage:Meine Herren!- Ich kann mich den eingehenden Ausführungen des Herrn Vorredners voll und ganz anschlicßcn und möchte mir nur erlauben, über die Flößerei aus der Enz noch einige Bemerkungen zu machen. Hier liegen bezüglich der Aufhebung der Flößerei ernstliche Bedenken nicht vor. Auf der großen Enz wird beinahe nicht mehr geflößt; es mögen etwa 10 bis 12 Flöße sein, welche das Jahr über die obere Enz herunterkommen. Aus der Eyach wird seit Jahren gar nicht mehr ge­flößt. Blos auf der kleinen Enz, wo noch mehrere Gemeinden mit größerem Waldbesitz sich befinden, wie Oberweiler, Neuweiler, Hofstett, Aichhalden u. a.,und wo nur Abfuhrwege zu den Einbundstätten vorhanden sind, muß noch geflößt werden. Eine Schwierigkeit für diese Gemeinden Holz-Abfuhrwege zum Anschluß an die Thal- straßen herzustellen, liegt nur im Kostenpunkte. So lange aber die Floßstraße vom Staate unter­halten wird, werden sich die Gemeinden auch nicht dazu entschließen, neue Wege für den Holz- Transport herzustellen. Aus diesem Grunde wird auch auf der kleinen Enz noch mehr ge­flößt als sonst der Fall wäre. Die durchschnitt­liche Floßholzausfuhr auf der Enz nach Mann­heim betrug in den letzten Jahren etwa 6000 Fcstmeter, denen eine jährliche Einfuhr von ca. 50 000 bis 60 000 Festmeter per Eisenbahn zu den Sägwerken des Enzthals gegenübersteht, wogegen diese kleine Ausfuhr von 6000 Fm. kaum in Betracht kommt. Aus diesen Zahlen ist wohl genügend zu ersehen, daß unsere Staats­forstverwaltung ein wirkliches Interesse für Bei­behaltung der Floßstruße nicht mehr hat und daß es angezeigt ist. nunmehr in ernste Er­wägung wegen Aufhebung der Flößerei zu treten." Auf eine Anfrage des Abg. Schoffcr inwieweit die Aufhebung der Flößerei auf dem oberen Neckar vorgeschritten sei, erwiderte der Staatsminister v. Schmid: Es seien alle Ein­leitungen getroffen, um die Flößerei auf dem oberen Neckar ganz einzustellen. In anderen Thälern liegt die Sache nicht so einfach, da handle es sich teilweise um Summen von 100 000 ^ Was die Flößerei auf der Enz und Nagold anlange, so sei richtig, daß die Zahl der Flöße abgenommen habe. Die Vor­aussetzung der Aufhebung der Flößerei bleibe immer die, daß die erforderlichen Wege vor­handen seien. Auch müsse immer, ehe diese Ar­beit in Angriff genommen werde, genau festge­stellt sein, wie sie vollzogen werden müsse. In dieser Hinsicht seien die einleitenden Arbeiten zusammen mit der badischen Regierung voll­zogen.

Deutsches Weich.

Wie vorausgesehen werden mußte, zerbricht man sich an allen Zentren des politischen Ver­kehrs jetzt arg den Kopf, was wohl zwischen Wilhelm II. und Leo XIII. verhandelt wor­den sein mag. Am genauesten unterrichtet ge­bärden sich die englischen Blätter. Sie heben freilich ihre Glaubwürdigkeit in löblichem Eifer der Konkurrenz völlig auf: um das alles zu besprechen, was die Londoner Gewährsmänner erlauscht haben wollen, wäre ein ganzer Tag der Entrevue und nicht ein halbstündiges Bei sammensein erforderlich gewesen. Von den sonst ernsthaft zu behandelnden Organen teilt der Standard" mit, der Papst habe dem Kaiser Wilhelm für die heutigen Beziehungen zwischen

Staat und Kirche in Deutschland gedankt, der Kaiser habe geantwortet, die Fortdauer derselben hänge ab von der Haltung des Zentrums im Reichstage. Ein besonders fein reagierendes Trommelfell hat der PariserFigaro" wieder aufzuweijen, er hat jetzt genau und zuversichtlich gehört, was Kaiser Wilhelm bewogen Hobe, seine Reise nach Rom zu unternehmen. Die silberne Hochzeit des italienischen Paares sei nur ein willkommener Vorwand und der eigentliche Zweck der Reise sei der Besuch beim Papst ge­wesen. Nicht zur Annahme der Militärvorlage wollte der Kaiser ihn bewegen, sondern dem Papst die dringende Notwendigkeit darstellen, sich von Frankreich loszulösen. Nicht wollte der Kaiser den Papst auf die Seite des Dreibundes ziehen, sondernihn zurückleiten, das monarchische Prinzip anzuerkcnnen, welches die Kirche durch Jahrhunderte als göttlichen Ursprungs und Rechtes hingestellt hatte." Dies sollen die Worte eines Mannes sein, der zu einer gewissen Zeit als derbeglaubigte Inspirator" des Kaisers Wilhelm galt. DerFigaro" hält auf jeden Fall die Unterredung zwischen Leo XIII. und Wilhelm II. für ein historisches Ereignis von höchster Wichtigkeit. Das wird man freilich glauben dürfen, ohne sich im Besitz besonderer Aufklärungen zu befinden.

Berlin, 26. April. DerReichsanzeiger" meldet: Staatssekretär Frhr. v. Marsch all hatte heute eine längere Unterredung mit dem italienischen Minister des Auswärtigen Brin. Die Audienz, welche Frhr. v. Marschall gestern beim Papst halte, dauerte anderthalb Stunden.

Berlin, 27. April. DerReichsanzeiger" ist zu der Erklärung ermächtigt, daß weder in der Unterhaltung des Kaisers mit dem Papst, noch in der Audienz des Staatssekretärs Frhrn. v. Marschall beim Papst die Militär Vor­lage irgendwie erwähnt wurde. DerReichs­anzeiger" stellt ferner fest, daß in den Besprech­ungen des Reichskanzlers mit hervorragenden Mitgliedern des Zentrums niemals weder von der einen noch von der anderen Seite da­von die Rede gewesen sei, für die Unterstützung der Militärvorlage Konzessionen auf kirchlichem Boden zu machen.

Berlin, 26. April. Bei dem gestrigen Essen beim Reichskanzler wurde auch die Militärvorlage erörtert und die Auflösung des Reichstags als Möglichkeit besprochen. Abge­ordnete waren wenig anwesend. Im klebrigen bestätigte es sich, daß die Entscheidung der Re­gierung für den Fall der Ablehnung der Mili- lärvorlage durch den Reichstag noch schwebt. Der Reichskanzler sprach sich dahin aus, daß er nicht abgeneigt sei, in der Militärvorlage weiter als bisher entgegenzukommen, falls eine sichere Mehrheit dafür vorhanden wäre. Dies sei jedoch nicht gewiß.

Karlsruhe, 26. April. Schon vor einigen Jahren wurde der Besuch des Kaisers bei einem der Standorte der Auerhähne in unseren Waldgebirgen zur Jagd erwartet. Das­selbe ist auch jetzt der Fall; die Frage ist nur ob es bei diesem herrlichen Sommerwetter nicht für die Auerhahnjagd bereits zu spät ist. Die Zahl der Vögel und ihre Standorte sind den Jägern ziemlich genau bekannt, und es werden, zumal, wenn eine Kaiserjagd in Aussicht steht, förmliche Listen darüber geführt. Im Laufe der letzten Zeit waren die Brüder des Groß­herzogs, die Prinzen Wilhelm und Karl, auf der Auerhahnjagd unweit Wildbad. Das An­schleichen am Frühmorgen in der Dämmerung hat seinen besonderen Reiz, und der schöne Vogel gilt als stolze Beute. Ueber die Zube­reitung des erlegten Wildes und die Güte feines Fleisches bestehen bekanntlich ganz besondere Witze.

Karlsruhe, 26. April. Die vereinigte Bürgerpartei siegte heute auch in der zweiten Wählerklaffe.

Karlsruhe, 26. April. Eine Feuers­brunst zerstörte heule fast die ganze Ortschaft Klengen im Schwarzwald. Aus allen Ort­schaften von Donaueschingen bis Villingen war Hilfe anwesend.

Kreuznach, 25. April. Seit vorgestern brennt es in Haniels Wald bei Schauren