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„Das ist leider unmöglich; denn die Axe ist gebrochen und auch sonst dürfte das Gefährt nicht ganz ohne Schaden davongckommen fein. Zudem wird das Fräulein wenig Neigung verspüren, selbst zu kutschieren, und ein gewisses thörichtcs Gesetz verbietet uns. den Burschen hier auf den ganzen Rest der Nacht sich selbst zu überlassen, obwohl er nichts weiter als Ihr Kutscher ist. Aus allen diesen und noch einigen weiteren Gründen, die sie mir wohl der Zeitersparnis wegen erlassen, möchte ich Ihnen den Vorschlag machen, meine Damen, sich vorläufig meiner Führung anzuvertrauen, in dem nächsten Häuschen, zu dem wir allerdings eine Viertelstunde miserablen Weges haben, bis auf Weiteres Unterkunft zu suchen und es mir zu überlassen. wo die Pferde und der Johann später ein Obdach finden. Sind Sie damit einverstanden?"
Wenn es auf Nelly allein angekommen wäre, io hätte sie gewiß widersprochen; ober Tante Dorette war mir ihrer Zustimmung und mit ihren Danksagungen so schnell bei der Hand, daß sie sich seufzend fügen mußte, und so setzte sich denn auch die kleine Gesellschaft in Bewegung, nachdem der Doktor zuvor noch eine Pferdedecke über den schnarchenden Johann gebreitet und ihn somit einigermaßen vor den Unbilden des Wetters geschützt hatte.
Es war eine gar traurige Wanderung durch den aufgewühlten Lehmboden der Landstraße, und die Finsternis, welche Tante Dorette wiederholt in grundlose Wasserpfützen geraten ließ, steigerte das Ungemach zu einer beinahe unerträglichen Höhe. Nach einigem Widerstreben hatte die alte Dame den Arm des Doktors an- nommen, während Nelly hinter ihnen her tastete. Als sie sich aber sehr empfindlich an einem im Wege liegenden Stein gestoßen und unwillkürlich aufgeschrieen hatte, wandte sich der junge Mann nach ihr um und fragte, ob sie sich nicht vielleicht ebenfalls seiner Führung bedienen wollte. Aber sie hätte sich lieber noch zwanzigmal gestoßen, ehe sie ihm ein solches Zuständnis ihrer Schwäche gegönnt hätte, und er erhielt eine kurze, trotzige Antwort, die in ihrer Schroffheit etwas beinahe Verletzendes hatte.
Für den Rest des Weges bestritt dann Dorette mit ihren Wehklagen allein die Kosten der Unterhaltung, und es war im vollsten Sinne des Wortes eine Erlösung, als endlich bei einer Biegung des Weges ein erleuchtetes Fenster und gleich nachher auch die Umrisse des dazu gehörigen Häuschens sichtbar wurden.
Aber welch' einen schneidenden Kontrast bot diese willkommene Zufluchtsstätte zu den glanzerfüllten, prunkenden Konzertsälen, in denen sich Nelly noch vor kaum einer Stunde bewegt hatte.
Aus Lehm und Holz zusammengezimmert, mit Stroh gedeckt und zu notdürftigem Schutz gegen die Winterkälte mit auf geschichteten Tannenreisern umgeben, bot die kleine Hütte schon von außen ein Bild jämmerlichster Armseligkeit; aber die beiden Damen verspürten ein förmliches Entsetzen, als sie nun gar erst das Elend im Innern des gebrechlichen Bauwerks wahrnahmen.
Durch eine niedrige, nur leicht angelehnte Thür, deren Versicherung durch Schloß und Riegel in der That ein höchst überflüssiger Luxus gewesen wäre, hatte sie der Doktor Fischer auf einen kleinen dunklen Vorplatz geführt, dann hatte er einen großen, vielfach geflickten Vorhang, wie es schien, eine ausgedehnte Pferdedecke, zur Rechten aufgehoben und ihnen den Einblick in ein schwach erleuchtetes niedriges Zimmer gestattet, das nur wegen der sehr geringen Zahl der darin befindlichen Gegenstände ziemlich groß erschien. Es enthielt nämlich außer einer wenig erhöhten Lagerstätte nichts als einen Tisch und zwei Stühle, an denen nicht nur die Politur, sondern sogar die Farbe gespart worden war, die aber ebenso wie der gedielte Fußboden ganz weiß und rein gescheuert waren. Auf dem Bette, dessen bunt karrierte Tücher ebenfalls von tadelloser Sauberkeit waren, lag die Gestalt eines graubärtigen Mannes, der sehr ehrwürdig aussah und zu schlafen schien. Im geqenüber am Tische aber
saß eine hagere Frau, die sich beim Scheine eines dürftigen Petroleumlämpchens mit Stricken beschäftigte.
(Fortsetzung folgt.l
Erhaltung der Volkstrachten in Baden. In Hausach hat die erste Hauptversammlung des neugegründeten Vereins für Erhaltung der Trachten des Gutach-Kinzigthals stattgcfunden. In der zahlreich besuchten Versammlung wurden die Satzungen festgestellt und angenommen. Der Verein hat seinen Sitz in Wolfach und zählt bereits bei der Konstituierung sechzig ordentliche und außerordentliche Mitglieder. Die ordentlichen Mitglieder, männliche wie weibliche, zahlen keinen Beitrag, verpflichten sich aber, die ortsübliche Tracht zu tragen, die außerordentlichen zahlen jährlich mindestens 2 vlL Dieselben Bestrebungen treten auch in anderen Gauen hervor und ist die begründete Hoffnung vorhanden, daß die Bauern wieder mit mehr Stolz ihre altgewohnte Kleidung tragen, wenn sie sehen, „daß sie darin nickt mit spöttischen Augen begafft, sondern geehrt und geachtet werden."
ZumKapitel der unsinnigen Wetten wird aus Meißen gemeldet. In einer hiesigen Werkstatt verpflichtete sich ein Handwerker infolge einer Wette, einen halben Liter Nordhäuser- Branntwein innerhalb zehn Minuten auszutrinken. Es gelang auch, und der Trinker hatte die Genugthung. den Gewinn in Gestalt eines Fünfzigpfennigstückes einzuheimsen. Nach kurzer Zeit aber war der Mann nicht nur betrunken, sondern nun stellte sich auch ein Krampfhusten mit heftigem Erbrechen ein. Die Hustenanfälle waren so heftig, daß seine Kollegen einige Mal glaubten, der Tod müsse sofort cintreten. Als die Anfälle etwas nachgelassen hatten wurde der Spirituosenkünstler nach Hause gebracht, wo er drei Tage lang schwer krank darniederlag. Eine gute Folge der Wette ist jedoch, daß der betreffende Handwerker nach seiner Genesung sich vor dem Schnapsdrinken fürchtet, wie ein Gebrannter vor dem Feuer.
Der „Erste Berliner Junggesellenklub" hat sich in Berlin nach Wiener Muster gebildet. Zu der konstituierenden Sitzung halte sich eine große Anzahl Herren aller Berufsklasfen eingefunden , wovon der größte Teil sofort seinen Beitritt zum Klub erklärte.
(Ein Donauriese.) Bei Gönyö im Raaber Komitat wurde in der Donau ein Hausen von 14 Fuß Länge gefangen. Der größte Umfang dieses „Donaulachses" betrug 8'/e Fuß. das Gewicht 332
(Ejn neues „Schwitzmittel") orginellster Art hat die Frau eines Schreiners in B. erfunden, der wegen der Gicht „schwitzen sollte wie ein Braten". Da nun das Bett diese Hitze heroorzubriugen nicht im Stande war, so band die besorgte Frau den Mann (mit dessen Zustimmung) auf ein Bett, hüllte ihn tüchtig in Wolltücher und schob ihn in den geheizten Backofen. Als sie nach Besorgung einiger Hausarbeit nachsah, fand sie den lieben Mann beinahe zu Tode geschwitzt. Er verzichtete unter Fluchen auf eine derartige Kur und muß es sich nun gefallen lassen, der „gedörrte Schreiner" zu heißen.
65 Heiratsanträge erhielt vor einigen Togen der Inserent folgender Anzeige: „Ein junger Beamter mit 5000 ulL jährlichem Einkommen wünscht die Bekanntschaft einer jungen gebildeten Dame, behufs Verheiratung. Vermögen nicht beansprucht. Passende Anträge mit Beilegung der Photographie beliebe man an die Adresse N. N. zu richten." Der junge Mann richtete sogleich an 20 dieser Heiratskandidatinnen ein Schreiben, in dem er jeder mitteilte, er wäre nicht abgeneigt, sie zu ehelichen; doch wünsche er vor Allem, sie persönlich kennen zu lernen. Er bitte sie daher inständigst, von ihm ein Billet zum Viktoria-Theater für Montag, den 30. Januar, anzunehmen. Er, der Heirats-
Kandidat, werde sich in ihrer Nähe befinden. Montag abend waren die Besucher des Viktoria- Theaters nicht wenig überrascht, als sie dir meisten Sperrsitze in der mittleren Abteilung des Parterres mit jungen Mädchen besetzt fanden, die alle aufs Eleganteste gekleidet waren. In: einem Sperrsitze vor diesen Mädchen saß unser falscher Heirats-Kandidat. der sich von Zeit z„ Zeit umdrehte und über die hinter ihm sitzenden Ehe-Kandidatinnen Revue abhielt. Es dauerte nicht lange, so erfuhr das Theater-Publikum die Geschichte dieser Annonze und deren Folgen, worauf sich im Hause große Heiterkeit verbreitete. Die armen Opfer dieses schlechten Witzes beeilten sich, so schnell als möglich aus dem Theater zn verschwinden.
(Idyllische Preßzustände.) Die „Neckerauer Zeitung" wird diese Woche wegen Krankheit des Redakteurs nicht erscheinen.
Ein köstliches Kuriosu m zeigen die neuen amerikanischen Postmarkcn. Auf dem Bilde: „Lolumbus sieht Land" (1 Cents-Marke) hn, der kühne Forscher ein glattrasiertes Gesicht, auf dem Landungsbilde hingegen (2 Cents) einen stattlichen Bollbart! Hat er vielleicht in den letzten Minuten vor der Landung auf San Salvador irgend ein „berühmtes" Haarwuchsmittel gebraucht?
(Schneidige Reklame.) Amerikanische Blätter enthalten folgende Anzeige: „Ein amerikanischer Gelehrter hat herausgebracht, daß Julius Cäsar nicht aus politischen Gründen ermordet worden ist, wie allgemein angenommen wird, sondern deshalb, weil er im Senate eine verächtliche Bemerkung hatte fallen lassen über die Toga des Michael Cassius, welche jedenfalls von irgend einem mindern Schneider in der Bia Sartoris hergestellt wurde. Dies und nur dies scheint das tragische Schicksal des mächtige» Mannes herbeigeführr zu haben. Anzüge jedoch, die im Kleideratelier von Mr. Hicks, Auek- land-Straße, bezogen werden, sitzen vortrefflich und befriedigen in jeder Hinsicht, wovon mau sich überzeugen mag."
(Sachverständig.) Stubenmädchen (beim f Briefschreiben): „Wie heißt doch gleich die Mehr- f zahl von Schatz, Liselte?" — Köchin (Geliebte eines Soldaten): „Kompagnie!" (Fl. Bl.) i
(Ein Schlaukopf.) Unteroffizier: „Weshalb darf der Soldat nie den Kopf verlieren?" - Soldat (nach längerer Pause herausplotzend): Weil sonst een Helm zu viel wäre, Herr Unteroffizier.
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(Kasernenhofblüte.) Sergeant: „Kerls, wenn ich die Kniebeuge kommandiere, müßt Ihr die Beine krumm machen, als wolltet Ihr auf der Weltkugel reiten!"
Belegstücke zum Panama-Prozeß.
An den
Direktor der Zeitung „I,g. Lrprosso!"
Anbei ein Chek von 40 000 Frcs.
Wenig, aber von „Herzen!"
Des Mädchens Klage.
Man lehrt' mich Lateinisch und Griechisch, '
Die Reiche, die drei, der Natur,
Ich kenn' Mathematik und Physik,
Geschichte und Literatur.
Ich bin nun an Geist und an Bildung Ein Mann schon, das fühl' ich genau; —
Ein schönes Bewußtsein! — Viel lieber Wär' ich aber doch — eine Frau!
Auflösung des Homonym in Nr. 20.
Herz — Herzblatt.
Gemeinnütziges.
(Ein wachsendes Schwein) soll, wenn von guter Zucht, täglich 1 Pfund an Gewicht zunehmen. Thst es das, so kann man sicher sein, daß es einen Prost über die Kosten des Fütterns und Haltens abwirst, ohne daß man den Dünger in Betracht zu ziehen braucht. Thut es das nicht, so ist es nicht des Haltens ! wert. Fast alle Rassenschweine können mit Profit ge- k füttert werden, Halbblut sowohl, als Vollblut. j
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.
Anzeiger
Nr. 22.
Erscheint Dienstag, vierteljährlich 1 ^
Die Inhaber i Bekanntmachung der 1893, betr. die Kü Anfügen aufmerksam im Wartezimmer de aufliegt.
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