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den letzteren Städten geht dies um so leichter, als in Ravensburg, Friedrichshafen und Wildbad schon Telephonleitungen bestehen. Wie verlautet, soll auch Nürnberg mit Stuttgart in direkte telephonische Verbindung gebracht und die Stadt Ansbach in diese Leitung bayerischer- seits einbezogen werden.
Stuttgart, 15. Februar. (Fasching in Stuttgart.) Gestern Nachmittag 4 Uhr wagten sich zwei hiesige Polytechniker in durchaus anständigem Masken Kostüm auf die Straße. Mas- ken sind aber für Stuttgarter Kinder eine äußerst seltene Erscheinung und unsere beiden „Narren" erfreuten sich dadurch eines großen Kinderzulaufs. Nun ist aber in der guten Residenzstadt Schwabens jede Veranlassung eines Menschen-Zusammen- laufs verboten. Die Polizei ergriff die beiden schweren Missethäter und führte sie nach dem Polizei Amt. wo jeder (Dank der neuen Aera ?) 3-^ Strafe vorläufig hinterlegen mußte. (Die Quittung haben wir selbst gesehen, sonst würden wir der Sache keinen Glauben beigemessen haben.) Schade, daß nicht auch in anderen Städten des deutschen Reichs, namentlich in Mainz. Köln u. s. w. dieselbe Solidität herrscht, wie in Stuttgart. Man hätte in den letzten Tagen, wenn jede Maske hätte 3 bezahlen müssen, einen guten Teil der Kosten der Militärvorlage aufgebracht.
Stuttgart, 15. Febr. Der 52 Jahre alte Metzger Andreas Schmid von hier, welcher am 22. Dezember v. I. hier in der Lindenstraße die Konditorsehefrau Jßler von Ludwigsburg mit seinem Fuhrwerk zu Boden warf, wobei diese derart verletzt wurde, daß sie acht Tage lang arbeitsunfähig war, wurde heute wegen fahrlässiger Körperverletzung, verübt durch zu rasches unachtsames Fahren und nicht rechtzeitiges Anhalten seines Pferds in Anbetracht verschiedener ähnlicher Vorstrafen mit 1 Woche Gefängnis bestraft.
Ausland.
Paris, 15. Febr. Das Schwurgericht verurteilte heute den vormaligen Senator Leguasy zu fünf Jahren Gefängnis und 3000 Franken Geldbuße und den Kasierer Prevost zu drei Jahren Gefängnis und 100 Franken Geldbuße wegen Unterschlagung zum Schaden der Dynamitgesellschaft in Mitschuld des flüchtigen Alton, gegen welchen das Gericht sich Beschlüsse vorbehält.
Nachdem das Pariser Zuchtpolizeigericht sein Urteil gegen die Direktoren der Panamagesellschaft gefällt hat, regen sich viele Stimmen in der Presse, um wenigstens für den greisen Ferdinand Leffeps, der in seinem Alters- Marasmus vom ganzen Prozeß keine Ahnung hat, eine Begnadigung auszuwirken. Der Prozeß gegen die bestochenen Abgeordneten, soweit er nicht schon niedergeschlagen ist, soll in einigen Tagen beginnen. Inzwischen reisen französische Geheimpolizisten in Deutschland umher, um den bekannten Arton zu suchen. An zwei Orlen haben sie ihn bereits gefunden, indem sie im gleichen Eisenbahnkupö mit Arton fuhren; aber jedesmal wußte Arton seinen Häschern wieder zu entkommen. Arton soll sich gegenwärtig in der Nähe von Frankfurt und Wiesbaden aufkalten. — Neuerdings ist die französische Presse wieder über den englischen Botschafter Lord Dufferin hergefallcn mit der Behauptung, dieser habe 3 Millionen von London mitgebracht, um die französische Presse zu bestechen, damit sie gegen das russisch-französische Bündnis Stimmung mache. Lord Dufferin hat diese Behauptung in einer öffentlichen Ansprache als unwahr bezeichnet. Französische Heißsporne sammeln gegenwärtig Unterschriften zu einer Eingabe an chen Zaren, damit doch dieser ein russisches Geschwader in einer französischen Hafenstadt ankaufen lasse. Republikaner, die vor dem Zaren auf dem Bauche kriechen, damit dieser ihnen doch wenigstens gütigst erlaube, mit einer russischen Flotte ein Demonstratiönchen zu machen und mit russischen Schiffsoffizieren Trinkgelage zu halten: das ist ein recht schönes, männlich-republikanisches Bild.
Der thalsächliche, aber von den Großmächten noch nicht anerkannte Fürst von Bulgarien. Prinz
Ferdinand von Coburg, hat sich nunmehr verlobt und zwar mit einer Tochter des vormaligen Herzogs von Parma. Daß durch die Heirat des Prinzen dessen Dynastie in Bulgarien gekräfligt wird und daß damit der bulgarische Staat selbst an innerer Festigkeit gewinnt, unterliegt keinem Zweifel. Deshalb ist auch die russische Presse sehr ergrimmt über diese That, während das offizielle Rußland noch schweigt.
Unterhaltender Heil.
Nelly's Verlobung.
Eine nächtliche Geschichte von Reinhold Ortmann.
iNachdruck verboten., (Fortsetzung 8.l
Eine kleine Pause folgte seinen mit großer Wärme gesprochenen Worten; dann klang es zaghaft aus Nellys dunkler Ecke hervor:
„Und nicht wahr, Sie selbst sind dieser Student? Sie haben alle diese Erfahrungen an sich selbst machen müssen?"
Der Doktor antwortete nicht sogleich und ein unerwartetes Ereignis enthob ihn sodann der Notwendigkeit, Rede zu stehen. Der Wagen schien nämlich mit einem Rade in eine kleine Vertiefung des Weges geraten zu sein; denn er stieß heftiger als zuvor. Die Insassen waren auf die starke Erschütterung so wenig vorbereitet gewesen, daß der Doktor plötzlich Nelly's Schulter an der seinen fühlte und daß eine weiche, warme Hand, die unwillkürlich nach seiner Stütze suchte, die seinige berührte. Einer Eingebung folgend, über deren Kühnheit er sich selbst wohl kaum Rechenschaft gab, bemächtigte sich der Doktor dieser weichen Hand und — ob es nun eine Folge des Schreckens oder die Furcht vor Wiederholung ähnlicher Erschütterungen war — sie wurde ihm seltsamer Weise nicht wieder entzogen. Das Gespräch aber, das sich eben noch bis zu solcher Lebhaftigkeit gesteigert hatte, war wie mit einem Schlage abgeschnitten und Keiner machte einen Versuch, es wieder zu beleben. Außer Tante Dorettens tiefen Atemzügen war kein Laut vernehmlich und doch schienen sich die jungen Leute bei dieser Schweigsamkeit durchaus nicht zu langweilen. Nelly hatte ihre Stellung durchaus nicht verändert, und der Doktor, der sonst mit so viel Ruhe und Ueberlegung zu handeln wußte, saß da wie in einem Rausche wonnigen Entzückens, vergaß Vergangenheit und Zukunft und hatte keinen anderen Wunsch als den, daß diese Fahrt niemals ein Ende nehmen möchte.
Als sie wieder eine kleine Unebenheit passierten, wagte er es sogar, die zierlichen Finger, die so leicht in seiner Hand lagen, mit einem kräftigen Druck zu umschließen, und dabei durchrieselte ihn ein so seltsames, beglückendes Gefühl, daß er nicht mehr zu begreifen vermochte, wie er vorhin diese nämlichen schlanken Finger als sie sich ihm dargeboten hatten, mit der Miene des Arztes hatte betrachten können. Er glaubte, daß das junge Mädchen eingeschlafen sei, und er wagte kein Glied zu rühren, um sie nicht aus ihrem vermeintlichen Schlummer zu wecken. Wie seltsam durchzuckte es ihn darum, als eine sanfte Stimme ganz nahe an seinem Ohr flüsterte:
„Nicht wahr, Sie halten mich nicht mehr für ein thörichtes, undankbares Geschöpf? — Sie haben nicht eine so schlechte Meinung von mir, wie jene alte Frau, die nicht einmal mein kleines Geschenk annehmen wollte. — Ich bin wirklich nicht so herzlos, als es vielleicht den Anschein hatte!"
„Sie — herzlos? — Nein, Fräulein Nelly, das habe ich niemals geglaubt!" sagte er, und gleichsam zur besseren Bekräftigung machte er den Versuch, ihre Hand an seine Lippen zu ziehen.
Ob er nun aber dabei vielleicht etwas gar zu stürmisch zu Werke gegangen war, oder ob wieder ein im Wege liegender Stein oder irgend ein neckischer Kobold milgewirkt hatte — kurzum, seine Lippen berührten statt der Hand eine warme, pfirsichzarte Wange und für eine einzige flüchtige Sekunde fühlte er an seiner Brust den raschen Schlag eines anderen Menjchenherzens,
den sanften Druck einer weichen, biegsamen Gestalt.
Daß die beiden Nachbarn nach diesem ebenso unerwarteten als unerhörten Ereignis jäh ans- einanderfuhren. und daß sich Jeder noch ängstlicher als zuvor in seine Ecke drückte, bedarf wohl kaum einer besonderen Versicherung, und Nelly's sonst so klare und Helle Stimme hatte ein ganz eigentümliches Zittern angenommen, als sie sich mit einem Mal sehr angelegentlich bemüht zeigte, die Tante zu erwecken. Das gelang ihr denn auch insoweit, daß die alte Dame bei der Auffahrt vor das Herrenhaus wieder einigermaßen zur Herrschaft ihrer Sinne gelangt war und in erneute Wehklagen über die Ereignisse dieser schicksalsreichen Nacht ausbrechen konnte.
Der alte Diener, welcher allein zum Empfang der Damen wach geblieben war. erstaunte natürlich nicht wenig über den seltsamen Auszug, in welchem dieselben erschienen. Er wollte sich sofort anschicken, die Herrschaft zu ermuntern; aber dagegen protestierte Nelly ganz entschieden und auch der Doktor gab in etwas beklommenem Tone die Ansicht kund, es möchte wohl besser sein, sich vor der Hand nicht weiter durch erneute Erzählungen des Unfalls auszuregen. sondern vor Allem Ruhe zu juchen, und die Mitteilungen auf den folgenden Tag zu verschieben. Tante Dorette war noch viel zu schlaftrunken, um sich zu erinnern, daß man dem großmütigen Helfer wohl ein Quartier für den Rest der Nacht anbieten müsse, und Nelly schien ein Interesse daran zu haben, ihn so schnell als möglich zu verabschieden.
Sie sah hier in dem hell erleuchtete» Vestibüle des Herrenhauses noch ungleich reizender aus, als vorhin in dem Dämmerlicht von Mutter Konrads Küche; ihre schönen Augen leuchteten ganz eigentümlich und ihre Wangen waren mit einem eigentümlichen Rot überzogen, das ihr sehr liebreich stand. Der Doktor hatte indessen nur einmal flüchtig seinen Blick zu ihrem Antlitz zu erheben gewagt, und er, der sonst jedem Menschen frei und offen ins Auge sah, schaute in dem drückenden Bewußtsein seiner schweren Versündigung verlegen und befangen zur Erde. Tante Dorette war mit einem noch flüchtigen Dank und mit einem noch flüchtigeren Gutenachtgruß die Treppe emporgerauscht. Nelly aber zögerte ein wenig, und ohne sich um die Gegenwart des Dieners zu kümmern, reichte sie, als die Tante erst außer Sehweite war, dem jungen Manne die Hand.
„Ich verabschiede mich nur auf wenige Stunden von Ihnen," sagte sie, „denn ich hoffe, Sie morgen, oder vielmehr heute Vormittag hier in meinem Elternhause wiederzusehen! - Und nicht wahr, diese Hoffnung wird mich nicht betrügen?"
„Der Doktor erwiederte etwas, das er selbst nicht recht verstand, das aber wie eine Entschuldigung klang, und Nelly's Beifall augen- cheinlich nur in sehr geringem Maße fand; )enn sie ließ ihn gar nicht erst zu Ende reden und sagte in einem allerliebsten schalkhaften Kommandoton:
„Keinen Widerspruch, mein Herr Doktor, wenn ich bitten darf! — Wenn Sie nicht freiwillig kommen, werde ich Sie holen, und diese Strapaze sollten Sie mir nach einer solchen Nacht eigentlich nicht zumuten! — Ohne Abschied also — und auf Wiedersehen!"
Flink wie eine Elfe huschte sie davon, und cs war kein Traum, sondern wundersame Wirklichkeit, sie hatte dem Doktor warm und herzhaft die Hand gedrückt! — Als der alte Diener hinter dem junge Manne das Hausthor schloß schüttelte er mit einer ganz eigentümlich pfiffige» Miene den grauen Kopf. Tante Dorette aber wußte gar nicht, wie ihr geschah, als ihr Nelly oben um den Hals fiel und sie so warm und herzlich küßte, wie sie es noch nie zuvor gcthan hatte. —
(Schluß folgt.»
(Ein Pessimist.) „Donnerwetter! Auf der Welt geht doch Alles natürlich zu, — mein Ueberzieher geht natürlich nicht zu!"
Redaktwn, Druck und Verlag von Chrn. Me eh i» Neuenbürg.
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Nr. 28.
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