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ihren Gedanken davon zu einem andern Gespräch zurück, das sie vor noch wenigen Wochen mit derselben Hermine von Merkelwitz über einen recht interessanten und bedeutsamen Gegenstand geführt, nämlich über Verlobungen im Allgemeinen und über ihre eigene Verlobung im Besonderen. Wie in allen Gefühlsangelegenheiten war sie auch über diesen Punkt genau derselben Ansicht gewesen wie die gleichgestimmte Freundin, und beide hatten ihre unerschütterliche Ueberzeug- ung dahin ausgesprochen, daß eine Verlobung nur in irgend einer verschwiegenen Laube bei Mondenschein, Nachtigallensang und Roscndufl und unter den glühendsten, poesievollsten Liebes- versicherungen des betreffenden jungen Mannes vor sich gehen könne. Daß daneben auch dieser junge Mann selbst sowohl in Bezug auf seine inneren wie auch namentlich seine äußeren Eigenschaften, in Bezug auf seine Ritterlichkeit, Beredsamkeit, Klugheit und Schönheit den weitestgehenden Ansprüchen genügen müsse, wurde als vollkommen selbstverständlich vorausgesetzt, und es war für Nelly's Gedanken gar keine unangenehme Beschäftigung, sich vorzustellen, obwohl die Erscheinung des Assessors von Behrendt ungefähr in eine solche Situation Hineinpassen möchte. Einige seiner Eigenschaften stimmten wohl recht gut in das von den beiden Freundinnen entworfene Gemälde; mit einigen anderen wollte es dagegen schon ein wenig hapern und wenn auch sein vorzügliches Talent zum Tanzen schwer in die Wagschale fiel, so —
Helf Himmel, was war das!
Mit einem entsetzlichen Ruck war Nelly aus ihrer bequemen Ecke herausgeschleudert worden, ein furchtbarer Schrecken war ihr durch alle Glieder gefahren, sie hatte kaum noch Besinnung genug gehabt, einen lauten Schrei auszustoßen, und sich angstvoll an einem dicken weichen Gegenstand festzuklammern, mit dem sie auf das Heftigste zusammengeprallt war. Ein unheimliches Stampfen und Krachen, ein Klirren wie von zerbrochenen Fensterscheiben tönte an ihr Ohr, ein eiskalter, feuchter Luftzug streifte höchst unangenehm über ihr Gesicht und an der rechten Hand verspürte sie einen fatalen, brennenden Schmerz. Einige Sekunden nach dem Eintritt der gräßlichen Katastrophe regte sichs auch in dem dicken weichen Bündel, auf welches Nelly gefallen war. Ein klägliches, halb ersticktes Wimmern klang aus demselben hervor und eine angstvolle Stimme die nur diejenige Tante Dorettens sein konnte, fragte unter dem Biberpelz:
„Nelly. mein Herzchen, um Gottes Barmherzigkeit willen, was ist geschehen? Bist Du noch am Leben oder hat es Dich auch erschlagen?"
„Nein. Tantchen." antwortete Nelly etwas weinerlich, ohne sich von der Stelle zu rühren, „ich lebe noch; aber ich kann mich gar nicht bewegen. Ich glaube, wir sind in einen Abgrund gestürzt."
(Fortsetzung folgt.l
Eine neue Verwendung der Elektrizität ist, wie das Patent- und technische Bureau von Richard Bayer, Berlin S. O. mitteilt, das Holzfällen vermittelst derselben. Ein dünner Metalldraht, der zwischen den Polen eines Elements ausgespannt wird, gerät bekanntlich, sobald das Element in Thätigkeit gesetzt wird, in ein dauerndes Glühen, und zwar um so sicherer, je dünner er ist; während zum Glühendmachen dickere Drähte auch stärkere Elemente erforderlich sind. Versuche haben ergeben, daß mit einem derartig in Dauerglut erhaltenen Platindraht, Holz in ähnlicher Weise durchschnitten wie Seife mit einem kalten Draht. Es geht zwar nicht ganz so leicht, wie bei der Seife, aber jedenfalls leichter als mit der Säge, und dabei gibt es keine Späne, sondern nur eine leicht angekohlte Fläche, welche der Dauerhaftigkeit des so zerschnittenen Holzes entschieden günstig ist. Dieses Verfahren ist neuerdings im Großen zum Fällen der Bäume angewendet worden, indem Stämme mit dem glühenden Draht bis auf ein Fünftel ihres Umfanges durchschnitten und dann auf gewöhnliche Weise zum Umfallen gebracht wurden. Das Vorschieben des glühenden Drahtes geschieht dadurch, daß derselbe in einem Bügel mit isolierten Griffen eingespannt ist und
durch geeignete Vorrichtungen in dem Maße vorgeschoben wird, wie das Einbrennen vor sich geht. Dabei ist ein Baum, dessen Fällung in alt hergebrachter Weise 2 Stunden Zeit erfordete, in kaum einer Viertelstunde niedergelegt worden, wobei es keine Holzverluste gab, was bei wertvolleren Hölzern auch Beachtung verdient.
Berlin, 27. Jan. Die Tischkarte der Zeremonientafel, die anläßlich der Vermählungsfeierlichkeiten stattfand. ist mit meisterhaften Randzcichnungen vom Professor E. Doepler versehen. Der deutsche Adler, über dessen Kopf die mit einem Strahlenkränze umgebene Kaiserkrone schwebt, hält mit seinen Fängen das unter der Königskrone befindliche Allianzwappen des jungen Brautpaares. Unter dem Wappen tritt aus einem Rahmen von Margueriten mit einer Wachsfackel in der Hand ein Minister hervor. 1>er mit der Hoftracht des großen Kurfürsten angethan ist. Rechts neben dem Wappen und über dem Verzeichnis der Speisen ist das Portal III des königlichen Schlosses mit der Kuppel der Schloßkapelle dargestellt und wieder mit den Blumen, die an den Namen der Prinzessin-Braut erinnern, sowie mit lichten Wolken umgeben worden. Das Ganze ist mit einem breiten mattgoldenen Rande umgeben. Das in schwarzer lateinischer Schrift gehaltene Speisenverzeichnis lautet: Kraftbrühe; Steinbutten in Champagner; Rehrücken mit Tomaten; Warme Pasteten von Waldschnepfen; Kalbsmilch in Gallert; Fasanen ; Früchte; Salat; Grüner Spargel mit Trüffeln; Mandarinenspeise; Käsestangen und Nachtisch.
Berlin. Natürliche Edelweißblumen bilden neuerdings einen beliebten Handelsartikel für Hausirer, welche die hübschen Blumen als Glücksblumen anzubieten pflegen und meist guten Absatz finden. Das Geschäft ist ein recht einträgliches. Die Blumen werden aus den Tyroler Alpen bezogen und kosten im Zwischenhandel pro 1000 Stück 1—3 fl. Sogenannter Ausschuß mit noch sehr wohl brauchbaren, aber unregelmäßigen Sternen ist per 1000 Stück sogar schon für 50 Kreuzer zu haben. Die hiesigen Hausirer nehmen 10 ^ und mehr pro Stück, erzielen für das Tausend somit mindestens 100
(Folgendes Kuriosum) erregt in Koburg große Heiterkeit: Bei einem Porzellanmaler, der auch einen ansehnlichen Porzellanhandel^betreibt, wurde aus Anlaß der im vorigen Herbste in Wittenberg stattgefundenen Lutherfeier von einem Handlungshause eine Kiste Pfeifenköpfe mit dem Bilde Luthers und Melanchthons bestellt. Der Porzlanmaler liest statt Melanchthon, „Welling- ton". Welches Erstaunen daher, als der Handels- Herr neben einander auf einer Anzahl Köpfen friedlich die beiden Helden Luther u. Wellington erblickt, den einen im schwarzen Priesterrock, den andern in roter goldener Uniform voll Sterne und Orden. Der Handelsherr will die Köpfe nicht behalten, der Porzellanmaler sie nicht zurücknehmen. Die Sache wird bekannt; Jeder lacht über die Verwechslung und will einen Kopf mit den beiden Helden von Worms und Belle- Alliance haben. In ein paar Tagen war die Kiste leer, und der Besteller der Pfeifenköpfe ärgert sich, daß er nicht noch zehn solcher Kisten hat.
(Eine sonderbare Erfahrung) hat ein Wurstfabrikant in Liegnitz mit dem Komite der Weltausstellung in Chicago gemacht. Derselbe beabsichtigte, dort eine Wurstfabrik, die mit den besten Maschinen der Jetztzeit ausgerüstet sein sollte, und einen Verkauf von „warmen Wienern" zu errichten. Für den hiezu nötigen Ausstellungsraum verlangten die Leiter der Chicagoer Ausstellung eine Platzmiete von 200000 cM Die Folge dieser amerikanischen Unverfrorenheit war natürlich, daß dem Fabrikanten die Lust zu dem Geschäft vergangen ist.
(Eine ganze Familie ertrunken.) Auf dem Lago Maggiore kam eine ganze Familie, die von einer Spazierfahrt nach Hause zurückkehrte, ums Leben. Es war die Familie Morandi —
Vater. Mutter und zwei Kinder. Sie waren unter Führung eines Schiffers von Pallanzo nach Bavens am jenseitigen Ufer des Sees gefahren. Bei der Rückkehr erhob sich ein starker Wind. Der Schiffer suchte das Boot nach den boromäischen Inseln zu lenken, was sich bald aber als unausführbar erwies. So ließ er die Bark vor dem Winde treiben, wobei sie sich immer mehr dem Ufer bei dem Dorfe Feriolo näherte. Aber die Wellen auf dem See gingen so hoch, daß sie in das Boot schlugen, und die Fahrgäste wurden hierdurch derart in Schrecken gesetzt, daß sie selbst das Unglück herbeiführten. Bei dem Ansturm einer neuen Welle ergriff Signor Morandi ein Ruder und stürzte sich mit dem Rufe: „Wir gehe» unter!" in den See. Ihm folgte sofort seine Frau und dann ahmten auch die beiden Kinder das Beispiel ihrer Ellern nach. Der Schiffer versuchte vergebens, die Unglücklichen wieder ins Boot zu ziehen. Schließ, lich sprang er selber in die See, um den Er- trinkenden zu helfen. Aber seine Bemühungen waren vergeblich. Ehe vom Ufer Rettungsboote herbeieilten, hatten die Wellen schon alle Vier verschlungen. Der Schiffer selbst konnte gerettet werden.
(Warum schenkt man sich beim Servieren des Weines zuerst ein?) Diese Gewohnheit entstammt dem Altertum. Die Alten bewahrten den Wein in enghalsigen Krügen auf und schützten ihn vor dem Luftzutritt durch das Ein- gießen von etwas Oel, welches als dünne Schicht auf dem Wein schwimmt. Vor dem Einschenken wurde das Oel allerdings mit einem Rohr abgesogen, aber in der Besorgnis, es möchte doch noch etwas davon zurückgeblieben sein, goß man sich zuerst ein, um nicht einem Gast unreinen Wein vorzusetzen. Uebrigens ist die genannte Methode der Konservierung des Weines auch heute noch in manchen südlichen Ländern üblich.
(Der geprellte Dieb.) Kellner: „Ach, Herr Müller, es ist etwas Schreckliches passiert, ein Dieb hat Ihren Ueberzieher vom Kleiderhaken gestohlen." — 8tuä. Müller: „Schad't nichts, den krieg' ich schon wieder, der Dieb wird ihn jedenfalls versetzen wollen und jeder Pfandleiher in der Stadt weiß, daß es der meinige ist!"
(Fatales Mißverständnis.) Dame: „Ah, ein Bouquet vom Herrn Lieutenant! . . . Und noch Rosen um diese Zeit!" — Offiziersbursche: „Nicht wahr — am neunundzwanzigsten!"
(Gesunken.) „Ah, Sporn, grüß' Gott! Dich sieht man ja gar nicht mehr! Wo wohnst Du denn jetzt?" — „Bummelgaffe 7 im fünften Stock!" — „Was fünften Stock, so hoch bist Du schon gesunken?"
Kopfbedeckung. Eine zu warme Kopfbedeckung hindert das Zustandekommen eines schönen, kräftigen Haarwuchses. Aengstliche Mütter werden gut thun, ihre Kinder schon frühzeitig an kalte Waschungen des Kopfes zu gewöhnen. Dann brauchen sie nicht in Sorge zu sein, daß ein kalter Wind dem Kinde schadet, wenn es auch ohne Kopfbedeckung im Winter aus dem Hause läuft. Gerade das frühzeitige Warmhalten des Kopfes ist die Veranlassung zu örteren Erkältungen. Selbstverständlich sollten ganz kleine Kinder, bei denen der Haarwuchs noch nicht entwickelt ist, bei kaltem Wetter im Freien eine Kopfbedeckung haben, doch darf dieselbe nicht zu warm sein und kein Schwitzen der Kopfhaut verursachen.
(Gegen Schnupfen und Katarrhs empfiehlt ein englischer Arzt Folgendes: Man nimmt ein Gläschen mit Jodtinktur, und hält es, von der Hand umspannt, unter die Nase. Die Wärme der Hand bewirkt eine Berflüchtung der Tinktur. Alle drei Minuten zieht man den Dunst derselben in die Nase hinauf und das Uebel wird sehr bald verschwinden.
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