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hantierten Hausfrauen und sonstiges Küchenpersonal monatelang in der Küche, in die kein Strahl des Lichtes drang, mit Kerzen und Lampen, während die Männer sich mittels Tunnels zu ihren Ställen durcharbeiten.
Telegramm an den Snjthäler.
Rom. 24. April. Der deutsche Kaiser traf gestern mittag 12'/, Uhr in Begleitung seines Gefolges in der preußischen Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhl ein. Auf der Fahrt dorthin, die in italienischen Hofwagen erfolgte, brachte das zahlreiche Publikum herzliche Ovationen dar. In der Gesandtschaft fand eine Frühstückstafel zu 16 Gedecken statt. Dem Kaiser zur Rechten saßen Kardinal Ledochowski. Staatssekretär Frhr. v. Marschall. General v. Plessen und der Gesandtschaftssckretär v. Stumm, zur Linken des Kaisers Kardinal Mocenni, General Hahnke, Admiral Frhr. v. Senden und Flügel- Adjutant v. Moltke; gegenüber dem Kaiser der Gesandte v. Bülow, zu dessen Rechten der Prälat Demontel und Flügeladjutant v. Moltke, Geh. Rat Lucanus, Flügeladjutant Scholl, zur Linken Prälat Segua. Oberzeremonienmeister Graf Eulenburg und Geh. Legalionsrat Frhr. von Kiderlen-Wächter. Gegen 2 Uhr traf die Kaiserin in der Gesandtschaft ein. Nach der Vorstellung begab sick das Kaiserpaur in preußischen Hofwagen mit Gefolge nach dem Vatikan. Auf dem Wege von der Gesandtschaft nach dem Vatikan bildeten italienische Truppen Spalier, welche den Majctäten die militärischen Ehren erwiesen. Ein überaus zahlreiches Publikum wohnte der Auffahrt der Majestäten bei. Dieselben trafen gegen 3 Uhr bei dem Vatikan ein und stiegen an der korta äi vamaso aus, wo sie von dem Großmeister Fürsten Rußpoli und anderen Hochwürdenträgern empfangen wurden. Die adelige Leibgarde des Papstes und die Schweizergarde erwiesen dem Kaiserpaar militärische Ehren. Der Papst empfing die Majestäten an der Thüre des gelben Saales, in welchem die Majestäten und der Papst Platz nahmen und in viertelstündigem Gespräche verweilten. Nachdem sodann die Kaiserin zurBesichtigung der vatikanischen Sehenswürdigkeiten sich zurückgezogen, verblieb der Kaiser noch '/, Stunde mit dem Papst allein. Hierauf wurde das kaiserliche Gefolge dem Papst vorgestellt, sodann verabschiedete sich der Kaiser vom Papste, welcher den Kaiser bis zur Thüre des Saales geleitete. Um 4^/i Uhr begaben sich die Majestäten in einem 4spännigen preuß. Hofwagen nach der preuß. Gesandtschaft bei dem Vatikan zurück.
Unterhaltender Heit.
Unter falschem Verdacht.
Kriminal-Novelle von H. v. Miss eck.
(Fortsetzung 7.1
Die Untersuchung des Försters ergab, daß er einen Stich in den Rücken erhalten hatte. Die Stichwunde war fast geschlossen und hatte nach außen keine Blutspuren hinterlassen. Sie war mit einem schmalen, zweischneidigen Instrument bewirkt worden. Der Stoß war mit solcher Heftigkeit vollführt, daß man am Rande der Wunde bei genauerer Untersuchung den Druck der Parierstange eines Dolches erkennen konnte.
Dr. Werner faßte sich an die Stirn. Hatte er nicht vor kurzer Zeit eine ganz ähnliche Wunde untersucht?
Gewiß, Frau von Sterneck war durch den Stich mit einem gleichen Instrument getötet worden.
Er hatte jetzt nicht Zeit, weiter darüber nachzudenken. Der vor ihm liegende Körper
des Försters erforderte um so mehr seine ganze Aufmerksamkeit, als der Tod noch nicht eingetreten zu sein schien. Eine nähere Untersuchung ergab, daß der Stich zwar den linken Lungenflügel gestreift, aber das Herz nicht getroffen hatte. Es war danach Hoffnung vorhanden, den kräftigen jungen Mann, der wirklich noch atmete, am Leben zu erhalten.
Während der Arzt sich anschickte, einen Notverband anzulegen, eilten die Gensdarmen davon um die Spur des Mörders zu verfolgen.
Daß dieser nur Jaschu Krupa sein konnte, war außer allem Zweifel. Sofort wurde nach dessen Wohnung geschickt und hier festgestellt, daß Jaschu während der Nacht nur wenige Augenblicke zu Hause gewesen war. Als ob er eine Reise antreten wollte, hatte er seine besten Kleider und einige andere Habseligkeiten an sich genommen und das Haus schnell verlassen.
Die Vermutung, daß er sich der nur wenige hundert Schritt entfernt liegenden russ. Grenze zugewandt Hobe, lag nahe, und die Gensdarmen beschlossen daher, sofort bei den Grenzaufsehern Erkundigungen nach dem Flüchtling einzuziehen.
Inzwischen hatte Dr. Werner die Untersuchung beendet traf mit Hilfe der zahlreich herbeigeströmten Menschen Vorkehrungen, um den Schwerverwundelen nach seiner Wohnung zu überführen.
Da schallte ein Schuß von der Grenze her und nicht lange darauf führten Gensdarmen und Grenzausseher einen mit Blut überströmten Menschen dem Doktor zu. Es war Jaschu.
Wiederholt hatte derselbe, wie die Grenzbeamten erzählten, während der letzten Nacht den Versuch gemacht, sich über die Grenze zu schleichen. Immer war er daran gehindert worden. Schließlich hatte er es wohl für die höchste Zeit gehalten, selbst mit Lebensgefahr über die Grenze zu entfliehen. Ein Aufseher hatte ihm, da er seinen Zurufen nicht Folge geleistet, eine Kugel nachgesandl, die ihn an der Schulter nicht unerheblich verwundet hatte. Er war festgenommen worden und wurde nun, bevor man ihn in das Gefängnis ablieferte, dem Arzte zur Untersuchung der Wunde zu- gesührt.
Dr. Werner sah sich den Verbrecher näher an. Sonderbar, der Mensch kam ihm bekannt, vor, er mußte ihn irgenwo gesehen haben.
Da kam ein polnischer Arbeiter mit lebhaften Geberden herbeigelaufen und zeigte mit erregte Worten einen Dolch, den er nicht weit entfernt von der Stelle, wo der Förster überfallen war, im Grase gefunden hatte. Eine Blutspur daran, legte die Vermutung nahe, daß dies das Mordinstrumcnt sei, mit welchem der Förster verwundet war.
Der Arzt nahm die Waffe an sich, um sie bei der weiteren Untersuchung der Wunde des Försters bei der Hand zu haben, und betrachtete sie näher.
Es war ein Dolch von offenbar vorzüglicher Arbeit, auf dessen Griff die Buchstaben K. v. Z. eingraviert waren.
Diese Buchstaben, sowie die Erinnerung an den Tod der Frau von Sterneck lenkten seine Gedanken auf den jenes Mordes verdächtigen Offizier. Sollte der Dolch etwa Eigentum des Grafen Kurt von Zackwitz sein?
Dr. Werner kannte den Grafen. Er hatte sein Jahr bei demselben Regiment abgedient, dem dieser angehörte, und war mehrmals mit ihm in Berührung gekommen. Einmal hatte er den Lieutenant sogar besucht und zwar in Ausübung seines Dienstes und seines Berufs.
Der Graf halte gemeldet, daß sein Bursche bei Gelegenheit einer Schlägerei nicht unerheblich verletzt sei. Dr. Werner hatte, um wenn nötig, den Transport des Verwundeten nach dem Lazaret anzuordnen, sich zu ihm begeben und ihn verbunden.
Der Arzt, dem diese Erinnerung blitzschnell durch den Kopf fuhr, sah sich den verwundeten Jaschu jetzt noch einmal näher an. Richtig, er hatte den ehemaligen Burschen des Grafen von Zackwitz vor sich.
Ein Verhör des Verbrechers war jetzt nicht möglich, da derselbe beim Herausziehen der
Kugel und beim Verbinden der Wunde ob», mächtig geworden war. Er wurde mittelst «m Fuhrwerks nach dem Gefängnis geschafft. iM der Förster der Pflege seiner bei ihm wohnend.» Mutter übergeben wurde.
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Graf Zackwitz befand sich noch immer j„ Garnison-Lazaret, zugleich als Kranker und Ge- fangener.
Zwar glaubte Niemand an seine Schuld aber die Vedachtsgründe, die gegen ihn sprachen waren gar zu viele. Darum mußte der Gerechtigkeit Genüge geschehen.
Alle eifrigen Bemühungen der Militär- und Zivilbehörden, den wirklichen Mörder der Frau von Stcrneck zu ermitteln war vergebens ge. wesen.
Der Graf hatte lange zwischen Tod und Leben geschwebt. Nur der Pflege einer hoch- gestellten jungen Dame, der einzigen Tochter des Fürsten L.. war es zu verdanken, daß die Krisis günstig verlaufen. Die Prinzessin, eine Verwandte des Grafen, hatte sich bei dein Regiments-Kommandeur und bei den Aerzten die Erlaubnis ausgewirkt, den Kranken jederzeit zu besuchen. Sie hatte zu des Grasen Rechtfertigung bei dem Militärgericht die Erklärung abgegeben, daß sie persönlich jene 5000 Marl in der Wohnung ihres Vetters abgegeben habe.
Fürst L.. der die Neigung seiner Tochter für Kurt von Zackwitz nicht geteilt, vielmehr jede Verbindung mit dem seiner Ansicht nach zu leichtsinnigen Offizier abgebrochen hatte, war plötzlich gestorben. Prinzessin Olga besann sich nunmehr keinen Augenblick, für den von ihr vergötterten Grafen offen energisch einzulreten und vor aller Welt ihre Neigung für den schwer verdächtigen Offizier zu bekennen.
(Schluß folgt.!
AusAmerika. Drei Millionen Jung- gesellen! Das klingt sehr lockend, aber die Sache har doch eine ernste Seite. Der „Boston Globe" bemerkt, daß es nach der letzten Bolks- zählung in den Vereinigen Staaten von Amerist nicht weniger als drei Millionen Junggesellen giebt. Die Mehrzahl davon, bemerkt das Blatt, bleibe aus bitterer Not ledig, denn die Umstände, die dazu beitragen, eine Frau und Familie zu ernähren, hätten sich unter den neuen industriellen und geschäftlichen Bedingungen durchaus zum Nachteil verändert! So groß sei die Konkurrenz in den leichteren Berufszweigen geworden und so groß sei die Anzahl von Frauen geworden, die jetzt Stellungen einnehmen, die früher nur von Männern bekleidet wurden, daß ein großer Prozentsatz von Männern mit Einnahmen zufrieden sein müsse, die ihnen das Heiraten unmöglich machte.
(Ausspruch Caprivis.) Als Caprivi hörte, daß der Abgeordnete Gröber den Bercht über die Militärvorlage abstatten werde, sagte er: „Daß die Kommission die Vorlage abgelehnt hat, ist schon grob. Aber auch wenn man Gröber ist, kann man uns nicht imponieren."
(A. d. IL)
(Bezeichnend.) „Kamerad, gestern auch jagen gewesen? Hübsch geschossen?" — »Famos, Bei dreihundert Stück! Kolossale Treibjagd!" — „Na, schon mehr Uebertreibjagd!"- (Doppelsinnig) A.: „Also. Sie glauben nicht, daß ein Wildschwein gefährlich ist?" " «st: „Nein!" — A : „Nun, wenn Ihnen einmal auf der Jagd ein solches begegnet, dann denken Sie an mich!"
(Der Wettermacher.) .: „I möchl'n
Barometer!" — Optiker: „Hier, kostet zM
Mark!" —.: „Scheen. Un nun zeigens
mir auch, was i machen muß, daß es regnet.
Der heutigen Nummer liegt ein Prospekt der Firma Eberhard Fetzer in Stuttgart, betr, Brenzer und Freiburger Lose bei. Die Zieh'
ungen finden bestimmt an den angegebenen Tagen statt. _.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.