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Deutsches Weich.
Berlin, 30. Jan. Der „Reichsanzuger" veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers an de» Reichskanzler, worin der Kaiser allen, welche an dem Geburtstage feiner gedachten, Dank sagt, und ven Erlaß zu veröffentlichen beauftragt. Vor allem habe dem Herzen des Kaisers wohl gethan, so häufig dem Ausdruck der opferbereiten Vaterlandsliebe und des Vertrauens in seine Bestrebungen für die Sicherheit des Vaterlands zu begegnen, wodurch seine Zuversicht bestärkt worden sei, daß diesen Bemühungen unter Gottes gnädiger Führung der Erfolg nicht fehlen werde.
Der Spruch, den der Kaiser unter das Bild gesetzt hat, das er dem früheren Justizminister Friedberg zu dessen achtzigsten Geburtstag übersandt: „Xeino wo iinpnno laesssit" („Niemand reizt mich ungestraft") bildet, wie die „Köln. Ztg." mitteilt, die Devise des schottischen St Andreas-Ordens, der in der Milte eine Distel mit jener für die stachlige wehrhafte Pflanze allerdings sehr bezeichnenden Umschrift führt. Die „Köln. Ztg." tritt von vornherein der Annahme entgegen, als ob der Kaiser durch derartige Kundgebungen die loyale Opposition gegen irgend eine Regierungsvorlage oder gegen die Regierungspolink im allgemeinen habe treffen wollen, indem sie bemerkt: „Die Erfahrung hat jedoch bewiesen, daß der Kaiser nicht daran denkt, irgend jemand das Recht der freien Mein- ungsäußerung zu verschränken oder die Ausübung dieses Rechts zu verübeln, solange der Kritiker sich in denjenigen sachlichen Formen und patriotischen Grenzen bewegt, welche die Ehrfurcht vor der Majestät ihm verschreibt."
Von einem zweiten erwähnenswerten Trink sprach des Kaisers aus den jüngste» Festtagen am Berliner Hofe wird berichtet. Der Trink- fpruch galt der englischen Flotte und wurde von dem kaiserlichen Redner dem Herzog von Edinburg gegenüber gehalten. In dieser Kundgebung feiert der Kaiser die englische Flotte als mustergiltig in jener Beziehung und preist alsdann die großen britischen Seehelden. Alsdann gedenkt der kaiserliche Herr der deutschen Flotte, die nach seiner bestimmten Zuversicht ihre Pflicht in einem künftigen Kriege lhun werde. Weiter berührt er die Möglichkeit, daß die deutsche und die englische Marine einmal Schulter an Schulter gegen einen gemeinsamen Feind zu kämpfen haben würden und spricht der Kaiser hiebei die Erwartung aus, daß nachher das berühmte Wort Nelsons vor der Seeschlacht von Trafalgar: „England erwartet, daß heute jeder Mann seine Pflicht thue", ein Echo in dem patriotischen Herzen der deutschen Marine finden werde. Einstweilen ist diese Rede des Kaisers nur durch private Blättermeldungen bekannt geworden, die Veröffentlichung ihres Wortlautes von authentischer Seite steht noch aus.
Zwischen dem Kaiser und dem Groß- fürsten-Thronfolger von Rußland soll während des Aufenthalts des letzteren am Berliner Hofe eines Abends eine mehrstündige Unterredung ohne Zeugen stattgefunden haben. Falls dem in der Tyat so gewesen ist, so könnte der Vorgang die politische Bedeutung des Besuches des Zarewitsch nur noch erhöhen.
Die offizielle Feier von Kaisers Geburtstages ist von verschiedenen hohen Offizieren des preußischen Heeres zu auffallenden Kundgebungen für die Militärvorlage benutzt worden. Sowohl der Gouverneur von Köln, General v. Schkopp, als auch der Kommandeur des 9. Armee-Korps General Graf Waldersee und der kommandierende General des 6. Armeekorps, v. Lewinski, haben in ihren dem allerhöchsten Kriegsherrn gewidmeten Trinksprüchen auf die schwebende Militärsrage Bezug genommen. In besonders markanter Weise ist dies aber seitens der beiden erstgenannten Militärs geschehen, welche beide darauf hinwiesen, in welch' ernsten Zeiten wir lebten, und die übereinstimmend von einem herannahenden großen Kampfe für Deutschland beinahe als von einer unausbleiblichen Notwendigkeit sprachen. Begreiflicher Weise haben diese Aeußerungen aus dem Munde zweier deutschen Korpssührer, von denen der eine zudem als ein Vertrauensmann
des Kaisers gilt, in weiten Kreisen nicht wenig Aussehen und Beunruhigung erregt. Da die Trinksprüche der genannten Generäle in ihrer leicht erkennbaren Tendenz, Stimmung zu Gunsten der Militärvorlage zu machen, sich weder mit der gegenwärtigen Weltlage, noch auch mit dem Charakter des jüngsten Besuches des Großfürsten Nicolaus in Berlin, noch eben so wenig mit den jüngsten hocholfiziösen Kundgebungen der „Nordd. Allg. Ztg." gegen umlaufende kriegerische Ge-' reichte in Einklang bringen lassen, so dürsten sie für die nächste Zeit voraussichtlich wiederholt in der politischen Tagesdiskussion erörtert werden. Uebrigens wird auch ein Trinkspruch des kommandierenden Generals des 2. bayr. Armeekorps, v. Parseval in Würzburg, auf den Kaiser bekannt. Der bayerische Korpsführer scheint sich aber in seinem Trinkspruch von beunruhigenden Andeutungen politischen Charakters ferngehalten zu haben, da General v. Parseval hauptsächlich die Verdienste der Landwehr-Offiziere gefeiert haben soll.
Die Etalsberarung im preußischen Abgeordnetenhause ist am Samstag durch eine große „Jud endebatte" unterbrochen worden. Die verschiedenen Redner setzten einander, je nach ihrem Standpunkte in der Judenfrage, derb zu, namentlich rechneten die Sprecher von der konservativen und von der freisinnigen Seite icharf mit einander ab. Regierungsseitig griff Ministerpräsident Graf Ealenburg mit Erklärungen in den Redekampf ein, welche ihre Spitze gegen das Treiben der extremen Antisemiten kehrten.
Die Militärkommission des Reichstages hat die Generaldebatte endlich zum Abschlüsse gebracht; eine bestimmte Aussicht auf irgend eine Verständigung zwischen der Regierung und der Kommission über die Militärvorlage hat die Debatte aber trotz ihrer ungewöhnlich langen Dauer nicht eröffnet. Ob dies wenigstens bei der am Dientag begonnenen Spezialberatung der Regierungsvorlage geschehen wird, steht noch dahin.
Berlin, 30. Jan. Die „Nordd. Allgem. Ztg." verzeichnet ein Telegramm, welches die Arbeiter der rheinischen Dampfkesselfabrik Uerdingen an des Kaisers Geburtstag an den Reichskanzler absendeten und worin sie den freudigen Dank für das Eintreten für die Heeresverstärkung ausgesprochen haben. Die „Nordd. Allgem. Ztg." folgert daraus, der ernste Charakter der Lage, der unabhängig von der augenblicklichen diplomatischen Situation sei, dringe in immer weitere Kreise.
Halle, 30. Jan. Die „Hallesche Ztg." meldet: In Nietleben kamen von Samstag bis Sonntag Mitternacht zwei Choleraerkrankungen und zwei Todesfälle, von Sonntag bis Montag Mitternacht zwei Todesfälle vor. Aus Wettin wird eine Choleraerkrankung gemeldet.
Erfurt, 23. Jan. Der hiesigen Polizei- Verwaltung ist eine höchst ärgerliche Geschichte passiert. Gestern wurde nämlich hier ein gefährlicher Einbrecher festgenommen, der längere Zeit hier als — Polizeisoloat Wachtdieuste that. Wie sich jetzt herausgestelll hat, benutzte der Wackere seine Stellung als Deckmantel einer Reihe verwegener Diebereien. An 40 Diebstähle sind dem Manne schon jetzt nachzuweisen, und eine Menge gestohlener Sachen wurde in einer Wohnung gefunden.
Major a. D. Bühl er, früher im hiesigen württembergischen Infanterieregiment „Großherzog von Baden" Nr. 126, der mit anderen Jägern beiRomanswciler jagte, wollte über einen Graben klettern und glitt — er hatte unglücklicherweise unbenagelte Schuhe an — auf dem glatten Rande aus. Dabei entlud sich sein Gewehr, der Schuß ging ihm in den Kopf und die Hirnschale wurde völlig gesprengt. Die Leiche wurde ins Leichenhaus des Spitales in Waffelnheim gebracht und wird in Friedrichs- Hafen zur ewigen Ruhe bestattet werden. Vor kurzer Zeit erst war Bühlers Vater, der bekannte ehemalige Abgeordnete v. Bühler, in hohem Alter gestorben; die hochbetagte Mutter lebt noch. Das vorzeitige Ende des hochbegabten, vielseitig gebildeten und liebenswürdigen Mannes
wird überall, wo man ihn kannte, aufrichtig bedauert werden.
Pforzheim, 27. Jan. Als der Kaiser in Straßburg war und die Garnison alarmierte. diente ihm ein Einjährig Freiwilliger des säch Jnf.-Rgts. Nr. 105 als Führer. Es war dies der Sohn des hiesigen Fabrikanten Kämmerer. An jenem Tage herrschte besonders kaltes Wetter. Der junge Mann, Zögling der hiesigen Kunstgewcrbeschnle, war von dem Kaiser, rage ab kränklich und ist an den Folgen einer Erkältung vorgestern gestorben. Die Beerdigung fand um Samstag unter außerordentlich zahlreicher Teilnahme statt, namentlich hat auch der Compagnie-Chef durch eine liebevolle Ansprache feine Teilnahme bewiesen, auch zahlreiche Reserveoffiziere wohnten der Beerdigungsfeier bei.
Straßburg, 30. Jan. Der kaiserliche Statthalter hat am Sarge des Einjährig-Freiwilligen Kämmerer einen prachivollen Kranz niederlegen lassen. Kämmerer ist ein Opfer seiner Pflichttreue geworden. Er hatte sich im Dienste eine Erkältung zugezogen. Der Arzt hatte dem etwas vrustschwachen jungen Manne sofort gesagt, er solle sich >nS Lazarel begeben, j Der junge Soldat blieb aber im Dienste, bis ! die Lungenentzündung sich zeigte, die ihn dahin ' raffte. Der obenerwähnte Lorbeerkranz trägt auf der seidenen Schleife die Widmung: „Vom Statthalter Sr. Majestät".
Aus der Pfalz, 30. Jan. Ein Brudermord wird dem „Pfälz. Kur" aus Ludwigshafen gemeldet. Der erst 17 Jahre alte Martin Schmidt geriet gestern auf dem Nachhausewege mit seinem Bruder Johannes aus geringfügiger Ursache in Streit, zog ein Messer heraus und stieß es demselben ins Herz, so daß sofort der Tod eintrat. Der Mörder wurde noch am selben Abend verhaftet.
Mehrere Orte des Neckarth als melden Ueberschwemmungen in Folge starker Regen- ; güsse. In Weinheim mußte vergangene Nacht ! in Folge Hochwasser die Feuerwehr ausrücken. ^ — 3l. Jan. Rheineis und Neckareis haben sich nach einstündigem Eisgang gestaut, in Folge dessen sind die Rheinufer überschwemmt. Rhein und Neckar stark steigend. Ilvesheim, Seckenheim, Ladenburg melden Hochwasser. Das Neckarwaffec wächst in unheimlicher Weise. Die Feudenheimer. sowie die Mannheim-Heidelberger Bahndämme sind völlig überschwemmt.
Württemberg.
Stuttgart. Man hat gegenwärtig alle Hände voll zu thun, um die Wohnung für Herzog Albrecht und seiner jungen Gemahlin, die am 6. Februar hierher zurückkehren, im Kronprinzenpalais fertig zu stellen. Die Einrichtung geschieht auf Kosten des Erzherzogs ! Karl Ludwig. Mehrere hiesige Möbelfirmen sind bei den Lieferungen beteiligt.
Stuttgart. Genaue Untersuchungen über den Stand der Reben nach den letzten Frosttagen haben nach dem „Schwäb. Merk, ergeben, daß die Portugieser und Trollinger am härtesten erforen sind, während Sylvaner, Elb» ling und Weißrießling sich widerstandsfähiger zeigten. In Niederungen und nicht steil ansteigenden Weinbergen sind die Reben nahezu total (?) erfroren, während in geschützten steileren Lagen noch hie und da gesunde Fruchtaugen getroffen werden. Der Frostschaden wird an nicht bezogenen Reben auf gegen vier Fünftel geschätzt. Ob und welcher Schaden auch an bezogenen Reben entstanden ist, läßt sich noch nicht sagen. (Es ist zu hoffen, daß sich die Sache minder schlimm herausstellt.) — An den ! Apfel- und Birnbäumen ist kein allgemeinerer ! Schaden eingetretcn; dagegen steht zu fürchten, k daß Aprikosen und Pfirftche bedeutend gelitten i haben. k
Stuttgart, 30. Jan. Dr. Otto Elben, k der Chefredakteur des „Schwäbischen Merkurs" t begieng heute seinen 70. Geburtstag. Es be- ! gaben sich deshalb das Redaktionspersonal und j Abordnungen sämtlicher Geschäftszweige zu dem Jubilar, welchem Redakteur Dr. W. Lang die Glückwünsche Aller aussprach, wofür der Gefeierte herzlich dankte. Um 10 Uhr brachte die Kapelle des 7. Jnf.-Regimenls unter Leitung
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des Musikdirektors ung der Verdienste als langjähriger Vo bunds, ein Ständchi
Tübingen, liste des I. Quartal in Wildbad; I. G. Gauß in Rohrdorf jesingen; I. G. Oe Schömberg; F. Scl in Calw; L. Weiß
Cannstatt, Nacht begann das i sich in Bewegung Wasserhaus bei Be Obertürkheim liegen welche den Spiegel Meter gehoben ha der Türkheimer Brü Mächtige Eisscholle 50— 60 Centimeter Ufer getrieben. Zi eßlingen und bei waltige Eisstauung! abgehen, erscheint f tags lag die Eisfläi Wasserhaus bei Be ganz ruhig.
Bietigheim Frechheit gegenwär treten, zeigt jfolgc schüft eines benach! Mann mit den Wc Leid führt der Weg das Messer, droht erstechen, den halt Octsvorsteher zu li den Burschen zu fe gaben ihm eine g wohlverdienten Di Ucbermut.
Vaihingen, 2! ist plötzl. vom Tode) Montag fühlte er s die Seinen entfernt Heute früh zwischc noch mit seinen Ki fanden sie ihn tc Plochingen am 20. war er in Adels! seinem Geburtsort; Oberamtsstadt.
B a i h i n g e n, tagsnummer des hi „Enzboten" wurde sisziert.
Paris, 30. die Anklage gegen lamentsmitglieder Handlung.
Paris, 28. I gut ist! Sechs „<1 abgefeimte Villen; lichten Abend mitt Marquis Panisse ausgeplündert. D daß der Marquis aufhält, sonst hätt zu dieser Thal < gut gekleidet, ers dem Hausminister Panama-Untersuch auftragt, eine H Hierauf wurden Frau gefesselt, i Palais bis nach A wird sich denken k Wertvolles zurück Palais hatten sie sie alles luden, man hat noch keir
Die Welta: nach einem heule c einem Mißgeschick der Gebäulichkeiten gestürzt; der Schc Die Katastrophe so gefallenen Schnee-