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«Eliat. heute mache ein kleiner Junge an ,einer Maschine täglich 500 000. Der Techniker Siemens gedenke den Niagara-Fall auszunützen, der 12'/- Millionen Pfcrdekräfte haben wurde, ja man komme bereils auf den Gedanken, Licht und Wärme der Sonne sei auch noch nicht ge­nug ausgebeutet. Eine strebsame Zeitungs- Redaktion in Budapest habe sich angeboren, jedem der es wünscht, einen Strang zu legen, um ihr telephonisch die neuesten Nachrichten sofort bei Eintreffen zu übermitteln. In Metallen haben wir eine Bereicherung erfahren, indem das Aluminium leichter gewonnen werden könne. Auch aus politischem Gebiete seien große Fort­schritte gemacht worden. Wenn man zurückblicke in frühere Zeiten, so komme man auf herzlich schlechte Zustände. In den Jahren 14141418 habe Kaiser Sigismund mit seinem gesamten Hofstaate anläßlich einer Kirchwcihe 4 Jahre lang in Konstanz geweilt, üppig gelebt, und nachher seine Schulden nicht bezahlt, wodurch in der Stadt ganze Familien verarmten. Redner führte noch ähnliche Beispiele an. Betrachte man solchen Zuständen gegenüber unser jetziges politisches Wesen, unsere so starke Macht u.s.w., so freue mau sich auch hier große Fortschritte verzeichnen zu können. Auf soz. Gebiete sei dasselbe der Fall; hier seien zu erwähnen die Gesetze der Arbeilersürsorge. wodurch wir an der Spitze aller Völker Europa's stehen, und schon sei man bestrebt uns nachzufolgen. 600,000 Deutsche sind in der Krankenversicherung; im ersten Jahre sind 52^/-, im vergangenen 92 Millionen Krankengeld ausbezahlt worden. Das sei etwas Großartiges; wie viel Not und Elend sei hiedurch gesteuert worden. Für Unfälle sind LO Millionen Entschädigungen gezahlt worden. Durch die Alters- und Jnvaliditärsversicherung sind 110 Millionen Arbeiter und Arbeiterinnen versichert, 17 946 Personen stehen in der Jn- validen-Rente. Redner kommt nun auf den soz. Zukunstsstaat oder Zukunflsgedanken zu sprechen und wies in mehreren Fällen, unter Bezugnahme an eine diese Frage behandelnde Broschüre von Professor Wagner in Leipzig, nach, wie schwer es möglich sei, nach diesen verschiedenen Formen eine wirkliche Verbesserung zu schaffen. Zum Schluffe drückte der Vortragende sein Bedauern aus über die wachsende Zahl derer, die keinen Glauben mehr haben an Gott und Gottes Wort. In den Schulen in Paris seien seit mehreren Jahren die Religionsstunden in Wegfall ge­kommen. Man habe dafür Wohlverhalten gelehrt und Anstandslehren gegeben. In den Berichten jedoch, die schon nach wenigen Jahren vom Lande eingelauscn seien, sei dieses Vorgehen sehr bedauert worden, indem die Jugend außerordent­lich verderbe und von der Zahl begangener Verbrechen der größte Teil auf 1520jährige falle. Redner schloß seinen hochinteressanten Vortrag damit: Jeder soll die Frage, ob wir vorwärtsgehen oder rückwärtsgehen, an sich selbst stellen, in geschäftlicher Beziehung und in sitt­licher Beziehung. Herr Professor Haug knüpfte hieran, mit Bezug auf das Gebiet der Technik noch eine Erklärung über die Bemessung der Kraftleistungen der Motoren nach Pferde- krästen, während Herr Stadtpfarrer Eytel, an das erstere Thema noch weitere Ausführungen anschloß, welche ebenfalls dankbare Aufnahme fanden. (C. W.)

Deutsches Weich.

Berlin, 22. März. Für die italienische Reise des deutschen Kaiserpaares sind folgende Dispositionen getroffen: Für den 20. April ist die Ankunst der hohen Gäste in Florenz in Aussicht genommen, wo dieselben der Königin Viktoria von England einen Besuch abstalten werden. Am 21. soll das Kaiserpaar in Rom eintreffen, wo es bis zum 26. verweilen dürfte. Für den 27. und 28. ist ein Ausflug nach Neapel geplant. Am., nach der Rückkehr ^ Neapel, soll der Besuch des Kaisers Wllhem II. beim Papst erfolgen, und die Ab-

m ^ deutschen Majestäten aus Rom soll am oll. April stattfinden. Es verlautet daß das ualienische Königspaar seine hohen Gäste bis Florenz begleiten und sodann daselbst der Königin Evria einen Besuch abstatten werde.

Die ungünstigen Gerüchte, die kürzlich mit Bezug auf die Verhandlungen wegen eines deutsch-russischen Handelsvertrages in Umlauf gesetzt worden sind, hat Graf Caprivi nunmehr selbst im Reichstage als unbegründet erklärt. Aus russischen Quellen verlautet gleich­zeitig, daß die Aussichten auf einen baldigen Vertragsabschluß sogar recht günstig geworden seien. Der Zar persönlich soll den lebhaften Wunsch haben, daß der Vertrag zu Stande komme, und er wird darin nicht allein durch seinen Berliner Botschafter, sondern auch durch den Finanzminister Witte bestärkt. Dennoch ist kaum anzunehmcn, daß die letzten diesseitigen Vorschläge vollständig angenommen werden. In­dessen meint man russischerseits, daß sie nicht das letzte Wort enthielten und daß die deutsche Re­gierung noch mit sich handeln lassen werde.

Berlin, 24. März. Das Tagebl. meldet aus Lemberg, der östreich. Kriegminister habe eine neue Militärvorlage fertig gestellt. Die Vorlage verlange 30000 Mann mehr und solle im nächsten Herbst dem Parlament zugehen.

Berlin, 24. März. Die Konservativen des Wahlkreises Friedeberg-Ar nswalde hielten eine Versammlung ab, in welcher sie sich von Ahlwardt lossagten. Sie sprachen ihr Be­dauern aus, Ahlwardt zum Reichstags-Abgeord­neten gewählt zu haben.

Der Zentralvorstand der nationalliber- alen Partei ist dieser Tage in Berlin zu- sammengelreten, um sich über die politische Lage und die gegenwärtigen Aufgaben der Partei, namentlich für den Fall einer Reichstagsauflös­ung auszusprechcn. Die Versammlung war von Mitgliedern der parlamentarischen Körperschaften, sowie auch von Parteigenossen aus den süd­deutschen und anderen Bundesstaaten besucht. Wie berichtet wird, fanden die im Vordergründe stehenden Angelegenheiten des öffentlichen Lebens gründliche Erörterung und es ergab sich eine weitgehende Uebereinstimmung der Ansichten kund.

Gegen die Agrarier und den Bund der Landwirte hat der Ausschuß des deutschen Handelstages in Berlin Resolutionen ange­nommen, welche Verwahrung einlegen gegen die einseitige Berücksichtigung nur der landwirtschaft­lichen Interessen, ohne auf die Bedürfnisse der übrigen wirtschaftlichen Faktoren Rücksicht zu nehmen. Die Resolutionen sprechen sich für den Abschluß von Handelsverträgen insbesondere mit Rußland aus, verlangen eine Berufszählung in Deutschland, um festzustellen, in welchen Rahmen das wirtschaftliche Erwerbsleben in Deutschland sich vollzieht. Die Bestrebungen im Sinne des Bimetallismus würden, wenn erfolgreich, das deutsche Wirtschaftsleben den verhängnisvollsten Erschütterungen aussetzen. Wir teilen hier eine Resolution mit:Die Er­haltung der stark wachsenden Bevölkerung Deutsch­lands ist nur möglich durch Maßregeln, welche die Industrie und den Handel in den Stand setzen, für die bedeutend und über den Bedarf des Inlandes hinauswachsende Produktion Käufer zu sinken. Die Erhaltung einer kräftigen und blühenden Industrie und einer lebhaften Handels- thätigkeit ist aber die Bedingung für das Gedeihen der Landwirtschaft, da sie nur dann, im Gegen­satz zu früheren Zeiten, in denen Deutschland noch nicht auf der jetzigen Höhe in industrieller Beziehung stand, ihre Naturprodukte völlig im Inlands absetzen kann, dessen Markt für sie ge­schützt ist." Es wird wohl kein Zweifel sein, daß der Bund der Landwirte zu diesem Vorgehen des Ausschusses des deutschen Handelstages Stellung nehmen wird.

In Berlin sinket vom 31. März bis 4. April die zweite internationale Kaninchen- Ausstellung aller Rassen und Länder statt und es sind zahlreiche Anmeldungen einge- gangen. Um sich bei der Besichtigung auch zu­gleich von der Schmackhaftigkeit des Kaninchen­fleisches überzeugen zu können, werden Kaninchen­fleisch-Speisen in kaltem wie warmem Zustande auf der Ausstellung verabfolgt werden. Die Prämiirung der besten und größten Tiere findet am 30. März statt. Der Kaninchenzüchter- Verein in Pforzheim wird in der Mürrle'schen Halle eine Ausstellung von Kaninchen am 6.,

7. und 8. Mai l. I. veranstalten. Die Aus­stellung dürfte Interesse erregen, indem alle mögliche Rassen zur Ausstellung gelangen werden. Der Verein verfolgt den Zweck, die Kaninchen­zucht so zahlreich einzuführen, wie sie in Nord­deutschland, Belgien, England im Schwünge ist. um mit der Zeit ein billiges Fleisch einzuführen.

In Neustadt a. H. (Reinpfalz) findet eine großartige Feier von Bismarcks Geburtstag statt, an welcher sämtliche pfälzische Reichstags­abgeordneten teilnehmcn werden.

Karlsruhe, 22. März In einer kürzlich hier abgehaltenen Sitzung des Eisenbahnreform­vereins sprach Professor Dr. Böthlingk über die schwebenden prinzipiellen Tariffragen und wünschte den Verein zum lebendigen Sprachrohr zu machen. Steigerung der Einnnahmen durch Herabsetzung der Tarife ist der finanzielle Mittelpunkt dieser Bestrebungen.

Karlsruhe, 23. März. Wie der Bad. Landesztg. von Ettlingen geschrieben wird, hätte die Ausführung der Bahn in das Hintere Albthal jetzt größere Aussicht auf Verwirklichung und zwar in Gestalt einer elektrischen Bahn.

Mannheim, 22. März. Schneidermeister Dowe ist infolge seiner Erfindung plötzlich ein berühmter Mann geworden, denn aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und des Auslandes gehen ihm fortwährend Tele­gramme und Schriftstücke zu, in denen alles Mögliche und Unmögliche um Auskunft gebeten wird. Auch illustrierte Zeitschriften des Aus­landes verlangten telegraphisch die Einsendung von Photographieen des Erfinders.

Mannheim, 24. März. Die Dowesche Erfindung eines kugelfesten Mtlitärpanzers ist nunmehr von einem Berliner Konsortium in Gemeinschaft mit der Firma Alfred Heinemann u. Co. dahier übernommen und finanziert worden. Die Bedingungen sind für Dowe sehr günstig, jedoch werden sie streng geheim gehalten.

Württemberg.

Stuttgart, 24. März. Die Kammer der Abgeordneten genehmigte den Posten für die Gesandtschaft in Wien nur für das erste Jahr der Etatsperiode und beschloß mit 45 gegen 37 Stimmen, die Regierung zu ersuchen, den Posten vom Jahre 1894 ab aufzuheben. Ferner nahm die Kammer den Gesetzes-Entwurf über die Steuerbefreiung neubestockter Weinberge in der Fassung der ersten Kammer mit allen ab­gegebenen Stimmen nach längerer Debatte an. Es begann nun die Beratung des Justizetats.

Stuttgart, 20. März. Im Anschluß an die heutige Landesproduktenbörse fand die Generalversammlung der Mitglieder statt. Nach dem verlesenen Rechenschafsbericht hebt der Be­richt des Weiteren hervor: quantitativ und qualitativ ist die Ernte Würtembergs gut aus­gefallen.

Winterfrucht. Dinkel, die Hauptfrucht des Landes, kam gut durch den Winter und lieferte gleich wie die härteren Weizensorten ein sehr gutes Erträgnis; die weniger harten englischen Weizensorten litten Not und war das Ergebnis weniger befriedigend.

Sommerfrucht. Weizen und Gerste haben ebenfalls gute Erträgnisse geliefert, namentlich wurde Weizen so schön geerntet, wie dies in vielen Jahren nicht der Fall war.

Hafer. Ein Hauptausfuhrartikel blieb in der Entwicklung zurück, infolgedessen fiel die Ernte geringer aus, als im vorhergehenden Jahr, in Qualität ist derselbe ebenfalls gut.

Früh- und Spätkarroffel lieferten große Erträgnisse, wie dies selten der Fall war. Die Qualität war vorzüglich.

Futtergewächfe. Die Erträgnisse der Klee­äcker und Wiesen ließen zu wünschen übrig, namentlich fehlte in manchen Gegenden des Landes das Oehmd.

Zuckerrüben, Cichorienwurzeln, Rüben und Kohlgewächse haben nicht ungünstige Ernteresul­tate ergeben.

Reps mußte in einigen Landesteilcn um­gepflügt werden, wo das nicht der Fall war, ist das Erträgnis ein gutes.

Obst. Kirschen haben in den besseren Gegenden gute Erträgnisse geliefert, Pflaumen