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sein? zweideutige Haltung die Stellung der Deutschen in Tabora zu gefährden, endgiltig gebrochen. Nachdem Lieutenant Prince drei Tage hindurch, vom 10. bis 13. Januar d. Js., die skstnngsartige Residenz Sikkis belagert, wurde dieselbe in siegreichem Ansturm genommen, wobei Sikki fiel. Der Tod dieses einflußreichen Häuptlings bürgt für die nachhaltige Stärkung der deutschen Herrschaft in Tabora. Die Feindseligkeiten Sikkis gegen die Deutschen waren die Ursache, daß am 6. Juni v. Js. der damalige Stationschef von Tabora, Dr. Schwesinger, einen Angriff auf das Dorf Sikkis unternahm, es gelang ihm aber nicht, die eigentliche Festung zu nehmen. Hoffentlich führt der Waffenerfolg, den Lieutenant Prince erzielt hat, nun zur vollständigen Unterwerfung der widerstrebenden Ele- mete an der wichtigsten Handelsstraße unseres
Schutzgebiets.
Baden-Baden, 14. März. Die „Köln. Ztg." meldet: Der vor kurzem in Petersburg verstorbene Konsul Beer, der seit Jahren ein regelmäßiger Besucher unseres Kurortes gewesen war, hat der Stadt Baden 140 000 o1L, dem Reichswaisenhaus in Lahr 25 000vlL vermacht.
Velden (Bayern), 16. März. Die Tochter des Oekonomen zum „Brandmaier" in Piesl, welche im Einverständnis mit ihrer Mutter ihr neugeborenes Kind den Schweinen zum Fressen vorwarf, wurde nebst ihrer Mithelferin gefänglich eingezogen. Ein weiblicher Dienstbote, welcher Zeugin dieser unmenschlichen That war und welchem für sein Schweigen ein neues Gewand versprochen wurde, dasselbe aber nicht erhielt, denunzierte die beiden Bestien, welche nun der wohlverdienten Strafe entgegensetzen.
Württemberg.
Stuttgart. 19. März. (Versammlung würUvmbergischer Landwirte.) Behufs Stellungnahme zu dem „Bund der Landwirte" wie Versätze am 18. Februar d. I. auf der bekannten Nvoliversammlung in Berlin gegründet worden ist, hatte die „Bereinigung württembergischer Landwirte" an große und kleine Interessenten zu einer am 19. März nachmittags I Uhr abzuhaltenden Landesversammlung Einladung ergehen lasten. Die gut besuchte Versammlung wurde von dem Vorsitzenden, Frhr. v Hermann, welcher dem Wunsche Ausdruck gab, daß die Verhandlungen zum Wohle des Bauernstandes und damir des deutschen Vaterlandes dienen mögen, eröffnet. Dr. Krauß vom Ammerhof bei Tübingen hatte die Aufgabe übernommen, das in Worte zu fassen, was die Versammlung bewegte. Die Rentabilität de: Landwirtschaft sei schon längst eine bescheidene geworden und der Abschluß der österreichischen Handelsverträge habe die Lage noch verschlechtert, so daß nunmehr thatsächlich der Preis des Getreides unter den Produktionskosten stehe. Redner sprach sodann gegen den beabsichtigten russischen Handelsvertrag, der schon wegen der schwankenden russischen Valuta sehr gefährlich sei, außerdem gelte Rußland mit Recht als Seuchenherd. Der in Berlin gegründete Bund der Landwirte sei eine rein wirtschaftliche Vereinigung zur Wahrung der bäuerlichen Interessen und wolle mit der Politik nichts zu thun haben. Auf die Verhöhnungen einer gewissen großstädtischen Presse gegenüber dem Zusammcnstehen der Bauern näher einzugehen, verbiete der ländliche Anstand. Das deutsche Reich wäre nicht das erste, das in Folge des Niedergangs der Landwirtschaft zu Grunde gienge. Als der römische Bauernsohn aus der römischen Legion verschwunden war, da war die Kraft der römischen Legionen gebrochen und das römische Reich am Anfang vom Enve angelommen. Redner beleuchtet noch das Verhältnis ves Bundes der Landwirte zu den landwirtschaftlichen Vereinen und betonte, daß die Thätigkeit des Bundes die Basis schaffen müßte, auf der die seither im Segen wirken- derNandwirlschaftlichen Vereine weiter zu bauen m Stande seien. Schließend empfahl er dringend den Anschluß an den gegründeten Bund. In das von ihm aus Seine Majestät den König Wilhelm II. ausgebrachte Hoch stimmte die Ber- sammlung begeistert ein. Dem Redner wurde M seine trefflichen Ausführungen reicher Bei
fall zu teil. Hierauf ergriff das Vorstandsmitglied des Bundes Gutsbesitzer Dr. Rösike aus Brandenburg das Wort, überbrachte die Grüße der norddeutschen Berufsgenoffen und betonte die Gemeinsamkeit der Interessen. Der im Interesse der Einigkeit wünschenswerte Anschluß der Süddeutschen an den Bund, hindere nicht, daß den da und dort von Norddeutschland abweichenden süddeutschen Interessen besonders Rechnung getragen werde. Insbesondere sei der Anschluß der kleinen Bauern dringend zu wünschen, da gerade er bei der Organisation nicht fehlen dürfe, wenn Erfolge erreicht werden wollen. (Beifall). Frhr. v. Gaisberg erläuterte sodann die für Württemberg zunächst geplante Organisation und die Versammlung wählte hierauf durch Akklamation als 1. Vorsitzenden für den Jagstkreis Frhrn. v. Perglas, für den Donaukrcis Fürst Zeil-Waldburg, für den Neckarkreis Frhrn. v. Neurath, für den Schwarzwaldkreis Dr. Krauß nebst den nötigen Stellvertretern. Schultheiß Bosch von Heldensingen beleuchtete namentlich die Verhältnisse der Kleinbauern und forderte dieselben zur energischen Mitarbeit auf. Redakteur Schrempf von der „Deutschen Reichspost" sprach in längerer von wiederholtem stürmischen Beifall unterbrochener Rede über das Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft. Nachdem über die einzuleitenden Schritte von verschiedenen Rednern gesprochen worden war, schloß der Vorsitzende die Versammlung, welche ihr volles Einverständnis mit dem Resultate der Verhandlungen bekundete.
ZZ Friolzheim (OA. Leonberg). Metzger Albert F. ist entwichen. Er hinterläßt seine Frau mit 3 Kindern. Am Tage, da er das Weite suchte, brachte er dem Wurstler Z. in Pforzheim 6 fette Schweine, für die er sich das Geld auszahlen lies, während nun die Schweinezüchter, die ihm die Schweine zum Verkauf überließen, das Nachsehen haben.
Ausland.
Pest, 17. März. Die Regierungsblätter melden, der Kaiser werde bei der Feier der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares durch seinen Adjutanten vertreten sein.
Kö nig Humbert vonJtalien soll die Depesche, in welcher ihm Kaiser Wilhelm mitteilte, daß er nebst der Kaiserin zur Feier des silbernen Jubiläums des italienischen Königspaares nach Rom kommen werde, sofort durch ein sehr herzliches Telegramm beantwortet haben. Der Pariser „Figaro" giebt sogar den Wortlaut dieser telegraphischen Erwiderung wieder, aus welchem, falls die betreffenden Nachrichten des genannten Pariser Blattes sich bewahrheiten sollten, die Vertraulichkeit der zwischen den Höfen von Berlin und Rom bestehenden Beziehungen erneut erhellen würden.
Paris. 18. März. Jules Ferry ist plötzlich gestorben. Der Tod erfolgte gestern abend um 6'/» Uhr. Ferry starb in Folge einer Herzkrankheit, woran er seit dem Attentat vom Januar 1888 litt. Die Revolverkugel, die auf der Rippe abprallte, hatte eine Herzkontusion herbeigeführt. Die erste Krisis trat in der Nacht zum Freilag ein. Zahlreiche Politiker begaben sich gestern abend in bas Sterbehaus und zeichneten sich in die Kontolenzliste ein. General Borns erschien im Auftrag Car- nots, ferner erschienen Clcmenceau u. Floquet. Die Freunde Ferry's sind tief bewegt; der Vizepräsident des Senats Bardoux wurde ohnmächtig. Die Nachricht von dem plötzlich erfolgten Hinscheiden Jules Ferry mutet tragisch an. Nach langer unfreiwilliger und unverdienter Verborgenheit wieder an das Licht getreten, ist er wenige Tage später in eine Nacht zurückgesunken, aus der es keine Wiederkehr gibt. Jules Ferry war eine ungeschmeidige, wenig liebenswürdige Persönlichkeit, das Glänzen u. Blenden im Auftreten, das den meisten Franzosen leicht fällt, war nicht seine Sache; aber er war ein Mann von großer Begabung und starkem Willen, ein Staatsmann, der seinem Vaterland die ersprießlichsten Dienste geleistet hat und der, mit seinem reinen Karakter inmitten der allgemeinen
Korruption besonders hervorleuchtend', berufen schien, ihm noch lange ein selbstloser, pflichtgetreuer Diener zu sein.
Als Jules Ferry vom Januar 1883 an das Ministerium des Auswärtigen verwaltete, stellte er nach außen hin ein verhältnismäßig freundschaftliches Verhältnis zu Deutschland her, mit dem er sich zur Wahrung der europäischen Interessen in Aegypten und Westasrika verband, und wendete die ganze Kraft Frankreichs nach Hinterindien zur Unterwerfung Anams und zur Eroberung Tongkings. Auf diese verhältnismäßig guten Beziehungen zu Deutschland sind vielfach falsche Hoffnungen gebaut worden. Ferry war eben ein höflicher Mann, der auf Formen hielt, auch im diplomatischen Verkehr. Als Realpolitiker hat er sich über manche Vorurteile seiner Landsleute hinweggesetzt und es nicht verschmäht, bei seiner Kolonialpolitik die Hilfe der deutschen Diplomatie in Anspruch zu nehmen, doch erklärte er seinen Freunden, daß durch die guten Worte, die er darum gab, die Rückforderungen, welche Frankreich an Deutschland zu stellen müssen glaubte, nicht beeinträchtigt würden. „L'est un coup äe edLpeau" sagte er, als er über die Gefälligkeit seines Verkehrs mit der deutschen Regierung befragt wurde. Er „zog den Hut," um höflich um etwas zu bitten. Hat also Ferrys Tod für uns nicht gerade ein dringliches politisches Interesse, so ist er dagegen für Frankreich von der allerhöchsten Bedeutung. Erschien die Frage nach der Nachfolge Carnots als eine halb gelöste, so ist sie jetzt wiederum zu einer offenen geworden. Und es giebt in Paris so viele offene Fragen.
Die jüngsten Zwischenfälle im Panamaskandal bringen eine Ueberraschung nach der anderen. Kaum erst war der französische Justizminister Bourgeois infolge der von der Frau Cottu im Panama-Bestechungs-Prozcß gemachten Enthüllungen zurückgetreten, so sitzt er auch schon wieder in der Regierung, sein empfindliches Gewissen hat sich demnach sehr rasch wieöer beruhigt. Die Solidarität des Cabinets Rlbot ist also wiederhergestellt und da daselbe außerdem im Senat wie in der Depuliertenkammer Vertrauensvoten in der Affaire Eottu erhalten hat, so kann es das Osterfest ein bischen beruhigt feiern. Im Panama-Bestechungs-Prozeß selbst steht die Fällung des Urteils unmittelbar bevor, nachdem der Staatsanwalt in der Mittwochssitzung die strengste Bestrafung namentlich Kart v. Lessepps und Pontane beantragt halte.
Paris, 17. März. In den Wandelgängen der Kammer wird einer der letzten Sätze der heutigen Rede von Barboux viel besprochen. Er soll lauten: „Wenn alle in den Panamaskandal verwickelten Leute vor Ihnen, meine Herren Geschworenen, auf der Anklagebank säßen, würden sie nicht wissen, wer sie künftig regieren sollte."
Im Alhambra-Theater zu Madrid stürzte während einer Liebhabervorstellung der Gips des Bühnenhimmels auf die Bühne herab. Zehn Leute, die sich dort befanden, wurden schwer verwundet. Unter dem zerschmetterten Souffleurkasten wurde der Souffleur sterbend hervorgezogen.
Telegramme an den Enzthäler.
Roubaix, 20. März. Eine vertrauliche Versammlung der katholischen Vereinigung wurde gestern durch Sozialisten gestört, welche sich des Vorstandstisches bemächtigten und das Kruzifix zur Erde warfen. 3 Frauen übernahmen den Vorsitz, es entstand ein furchtbarer Lärm, die Sozialisten warfen mit Möbelstücken, schließlich zogen sich die Katholiken zurück. Mehrere Per- sonen wurden verletzt, eine Anzahl verhaftet. In der Stadt herrscht lebhafte Erregung.
Rom, 20. März. Das „Patria" will von gerichtlichen Erhebungen wissen, welche wegen Vergiftung des Arztes Cecarelli gegen eine Verwandte desselben und gegen eine der Aristokratie angehörige Dame angestellt werden.