Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

§8 Pforzheim, 22. Febr. Heute abend En 10 Uhr wurde unsere Einwohnerschaft durch ffeuerlärm erschreckt. Auf noch unaufgeklärte Weise war in den Ladcnlokalitäten des Herrn Louis Franzmann am Marktplatz Feuer ausge- brochcn. Die freiwillige Feuerwehr war zwar rasch zur Stelle und es gelang weitere Gefahr zu beseitigen, immerhin ist aber der Schaden nicht unbedeutend, da Partien von Weiß- und Wollwaren verbrannten oder sonst beschädigt wurden. Herr Franzmann ist versichert. Etwa 3000 Personen mögen auf dem Marktplatz an- qesammelt gewesen sein und die Schutzmannschaft hatte Mühe und Arbeit im Verein mit Feuer­wehrleuten Raum zu schaffen für die Lösch­gerätschaften.

Deutsches Weich.

Berlin, 22. Febr. DerReichsanz" schreibt: Der Kaiser empfing heute mittag im Beisein des Ministerpräsidenten Grafen zu Eulenburg und des Landwirtschaftsministers von Heyden eine Abordnung der landwirtschaft­lichen Zentralvereine der östlichen Provinzen. Hr. v. Below überreichte mit einer Ansprache eine Denkschrift, worin die Wünsche der Land­wirtschaft niedergelegt sind. Der Kaiser er­widerte, er danke den Herren, daß sie zu ihm gekommen seien und sich unmittelbar an den Landesvater wendeten. Sein unablässiges Stre­ben sei auf das Wohl des Landes gerichtet. Sein Wunsch und Wille sei, den Schwierigkeiten und Sorgen der Landwirtschaft abzuhelfen. Die Mittel und Wege hierzu seien mannigfach und schwierig und nur längerer Zeit werde es ge­lingen, dem angestrebtem Ziele näher zu kommen. Dazu bedürfe es des Friedens, wozu die Landwirte beilragen könnten, indem sie für die Stärkung der Wehrkraft einträten. Die vorgetragenen Wünsche würden eingehend geprüft werden. Er (der Kaiser) erblicke in der Landwirtschaft gleich seinen Vorfahren eine Säule des Königstums, die zu erhalten und zu festigen ihm Pflicht und Freude sei. Er vertraue zu­versichtlich, daß sie sich in alter Treue bewähre.

B e r l i n, 23. Febr. Der Kaiser und die Kaiserin sind heute vormittag nach Neu­strelitz abgereist. Dort wurden sie bei ihrer um 12 Uhr 30 Min. erfolgten Ankunft auf dem Bahnhof vom Großherzog, der Grobherzogin, dem Erbgroßherzog und der Erbgroßherzogin empfangen.

Berlin, 22. Febr. DasArmeeverord­nungsblatt" veröffentlicht eine allerhöchste Kabi- nctsordre, worin bestimmt wird, daß das VIII., das XIV. und das XVI. Armeekorps im Sommer 1893 vor dem Kaiser Manöver abhalten sollen. Jedes Armeekorps hat für sich große Parade.

Berlin, 20. Febr. Eine große Versamm­lung von Brauergesellen beschloß gestern eine Petition an den Bundesrat um volle Sonntags­ruhe im Braugewerbe.

Mannheim, 17. Febr. Unsere Tages­blätter waren in der letzten Zeit voll von Ar­tikeln über die Art der Beileidsbezeugung bei Trauerfällen, namentlich über den hochge­stiegenen Aufwand, der mit Blumenspenden ge­trieben wird, und über den Ersatz derselben durch eine Spende an die Armen, nach dem Vorbild der Neujahrswunschcnthebungskarten. Jedoch ist noch kein zweckmäßiger Vorschlag gemacht wor­den, wie ohne Verletzung der Pietätsgefühle eine gründliche Aenderung herbeigeführt werden kann.

Württemberg.

Se. Mas. der König hat die Forstamts­assistentenstelle in Wildberg dem Revieramts- assistenlen Hermann Finckh in Aalen übertragen, sowiedenRevieramtsassistentenDr. Schinzinger bei dem Kommando der Forst- und Steuerwache und Dr. Schuh bei der forstlichen Versuchs­station in Tübingen den Titel und Rang eines Forstamtsassistcnten verliehen.

Der würtlembergische Landtag wird neueren Verlautbarungen zufolge Mitte März wieder zusammentreten. Die einzelnen Kommis­sionen sind gegenwärtig in Stuttgart versammelt, nm die von den Referenten ausgearbeiteten Be­uchte durchzuberaten und endgiltig festzustellen.

I

Durch den Tod des Ministerialpräsidenten im Ministerium des Innern, v. Bätzncr, hat das Land einen sehr verdienten Beamten und die Kammer der Standesherren eines ihrer tüch­tigsten und arbeitskräMgsten Mitglieder ver­loren. Ueber den mutmaßlichen Ersatz des Herrn v. Bätzner in der ersten Kammer verlautet noch nichts, wahrscheinlich dürfte ein höherer Beamter aus dem Departement des Innern zum lebens­länglichen Mitglied der Kammer durch den König ernannt werden.

Die Katholiken Württembergs feier­ten letzten Sonntag gleichfalls das Fest des 50- jährigen Jubiläums des Papstes. An der Feier in Stuttgart nahmen auch die Herzöge Albrecht von Württemberg und Wilhelm von Urach nebst Gemahlinnen, die Staatsminister Frhr. v. Mitt nacht und v. Schmid teil. Auch in zahlreichen anderen Städten, sogar in vielen Dörfern wurde eine Papstfeier veranstaltet.

Der Ausbruch der Kopfgenickstarre in der Stuttgarter Ulanenkaserne bietet um so mehr zu Bedenken Anlaß, als bekanntlich die­selbe Krankheit vor mehreren Wochen schon in einer Karlsruher Kaserne ausgebrochen ist und dort wie eine kleine Epidemie gewirkt hat. Die Krankheit scheint ansteckend zu sein, ihre Ursachen sind jedoch noch nicht erforscht. Im Jahre 1863 trat sie außerordentlich bösartig in München aus und forderte damals zahlreiche Opfer, namentlich in den höheren Klassen ver Gesellschaft. Ob die Genickstarre auch in der Stuttgarter Kaserne so um sich greifen wird, daß wie in Karlsruhe die Truppen aus der Kaserne entfernt werden müssen,' weiß man noch nicht; doch hofft man, die bis­her worgekommencn Fälle lokalisieren zu können.

Vom Lande liest man allerorten die An­kunft der befiederten Frühlingsboten; die Staren, Lerchen und wilden Tauben lassen sich da und dort schon hören, und im Künzelsauer Amt wurden schon Schnepfen angetroffen.

Heilbronn, 19. Febr. In voriger Woche wurde ein neu in den Dienst eintretendes Dienst­mädchen, als es der Hausfrau die Hand zum Gruße reichte, vom Schlag getroffen und sank tot nieder.

Altenstaig, 21. Februar. Es soll vom landw. Verein Nagold eine Kollektion schöner Stücke Rindvieh aus dem Bezirk zur Ausstellung nach München gebracht werden. Gestern wurde aus dem hintern Bezirk das schönste Vieh hie- her gebracht. Eine besondere Kommission hatte die Aufgabe, von den schönen Exemplaren die ollerschönsten für die Kollektion zu bestimmen. Es wurde von 2 Farren, 4 Kühen, 6 Kalbeln und 2 Rindern 1 Farren, 2 Kühe, 2 Kalbeln und 1 Rind auserlesen. Diese Tiere werden nun vor der Ausstellung, die im Juni stattfindcn soll, 6 Wochen lang zusammengestellt und ge­meinsam gefüttert und gepflegt.

Alten steig, 16. Febr. Der Viehmarkt von gestern war außerordentlich stark befahren, man kann sagen, er war überführt. Deshalb und weil wenig Händler am Platze waren, auch weil das Zugvieh für die Frühjahrsarbeiten bei dem herrschenden Futtermangel jetzt noch nicht eingestellt wird, ging der Handel flau und waren die Preise auch gedrückt. Beim Hausierhandel wurden in der letzten Woche bessere Preise erzielt als auf dem Markte heute, und manchen Ver­käufer reute es. daß er nicht schon vor 814 Tagen im Stall verkauft hatte. Zugeführt waren etwa 1000 Stück Vieh. ca. 400 Paar Ochsen und Stiere. 100 Stück Kühe und Kalbeln, ebenso­viel Rinder und Jungvieh. Verkauft wurden 100 Paar Ochsen und Stiere, 50 Kühe und Kalbeln und 50 Stück Rinder und Jungvieh. Ochsen kosteten bis 1000 vIL, 34jähr. Stiere 400700 vIL, jährige Stiere bis 200 Kühe bis zu 300 Kalbeln bis 220 (schöne Kühe und Kalbeln fehlten); Jungvieh kostete 50 bis 130 Besser ging der Handel auf dem

Schweinemarkt. Da wurde bei guten Preisen rasch und viel gehandelt. Es war meist schöne Ware aufgestellt, 40 Körbe mit Läuferschweinen, 20 Körbe mit Saugschweinen. Läuferschweine kosteten 50117 50 Saugschweine 24

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Ausland.

Im österreichischen Abgeordnetenhaus kam es vorige Woche zu einem Skandal, wie er größer noch in keinem Parlament vorgekommen sein dürste, das französische etwa ausgenommen. Der tschechische Graf Kaunitz sprach verächtlich von der österreichischen Beamtenschaft als von einer unverschämten Beamtenbagage. Das Wort Beamtenbagage nahm er zwar in einer späteren Sitzung zurück, nicht aber das Wort unverschämt. Und die österreichischen Minister hatten nicht einmal den Mut, dem Grafen Kaunitz energisch entgegenzutreten. Graf Kaunitz war zu dieser rohen Aeußerung gekommen wegen eines Er­lasses des obersten Gerichtshofs bezüglich der Sprachenfroge, wobei übrigens an den bestehenden Verhältnissen gar nichts geändert wurde.

Kopen h a g en , 23. Febr. Der Dampfer Jakoff Prosoroff" aus Lübeck Kapitän Her- lich, mit Eisenerz nach Rotterdam bestimmt war 42 Tage auf See. Die Mannschaft lebte während der 32 letzten Tage von Kartoffeln und Wasser. Der Dampfer ist gestern östlich der Insel Mön gesunken; die 16 Mann zählende Besatzung landete gestern abend in schlechtem körperlichen Zustand.

Paris, 23. Febr. In der Kammer fand die Kandidatur Jules Ferry für die Prä­sidentschaft des Senats heute mehr Anklang als gestern. Man glaubt allgemein an eine Wahl, wenngleich viele Blätter sich heftig dagegen aus­sprechen. Andere erinnern daran, daß man ihm Tunis und Tonking verdanke. Die Morgen­blätter besprechen die Möglichkeit der Wahl Jules Ferrys zum Präsidenten des Senats, die als nahezu gesichert gilt, ass eines der bedeut­ungsvollsten Ereignisse der letzten Jahre.

Paris, 22. Febr. An der Westküste haben starke Stürme viel Schaden angerichtet. Auch aus dem Binnenlande wird Sturmwetter gemeldet.

In Italien herrscht noch immer große Erregung wegen der in einigen Zettelbanken vorgekommencn großartigen Unter>chleife und Betrügereien. Der italienische Abgeordnete De Zer bl, welcher wegen Annahme von Bestech­ungen vor Gericht gestellt werden sollte, ist plötzlich gestorben. An einen natürlichen Tod kann man kaum glauben. Der frühere Minister­präsident Crispi hatte die Absicht, mit verschiedenen anderen Fraktonsvorständen eine Koalition zum Sturze des Kabinets Giolitti zu bilden. Aber Zanardclli, gleichfalls früherer Minister, that nicht mit und infolge dessen mußte der Plan vorläufig vertagt werden. De Zerbi war einer der hervorragendsten Parlamen­tarier, einer der bedeutendsten Redner der italieni­schen Kammer, einer der tüchtigsten Schrift­steller Italiens. Schon in frühester Jugend lenkte er durch litterarische Arbeiten die Auf­merksamkeit auf sich. Als 17jähriger Jüngling stand er in den Reihen der Garibaldiner, unter denen er sich durch Tapferkeit und Kühnheit auszeichnete. Mehrere Jahre diente er darauf in der Armee, die er nach dem unglücklichen Feldzuge von 1866 verließ, um sich dem Berufe des Journalisten zu widmen. Er gründete die ZeitungPiccolo Giornali di Napoli," die sich unter seiner Leitung bald zu einem der bedeutend­sten Blätter Italiens aufschwang. Im Jahre 1874 wurde er als Mitglied der Rechten in das Parlament gewählt, in dem er bald den Ruf eines glänzenden Redners errang. Er war, nach dem Urteil eines seiner Kollegen,der be­rückendste Meister der Prosa und der Rede, den man sich denken kann. Der nun tote Zerbi kann sich gegen die Anklage, mit 400 000 Lire bestochen worden zu sein, nicht mehr verantworten. Ein höherer Richter hat die Aburteilung de Zerbis übernommen. Der Tod achtet nicht auf die Länge oder Kürze des Lebensfadens der Menschen, er hört nicht auf die Wünsche und Hoffnungen der Staubgeborenen. Das Leben Lessep's, des Lebensmüden, schonte er und ver­schmähte es, ihn vor der Schande zu retten; das Leben de Zcrbi's entriß er der Schande, dem rächenden Arm der Gerechtigkeit. Es ist nicht zu bezweifeln, daß der plötzliche Weggang des Hauptschuldigen von der Bühne des Bank- skandals für das Ministerium Giolitti von